Rezension: Blackguards

Primär sollen hier natürlich Pen-&- Paper- Abenteuer und – Spielhilfen thematisiert werden. Ab und an allerdings gibt es auch Anlass, mal einen kurzen Ausflug in einen anderen Bereich zu wagen: Eine richtig gute Gelegenheit in einem sonst eher ereignislosen DSA- Januar bietet da „Blackguards“, das neueste Produkt für meinen PC aus den Hause Daedalic. Dessen erste beiden Ausflüge nach Aventurien, „Satinavs Ketten“ und „Memoria“ waren meiner Meinung nach großartige Spiele, die über eine wunderschöne Story mit interessanten Figuren verfügten. Anders als bei Gerons Abenteuern handelt es sich bei „Blackguards“ allerdings um kein Adventure, sondern um ein rundenbasiertes Taktik- Rollenspiel. Da ich alles andere als ein PC- Profi bin, was Spiele angeht, bin ich eher weniger an Feinheiten wie einer tollen Highend- Grafik interessiert, sondern an der Frage, ob ich mich „Blackguards“ in Hinsicht von Story und Gameplay fesselt und natürlich, ob man die Aventurien- Bezüge wirklich spürt oder ob die Geschichte auch in jeder beliebigen Umgebung angesiedelt sein könnte.

Spielmechanik

Eines wird relativ schnell deutlich: „Blackguards“ ist kein schnelles Gekloppe, sondern eine ziemlich zeitintensive Geschichte, irgendwas zwischen 30-50 Stunden sollte man schon einkalkulieren, wenn man sich neben der Hauptstory auch den zahlreichen Nebenquests widmen möchte (was angeraten ist, um seine Helden rechtzeitig mit Abenteuerpunkten zu versorgen, die Charaktere müssen schließlich hochgelevelt werden, um die unzähligen Kämpfe gegen teils richtig starke Gegner zu überstehen). Zudem sind die Kämpfe selbst ebenfalls nicht mal so nebenbei zu erledigen, rundenbasierte Auseinandersetzungen auf Hexfeld- Karten dauern eben länger. Nach den DSA4- Regeln steigert man die Werte seiner Charaktere, auch das ist planungsintensiv, will man sich nicht verzetteln.

Die Story

Das Spiel gliedert sich insgesamt in 5 Kapitel. Zunächst beginnt die Geschichte mit dem Ausbruch des Hauptcharakters aus einem Gefängnis, nachdem er des Mordes an seiner Jugendliebe Eleanor bezichtigt wird. Leider jedoch fehlen dem Protagonisten einige wichtige Erinnerungen, die er nun im Laufe der Handlung zurückgewinnen muss.

Schauplatz ist das südliche Horasreich, ausgehend von Neetha und Drol, später zieht es die Gruppe bis hinunter nach Mengbilla. Die einzelnen Kapitel sind dabei unterschiedlich lang, der erste Teil im Horasreich ist noch vergleichsweise kurz und dient vornehmlich als Tutorial. Im zweiten Kapitel werden Handlungsfreiheit und Schauplätze zunächst stark eingeschränkt, muss sich die Heldengruppe doch aus der Gefangenschaft durch Gladiatorenkämpfe in der Arena von Mengbilla rausarbeiten. Den längsten Abschnitt stellt das dritte Kapitel dar, gibt es hier doch neben der Fortführung der Hauptstory eine große Fülle an Nebenquests. Die letzten beiden Kapitel führen dann wesentlich gradliniger die Geschichte zu Ende, bis man schlussendlich dem finsteren Antagonisten gegenübersteht.

Grafik

Auch hier stellt sich Blackguards eher puristisch dar. Es gibt keine schicke, frei begehbare Welt mit 3D- Optik. Stattdessen reist man über eine Karte von Ort zu Ort, die Städte und Ortschaften bestehen aus einem gezeichneten Hintergrund von maximal 5 Stadtteilen (Mengbilla), Dialoge klickt man über Sprachblasen- Icons an, ebenso wird die Hintergrundgeschichte in einzelnen Bildern (die aber schön gezeichnet sind) weitererzählt. Herzstück des Spiels sind aber die schön animierten und abwechslungsreich gestalteten Hexfeld- Karten, in denen die Kämpfe durchgespielt werden.

Die Figuren

Fast schon überstrapaziert wurde ja in den Vorankündigungen, dass die „Blackguards“ eben nicht die strahlenden Bilderbuch- Helden sind, sondern im Gegenteil eher finstere Subjekte darstellen: Folgerichtig lernt man seine ersten beiden Mitstreiter, den Magier Zurbaran und den Zwerg Naurim auch beim gemeinsamen Ausbruch aus dem Gefängnis kennen. Später folgen noch die Elfe Niam, die über ein erkennbares Drogenproblem verfügt und der mohische Gladiator Takate, der uns zunächst als großmäuliger Gegner in der Arena begegnet. Als letztes Mitglied stößt schließlich die Hexe Aurelia dazu, die ebenfalls ein düsteres Geheimnis in sich trägt.

Auf aventurische Prominenz muss man dafür verzichten, „Blackguards“ kommt im Wesentlichen – anders als z.B. „Drakensang“ – ohne Cameo- Auftritte bereits etablierter Figuren aus, auch die Schurkenriege ist eigens für dieses Abenteuer gestaltet worden.

Kritik

„Blackguards“ macht es einem gerade zu Beginn in einiger Hinsicht nicht gerade leicht: Der Einstieg gestaltet sich zunächst eher zäh, vor allem strotzt die Hintergrundgeschichte nur so vor Klischees, die ermordete Jugendfreundin, der Gefängnisausbruch und die eher bemüht finster konstruierten Mitstreiter, die auch im Laufe der Handlung kaum an wirklicher Tiefe gewinnen. Da helfen auch die gelegentlich eingeworfenen Streitgespräche wenig, der Kontrast, dass die vermeintlichen Schurken im Endeffekt doch für das Gute streiten, wird nicht wirklich glaubhaft überbrückt.

Wer zudem nur Gelegenheitsspieler ist, wird so seine Probleme mit dem Schwierigkeitsgrad haben, einige Gefechte haben es enorm in sich, erschwert wird dies auch noch durch die Tatsache, dass erst nach einem Kampf gespeichert werden kann. Bei Kämpfen, die teilweise 20-30 Minuten dauern können, kann das zwischendurch auch für reichlich Frust sorgen. Vor allem macht sich dies bereits recht früh im Spiel besonders bemerkbar, in der Arena von Mengbilla muss man eine Serie von Gefechten gegen die sogenannten „neun Horden“ bestreiten, wobei jeweils immer erst nach dem dritten Kampf am Stück ein Speicherstand abgelegt werden darf. Wer da nicht jede Menge Heiltränke gehortet hat, kommt sehr schnell ins Schwitzen. Gegen Ende ist die eigene Truppe in den letzten beiden Kapiteln zwar sehr kampfstark, die Gegner teilen aber ebenfalls hohe Trefferpunktzahlen aus, was schnell zu Heiltranknotständen führen kann.

Gerade in dem 2. Kapitel liegt ohnehin nicht gerade wenig Frustpotential, wird hier doch direkt zum Einstieg eine Option gewählt, die am Spieltisch unter Rollenspielern als ausgesprochen verhasst und als Storyelement als verpönt gilt: Die Helden werden gefangengesetzt und all ihrer Ausrüstung entledigt, ohne Möglichkeit, sich in der Folge frei zu bewegen. Später verliert man sogar ein vorher mühsam hochgesteigertes Gruppenmitglied in einer Zwischensequenz, ohne auch nur die geringste Eingriffsmöglichkeit zu haben und ohne dass dies in einen nennenswerten dramaturgischen Kontext gesetzt wird.

Eine Menge Kritikpunkte zu Beginn also. Aber zum Glück ist da auch jede Menge Licht, das mit den schwarzen Garden durch Aventurien zieht. So schwer die Kämpfe auch sein mögen, haben sie mich doch stundenlang bis in die Nacht an den PC gefesselt (ein Kampf noch, dann ist aber wirklich Schluss…). Hauptverantwortlich sind vor allem die schönen Hexfeld- Karten: Hier ist jede einzelne liebevoll gestaltet, vor allem gibt es – anders als in anderen PC- und Konsolenspielen – wenig Wiederholungen, die Umgebung variiert häufig und spielt oft eine wichtige Rolle im Kampf. So sind zum Beispiel gerade die eben erwähnten schweren Arenakämpfe mustergültig konstruiert, mal muss man eine Söldnergruppe bekämpfen, während man zwischendurch flammenspeienden Rädern ausweichen muss, mal muss man Riesenkaimanen entgegentreten, die man bezwingen muss, während man gleichzeitig eine wehrlose Mitstreiterin schützen muss. Und im letzten Kampf muss man sich einer Riesenassel erwehren, die man aber erst töten kann, wenn man 5 Kanaldeckel geschlossen hat, durch die sonst ständig neue Asseln nachrücken.

Wer die DSA- Regeln beherrscht, wird zudem seinen Spaß daran haben, eine im Laufe der Geschichte immer schlagkräftiger werdende Gruppe zu erstellen. Zwar folgen einige Aspekte gewöhnlichen Genre- Konventionen, z.B. die allgegenwärtigen roten Heiltränke und die blauen Astraltränke, Talente und Zauber mit all ihren Auswirkungen sind aber pures DSA und lassen das Aventurien- Gefühl auf jeden Fall aufkommen. Am Ende einer solchen Planungsphase steht dann gerade im späteren Verlauf des Spiels eine richtig schlagkräftige Truppe aus Nah- und Fernkämpfern, die durch gut eingesetzte magiebegabte Figuren hervorragend ergänzt werden. Auch die Schauplätze lassen den Süden Aventuriens in allen Facetten (vom Kampf in der Villa eines Adeligen bis hin zu Gfechten mit Echsenmenschen im Regenwald) lebendig werden.

Fazit

Meine Erwartungen an „Blackguards“ waren sehr hochgesteckt, eben weil Daedalic mit seinen beiden ersten DSA- Titeln meiner Meinung nach zwei kleine Meisterwerke hingelegt hat, bei denen ich insbesondere die wunderschöne Hintergrundgeschichte genossen habe. Gerade in dem Bereich der Hintergrundgeschichte kann mich „Blackguards“ nicht nachhaltig überzeugen, weder die Story noch die Figuren sind wirklich originell. Zum Glück jedoch gewinnt das Spiel seinen Reiz aber durch sein Herzstück, die Kämpfe sind enorm abwechslungsreich und machen trotz gelegentlichem Frustpotential viel Spaß. Die arg reduzierte Machart ohne großen grafischen Schnickschnack stört dabei kaum, unterstreicht im Prinzip nur die Konzentration auf das Wesentliche. Wer rundenbasierte und strategisch angehauchte Kämpfe mag, liegt mit „Blackguards“ genau richtig.

Bewertung: 4/6 Punkten

2 Kommentare

  1. Hallo,

    mich würde interessieren, mit was für einem Spielcharakter du ins Feld gezogen bist.

    Ich habe meine ersten Schritte mit einer Magierin gewagt und hänge nun im Kampf gegen die „Neun Horden“ fest, spätestens beim ‚Spiegelkampf‘ ist meine eigene Truppe so ausgelaugt, dass ich den Blackguards nur noch beim Sterben zusehen darf – und das auf dem Schwierigkeitsgrad ‚einfach‘.

    Für mich fehlt da ein wirklicher Melee, ein klassischer Krieger in der Truppe, der meine nun sehr astrallastige Spielweise ergänzen könnte. Ich muss nun ja Heiltränke und Zaubertränke horten O_o Nachgeliefert wird bei den Gefährten leider keiner.

    Auf welcher Schwierigkeitsstufe hast du gespielt? Wie viele Anläufe hast du gegen die „Neun Horden“ benötigt?
    Für mich ist da das Frustpotenzial so groß, dass ich es im Fazit nicht als „gelegenlichen Frust“ bezeichnen würde. Das arge Railroading in der Geschichte und eben die derbe Schwierigkeit des Spiels sind imho schon harter Tobak :-/

    Viele Grüße

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  2. Ich habe mir den Krieger als Charakter genommen und auf der einfachen Schwierigkeitsstufe gespielt. Die Horden sind für mich in der Tat die schwerste Stelle im Spiel, für die dritte Welle habe ich auch mehrere Anläufe gebraucht, musste vor allem nochmal neu ansetzen, weil meine Truppe nach dem 8. Gefecht zu angeschlagen für die Asselkönigin war. Ich habe mir dann bei der Auseinandersetzung mit den Kaimanen Zeit gelassen, den letzten erst erschlagen, als alle meine Leute sich an den Heilquellen komplett regeneriert hatten. Dann geht der Kampf mit der Asselkönigin, wenn man sofort dafür sorgt, dass ein Held die Königin hinhält, während die anderen die Luken für die kleinen Asseln schließen.
    Bei den Magiern ist das Problem, dass die erst später richtig stark werden mit ihren ausgebauten Sprüchen.
    Der Schwierigkeitsgrad ist meiner Meinung nach in der Tat ziemlich happig, allerdings scheinen regelmäßige Spieler das nicht ganz so zu sehen, wenn man so die einschlägigen Foren durchliest, ist wohl eine Frage der Übung. Das Railroading ist auf jeden Fall klar erkennbar, allerdings sehe ich das nicht ganz so kritisch, wie bei einem Printabenteuer, der Schwerpunkt sind einfach die Kämpfe und nicht unbedingt die Story, das verhehlt das Spiel ja auch kaum.

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