Rezension: Deicherbe

Vorbemerkung: Die Streitenden Königreiche wurden unlängst als erste Region nach der Umstellung auf die 5. Edition mit einem umfangreichen Produktpaket (u.a. Regionalspielhilfe, Rüstkammer und Abenteuerband) ausgestattet. Wenn erstmal eine solche Beschreibungsdichte erstellt ist, verlangt dies natürlich nach Abenteuern, die diesen Hintergrund auch nutzbar werden lassen. In diese Kerbe schlägt nun das 7. Heft der Heldenwerk-Reihe „Deicherbe“ von David Schmidt. Passend zu dem eher bodenständigen Setting bewegen sich die Helden in einem bäuerlichen Niveau, wenn sie einer Familie im nostrischen Küstenland bei ihren Problemen unter die Arme greifen müssen.

In Zahlen:

– Heldenwerk Nr. 7

– 15 Seiten

– erschienen am 30.7. 2016

I. Aufbau und Inhalt

Vom Aufbau her verläuft die Handlung in drei Akten. Zu Beginn gilt es, die zentralen NSCs des Abenteuers und ihre Lebensumstände vorzustellen. Nach einem vergleichsweise unspektakulären Aufhänger lernen die Helden den Deichbauern Elidan und seine Familie kennen, die seit kurzem einen verlassenen Deichhof bewohnen, nachdem sie aus ihrem Heimatdorf vertrieben wurden. In alter Tradition gilt, dass man die Deichgabel des Vorbesitzers aus dem Deich ziehen muss, um das Recht zur Bewirtschaftung eines Deichhofes zu besitzen. Verlassen war der Hof zwar schon, aber die Deichgabel ist ebenso wie der Vorbesitzer verschwunden. Dieser Umstand und zusätzlich einige kleinere Unglücksfälle sorgen dafür, dass sich langsam das Gerücht eines Fluchs verbreitet.

Hier sind nun die Helden gefragt, der Familie bei ihren kleinen (Ausbesserung von Haus und Deich) und großen (Auffinden der Deichgabel) Problemen unter die Arme zu greifen. Ist dies getan, ergeben sich allerdings gleich Folgeaufgaben, die dafür sorgen, dass eine Reise durch die Region und Kontakt zu den in Nostria sehr wichtigen Hexen notwendig werden, wodurch ein Überlandteil hinzukommt. Dazu ist es in der Region aktuell alles andere als sicher, mehreren sich doch zuletzt Piratenüberfälle durch Thorwaler in der Küstengegend, womit die Helden sich abschließend auseinandersetzen müssen.

II. Figuren

Entsprechend dem bodenständigen Charakter des Abenteuers bewegen die Helden sich zumeist im Kreis der Familie Elidans, der verwitwet ist und sich alleine um seine 5 Kinder kümmert, die sehr unterschiedliche Charakterzüge aufweisen. Da die Helden zumindest für einige Tage sehr eng mit ihnen zusammenleben, sollten sich schnell gewisse Bindungen ergeben.

Mit der Hexe Karlitta von Lyckweiden hat aber zumindest eine prominente Figur der Region auch ihren – wenn auch kurzen – Auftritt. Hier haben die Helden die Gelegenheit, sie als Verbündete oder Geschäftspartnerin zu gewinnen.

III. Kritik

Nostria wird ja seit langem als ideale Einsteigerregion beschreiben. Tatsächlich liegt mit „Deicherbe“ hier ein Abenteuer vor, was genau dieses Kriterium ziemlich exakt erfüllt: Die Handlung findet in einem zeitlich und räumlich überschaubaren Rahmen statt, die Aufgabe ist nicht zu anspruchsvoll, trotzdem gibt es durch den Fluch und die Thorwaler genügend Herausforderungen.

Besonders gelungen ist die Herstellung eines klar erkennbaren Lokalkolorits. Einerseits werden die Lebensverhältnisse an der nostrischen Küste gut dargestellt. Mit der Deichgabel spielt sogar das wahrscheinlich bodenständigste Instrument aus der Regionalspielhilfe und der Rüstkammer hier eine Schlüsselrolle. Genauso ist die Rolle einer Hexe als Ratgeberin und Helferin in der Not (wenn auch nicht ohne einen deutlichen Eigennutz) regionaltypisch, da hier trotz des ausgeprägten Aberglaubens Hexen positiv besetzte Figuren sind, an die sich die einfache Bevölkerung oft wendet.

Weitgehend vorbildlich geht Autor David Schmidt mit dem begrenzten Platz des Heftformats aus. Die Familienmitglieder, die im Zentrum des ersten Drittels des Abenteuers steht, sind gut beschrieben, so dass sie im Vordergrund stehen, nicht so sehr die Alltagsaufgaben, die mit ihnen gemeinsam bewältigt werden müssen (aber auch dafür existieren Anregungen und die entsprechenden Regelverweise). Für die Reise Richtung Salza gibt es dafür eher rudimentäre Angaben, eben für die notwendigsten Aspekte, die für die Handlung wichtig sind. Hier ist natürlich der Besitz der Regionalspielhilfe ein entsprechender Mehrwert, mit dem man weiter ausgestalten kann, was ich aber für vollkommen legitim halte, solange auch ohne Spielhilfe die grundsätzliche Spielbarkeit gegeben ist. Der Thorwaler-Angriff am Ende ist zudem gut gestaltet, vor allem wurden viele denkbare Möglichkeiten der Konfliktlösung berücksichtigt.

Einziges Manko ist die sehr oberflächliche Darstellung der unmittelbaren Umgebung von Elidans Hof. Außer dem Wortführer der Nachbarschaft Melcherbald finden sich keine Figuren. Für den abschließenden Angriff wäre zudem eine kleine Karte der unmittelbaren Küstenregion hilfreich, um taktische Optionen durchspielen zu können.

IV. Fazit

„Deicherbe“ ist ein rundes Abenteuer auf Einsteigerniveau, das eine bodenständige Geschichte  beinhaltet, ohne dabei langweilig oder wenig abwechslungsreich zu werden, wobei auch die einzelnen Handlungsteile gut miteinander verbunden sind. Die besondere Stärke liegt in der gelungenen Darstellung der landestypischen Atmosphäre, insbesondere des Lebens an der nostrischen Küste.

Bewertung: 5 von 6 Punkten

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