Wider dem Jugendwahn!

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Vorbemerkung: „Alte Säcke“, das Thema des Karnevals der Rollenspielblogs im Dezember, greift den Umstand auf, dass der Karneval seinen 5jährigen Geburtstag feiern kann. Sicherlich ein vage gefasstes Thema, das sich unterschiedlich mit Inhalten füllen lässt. Ich habe mich für „alte Säcke“ im Rollenspiel entschieden, wie immer mit dem Fokus auf DSA. Nimmt man die Ereignisse des aventurischen Metaplots, so musste man sich gerade zum Editionswechsel hin als DSA-Veteran von einer ganzen Reihe altgedienter Helden und Schurken unter den aventurischen NSCs verabschieden. An deren Stelle ist eine neue Generation von Figuren getreten. Sicherlich ergeben solche Wechsel erzählerisch Sinn und bieten neue Plotmöglichkeiten. Trotzdem ist der Verlust von Figuren, die über Jahrzehnte die Spielwelt geprägt haben, immer auch ein wenig schade. Besonders die Splitterdämmerung ist hier als „Übeltäter“ zu nennen, die fast schon Formen einer Komplettüberholung annahm, in der reihenweise als Zöpfe abgeschnitten wurden. Deshalb meine Forderung: Schluss mit dem Jugendwahn, es sind schon genug gerade den Teenagerjahren entwachsene Figuren in wichtige Positionen gerückt, gebt auch dem Alter wider sein Vorrecht! Von daher folgen einige Vorschläge, welche langegedienten NSCs in Zukunft wieder mehr Berücksichtigung erhalten sollten, weil ihre Geschichten (hoffentlich) noch lange nicht auserzählt sind.

Der Skrupellose: Kalif Malkillah III. Mustafa ibn Khalid ibn Rusaimi

Lang ist es her, dass der heutige Kalif eine durchaus präsente Rolle spielte, immer dann, wenn die Helden ihm aus einer Klemme helfen sollten. So durfte man ihm zunächst zur lokalen Herrschaft über Unau verhelfen („Wie Sand in Rastullahs Hand“), dann ihm gar die Kalifenwürde selbst verschaffen („Der Löwe und Rabe“). Der Süden stellt aber seit vielen Jahren ohnehin eine sträflich vernachlässigte Region dar, dass Khomgebiet wird hin und wieder für exotische Ausflüge verwendet, im großen Metaplot ist aber schon seit langer Zeit wenig Bewegung. Eine moralisch ambivalente Figur wie Malkillah, die im Herrschaftsstil eine gemäßigte Haltung aber in Machtangelegenheiten auch eine gehörige Portion Skrupellosigkeit in sich vereint, kann absolut eine Bereicherung darstellen und sollte wieder genutzt werden. Hier ist sicherlich auch wieder eine Entwicklung zu erwarten, wenn die angestrebten Veränderungen im Umgang mit Rastullah angegangen werden.

Die Verlorenen: Thesia von Ilmenstein und Phileasson Foggwulf

Zwei der wichtigsten Figuren ihrer jeweiligen Region sind schon vor vielen Jahren aus dem Spiel genommen worden und sind bis heute nicht andeutungsweise wieder aufgetaucht. Das Bornland wurde lange von der kühl-entschlossenen Thesia von Ilmenstein dominiert, die mit ihrer unterkühlt wirkenden Natur zwar nie zur Sympathieträgerin taugte, trotzdem immer eine kompromisslose Art aufwies, wenn es galt, gegen die Mächte des Bösen anzutreten. Somit fehlt hier eine wichtige Persönlichkeit, sei es als Auftraggeberin oder auch als Verbündete im Schlachten- wie im Intrigenplot. Da das Bornland unlängst einige bedeutende Figuren verloren hat, wäre eine Rückkehr der Gräfin sicherlich eine reizvolle Idee, um die Machtstrukturen im Bornland neu zu ordnen. Allerdings erscheint dies angesichts der Konzentration auf den Theaterritterplot aktuell eher unwahrscheinlich, dass das Bornland im Moment weiteren Umwälzungsprozessen unterzogen wird.

Eine ganze Generation von DSA-Spielern dürfte einen ersten Höhepunkt ihrer Karriere als Spielerhelden in Begleitung des charismatischen Kapitäns Phileasson gefeiert haben, galt es doch nicht weniger, als eine Reise durch fast alle Regionen Aventuriens zu unternehmen. Hier war es gerade auch die Kunst, zwar Phileasson als Anführer zu akzeptieren, dennoch nicht ihn, sondern die Helden in den Mittelpunkt der Abenteuer zu stellen. Selten ist dies so gelungen wie in dieser Kampagne, eben auch weil Bernhard Hennen den legendären Hetmann als absoluten Teamplayer konstruiert hat, der als tatkräftiger Thorwaler ohne die Standesdünkel der großen Figuren anderer Regionen handelt und seine Begleiter wertschätzt. Sein Verschwinden dauert nun viel zu lange an, hier wird das Potential einer solchen Figur tatsächlich vergeudet. Gerade die Auflage seiner Abenteuer als Romanserie – auch mit gutem Absatz jenseits der üblichen Rollenspielerklientel – schreit für mich geradezu danach, ihn endlich wieder zurückzubringen.

Der Diffuse: Hasrabal von Gorien

Viele NSCs sind alles andere als klischeefrei, vor allem finden sich – gerade in der ersten Generation der NSCs – viele eindimensionale Charaktere, entweder deutlich zu gut oder zu schlecht für diese Welt. Gänzlich unberechenbar zeigt sich hier hingegen hier der körperlich ewig greise aber geistig hochflexible Sultan von Gorien. Kaum eine andere Figur ist derart ambivalent in ihren Plänen und Handlungen, kann somit jederzeit die Rolle des unzuverlässigen Verbündeten oder auch den gnadenlosen Antagonisten einnehmen. In Abenteuern allerdings wurde er vergleichsweise selten genutzt. Eine Zuwendung zum Süden Aventuriens könnte auch hier für Abhilfe sorgen.

Der wahrhaft Alte: Arombolosch Sohn des Agam

Sein freundlich-würdevolles Konterfei lachte den DSA-Spieler schon in der alten Enzyklopaedia und der alten Elfen/Zwergen-Box an, vor allem wird dort immer wieder seine Bedeutung für die Gesamtheit aller aventurischen Zwerge betont. Aber seit dem Fall Borbarads ist es auch um ihn sehr still geworden. Grundsätzlich sind solche Phasen bei einem so langlebigen Volk wahrscheinlich nicht ungewöhnlich. Allerdings ist es eben auch schade, wenn Figuren, die als Mentoren und Hüter alter Geheimnisse nicht ab und an auftreten. Solche Rollen haben dazu den Vorteil, dass sie aufgrund ihres Alters kaum den Helden die Show stehlen können, sondern den Platz in der zweiten Reihe längst akzeptiert haben. Gerade an solchen Figuren fehlt es dem jetzigen Aventurien durchaus. Ohnehin fristen die Zwerge für meinen Geschmack viel zu sehr ein Randdasein, das ab und an aufgeweicht werden sollte.

Fazit

Dies ist nur eine kleine Auswahl an Figuren, die zwar schon früh in der DSA-Historie entwickelt wurden, die aber schon seit längerer Zeit höchstens noch eine Randnotiz darstellen, sei es bewusst so konstruiert oder eine reine Zufälligkeit (weil niemand eine entsprechende Story vorgelegt hat). Bei aller Offenheit für neue Entwicklungen, die gerade in den Anfangszeiten eines Editionswechsels vorangetrieben wird, halte ich hin und wieder auch einen Blick auf das bereits Bestehende für absolut ratsam. Gerade mit den Figuren verbinden viele Spieler auch persönliche Geschichten, die zu pflegen lohnenswert ist, gerade auch weil hier noch viele Storyplots denkbar wären. istorie

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