Die Kutsche nach Svelltstein – Ein DSA-Szenario mit Westernanleihen

„Der Western in anderen Genres“ lautet der Titel des Karnevals der RSP-Blogs im August, diesmal ausgerichtet von Zornhau. Als großer Western-Fan komme ich dabei nicht umhin, mich mit einem Beitrag einzubringen. Tatsächlich möchte ich dieses Mal wieder etwas spielbares Material liefern, in Form eines kleinen DSA-Szenarios. Zwar mag man im ersten Moment denken, dass ein solches Fantasy-Setting wie Aventurien so gar nichts gemein hat mit Cowboys, Indianern, Marterpfählen und rauchenden Colts. Sicherlich mag das im Regelfall auch stimmen, allerdings gibt es mit dem Svelltland sogar eine Region, die ausdrücklich Anleihen beim Western nimmt. Weniger bezieht sich dies auf konkrete Gegenstände oder Begrifflichkeiten – der aventurische Zeitkontext deckt sich ja eher mit dem Mittelalter – sondern eher auf die Atmosphäre und den Rückgriff auf bestimmte Stilmittel. So will ich es auch handhaben und bediene mich daher gerne solcher typischen Elemente wie Banditen, Kutschüberfällen etc. Allerdings sind keinerlei Werte oder Talentproben enthalten, diese müssen ergänzt werden. Ohnehin handelt es sich hierbei nur um einen kleinen Szenarioentwurf (beispielsweise auch denkbar als Zwischenstation für ein Abenteuer im Svelltland), kein ausgearbeitetes Abenteuer, somit sind nicht alle Bereiche des Geschehens vollständig ausgearbeitet.

Hinweis: Am Ende des Textes habe ich die gesamte Datei als pdf angefügt.

Das Abenteuer in Kurzform

Die Helden werden von dem Händler Eran Algerein angeworben, eine Kutsche mit seinen Waren von Lowangen nach Svelltstein zu eskortieren. Allerdings verläuft dieses Unterfangen alles andere als reibungslos, geraten sie doch in einen Hinterhalt von Achtfinger-Rike und ihrer Bande. Einfallsreichtum und Wehrhaftigkeit sind gefragt, um sich der Überzahl zu erwehren.

  1. Der Weg ins Abenteuer

Lowangen ist eines der wichtigsten Handelszentren Nordaventuriens. Trotzdem ist die Gegend – allein wegen der Nähe zu den von Orks kontrollierten Gebieten – für den Durchschnittsaventurier alles andere als sicher. Somit dürfte es mannigfaltige Beweggründe haben, warum eine Heldengruppe den Weg in die Stadt am Svellt gefunden haben kann, waffenkundige Frauen und Männer sind hier häufig gefragt.

Genau dies soll auch dieses Mal den Weg ins Abenteuer bereiten. Eran hat in den letzten Wochen jede Menge Waren angekauft, um diese mit Gewinn im benachbarten Örtchen Svelltstein zu verkaufen. Der Weg (10 Meilen) lässt sich zwar an einem Tag zurücklegen, allerdings häufen sich in letzter Zeit Überfälle in der Region. Der Lowanger Gildenrat kümmert sich zum Missfallen der reisenden Händler aber nur wenig um solche Sachverhalte, die außerhalb der Stadtmauern stattfinden, weshalb bisher nur ausgesprochen halbherzige Versuche unternommen wurden, dies zu unterbinden. Somit sind Händler wie Eran auf externe Kräfte zum Schutz ihrer Interessen angewiesen, womit die Helden ins Spiel kommen.

Eran spricht sie bei einer günstigen Gelegenheit an, sei es, dass sie am Markt an seinem Stand vorbeikommen oder dass er sie klassisch in einer Taverne anspricht, ob sie sich mit einem kleinen Auftrag ein paar Taler dazuverdienen wollen. Als erfahrener Phexjünger lässt sich dabei nicht über den Tisch ziehen und bietet den Helden je nach Reputation und Verhandlungsgeschick 1-2 Dukaten für die sichere Hinreise an (da er einige Zeit bei seinem dort lebenden Vetter verbringen möchte und Felle und andere Jagdgüter erwerben möchte, plant er keine sofortige Rückreise).

  1. Die Reisegesellschaft

Eran besitzt eine vierrädrige Kutsche, die allerdings weniger auf Personentransport ausgerichtet ist, sondern vor allem reichlich Stauraum für Waren bietet. An der Rückseite befindet sich eine kleine Türe, durch die der Innenbereich betreten werden kann. Zur rechten Seite hin kann eine große Klappe geöffnet werden, die zugleich als Vordach dient, damit die Kunden Einblick auf die feilgebotenen Güter haben. Der Innenraum ist mit unzähligen Regalen und Schubladen und einer Theke ausgestattet, in denen Eran sein Sortiment verstaut bzw. ausstellt. Dabei handelt es sich aktuell um ein ordentliches Mischmasch aus Luxusgütern, vorrangig um Stoffe und Tuche, Gewürze und Duftwässerchen, eben in erster Linie um Produkte, die in ländlichen Gegenden schwerer zu erhalten sind. In Svelltstein erhofft der Händler umgekehrt Produkte zu erwerben, die sich in Städten gut verkaufen lassen (wozu er eine ordentliche Menge an Dukaten mit sich führt). Auf dem Dach existiert reichlich Stauraum, wo Eran weitere Warenkisten aufbewahrt. Im Vorderbereich befindet sich ein Kutschbock, auf dem zwei Personen Platz finden. Die Kutsche wird von den beiden gutmütigen Tralloper Riesen „Bardo“ und „Cella“ gezogen, die zwar beide schon etwas in die Jahre gekommen sind, aber zuverlässige und erfahrene Arbeitspferde sind (sich aber kaum noch als Reittiere eigenen).

Der Händler und sein Gehilfe

Eran Algerein (46 Jahre) stammt ursprünglich aus einem Dorf in der Nähe von Gareth, wobei er in bitterster Armut aufwuchs. Nach dem frühen Tod seiner Eltern verdingte er sich als Jugendlicher als Gehilfe eines Kaufmanns in Wehrheim. Hier lernte er das kleine Einmaleins des Handels und tatsächlich gelang es ihm bereits mit Anfang 20 eine führende Position innerhalb des Kontors einzunehmen. Widerstandsfähig wie er ist, schaffte er es auch – anders als seinem Arbeitgeber – die Katastrophe im Jahr des Feuers zu überleben. Allerdings hielt ihn nun nichts mehr in der Sesshaftigkeit, mit dem Ersparten kaufte er sich seine Kutsche und zieht seitdem quer durch das Mittelreich. Sein verhältnismäßiger Erfolg ermöglicht ihm allerdings mittlerweile gutes Einkommen, weshalb er seit einigen Jahren ein Haus in Wagenhalt sein eigen nennt, in dem er im Winter mit seiner Frau Lusina lebt. Seinen relativen Wohlstand sieht man ihm zunehmend an, verfügt er doch über eine beträchtliche Leibesfülle. Unterschätzen sollte man den langsam ergrauenden Eran allerdings nicht, mit seiner Armbrust weiß er gut umzugehen und hat schon so manchen räuberischen Ork in Flucht getrieben.

Dem 16jährigen Ogdan Lassan hingegen steckt das Phexische weniger im Blut. Seine Anstellung als Gehilfe verdankt er einzig und allein der Tatsache, dass er der Sohn von Erans Schwager ist. Ogdans Talent in Verkaufsangelegenheiten hält sich stark in Grenzen, sei es aus einem Mangel an Durchsetzungsvermögen im Verkaufsgespräch, sei es aus seinem eher schlichten Gemüt heraus. Allerdings verfügt der schmächtige Blondschopf über ein gutes Händchen im Umgang mit Tieren, weshalb ihm die Pflege der Tralloper zukommt. Obendrein hat er sich als talentierter Kutscher erwiesen und kann Bardo und Cella auch durch unwegsames Gelände manövrieren.

  1. Unterwegs

Zwar existiert ein Karrenweg von Lowangen nach Svelltstein, allerdings erweist sich der Weg doch als beschwerlicher als erwartet. Die letzten Tage waren sehr regnerisch, so dass die Kutschräder teils tief im aufgeweichten Boden versinken. Somit ist ausdrücklich erwünscht, dass zumindest ein Teil der Helden zu Fuß marschiert, um Hilfestellung zu leisten, wenn die Kutsche steckenbleibt (was ca. einmal pro Stunde passiert). Trotzdem sollte Svelltstein bei einem Aufbruch früh am Morgen vor Einbruch der Nacht erreichbar sein. Je näher die kleine Reisegruppe ihrem Ziel kommt, desto bewaldeter wird der Wegesrand.

Zufallsbegegnungen (1W6)

1: Orkspuren: Quer über die Straße lassen sich die Spuren einer größeren Personengruppe ausmachen. Eine kundige Untersuchung bringt die Erkenntnis, dass es sich hierbei um einen Trupp von mindestens zwei Dutzend Orks handelt. Allerdings sind keine Anzeichen vorhanden, dass die Orks immer noch in der Nähe sind. Eran ist allerdings empört, dürfen sich doch eigentlich Orks nicht so nahe an Lowangen heranwagen.

2: Der Quacksalber: Den Helden kommt ein von zwei ausgemergelten Pferden gezogener Planwagen entgegen, auf dessen Kutschbock ein großgewachsener hagerer Mann sitzt, der einen tiefschwarzen Spitzbart trägt. Er stellt sich als Wunderheiler Borkus Destilius vor und versucht allerlei Tinkturen mit sagenhafter Heilkraft an dem Mann bzw. die Frau zu bringen. Ein unübersehbares Veilchen verrät aber, dass seine Künste in Svelltstein auf wenig Gegenliebe gestoßen sind, passend dazu bezeichnet er sie als „borniertes und unwissendes Bauernpack“.

3: Der Skalp: Ein aufmerksamer Beobachter kann am Wegesrand eine schon weitgehend vom Regen verwaschene Blutspur erkennen, die zu einem naheliegenden Gebüsch führt. Wer ein paar Äste beiseite schiebt, dem offenbart sich ein grausiger Anblick: Auf dem Boden liegt ein Skalp. Das Blut ist allerdings schon längst geronnen und verwaschen, so dass die Untat offenbar schon einige Zeit zurückliegt. Anatomisch beflissene Helden können den Skalp als zu einem Ork gehörig ausmachen. Auch eine genauere Untersuchung der Umgebung bringt aber keine weiteren Erkenntnisse zutage, geschweige denn eine dazu gehörige Leiche.

4: Blockade: Schon von weitem kann man einen umgestürzten Baum erblicken, der mitten auf dem Weg liegt. Beim Näherkommen kann man allerdings keine Falle oder ähnliches feststellen, die starke Eiche wurde lediglich unlängst von einem Blitzeinschlag gefällt. Mit ein wenig Kraftaufwand lässt sich der Baum beiseiteschaffen, zur Not kann Ogdan das Hindernis aber auch (wenn auch sehr langsam und umständlich) vorsichtig umfahren.

5: Wolfsgeheul: Plötzlich erschallt aus dem Wald ein lautes Geheul, vom Wildniskundigen leicht als Wolfsgeheul auszumachen. Allerdings droht bei Tag kaum Gefahr, sollten die Helden sich nicht unbedingt als Wolfsjäger versuchen (was aber Erans Widerspruch hervorrufen wird, der dies nicht als unmittelbare Gefahr ansieht).

6: Unvollendete Reise: Am Wegesrand liegen die Reste eines Karrens, bei dem die Hinterachse geborsten ist. Offenbar war der Schaden für den Besitzer so schwerwiegend, dass er das Gefährt hier zurückließ. Der Zustand des Holzes lässt darauf schließen, dass der Karren hier schon seit mehreren Monaten verrottet.

  1. Die Falle

Eran ist zwar ein mit allen Wassern gewaschener Händler und verfügt über viele Jahre Berufserfahrung, dieses Mal hat er jedoch einen verhängnisvollen Fehler begangen: Bevor er die Helden angesprochen hat, versuchte er eine andere Gruppe als Geleitschutz anzuwerben. Dabei handelte es sich leider mitnichten um vertrauenswürdige Zeitgenossen, sondern um Zwinker-Jos, seines Zeichens den Unterführer der berüchtigten Achtfinger-Rike, die mit ihrer Bande seit Jahren durch das Svelltland zieht. Tatsächlich besteht ihre Taktik zumeist darin, sich selbst als Geleitschutz anwerben zu lassen, um den Auftraggeber in Ruhe abseits der Zivilisation auszuplündern. Dieses Mal hat ein ungutes Gefühl Eran aber im letzten Moment umgestimmt. Trotzdem hat er somit die Aufmerksamkeit der Bande auf sich gezogen, die nun den Reisezeitpunkt kennt und entsprechend im Wald vor Svelltstein einen unschönen Empfang vorbereitet hat.

4.2. Die Banditen

Achtfinger-Rike: Ihren Beinamen verdankt Rike ihrer Jugend als Taschendiebin in Tiefusen, die eben nicht nur von Erfolg gekrönt war, wodurch sie nach Leibstrafen zwei Finger ihrer rechten Hand verlor. Allerdings erwies sie sich schnell als ausgesprochen talentierte Linkshänderin im Schwertkampf, was ihr eine gewisse Karriere als Söldnerweibelin in diversen Konflikten in Nostria und Andergast einbrachte. Die mangelnde Zahlungsmoral der dortigen Adeligen führte die großgewachsene und kräftige Frau aber zu der Erkenntnis, dass es allemal besser ist, auf eigene Rechnung zu arbeiten. Ihre Bande regiert sie mit harter Hand und duldet keinen Widerspruch (außer in Form von vorsichtigen Ratschlägen aus Pjerows Mund). Die Tatsache, dass es bislang gelungen ist, der Obrigkeit durch die Finger zu schlüpfen und dabei auch noch regelmäßig passable Beute zu machen, sichert ihr aber eine verhältnismäßig große Loyalität ihrer Bande. Ihr Vorgehen verrät ihre militärische Erfahrung, indem sie sich meist nur in vorbereitetem Terrain auf Auseinandersetzungen einlässt.

Zwinker-Jos: Der schlanke Unterführer Rikes kleidet sich gerne vornehm und auffällig, gönnt sich dazu oft ein aufdringliches Duftwasser. Allerdings reagiert der gutaussehende Bandit ausgesprochen vehement auf Schmähungen als „Schönling“ oder gar „Liebfelder“ und stellt im Gegenzug bereitwillig seine Fähigkeiten als Säbelkämpfer heraus. Trotzdem setzt er sein gutes Aussehen als Unterpfand ein, ist er es doch, der oft als Späher fungiert und mögliche Opfer ausspionieren soll. Sein einnehmendes Lächeln, verbunden mit einem sympathischen Zwinkern sind ihm dabei durchaus hilfreich, um Vertrauen zu erwecken. Außerdem ist er der beste Reiter der Truppe.

Pjerow Larinow: Ihre Wildnistauglichkeit verdankt Rikes Truppe vornehmlich dem schweigsamen Bornländer. Der ehemals leibeigene Wildhüter musste seine Heimat in hastiger Flucht verlassen, nachdem seine Liebschaft zur Frau eines Bronnjaren aufgedeckt wurde. Fortan verdingte sich der glänzende Jäger als Söldner, wobei er auch Rike kennen- und schätzen lernte. Seine Aufgabe ist die Präparierung des jeweiligen Überfall-Schauplatzes mit Fallen, anschließend setzt Rike ihren ältesten Vertrauten als Scharfschützen ein. Er versucht dabei gezielt die besten Kämpfer der Gegner auszumachen und außer Gefecht zu setzen.

Die weiteren Bandenmitglieder

Von den anderen wenig respektiert, aber ungleich wichtig für die Bande sind die beiden Orks Khezzek und Gorash. Beide sind gute Nahkämpfer, können aber auch passabel mit ihren Kurzbögen umgehen. Abseits des Kampfes verrichten sie vor allem die niederen Tätigkeiten. Die hünenhafte, zwei Schritt große Bären-Sira ist die Frau für die groben Maßnahmen und man sollte sich vorsehen, nicht in den Radius ihrer Axt zu geraten. Eher auf leisen Sohlen kommt der flinke Dieb Beutel-Win daher. Allerdings sollte man sich von seiner knabenhaften Gestalt nicht täuschen lassen, er weiß sowohl sein Kurzschwert gut zu führen als auch seine Talente als Messerwerfer gewinnbringend einzusetzen. Der Thorwaler Laskar Bjorkson fungiert mit seinem Schild als ständiger Schatten und Leibwächter von Rike. Wer ihr zu nahe kommt, lernt das Skraja und die grimmige Entschlossenheit des sonst so fröhlichen Blondschopfs kennen. Da jüngste Mitglied der Bande ist die Bolzen-Mina. Jos hat die sommersprossige Schönheit vor einigen Wochen von einem Ausflug nach Lowangen mitgebracht. Die Söldnerin ist eine manierliche Armbrustschützin, dürfte aber nur so lange bei der Bande verbleiben, bis sie erkannt hat, dass Jos in seiner Zuneigung eher flatterhaft veranlagt ist. Rikes ganzer Stolz ist zuletzt ihr Wehrheimer Bluthund Bor, der mit seiner Geschwindigkeit ein gefährlicher Gegner ist. Zudem kann er mit seiner Nase auch nach Einbruch der Dunkelheit heranschleichende oder fliehende Gegner wittern.

4.3. Das Ausspähmanöver

Dieses Ereignis findet ca. eine Stunde vor dem Erreichen der Falle statt. Eine Gruppe von 3 Reitern passiert entgegenkommend die Kutsche. Alle drei sind in dunkle Mäntel und breitkrempige Hüte gekleidet. Werden sie nicht angesprochen, beschränken sie sich auf ein kurzes „Praios zum Gruße“ und fragen lediglich, wie weit Lowangen noch entfernt ist, um dann zügig weiterzureiten. Bei den Reitern handelt es sich um Laskar, Win und Mina, die von Rike entsandt wurden, um die Zahl und Bewaffnung von Erans Begleittrupp zu ermitteln. Außer Sichtweise umgehen sie auf einem kleinen Waldpfad die Reisegruppe wieder, um Rike Bericht zu erstatten.

4.4. Der Angriff

Der endgültige Angriff findet auf einem Waldstück, ca. zwei Stunden Fußmarsch vor Svelltstein statt. Die Bande hat den Ort gut gewählt. Im Idealfall läuft der Angriff so ab, dass Pjerow einen unscheinbaren Ast als Markierung (1) auf dem Weg gelegt hat. Passiert die Kutsche diesen, so werden auf beiden Seiten des Weges Stricke durchtrennt, die dafür sorgen, dass zwei bis dahin gut getarnte und an Seilen befestigte Baumstämme (2) gegen die rechte und linke Seite der Kutsche rammen. Dieses Manöver bringt im Regelfall die Kutsche zum Umfallen. Gleichzeitig wird ein Dutzend Schritte hinter der Kutsche ein Geröllfall (4) ausgelöst, was zumindest den Rückweg für die Kutsche oder Pferde zunächst abschneidet. Leicht außer Sichtweite ist der Weg nach vorne nach ca. 30 Schritt durch einige Baumstämme (3) blockiert. Sitzen Kutsche und Geleitschutz in der Falle, so decken zunächst die Bogenschützen (in jeder Himmelsrichtung ist einer postiert) die Helden, Ogdan und Eran mit Pfeilen ein. Bei jedem Bogenschützen befindet sich ein Nahkämpfer als Bedeckung. Den Nahkampf befiehlt Rike aber erst, wenn sie sich ihres Sieges sicher ist. Dann jedoch rückt die Bande schnell und geschlossen vor, um die Gegner kampfunfähig zu machen.

Hinter der vorderen Blockade sind die 6 Pferde der Bande angebunden. Diese werden aber ob des tiefen Bodens im Kampf nicht eingesetzt, sondern stellen die Fluchtoption bei einem Scheitern des Überfalls dar.

  1. Mögliche Entwicklungen

Das oben Geschilderte stellt nur den idealen Ablauf dar, wenn Kutsche und Geleitschutz also arglos und ohne vorbereitende Maßnahmen in die Falle getappt sind und sich als nicht allzu wehrhaft erwiesen haben. Bei einer Heldengruppe, die ja – den Zwangläufigkeiten eines Abenteuers folgend – oft hinter jedem Busch einen Hinterhalt vermutet, dürfte sich dies im Regelfall anders darstellen. Darum sollen im Folgenden einige Anregungen erfolgen, um zum einem dem Spielleiter Optionen für alternative Verlaufsmöglichkeiten an die Hand zu geben und zum anderen der Szenerie etwas Atmosphäre zu verleihen. Grundsätzlich gilt aber eine Vorbedingung: Rike und ihre Bande sind keine Anfänger, sondern verstehen ihr Handwerk, d.h. sie geraten nicht bei den ersten Schwierigkeiten in Panik und stellen somit respektable Gegner dar.

Späher

Genau wie im Falle der Banditen ist es sicher auch denkbar, dass die Helden entsprechende Vorbereitungen für eine Auseinandersetzung getroffen haben. Sollten also Späher eingesetzt werden, die entweder dem Wagen vorausreiten (oder -gehen) oder die Rikes Erkundungstrupp folgen, so ist es möglich, die Banditen bei ihren Vorbereitungen anzutreffen. Allerdings stehen Khezzek und Gorash nach der Rückkehr des Spähtrupps etwa 100 Schritt vor der Falle als Wachposten bereit und geben diese Position erst auf, wenn sie die Kutsche erblicken, um den anderen das Startsignal zu geben. Dabei können sie natürlich bei vorsichtigem Heranschleichen (natürlich nur jenseits des Weges) umschlichen oder gar überwältigt werden. Geschieht dies, können die Helden die weiteren Banditen bei ihren Vorbereitungen, z.B. dem Erstellen der Fallen, auf dem falschen Fuß erwischen.

Es funktioniert nicht

Gehen die Helden sichtbar vorsichtig vor, z.B. indem sie weiter verteilt marschieren oder einige jenseits des Wegrandes unterwegs sind, so verzichtet Rike auf das Auslösen der Falle und versucht alternative Strategien, z.B. das Angreifen einzelner Helden, die weiter von den anderen entfernt sind, wobei einige Banditen versuchen, den Kutschbock zu erreichen oder Ogdan vom Bock zu schießen.

Durchbrechen

Wenn die Helden die Falle rechtzeitig erkennen, ist es auch möglich, durch schnelles Vorpreschen die Baumfalle zu umgehen, allerdings hält die vordere Blockade die Kutsche in jedem Fall auf. Die Bande kann dann aber nicht in gewohnter Formation agieren.

Dreht die Kutsche rechtzeitig um, so nehmen die Banditen mit den Pferden und zu Fuß die Verfolgung auf. Die Reiter versuchen dabei die Kutsche zu überholen und zum Stehen zu bringen, notfalls attackieren sie dazu die Tralloper.

Wir haben ihn!

Eine Möglichkeit liegt auch in einer Geiselnahme. Vor allem Eran und Ogdan werden von den Räubern schnell als interessante Opfer ausgemacht. Dazu werden die Helden in Kämpfe verwickelt, damit zwei Banditen einen der beiden entwaffnen und gefangen nehmen können. Anschließend versucht Rike eine Aufgabe der Helden zu erpressen.

Genauso ist es natürlich denkbar, dass die Helden sich einzelner Gegner bemächtigen können. Handelt es sich um untergeordnete Mitglieder, so wird Rike nicht allzu viel für sie unternehmen. Sind Jos oder Pjerow betroffen, so ist sie zum Schein zu Unterhandlungen und Zugeständnissen bereit, allerdings versucht sie bei der ersten sich bietenden Gelegenheit die Helden zu hintergehen. Ähnlich handhabt es Jos, sollte Rike betroffen sein. Er opfert sie aber keinesfalls ohne weiteres, da ihm bewusst ist, dass ohne sie seine Erfolgsaussichten drastisch sinken (und Pjerow gegen ihn opponieren wird).

Die Belagerung

Reagieren die Helden nach dem Auslösen der Falle schnell, so ist es durchaus denkbar, dass sie einzelne Bäume oder die eventuell umgestürzte Kutsche als Deckung nehmen und ihrerseits versuchen, die Gegner mit Fernkampfangriffen auszuschalten bzw. sie wenigstens auf Distanz zu halten. In diesem Fall verzichten Rike auf einen Frontalangriff, sondern versucht nur, die Helden bei der Kutsche festzunageln. Anschließend wartet sie mit weiteren Attacken bis zur Dunkelheit. In deren Schutz versuchen sich dann einige Banditen an die Verteidiger heranzuschleichen, um diese auszuschalten. Natürlich steht dies auch den Helden als Taktik offen. Hier gilt weiterhin, dass in der Regel ein Nahkämpfer einen Bogenschützen deckt. Gerade Pjerow versucht zudem durch häufige Positionswechsel unberechenbar zu bleiben, hat allerdings auch keinen Nahkämpfer bei sich. Von Brandpfeilen wird allerdings abgesehen, aus Angst, die Beute zu beschädigen.

Einschüchterungsversuche

Sind die Helden festgesetzt, zeigt Rike durchaus Verhandlungsbereitschaft, die sie – zur Schonung der eigenen Ressourcen – auch durchaus ernstmeint. So ruft sie die Helden an und bietet ihnen freien Abzug in Richtung Lowangen an (nicht in Richtung Svelltstein, weil dort schneller Hilfe zu erwarten ist), wenn sie dafür die Kutsche und alle darin enthaltenen Güter zurücklassen. Allerdings widerspricht Eran natürlich energisch. Unterstrichen wird dies durch den Beweis der Gefährlichkeit der Bande. So schießt Pjerow Pfeile in die Kutsche, an denen entwendete Steckbriefe von Rike und einigen Bandenmitgliedern befestigt sind, die hohe Belohnungen und große Gefährlichkeit beurkunden.

Rike und die 40 Räuber

Rike und Jos versuchen ihren Gegnern gerne eine deutlich höhere Kopfzahl vorzuspielen. Deshalb werden quer durch den Wald immer wieder laute Kommandos geschrien, die jedes Mal mit einem neuen Namen als Empfänger enden. Manche Räuber bestätigen dies mit teils verstellten Stimmen, allerdings sind nicht alle besonders talentiert in dieser Disziplin.

Flucht

Wenn mehrere der Banditen gefallen sind oder Rike und Jos überwältigt wurden (alleine von Rikes Ausfall lässt sich Jos nicht einschüchtern, so er noch eine Überzahl zur Verfügung hat), so wenden sich die Übriggebliebenen zur Flucht. Wem dies möglich ist, der versucht die Pferde zu erreichen, die Orks und Pjerow suchen aber durchaus auch ihr Heil im Wald. Für diesen Fall hat Rike die Weisung ausgegeben, dass sich jeder Flüchtende in eine andere Richtung wendet (um etwaige Verfolger aufzusplitten), um sich in einem Monat im einem Gasthaus in der Nähe von Gashok wiederzutreffen. Rike hält feste Behausungen für ihre Bande für ein Risiko, weshalb sie im Alltag eher nomadisch leben. Ihr aktueller Wohnort ist eine verlassene Bärenhöhle drei Wegstunden vom Überfallort entfernt. Allerdings wird kein Bandenmitglied dorthin flüchten, so dass sich außer einem niedergebrannten Lagerfeuer, ein paar Decken und weniger wichtigen Ausrüstungsgegenständen dort nichts finden lässt.

Die Kavallerie

Natürlich besteht auch die Möglichkeit, dass einzelne Helden die Umkreisung offen oder schleichend durchbrechen, um im naheliegenden Svelltstein Hilfe zu holen. Allerdings müssen ihre Geführten dann noch einige Stunden durchhalten, wobei die Banditen ihre Bemühungen intensivieren, wenn sie unter Zeitdruck stehen. Mindestens einen der Orks sendet Rike einem durchgebrochenen Helden hinterher. In Svelltstein lassen sich mit dem nötigen Nachdruck rund zwei Dutzend Freiwillige finden, die zur Rettung der Eingeschlossenen aufbrechen. Wenn die Not besonders groß ist, kann sich nach Meisterentscheid natürlich auch eine Truppe berittener Soldaten zur Rast in Svelltstein aufhalten, der besonders schnellen Entsatz liefern kann.

Ein Patt?

Sowohl Rike als auch Eran sind kluge und erfahrene Personen, die als Söldnerin und Händler immer auch auf Phexens Pfaden wandeln. Ist absehbar, dass keine der beiden Parteien einen entscheidenden Erfolg erringen kann, sind sie durchaus verhandlungsbereit. Weder kann Rike auf einem öffentlichen Weg länger als nötig einen Belagerungszustand aufrechterhalten, noch möchte Eran allzu lange in dieser Position ausharren, zumal Rike sicherlich auch zu destruktiven Maßnahmen fähig ist, wenn sie begreift, dass sie ihre Beute nicht erhalten wird (dann sind Brandpfeile tatsächlich vor dem Abzug der Räuber eine Option). Somit gilt es dann, akzeptable Bedingungen auszuhandeln, bei denen sich Erans Verluste in Grenzen halten.

Und sonst?

Sicherlich sind noch viele weitere Taktiken und Ereignisse denkbar, die hier nicht alle berücksichtigt werden können bzw. die mir nicht in den Sinn gekommen sind. Getreu dem Grundmotiv empfehle ich hier den Rückgriff auf bekannte Westerngeschichten zur Anreicherung und Ergänzung, hier sind keine Grenzen gesetzt (Was passiert beispielsweise, wenn plötzlich zufällig eine Orkrotte auf Plünderzug auf die beiden sich bekämpfenden Parteien trifft? Wie reagiert der unerfahrene Ogdan auf den Gefechtsstress?).

Genauso können sich aus dem Ausgang noch Folgeabenteuer ergeben, z.B. falls die Helden geflüchtete Bandenmitglieder verfolgen wollen, um sie ihrer gerechten Bestrafung zuzuführen oder falls die Helden Eran weiterhin begleiten möchten.

  1. Die Belohnung

Sollte es den Helden gelingen, Eran und seine Kutsche nach Svelltstein zu eskortieren, indem sie den Angriff der Banditen erfolgreich abgewehrt haben bzw. sie alles unternommen haben, um die Angelegenheit zu einem erfolgreichen Ende zu führen (dies kann Verhandlungen und eine Pattsituation miteinschließen), so haben sie sich 5 Abenteuerpunkte redlich verdient. Je nach Einsatz der Helden ist Eran auch aus freien Stücken bereit, die Belohnung um einiges aufzustocken.

  1. Kartenskizze

Falle

Disclaimer: DAS SCHWARZE AUGE, AVENTURIEN, DERE, MYRANOR, THARUN, UTHURIA und RIESLAND sind eingetragene Marken der Significant Fantasy Medienrechte GbR.

Das Szenario als pdf:

Die Kutsche nach Svelltstein

4 Kommentare

    1. Klar, allerdings kommt das Einkommen eher unstet rein und Lohnfortzahlung im Krankheitsfall gibt es bei ihr auch nicht…
      Auf die Banditenperspektive wär ich jetzt nicht gekommen. Aber ich dachte mir schon, dass man sie schon als Truppe mit einem Plan darstellen sollte und nicht als reines Schwertfutter. Das finde ich eh merkwürdig, dass NSCs nicht selten als inkompetent dargestellt werden, weil sie planlos agieren.

      Like

Hinterlasse einen Kommentar