Rezension: Im Land der Piraten

Vorbemerkung: Nach dem hoffnungsvollen Auftakt der 2. Staffel der Hörbuchreihe von Winterzeit Audiobooks folgt nun mit Im Land der Piraten die zweite Folge. Dabei orientiert sich die Reihe in deutlich andere Gefilde als in den bisherigen sieben Episoden, handelt es sich bei dem titelgebenden Piratenland doch um Thorwal, womit die Helden um Gundar Gemmenschneider endgültig in die Heimat ihres Mitstreiters Hothars vordringen. Gerade hier erscheint mir die Frage spannend, ob es den Machern wirklich gelungen ist, das aventurische Thorwal atmosphärisch einzufangen oder ob eine generische Wikingergeschichte erzählt wird.

I. Inhalt

Wie erwähnt schließt die Handlung direkt an die vorherige Episode an, womit die fünfköpfige Gruppe auf dem eiligen Weg nach Thorwal ist, um einerseits dem Fluch des Schatzes auf den Grund zu gehen und natürlich andererseits Hothars Schwester Ragna zu retten, die mutmaßlich das nächste und auch letzte Opfer des Fluchs werden könnte. Ihr Ziel ist eine kleine Siedlung in der Nähe Prems, wo sie gleich die rauen Sitten des Nordvolkes zu spüren bekommen. Schnell müssen sie zudem feststellen, dass es hellhörige Konkurrenz gibt, die ebenfalls an Ragna und ihrem Wissen über den verschwundenen Schatz interessiert sind. Somit entwickelt sich eine Konkurrenzsituation zu dem skrupellosen Asgrimm, dem Kapitän des Drachenschiffs Seelenfänger und seinen Handlangern. Das ganze Geschehen mündet in ein großes Finale auf See, wobei Hothar und seine vier Gefährten sich einer großen Übermacht an Feinden stellen müssen.

II. Figuren

Innerhalb der Heldengruppe geht die Hauptrolle deutlich mehr von Gundar auf Hothar über, der in seiner Heimat auch der Wortführer wird, zumal er dort auch über einen gewissen Bekanntheitsgrad zu verfügen scheint. Seine Schwester Ragna präsentiert sich zunächst noch nicht wie zuvor beschrieben als entschlossene Kapitänin, sondern als vom Schicksal gebrochene Säuferin, die allerdings nach und nach ihr Potential offenbaren kann. Eine diffuse Rolle nimmt der Efferdgeweihte Gorwin mit seinen Prophezeiungen ein. Während Alinnes Fähigkeiten nach wie vor in brenzligen Situationen die Problemlösung darstellen, rücken vor allem Sardos und Filoen diesmal etwas in den Hintergrund.

Zudem werden die Helden mit gleich drei Antagonisten konfrontiert, die über höchst unterschiedliche Profile verfügen: der schmierige Njörd, der brutale Handlanger Olrik und Asgrimm, der Strippenzieher, der befehlsgewohnt die Kommandos erteilt und dabei über Leichen geht.

III. Kritik

Im Prinzip bietet die Folge eine bunte Mischung üblicher Versatzstücke einer Handlung in Thorwal: raue und trinkfreudige Nordleute, seekranke Landratten, fulminante Enterkämpfe und viel unheilschweres Gerede über den verfluchten Schatz. Auch wenn das jeweils für sich gesehen nicht unbedingt originell sein mag, funktioniert es in der Summe gut. Die Handlung um die Rettung Ragnas ist spannend bis zum Finale und die regionaltypische Atmosphäre wird weitgehend gut eingefangen, wenn die Helden z.B. Bekanntschaft mit der Wirkung des berühmten Premer Feuers machen oder ein Efferdgeweihter sich an Hothars Nachnamen Swafnirson stört, weil er diesen für lästerlich hält. Gerade hier sehe ich eine klare Weiterentwicklung zur ersten Staffel, man verspürt sehr deutlich, dass beim Verfassen des Skripts deutlich mehr auf die Stimmigkeit zur Hintergrundwelt geachtet wurde (wobei sicherlich diskutabel ist, ob man Thorwal wirklich derart pauschal als das Land der Piraten bezeichnen kann).

In Bereich der Figurenentwicklung gestaltet sich positiv, dass Hothar nun nicht mehr auf die Rolle des zwanghaft polternden Nörglers reduziert wird, sondern mehr die Aufgabe eines Anführers übernehmen muss. Etwas schade finde ich dafür, dass die Tradition der ersten Staffel weitergeführt wird, Antagonisten nur für eine Folge zu gestalten, anstatt diese langsam aufzubauen. Ein über längere Zeit eingeführter Schurke wäre aus meiner Sicht durchaus reizvoll. Ohnehin fällt auf, dass die aktuelle Folge nicht zimperlich gestaltet wurde, denn es werden im wahrsten Sinne des Wortes keine Gefangenen gemacht, die Gegner müssen in der Regel über die Klinge springen.

Auch wenn es mittlerweile fast eine Gewohnheit in den Hörspielrezensionen hier ist, muss ich einmal mehr unterstreichen, dass die technische Machart auch dieses Mal extrem professionell gestaltet ist: Bis in die kleinen Sprechrollen hinein finden sich hörbar routinierte und auch prominente Synchronsprecher, deren Stimmen gut zu ihren Charakteren passen. Ähnliches gilt für die Untermalung mit Musik und Soundeffekten (zu denen sich ein lesenswertes Interview im Booklet findet), die die jeweilige Situation treffend untermalen.

IV. Fazit

Im Land der Piraten ist eine gelungene Fortführung des guten Staffelstarts, die Reihe ist mit deutlich mehr Augenmerk auf die aventurische Hintergrundwelt gestaltet als die 1. Staffel, die in diesem Punkt sehr deutliche Schwächen aufwies. Die Story ist zwar eher konventionell, aber gut und spannend gestaltet, was einmal mehr auch an der hervorragenden technischen Umsetzung liegt.

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