Vorbemerkung: Ich habe mich in den vergangenen Jahren zunehmend bemüht, neben den offiziellen Publikationen auch auf Fanwerk hinzuweisen, gerade auch, weil mir immer bewusster geworden ist, wie viel Kreativität darin von sehr vielen Menschen investiert wird, dabei völlig unentgeltlich. Und dabei handelt es sich oft nicht um gut gemeintes Amateurmaterial, nicht selten wird ein ganz hervorragendes Niveau erreicht, dass sich hinter offiziellen Titeln nicht verstecken muss. Eines dieser Beispiele ist Ilaris, ein alternatives DSA-Regelwerk von Lukas Schafzahl, der es sich zusammen mit seinen Mitstreitern auf die Fahne geschrieben hat, schlankere Regeln für Aventurien zu gestalten. Bei der Veröffentlichung der digitalen Variante habe ich damals schon eine Rezension geschrieben und auch mit Lukas Schafzahl ein Interview geführt. Umso mehr freut es mich jetzt, dass das Projekt mittlerweile eine derartige Anerkennung gefunden hat, dass es nun sogar zu einer Printveröffentlichung durch Ulisses gekommen ist. Auch wenn Regeln weiterhin nicht mein Lieblingsfeld bleiben, möchte ich es mir nicht nehmen lassen, ergänzend zu meiner damaligen Rezension auch die Printvariante kurz vorzustellen (weshalb ich nicht auf jedes einzelne Detail eingehen werde und auf den damaligen Artikel verweise).
In Zahlen:
– 218 Seiten
– Preis: 24,95 Euro
– erschienen am 28.6. 2019
I. Aufbau und Inhalt
Nach wie vor handelt es sich bei Ilaris um einen reinen Regelband, der Hintergrund wird folglich völlig aus den offiziellen Publikationen übernommen.
Nach einem kurzen Vorwort werden zunächst die Probenmechanismen vorgestellt, vor allem mit dem großen Unterschied, dass bei 3W20 das mittlere Ergebnis gültig ist. Dazu werden Probevarianten (z.B. vergleichende Proben) erläutert. Folgend stehen die Charaktere mit Generierungsregeln im Mittelpunkt, wie in einzelnen Schritten ein Charakter bei Ilaris erstellt wird. Besonderer Wert wird dabei auf Eigenheiten gelegt, mit denen Stärken und Schwächen eines Charakters dargestellt werden. Hierbei gibt es eine Tabelle mit beispielhaften Eigenheiten, aber es wird auch darauf eingegangen, wie man zum jeweiligen Charakter passende Eigenheiten selbst erstellen kann. Ebenso wird auf die grundlegenden Attribute verwiesen, sowie die sich daraus ableitenden Werte.
Besonders wichtig sind die Fertigkeiten und Talente (ebenso wie die dazugehörigen Probemechanismen). Hier werden zunächst die profanen Fertigkeiten mit den passenden Attributen aufgeschlüsselt, wobei den Fertigkeiten auch die jeweiligen Talente zugewiesen werden (zum Beispiel die Talente Pirschen und Untertauchen zur Fertigkeit Heimlichkeit). Zusätzlich gibt es Vorteile als Fähigkeiten, die von den Helden genutzt werden können.
Im Kapitel Gesundheit wird der Umgang mit Schaden erläutert, wobei bei Ilaris eine achtstufige Statusleiste verwendet wird, mit der die Anzahl der erlittenen Wunden ermittelt werden kann und welche Auswirkungen diese auf den Zustand des Charakters haben und welchen weiteren Bedingungen (z.B. Heilung und Regeneration) diese unterworfen sind.
Eine besondere Rolle spielt im Rollenspiel natürlich auch der Kampf. Hier wird zunächst der Aktionsablauf beschrieben und wie Attacke und Parade funktionieren und wie besondere Würfe sich auswirken, wobei hier für den traditionellen DSA-Spieler die Umkehrung üblicher Zustände gewöhnungsbedürftig sein dürfte, d.h. die 1 ist ein Patzer und die 20 ein sogenannter Triumph. Als Modifikationen sind dann auch bei Ilaris Manöver von entscheidender Bedeutung. Zudem werden Kampfvorteile vorgestellt und die Kampfstile für die einzelnen Waffengattungen, die stufig aufgebaut sind. In Tabellen sind zudem die Werte für die verschiedenen Waffen angeführt.
Das Kapitel Profanes stellt Regeln für die unterschiedlichsten Situationen vor, z.B. Rededuelle oder Verfolgungsjagden, profane Vorteile, Sonderregeln für die Schaffung von Gegenständen etc., unterteilt in Handwerkstalente wie Holzbearbeitung, Schmieden, Mechanik und Alchemie (wobei auch auf die Erzeugnisse eingegangen wird).
Im Bereich der Magie wird die Astralenergie erläutert und wie Zauber gewirkt werden können (nebst den denkbaren Modifikatoren und Vorteilen). Für die einzelnen magischen Traditionen (z.B. Druiden, Gildenmagier etc.) sind Wertekästen vorhanden. Ebenso finden sich Sonderregeln für Aspekte wie Artefakterstellung, magische Analysen, Beschwörungen etc.
Das Äquivalent für Geweihte ist Karma, auch hier wird zuerst die Karmaenergie vorgestellt, danach die Wirkung von Liturgien und mögliche Modifikationen. Für die einzelnen Geweihten der verschiedenen Götter sind ebenso Wertekästen vorhanden. Auch hier gibt es Sonderregeln für Mirakel oder das Weihen von Boden.
Eine Sonderrolle nehmen Paktierer ein, bei denen alle Aspekte eines Paktes wie die Kreise der Verdammnis, ein etwaiger Paktbruch und die Geschenke der Paktgeber erläutert werden (hier in sogenannten Gunstpunkten ausgedrückt).
Ein großes Kapitel ist den Kreaturen gewidmet. Zunächst gibt es einige Anmerkungen zu Besonderheiten, z.B. wie man Frusterlebnisse gegen schier unbesiegbare Gegner wie Kolosse vermeiden kann. Dann werden viele Standardkreaturen mit kleinen Wertekästen vorgestellt, die in Oberkategorien (z.B. Dämonen, Humanoide, Mythenwesen) unterteilt sind.
Den Löwenanteil des Bandes nehmen zuletzt die Zauber und Liturgien ein. Hier finden sich die einzelnen Zauber bzw. Liturgien für die jeweiligen Professionen mit einer kurzen Wirkungsbeschreibung und den folgenden regeltechnischen Aspekten. Zuletzt ist noch ein Index mit entsprechender Verschlagwortung der Bandinhalte vorhanden.
II. Kritik
Nach wie vor muss ich feststellen, dass mir Ilaris wirklich gut gefällt, weil es seine Grundidee der schlanken Regeln für Aventurien durchaus einhält. Der Band enthält eine Fülle von Regelmechanismen, die tatsächlich vieles vereinfachen und verknappen, z.B. in Form des Gesundheitssystems. Der erfahrene DSA-Spieler muss sich stellenweise umgewöhnen, z.B. in der oben bereits erwähnten teilweise praktizierten Umdrehung von Würfelergebnissen.
Trotzdem muss man natürlich auch anmerken, dass Ilaris keineswegs ein Regelleichtgewicht ist, auch hier entsteht zumindest bei mir immer noch oft genug ein gewisses Maß an Konfusion bzw. verfalle ich in ein eifriges Hin- und Herblättern, um bestimmte aufeinander basierende Aspekte nochmal nachzulesen. Die Regeln mögen zwar viel schlanker als das Gesamtwerk der DSA4/5-Regeln sein, dennoch bleibt ein gewisser Komplexitätsgrad nicht aus. In manchen Bereichen ist zudem noch die Anregung vorhanden, eigene Erweiterungen zu kreieren, z.B. bei den Eigenheiten. Da ist der Mechanismus für den Eigenbau zwar gut erklärt, trotzdem bedeutet das, das auch Ilaris noch eigener Modifikationen bedarf. Für meinen Geschmack ist es also immer noch relativ komplex, reduziert dies aber natürlich im Vergleich zur Vorlage.
Verbesserungen im Vergleich zur alten PDF-Variante der ersten Auflage sind vor allem im Bereich der Übersichtlichkeit vorhanden. Hier sind einige damals vorhandene merkwürdige Sortierungen im Regelbereich anders angeordnet werden, so dass sie jetzt besser passen, z.B. ist der Paktierer mit seinen Fähigkeiten aus dem Kreaturenkapitel genommen worden. Zudem sind die vorhandenen Lücken, v.a. im Bereich der Geweihten mittlerweile gefüllt worden. Generell ist Ilaris jetzt ein sehr übersichtlich strukturierter Band, in dem man sich auch intuitiv besser zurechtfindet als in der Erstauflage.
Sehr positiv muss zudem nach wie vor die allgemeine Machart hervorgehoben werden. Die schönen Illustrationen von Bernhard Eisner kommen gedruckt natürlich noch besser zur Geltung, mit Tabellen, Kästen und Symbolen wirkt alles sehr strukturiert. Die Regelerläuterungen sind gut und verständlich formuliert, was natürlich gerade für einen reinen Regelband wichtig ist. Hier sind auch die vielen kursiv gedruckten Beispiele sehr hilfreich. An dieser Stelle muss ich noch einmal die Feststellung unterstreichen, dass man für ein Fanwerk eine sehr professionelle Arbeitsweise erkennen kann.
III. Fazit
Das gedruckte Ilaris ist ein Musterbeispiel für gut umgesetzte Fanarbeit, so dass die Printumsetzung von Ulisses ein höchst verdientes Lob darstellt, natürlich auch verursacht durch die überwiegend sehr positive Resonanz aus Fankreisen. Inhaltlich wird das Ziel der Regelverschlankung von DSA erreicht, allerding sollte man sich trotzdem darüber im Klaren sein, dass es sich immer noch um ein komplexes Regelwerk handelt. Positiv ist auch die verbesserte Übersichtlichkeit in der Bandstruktur im Vergleich zur Erstauflage anzumerken, zudem wurden fehlende Regelteile ergänzt. Schön ist zuletzt der Umstand, dass die Printausgabe nur ein zusätzliches Angebot ist, Ilaris bleibt aber in seinem Grundgedanken weiterhin ein nichtkommerzielles Fanprojekt, weshalb der Band auch in einer PDF-Variante kostenfrei herunterladbar ist.
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