Rezension: Schicksalsschwur und Skaldensang

Vorbemerkung: Eine Regionalspielhilfe bedingt auch immer viel Material, das produziert wird. Nicht alles findet dabei Platz im Hauptband. Im Crowdfunding ist sicherlich ein Vorteil, dass hier die Gelegenheit vorhanden ist, andere Formate zu finden, in deren Rahmen eine Veröffentlichung möglich ist. In diese Kategorie fallen wohl auch einige Inhalte des Begleithefts zum Meisterschirmset Schicksalsschwur und Skaldensang, vor allem geht es offenbar auch darum, noch mehr konkrete Spielelemente zu liefern, handelt es sich doch um eine Mischung aus Abenteuerszenarien, Spielhilfen und Hintergrundtexten. (Anmerkung: Das dazugehörige Abenteuer Auf ins Abenteuer – Treueschwur erhält eine eigene Rezension)

In Zahlen:

– 48 Seiten

– 3 Szenarien und 4 Spielhilfen

– Preis 19,95 Euro (zusammen mit dem kompletten Meisterschirmset)

– erschienen am 18.2. 2021

I. Inhalt und Aufbau

Insgesamt besteht das Heft aus drei unterschiedlich langen Szenarien, 4 Spielhilfen, einer Ingame-Textsammlung und zwei Wertekäste für Tiergefährten.

Szenarien

Thorkars Schatz involviert die Heldengruppe in eine Schatzsuche, zu der sie von der jungen Thorkalla Kyllasdottir angeworben werden. Diese hat unlängst von den verschollenen Beutestücken ihres Großvaters erfahren und sucht nun eine Mannschaft für ihr kleines Schiff. Dabei müssen sie sich auf eine gefährliche Seereise durch die nebelverhangenen Olportsteine begeben und anschließend das Versteck des Schatzes finden. Der Schrecken im Dunlach-Moor hat eine sehr düstere Stimmung, geht es doch um die Rettung eines verwundeten Gjalsker-Schamanen, der Opfer einer Ghulattacke wurde. Schnell stellt sich heraus, dass der gesamten Siedlung des Gjalskers große Gefahr droht, wenn man die Ghule nicht als Bedrohung ausschaltet. Das Recht der Stärkeren ist – anders als die beiden anderen Szenarien – als Stadtabenteuer gestaltet. In Kendrar kommt es zunehmend zu Auseinandersetzungen zwischen den Nostriern und den Thorwalern. Zudem gibt es auch Konflikte um die Nachfolge von Hetmann Eldgrimm, der sich langsam auf sein Altenteil zurückziehen will.

Spielhilfen

Tordensfjell – Eine Ottaskin an der Küste Thorwals schließt direkt an die in der Regionalspielhilfe enthaltene Spielhilfe zur Trollzwinger-Ottajasko an. Hier wird allerdings die Heimat der Ottajasko vorgestellt, indem der kleine Ort Tjordensfjell beschrieben wird, wobei zusätzlich zum Text noch eine Karte vorhanden ist. Dazu existieren Beschreibungen der wichtigsten NSC des Ortes sowie zwei Aufhänger für Abenteuer. Das Wirken der Godi geht näher auf die Möglichkeiten der Godi zur Schicksalsprophezeiung ein. Dabei werden unterschiedliche Methoden wie das Runenwerfen, Vogelflug, Walblas und das Auslesen von Geysirfontänen aufgeführt und anschaulich erläutert, dazu findet sich noch eine Tabelle mit Runen und ihren jeweiligen Bedeutungen. Die Sagen der Skalden setzt sich mit der Rolle und dem Selbstverständnis der Skalden auseinander und deren Motivationen, Sagas zu entwickeln. Zudem wird auf stilistische Besonderheiten eingegangen, indem unterschiedliche Reimformen (teils mit Beispielen) aufgeführt werden. Einen ähnlichen Schwerpunkt hat Sprache und Schrift an den Gestaden des Gottwals, das den Fokus auf die Besonderheiten von Thorwalsch bzw. Gjalskisch legt. Neben allgemeinen Anmerkungen ist für beide Sprachen auf ein umfangreiches Glossar mit vielen Beispielbegriffen beinhaltet, wobei auch Begriffe für den Jahreslauf und die Wochentage aufgenommen wurden.

Sonstiges

Die Legenden der Gjaslker ist ein reines Ingame-Kapitel, das eine Sammlung von Erzählungen aus dem Gjalskerland darstellt, jeweils perspektivisch einem mündlicher Erzähler zugeordnet. Im Kern werden dabei vor allem die religiösen Wesen thematisiert, z.B. in Die Legende vom weißen Mammut, zum Teil sind darin aber auch historische Bezüge verankert. Thorwalsche Tiergefährten stellt zuletzt zwei beliebte Nutztiere der Region vor, den Olporter und die Thorwaler Langmähne. Für beide Tiere gibt es einen Wertekasten mit allen spieltechnisch relevanten Anmerkungen.

II. Kritik 

Eine Regionalspielhilfe liefert viel Input, aus meiner Sicht ist es aber vor allem wichtig, dies auch mit konkreten Spielanregungen anzureichern. Dies ist sicherlich gleichzeitig Stärke und Schwerpunkt von Schicksalsschwur und Skaldensang, da im Prinzip alles dazu gedacht ist, relativ deutlich in eigene Spielgeschehnisse umsetzen zu können.

Abenteuerstoff ist in dieser Hinsicht natürlich immer das Herzstück und somit sind gleich drei Szenarien grundsätzlich willkommen. Allerdings muss hier deutlich darauf hingewiesen werden, dass es sich wirklich auch nur um Szenarien handelt und nicht um bereits spielfertige Abenteuer. Beispielsweise sind keine Karten enthalten und auch keine ausführlichen Beschreibungen von Orten oder den NSC. Thorkars Schatz legt den Schwerpunkt auf die Tradition der Thorwaler als See- und Kaperfahrer und erzählt mit einer Schatzsuche eine sehr konventionelle Geschichte, bei der mir persönlich ein wenig eine Art von Konkurrenzkampf fehlt. Der Schrecken im Dunlach-Moor hat eine sehr düstere und atmosphärische Handlung, die aus meiner Sicht eine ausführlichere Behandlung in Form eines Heldenwerks verdient hätte. Das Recht des Stärkeren hat den Vorteil, dass es sich von den meisten anderen Abenteuern des gesamten Crowdfundings abhebt, da es ein Stadtabenteuer ist und eher Intrigen in den Vordergrund stellt. Hier ist mir aber die Lösung etwas zu simpel ausgefallen, ich halte es nicht für realistisch, die erbitterten Kontrahenten lediglich mit einer Herausforderung dazu zu bringen, so schnell einzulenken. Gut ist hier die Verbindung zu der Spielhilfe, da so die Stadtbeschreibung von Kendrar sowie die Figurenbeschreibungen direkt genutzt werden können. 

Bei den Spielhilfen sehe ich gewisse Unterschiede: So werden gleichermaßen das Wirken der Godi und der Skalden vorgestellt. Während man allerdings bei den Godi teils sehr gute Anregungen erhält, wie SpielerInnnen und SpielleiterInnen gleichermaßen eine solche Figur mit teils skurrilen Bräuchen anreichen können, verliert sich der Text zu den Skalden schnell in eine umständliche Kleinteiligkeit und fokussiert sich viel zu sehr auf Aspekte wie das Versmaß und das Reimschema einer Saga, was letztlich zu sehr den Charakter einer Analyse hat und wenig Spielanreize erzeugt. Sehr gelungen finde ich dafür Die Legenden der Gjalsker, weil hier schöne Ingame-Quellen geliefert werden, die auch die Kultur der Gjalsker gut unterstreichen.

Die Beschreibung von Tordensfjell erreicht zudem ein nahtloses Anknüpfen an die Regionalspielhilfe, indem die Trollzwinger-Otta nun auch eine Heimat erhält. Auch hier liegt eindeutig die Stärke in einer konfliktbehafteten Figurenkonstellation, was dafür sorgt, dass allein aus den Figurenbeschreibungen Abenteuer entstehen können.

Generell merkt man dem Heft allerdings einen etwas uneinheitlichen Charakter an, indem hier tatsächlich ein gewisses Sammelsurium an unterschiedlichen Spielinhalten enthalten sind, die nur lose miteinander verknüpft sind, was sicherlich der Entstehung im Zuge eine Crowdfundings geschuldet ist, z.B. indem offenbar für die Trollzwinger-Ottajasko viel mehr Material vorhanden war, als in die Regionalspielhilfe gepasst hat.

III. Fazit

Schicksalsschwur und Skaldensang liefert viel zusätzliches Spielmaterial, das im Regelfall auch zur direkten Verwendung am Spieltisch gedacht ist. Die Szenarien verlangen allerdings wirklich noch einiges an zusätzlicher Arbeit von der Spielleitung. Gelungen sind vor allem die Spielhilfen, wobei sich die Texte zu Skalden aber zu sehr in Details verlieren.

Bewertung: 4 von 6 Punkten              

1 Kommentar

  1. Hallo Engor,
    vielen Dank für die umfassende Rezi. Eine Anmerkung zu deinen Ausführungen zu „Das Recht des Stärkeren“: Tatsächlich war anfangs auch ein erweitertes Ende geplant, bei dem eine Seidkona oder ein Godi angerufen werden sollte und die Helden zunächst noch in den Steineichenwald reisen mussten, um diese/n zu finden. Dem Urteil wäre dann gefolgt. Das ist aber einerseits aus Platzgründen und andererseits wegen einer möglichen Dopplung zu einem anderen Abenteuer rausgeflogen. 😉
    So, wie es jetzt konzipiert ist, lässt es sich bequem an einem Abend spielen und vermittelt etwas thorwalsches Flair. Hoffe ich. 🙂
    Viele Grüße, Rafael.

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