Rezension: Auf ins Abenteuer – Treueschwur

Vorbemerkung: Nachdem im Rahmen des Havena-Crowdfundings ein erstes Mal ein einfaches Regionalabenteuer unter dem Label Auf ins Abenteuer entstanden ist, mit dem auch Einsteiger einen schnellen Zugang zur Region bzw. DSA im Allgemeinen finden können, enthält auch das Thorwal-Crowdfunding mit Treueschwur von Nikolai Hoch, Rafael Knop, Diana Rahfoth und Alex Spohr ein solches Abenteuer (im Rahmen des Meisterschirm-Sets, dessen allgemeinen Begleitheft ich bereits hier gesondert besprochen habe). Hier beschäftigt mich besonders die Frage, ob es gelingt, einerseits einen simplen Schwierigkeitsgrad zu bieten, so dass eine Handlung einsteigergerecht ausgearbeitet ist, andererseits aber auch eine ansprechende und spannende Geschichte zu ermöglichen.

In Zahlen:

– 31 Seiten

– 6 bereitgestellte HeldInnen

– Preis:  19,95 Euro (zusammen mit dem kompletten Meisterschirmset)

– erschienen am 18.2. 2021

I. Aufbau und Inhalt

Wie schon beim ersten Heft gibt es einen narrativen Einstieg, indem sechs regionaltypische Figuren vorgestellt werden, mit denen Einsteigerinnen auf vorgefertigte Archetypen zurückgreifen können. Hier handelt es sich um eine Runenschöpferin, einen Godi, einen Olporter Magier, einen Skalden, eine Swafnirgeweihte und eine Tierkriegerin. Dabei gibt es neben einer kurzen Hintergrundgeschichte einen ausführlichen Wertekasten und vor allem einen Erzähltext, der direkt ins Abenteuer einleitet. Somit erhält jede Figur eine Doppelseite als Exposition. Gemeinsam ist dabei allen sechs Geschichten, dass sie damit enden, dass die betreffende Figur beschließt, die Eyvinsson-Sippe in Torstorsgard aufzusuchen. Zudem werden kurz die Begebenheiten in Torstorsgard geschildert, folgend schließt sich als konkrete Einführung die eigentlichen Hintergrundgeschichte an, in der es um einen alten Schwur geht, der mittlerweile fast in Vergessenheit geraten ist.

Das Abenteuer beginnt auch eher feucht-fröhlich statt dramatisch, werden die HeldInnen doch von der Hersirin Bjarnilda Leifsdottir ausgesprochen gastfreundlich aufgenommen, dürften sie doch als Gäste an einem Fest teilnehmen. Was fröhlich anfängt, endet fast in einer Katastrophe, müssen die Spielercharaktere sich doch nach einem überraschenden Unglück als Notretter betätigen. Bjarnilda glaubt nicht an ein zufälliges Geschehen und bittet die Gruppe daher, den örtlichen Godi in seiner Behausung etwas außerhalb von Torstorsgard zu besuchen, um diesen nach dem Vorfall zu befragen. Somit ergibt sich in der Folge ein kleines Wildnisabenteuer, in dessen Verlauf die HeldInnen dem alten Geheimnis auf die Spur kommen und gleichzeitig auch die daraus entstandene Problematik lösen sollten. Dabei gibt es am Ende zwei unterschiedliche Lösungswege, je nachdem, ob die Gruppe eine diplomatische oder eine eher kämpferische Vorgehensweise wählt.

II. Figuren

Für das Abenteuer maßgeblich sind vor allem zwei Figuren. Die Hersirin Bjarnilda Leifsdottir fungiert dabei als Auftraggeberin, die den HeldInnen auch den titelgebenden Treueschwur abnimmt. Sie verkörpert somit gleichermaßen Autoritätsperson als auch vertrauensvolle Ansprechpartnerin, die in den Spielercharakteren etwas Besonderes sieht, vertraut sie ihnen doch als Wildfremden eine wichtige Mission an. Die thorwalsche Folklore wiederum wird noch stärker durch das Handeln des Godi Hjelm betont, der gleichzeitig auch beweist, dass es sich keineswegs um bloßen Aberglauben handelt, sondern stattdessen wichtige Erkenntnisse aus seinen Weissagungen gezogen werden können. Weitere Figuren ergeben sich in Folge, sobald die Heldengruppe mehr Informationen gewonnen hat. Dabei bleibt allerdings unklar, ob sich im weiteren Verlauf eine klare Antagonistenfigur ergeben wird oder nicht, dies ist von der Perspektive der Spielercharaktere (und ihren Schlussfolgerungen bzw. Handlungen) abhängig.

III. Kritik

Die große Stärke des Abenteuers liegt sicherlich in seiner atmosphärischen Darstellung eines an sich eigentlich eher überschaubaren Abenteuergeschehens. Das Fest in der Halle, der Treueschwur, die Weissagungen des kauzigen Godi, die raue Natur und die alten Geheimnisse ergeben zusammen eine sehr stimmige Komposition, die ein ausgesprochen plastisches Bild erzeugt. Das ländliche Thorwal wird somit gut als Abenteuerschauplatz eingeführt. In dem Mikrokosmos stecken schon sehr viele stimmungsvolle Einzelkomponenten des Settings.

Gut ist sicherlich auch die Einsteigerkompatibilität geraten. Die sechs Archetypen empfinde ich als gut gewählt, jeder einzelne repräsentiert einige Facetten der Region und mit ihnen stehen Figuren für ein schnelles Losspielen zur Verfügung. Allerdings fällt hier – wie schon in der Spielhilfe selbst – die Thorwal-Lastigkeit auf, indem nur ein Charakter aus dem Gjalskerland beinhaltet ist. Trotzdem muss man sagen, dass hier im Ganzen auch eine gute Verknüpfung von Regionalspielhilfe und Abenteuer gelingt, indem das Abenteuer sich auf die reine Handlungsschilderung fokussiert und die notwendigen Hintergrundinformationen der Spielhilfe zu entnehmen sind. In der Vorstellung der Figuren finden sich dann zwar auch einige Doppelungen, diese sind aber durch die Konstruktion als Einstiegsabenteuer verständlich, man will hier alle Informationen, die notwendig sind, auf einer Doppelseite kompakt für die jeweiligen SpielerInnen anbieten, kontextbedürftiger ist dann nur die Abenteuerhandlung, wozu die Spielleitung dann aber in der Vorbereitung auf die Spielhilfe zurückgreifen musss.  

Etwas weniger überzeugend finde ich den Handlungsverlauf, hier fehlen mir ein paar Besonderheiten, insbesondere der Weg zur Unterkunft der Seidkona ist mir etwas zu generisch aufgefallen, mit den vielen einfachen Tieren als eine Art von Zufallsbegegnungen. Generell hätte man den mythischen Ort am Ende noch mehr ausschmücken können, z.B. mit mehr Wesen, über die die  Antagonistin direkte Kontrolle hat, um sie noch effektiver als Bedrohung wirken zu lassen.

Gerade das Ende wirkt ebenfalls sehr atmosphärisch mit seiner mystischen Aura, allerdings hätte man für den Ort aus meiner Sicht eine Karte hinzufügen können, gerade in einer Einsteigerpublikation. Gut gefällt mir das optionale Ende, so dass man hier selbst in der Hand hat, ob man sich für Kampf oder Diplomatie entscheidet. Umgekehrt fällt aus meiner Sicht der Einstieg etwas sehr unspektakulär aus, da fehlt mir etwas mehr Dramatik und die Beweggründe, nach Torstorsgard zu gehen, sind für mich zum Teil nicht besonders überzeugend motiviert. Während der Olporter Magier quasi einen höheren Auftrag erhält, ist der Skalde schlicht per Zufall vor Ort. Bei dem Godi hat man aus meiner Warte heraus zudem die Gelegenheit verpasst, ihn besser einzubinden. Wenn man einen solchen Spielcharakter anbietet, halte ich es für ungünstig, dann für die Weissagung einen anderen Godi zu verwenden. Hier fehlt mir eine Möglichkeit, wie er den Godi entweder ersetzen oder maßgeblich bei der Prophezeiung unterstützen kann.

IV. Fazit

Auch das zweite Auf ins Abenteuer bietet DSA-NovizInnen einen soliden Einstieg, indem Treueschwur vor allem den Lokalkolorit sehr gelungen aufnimmt und atmosphärisch umsetzt. Die eigentliche Abenteuerhandlung ist mir allerdings etwas zu unspektakulär aufgefallen, vor allem was den Wildnisteil betrifft und die Möglichkeiten der Antagonistin. Dafür ist das Ende sehr variabel angelegt und gewährt den HeldInnen große Gestaltungsfreiheit.

Bewertung: 4 von 6 Punkten

2 Kommentare

  1. Dies Abenteur habe ich als SL geleitet. Es hat mir sehr gut gefallen besonders wie du schon sagtest das Atmosphärische.

    Es gibt nur meiner Meinung nach eine großen Kritikpunkt der uns aufgefallen ist:
    Die Hexe ist anscheind wütend auf das Dorf weil diese nicht ihre Abmachung des Schwurs einhalten. Die Hesierin der Dorfes weiß allerdings nichts von einem Schwur (dieser ist in Vergessenheit geraten). Auf Grund dieser Tatsache tyrannisiert die Hexe das Dorf da sie sich betrogen fühlt…
    Uns hat sich allen die Frage gestellt warum zur Hölle geht diese Hexe nicht einfach in das Dorf und fragt die Hesierin was mit der Abmachung ist…

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  2. Ganz logisch ist das sicher nicht, dass man nicht mal wenigstens an die alte Abmachung erinnert. Umgekehrt ist das ja ein klassisches Motiv, dass Konflikte aus der Tatsache entstehen, dass die Beteiligten Probleme nicht durch ein eigentlich notwendiges Gespräch aus der Welt räumen.

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