Vorbemerkung: Keine Regionalspielhilfe von DSA5 erscheint ohne Bände, die den Detailgrad noch einmal etwas mehr mit einer Art Lupenfunktion verstärken. Diese Funktion erfüllt natürlich auch die Rüstkammer der Sonnenküste von Christian Nehling, Jasmin Neitzel und David Schmidt. Mithilfe dieses Bandes soll es Spieler*innen ermöglicht werden, ihre Charaktere auch im Bereich ihrer Ausrüstung stilecht an der Sonnenküste verorten zu können. Bei den Rüstkammern steht und fällt die Qualität immer damit, ob es gelingt, wirklich originelle und glaubhafte Waffen und Ausrüstungsgegenstände zu entwickeln, die zur Region passen und die eben nicht wie ihre allgemeinen Vertreter wirken, denen bemüht ein lokaler Stempel aufgedrückt wurde. Zudem ist für mich das Sonderkapitel immer besonders interessant, ob es wirklich einen reizvollen Abenteuerimpuls setzt oder eher konventionell wirkt.
In Zahlen:
– 32 Seiten
– 15 Waffen, 5 Rüstungen, 2 Gegenstände und 8 besondere Gegenstände
– Preis: 14,95 Euro
– Erschienen am 21.10. 2021
I. Aufbau und Inhalt
Zu Beginn stehen wie üblich die Waffen- und Rüstungsbeschreibungen im Mittelpunkt. Dabei wird die Waffe zunächst mit einem Ingame-Zitat vorgestellt, dann schließt sich die allgemeine Beschreibung an. Zumeist gibt es noch Dialogkästen, in denen sich die ikonischen HeldInnen über die Vor- und Nachteile unterhalten. Zuletzt folgen die Regelangaben (z.B. bei Waffen: Einordnung der benötigten Kampftechnik, Angabe der Trefferpunkte, Modifikationen sowie Angaben von Gewicht, Länge und Preis). Die inhaltliche Besonderheit liegt in den Umstand, dass hier sowohl der wilde Süden als auch die Zyklopeninseln mit typischen Gegenständen versehen werden. Insgesamt finden sich hier 15 Nah- und Fernkampfwaffen und 6 Rüstungsarten und mit der Drolina (ein Springarm, der einen verborgenen Dolch enthält) und dem Salzstreuer zwei Gegenstände.
Dazu kommen noch besondere Gegenstände, z.B. das Schwert Thalionmels oder Gegenstände der gerade auf den Zyklopeninseln gehäuft anzutreffenden Schergen des Namenlosen. Eine Sonderrolle nimmt in diesem Bereich der Hort Shafirs ein, indem hier ein Ort aufgeführt wird, an dem sich unermessliche Schätze finden lassen. Um dies zu verdeutlichen, werden drei exemplarische Artefakte benannt, die der legendäre Drache dort aufbewahrt.
Den Alltagsbereich stellt das folgende Kapitel in den Mittelpunkt, indem Kleidung und Kunsthandwerk vorgestellt werden. Die Kleidung ist dabei unter anderem von den unterschiedlichen klimatischen Bedingungen bestimmt, z.B. von der Hitze auf den Zyklopeninseln, was z.B. durch eine Tunika kompensiert werden kann. Ebenfalls wird kurz auf die kulinarische Seiten eingegangen, wozu Proviantpakete integriert sind.
Das Sonderkapitel widmet sich der Schmiedekunst der Zyklopen, einem der prägenden Elemente der Zyklopeninseln. Dazu wird zunächst die Geschichte und die Lebensart der Zyklopen erläutert. Dann wird konkret auf die Schmiedekunst Bezug genommen, wozu einige berühmte Exemplare wie Grimring erwähnt werden und dann erklärt wird, welche besondere Schmiedetechnik die Zyklopen verwenden. Um dies konkret in ein Abenteuer einbinden zu können, werden mit Rosch´Na´Mur und Gil´Ve´Rir ein Schmied bzw. eine Schmiedin vorgestellt. Da Zyklopen oft wollen, dass man sich ihrer Waffen als würdig erweist, finden sich an dieser Stelle einige Abenteueraufhänger. Folgend sind auch die regeltechnischen Aspekte der zyklopischen Schmiedekunst beinhaltet, außerdem sind zwei konkrete Artefakte vorhanden, das Schwert Lavawut und der sogenannte Krustenpanzer. Zuletzt wurde noch eine tabellarische Warenliste hinzugefügt, die die Bandinhalte zusammenfast.
II. Kritik
Auch wenn ich dem Konzept der Rüstkammern zu Beginn etwas kritisch gegenüber gestanden habe, habe ich diesen Eindruck mittlerweile weitgehend revidiert. Die Bände sorgen meist für einen schönen zusätzlichen regionalen Anstrich, wobei die Auslagerung aus dem Kernband für mich immer dann gerechtfertigt ist, wenn die Inhalte eher in die Kategorie einer netten Vertiefung fallen und nicht notwendig zum Spielen der Gesamtregion sind. Aus meiner Sicht ist das auch hier wieder gegeben. Tatschlich sind die beiden Schwerpunkte ja auch relativ ergiebig: Die Zyklopeninseln mit ihrer Anlehnung an die griechische Antike unterscheidet sich doch sehr vom tiefen Süden, der eher von orientalischen Einflüssen geprägt ist. Waffen wie der Arkisische Parazonium oder die Gastraphetes auf der einen Seite bzw. der Chababaische Waqqif auf der anderen Seite spiegeln das passend wider. Als Laie muss ich zwar sagen, dass nicht alle Waffen und Ausrüstungsgegenstände praktisch wirken (vor allem der Neethaner Reiterharnisch und die Gastraphetes), persönlich stört mich allerdings in dieser Hinsicht mangelnder Realismus jetzt nicht unbedingt (eine solche Einordnung überlasse ich gerne Leuten, die sich mit antiker bzw. mittelalterlicher Waffentechnik auskennen).
Bei den besonderen Gegenständen irritiert mich die Auswahl etwas, weil sie für mich nicht ganz zusammenpasst. Das Schwert der Thalionmel oder der Finger Ingerimms sind für mich Gegenstände, die sehr gut an diese Stelle eingefügt werden können, purpurne Gewänder oder der Opferdolch hingegen sind doch nichts rein typisch Zyklopäisches, auch wenn es hier viele Geweihte des Namenlosen gibt. Und Shafirs Hort ist ja eher eine Oberkategorie oder hätte vielleicht eher in das Meisterschirmset als Sondermaterial gepasst.
Was ich wirklich für das Highlight des Bandes halte, ist das Kapitel zur Schmiedekunst der Zyklopen. Hier wird einer der Kernaspekte des Settings in den Fokus genommen, der auch nicht rein profan ist, sondern einen wirklichen Fantasy-Schwerpunkt betont. Zudem bleibt das Thema der Kategorie einer Rüstkammer besonders eng verpflichtet. Herausragende Waffen und Rüstungen sind ja immer ein reizvoller Aspekt. Das wird hier gut als Abenteueranreiz eingebaut mit zwei Charakteren, bei denen man genau das erhalten kann. Abenteueranregungen sind an dieser Stelle zur Genüge vorhanden, was ich bei diesem Kapitel immer als wichtigstes Kriterium ansetzen würde. Auffällig ist hier nur, dass das Sonderkapitel somit sehr klar verortet ist und die Zyklopeninseln damit deutlich mehr Raum erhalten als der wilde Süden (was jetzt aber aus meiner Sicht kein grundsätzlicher Nachteil ist, es fällt aber eben doch stark auf).
Was mir tatsächlich etwas weniger gefällt ist diesmal das Cover. Der Drache als Covermotiv ist ja für das das Horasreich nicht unüblich, man denke nur an den Klassiker Shafirs Schwur. Da ja auch dessen Hort im Band selbst angesprochen wird, ist da auch grundsätzlich passend. Hier aber wirkt der Drache für meinen Geschmack sehr konturlos und glatt, was aber sicherlich auch Geschmackssache ist.
III. Fazit
Die Rüstkammer der Sonnenküste ist ein gelungener Ausrüstungsband, der SpielerInnen die Möglichkeit gibt, ihre Charaktere mit mehr regionalem Flair in Bezug auf die Sonnenküste zu versehen. Besonders gelungen ist aus meiner Sicht das Sonderkapitel zur Schmiedekunst der Zyklopen, weil es passende Abenteueranreize bietet und auch das Bandthema sehr gut trifft.
Bewertung: 5 von 6 Punkten
Shafirs Hort, und was es laut Archiven des Hesindetempels zu Kuslik geben soll, ist schon 1996 in der Horasreich-Box aufgeführt, da sind einige fremdländische Dinge (u.a. Widdersphinx) dabei.
Das Shafir – eng verbunden mit dem Horasreich – nun anscheinend ausgegliedert wurde, ist nicht gerade nachvollziehbar – und hier drohen bereits Dopplungen zum Horasreich-RSH.
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Danke für die wieder einmal gelungene Rezension.
Zum Produkt: bei dem Cover wäre ich felsenfest davon ausgegangen, dass das Sonderkapitel den Drachenhort beschreibt und Wege, daraus etwas zu stehlen. Hätte doch total Sinn ergeben!
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