Rezension: Fasar – Brüchiger Frieden

Vorbemerkung: Die Schwarze Katze, kurz DSK, konnte vor gut zwei Jahren einen großen Erfolg im dazugehörigen Crowdfunding feiern und auch das entsprechende Feedback für das DSA-Spinoff rund um erwachte Katzen in Havena fiel sehr positiv aus. Somit sind die Ansprüche an den zweiten Kernband Fasar – Brüchiger Frieden von Jens Ullrich zumindest bei mir durchaus etwas höher angelegt, vor allem weil mich beim Vorgängerband die Kombination aus Hintergrundgestaltung und Regeleinbau überzeugen konnte. Gespannt bin ich zusätzlich auf die neuen Schwerpunkte, da ja Fasar nicht nur Katzen, sondern eine größere Bandbreite von gleich vier erwachten Spezies in den Mittelpunkt stellt, die teils verbissen miteinander konkurrieren. 

In Zahlen:

– 192 Seiten

– 4 spielbare Spezies

– Preis: 39,95 Euro

– Erschienen am 7.12.2021

I. Inhalt und Aufbau

Zunächst wird auch hier chronologisch die sogenannte Nacht des Erwachens geschildert, wobei hier der Unterschied besteht, dass anders als in Havena neben den Katzen auch noch die Hunde, Wüstenfüchse (Feneks) und Mungos ihre neuartige Bewusstwerdung erfahren haben. Gerade zwischen Katzen und Hunden hat sich ihre sprichwörtliche Rivalität so ausgewirkt, dass intensive Konflikte zustande gekommen sind, so dass sich große Klans untereinander um die Vorherrschaft in den einzelnen Stadtgebieten bekämpft haben, was schließlich in einen Friedensschluss gemündet hat. Da diese Abmachungen aber kein allzu stabiles Fundament haben, handelt es sich hierbei auch um das titelgebende Motiv des Settings. Somit wird die Stadt von insgesamt 5 Hundeklans und drei Katzenrudeln kontrolliert, während Feneks und Mungos sich unabhängiger unter diesen bewegen und keine solchen großen Zusammenschlüsse bilden. An diese Vorgeschichte schließt der Ist-Zustand an.

Im Hintergrundbereich wird erneut auf die Ahnen der Katzen eingegangen, allerdings vergleichsweise kurz, da diese schon in Die Schwarze Katze ausführlich thematisiert wurden. Als zusätzliche erste Tochter der Ahnen kommen hier Cha ay Kashet, Anisha Sat-Aphasma, Kashata und Cha´Shahr hinzu. Folgend liegt der Fokus auf den vier Göttlichen der Hunde, dem strategisch denkenden Trach, dem göttliche Paar Razu und Tava und der hinterlistigen Gulsach, die als Antagonistin der anderen Göttlichen angesehen wird. Dazu gibt es auch hier mit dem sogenannten ersten Wurf Kinder der Göttlichen, den Baumeister Grash, die sanfte Liska, Ogon, den Schlinger, die Weiße Karama und Trach´Dul, dessen Domäne in den Bergen außerhalb Fasars liegt. Bei den Wüstenfüchsen steht der listige Täuscher Fenk im Mittelpunkt, während die Mungos keine ausdifferenzierten Gottheiten verehren. Im Anschluss werden die jeweiligen Jenseitsvorstellungen vorgestellt, woran sich die wichtigsten Ausprägungen des Alltagslebens anfügen. Dazu gehören neben Aspekten wie Handel und Kampf auch Sonderfälle wie die Verfluchten (erwachte Wesen, die Opfer von Experimenten wurden, die dafür sorgen, dass sie sich körperlich von der Norm unterscheiden) und natürlich auch das Zusammenleben mit den Menschen Fasars.    

Einen besonderen Schwerpunkt nimmt innerhalb des Bandes die Stadtbeschreibung Fasar, die Älteste ein. Nach einer kurzen Einführung handelt es sich wiederum um eine Art Ingame-Stadtführer, indem man die verschiedenen Stadtbezirke von jeweils unterschiedlichen erwachten Wesen vorgestellt bekommt, unterteilt in die Bereiche Südstadt, Zwischenstadt und der Norden. Dabei werden eher stichpunktartig die Besonderheiten aufgegriffen, indem Hintergründe zu bestimmten Orten, Gebäuden oder Personen geschildert werden. Zu einigen Aspekten sind zudem Infokästen mit einzelnen Themenexkursen hinzugefügt worden. Dazu gehört folgend auch eine Vorstellung der Klans von Fasar. Zu Beginn findet sich dabei eine Illustration des Klanwappens, woran sich eine Aufbaubeschreibung anfügt. Danach wird auf die wichtigsten Personen eingegangen, den Malik als Anführer aller Klans, die Quaid (AnführerInnen der Einzelclans), Mustahar (Berater), die Muquatilin (KriegerInnen), Harfi Al´Suyuf (Klingenmeister) und Harfi Al´Rayiha (Duftmeister). Für die einzelnen Klans existieren dabei natürlich immer jeweils andere FunktionsträgerInnen, die die Geschicke des Klans bestimmen und die oft auch Konflikte untereinander führen. Ähnlich den Rang und Namen-Kapiteln der DSA-Regionalspielhilfen werden auch insgesamt 8 besondere NSC hervorgehoben, wobei unter anderem der Malik Ameer herausragt, der als Anführer aller Hunde Fasars fungiert.

Im Kapitel Rasse, Kultur und Profession rücken folgend die Figuren- und Regelaspekte in den Vordergrund. Zunächst finden sich beispielhafte Namenslisten. Bei den Spezies sind vor allem die vielen Hunderassen augenfällig, während die Katzen nur um die Cha Ay Zhamorrah erweitert werden und auch die Wüstenfüchse und die Mungos nicht weiter differenziert werden. Die Kulturen unterscheiden sich nach der Zugehörigkeit zu den Stadtbezirken, demnach gibt es Nordstädter, Zwischenstädter und Südstädter. Die Professionen unterteilen sich in Bettler, Feilscher, Grubenkämpfer, Klingenschmied, Muqatil, Pillendreher, Schatzgräber, Schlangenjäger, Schnüffler, Wächter, Erbe des göttlichen Paares, Fenkerbe und Tracherbe. Jede Profession hat dabei auf einer Seite eine Illustration, allgemeine Informationen, ein Kasten mit Angaben zur Ausrüstung und ein Professionspaket erhalten. Dies wird erweitert um Regelaspekte wie Vor- und Nachteile, Flüche der Verfluchten, neue Sonderfertigkeiten und Aspekte der Göttererben und deren Gaben (quasi das Äquivalent zu den Fähigkeiten von menschlichen Geweihten), bei den Hunden zum Teil in Form von (Hals-)Bändern als eine Art Traditionsartefakt vorliegend. Dem üblichen Schema folgend wird ein Probemechanismus berücksichtigt mitsamt einer Wirkungsbeschreibung und Angaben zu Kosten, Reichweite etc.

Wer direkt eine konkrete Figur benötigt, findet im Anschluss daran 8 ausgearbeitete BewohnerInnen Fasars, wobei es sich um eine bunte Mischung aller Spezies, Kulturen und Professionen handelt. Jede Figur hat eine Doppelseite erhalten, in der auf Herkunft, Wünsche und Ängste und Fremdsichten auf den Charakter eingegangen wird, ergänzt um den entsprechenden Wertekasten und eine Ausrüstungsliste und natürlich eine Illustration.

Das Kapitel Neues Heldenwerkzeug widmet sich einigen besonderen Aspekten des Settings, v.a. der sogenannten Duftkunst: Dabei geht es um die Herstellung sogenannter Duftkugeln, die bei den Hunden einen besondere Wertigkeit haben. Hier werden die Grundlagen dieser Kunst nebst wichtigen Zutaten und Rezepten vorgestellt. In einer von Konflikten geprägten Umgebung ist auch die Waffenherstellung relevant, weshalb auch die Kunst der Klingenschmiede berücksichtig ist. Hier wird auf die verwendeten Materialien und das Schmieden eingegangen. Dem schließen sich Informationen zur Ausrüstung an, was hier in Form eines Einkaufbummels durch Fasar geregelt ist, indem einzelne Händler ihr Sortiment anpreisen (wozu auch Tabellen mit Regelangaben gehören). Dabei handelt es sich um eine Rüstungswerkstatt, eine Waffenhandlung und um das Kauparadies, wo man Nahrungsmittel erwerben kann, zudem eine Hundefriseurin und einen Laden für Duftkugeln. Den Abschluss bildet noch eine kurze Vorstellung von Rauschmitteln, Giften und Heilmitteln.

Das Bestiarium präsentiert andere (nicht erwachte) Lebewesen, die Fasar eine Rolle spielen. Hierbei wird das Wesen mit einem Infotext allgemein und in der konkreten Lebensweise beschrieben, dazu gibt es einen Wertekasten und eine Illustration.

Auf den Index folgt – wie auch bei den DSA-Regionalspielhilfen üblich – ein Sonderkapitel für SpielleiterInnen. Geheimnisse Fasars reichert die vorherige Stadtbeschreibung noch um eine Reihe von besonderen Mysterien an, wobei es oft nicht bei Andeutungen bleibt, sondern konkrete Hintergründe benannt werden, die als Abenteueranlässe dienen sollen.     

II. Kritik       

Eines fällt relativ schnell auf und verfestigt sich im Eindruck quasi mit jeder gelesenen Seite immer mehr: Fasar – Brüchiger Frieden stellt ein deutlich grimmigeres Setting vor als es zuvor bei Havena der Fall gewesen ist. Letzteres kann man sicher nicht unbedingt als beschaulich bezeichnen, trotzdem ist dort die Grundstimmung eine deutlich mildere gewesen. Das Fasar der erwachten Tiere ist ein ausgesprochen konfliktreicher Ort, stark geprägt von den herausgebildeten Hierarchien vor allem der Hunde und ihren Kontrahenten unter den erwachten Katzen. Zwar ist der akute Kriegszustand, der in der Vorgeschichte geschildet wird, aktuell beendet, trotzdem finden sich überall Gegensätze, gerade bei den Hunden auch innerhalb ihrer eigenen Spezies.     

Das Setting ist dabei wiederum sehr gut ausgearbeitet, nach wie vor gefällt mir die schlaglichtartige Vorstellung von wichtigen Aspekten in Form der sehr subjektiv gehaltenen Stadtführung ausgesprochen gut. Hier wird sich nicht mit eher langweiligen und profanen Einzelheiten aufgehalten bzw. sich in einer kleinteiligen Detailverliebtheit verloren. Stattdessen werden immer wieder sehr plastisch bestimmte Orte und Figuren aufgegriffen, die man direkt in das eigene Spiel als Abenteueranregungen integrieren kann. Somit bleibt hier die gleiche Stärke wie beim Havena-Band bestehen, vieles ist schon ohne dazugehörige Abenteuerbände so aufbereitet, dass man es direkt aus der Settingbeschreibung spielen kann. Ganz generell wirkt die Stadtbeschreibung so einfach lebendiger, gleiches gilt für den Basarbummel.

Mit den sehr hierarchischen Hunden, den ungebundenen Mungos und den listigen Feneks sind neben den Katzen drei neue Spezies eingeführt worden, die man allesamt als eine sinnvolle Erweiterung bezeichnen kann und die letztlich auch für deutlich mehr Vielfalt sorgen, was gerade in einer Fantasy-Welt wichtig ist. Was allerdings deutlich auffällt, ist eine sehr starke „Hunde-Lastigkeit“. Die absolute Mehrheit der Anteile setzt sich mit den Zuständen unter den Hunden Fasars auseinander. Die Katzen rücken doch sehr in den Hintergrund, was sich teilweise aber noch damit erklären lässt, dass es sich hier ja im Endeffekt um einen Erweiterungsband handelt und viele Voraussetzung ja schon in Die Schwarze Katze zu finden sind. Gleiches gilt aber auch für Feneks und Mungos, die eher als eine Art von Exoten oder Wanderer zwischen den Welten aufgebaut werden. Somit sind für die erwachten Hunde aber deutlich mehr Spielanregungen, Figuren und Regeln vorhanden, was für ein gewisses Ungleichgewicht sorgt. In dieser Hinsicht mutet es auch noch etwas merkwürdig an, dass unter den besonderen NSC auch noch ein menschlicher Zwerg, eine Äffin und eine Schleiereule zu finden sind. Hier wäre ein engerer Fokus auf die Kernspezies aus meiner Sicht sinnvoll gewesen.

Generell loben muss ich in jedem Fall das abschließende Mysterienkapitel. Anders als einige seiner DSA-Pendants verliert es sich nicht in viele bloße Andeutungen, sondern liefert zum Teil sehr handfeste Geheimnisse, vor allem was den Tod der ehemaligen Qayid Ayla angeht oder den verschwundenen Klingenmeister Babur. Die Karte Fasars steckt die Klangrenzen zudem sichtbar ab, was viel Entfaltungsraum gewährt, gerade auch in Kombination mit den Klanbeschreibungen. Interessant ist dabei auch die Verwebung mit dem Fasar der Menschen. Die Stadt ist ja auch in ihrer DSA-Version in Einzelgebiete aufgeteilt, kontrolliert durch die Erhabenen. Genau dies wird ja durch die Klanstrukturen auch in die Welt der Erwachten übertragen und bietet somit interessante Anknüpfungspunkte. Genauso finden sich weitere Aspekte wieder, z.B. in Form der Gruppe der Verfluchten, deren Besonderheiten ja aus der Tatsache resultieren, dass sie Experimenten von Menschen unterzogen wurden.  

Die neuen Professionen passen zudem sehr gut zum Setting, indem sie Besonderheiten aufgreifen, z.B. was die Pillendreher oder Schlangenjäger angeht. Eine schöne Idee sind aus meiner Sicht aber vor allem die Schnüffler, somit wird hier – zumindest nach meinem Wissen erstmalig im Dunstkreis von DSA – eine Variante des Privatdetektivs eingeführt, was mir ausgesprochen reizvoll erscheint. Die direkt spielbaren Charaktere sind zuletzt eine gute Grundlage, um schnell in DSK einzusteigen. Positiv erscheint mir allgemein auch das Verhältnis zwischen Regeln und Hintergrund, indem eben nicht zuviele Regelaspekte eingeführt werden und im Gegenteil das neue Setting viel Beschreibungsanteile erhält.

III. Fazit

Fasar – Brüchiger Frieden ist eine gute Fortsetzung von Die Schwarze Katze. Fasar ist ein völlig anderer Schauplatz als Havena, bietet vor allem durch die Konkurrenz von Hunden und Katzen mehr Konfliktpotential. Die neuen Spezies sorgen zudem für deutlich mehr Vielfalt, auch wenn die Hunde für meinen Geschmack etwas zu viel Raum erhalten. Generell liegt die Stärke zudem in der sehr lebensnahen Settingvorstellung, die sich nicht in Kleinteiligkeit verliert, sondern sich auf die Aspekte konzentriert, die wirklich abenteuerlich sind.

Bewertung: 5 von 6 Punkten             

1 Kommentar

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