Vorbemerkung: Auch zu Fasar – Brüchiger Frieden gibt es eine Erweiterung in Form des Bestiarium Fasar. Auffällig ist, dass der Band im Vergleich zu der Havena-Version von 2019 doppelt so dick ausgefallen ist, also deutlich mehr Kreaturen beinhaltet sind. Da das an dem damaligen Band einer meiner wesentlichen Kritikpunkte war, dass lediglich 15 Wesen vorgestellt wurden, macht dies auf den ersten Blick einen guten Eindruck. Letztlich muss sich das aber noch bei einer genauen inhaltlichen Betrachtung bestätigen.
In Zahlen:
– 64 Seiten
– 48 Wesen und Kreaturen
– Preis 19,95 Euro
– Erschienen am 7.12. 2021
I. Aufbau und Inhalt
Der Band beginnt zunächst, wie man es von den regulären DSA-Kreaturenbänden gewohnt ist. Somit ist für jede Kreatur eine Seite vorgesehen. Dabei gibt es eine allgemeine Vorstellung des Wesens, z.B. was äußerliche Merkmale betrifft, dann schließt sich ein Text zur Lebensweise an. Für jede Kreatur sind außerdem ein Wertekasten und eine Illustration vorhanden. Dabei handelt es sich um eine Mischung aus Beutetieren, wie z.B. der Sandente oder der Springziege oder solchen Tieren, die für die Erwachten eine potentielle Gefahr darstellen können, wie z.B. der Bergadler oder die Khoramsbestie. Bei anderen Wesen geht vor allem darum, dass sie über etwas verfügen, was für die erwachten Bewohner Fasars von Wert ist, z.B. die Federn des Fasans oder das Leder des Gadang-Kaimans.
Auf die generischen Wesen folgen mit den Geistern von Fasar einige Individuen, die die besondere Verbindung der Erwachten zu Geistern unterstreichen. Bei den Bizarren von Fasar hingegen handelt es sich um meist ausgesprochen unheimliche Wesen (in der Regel Opfer von Experimenten der menschlichen Magier Fasars), die gewisse Besonderheiten aufweisen, z.B. Poulluns und Cassar, einen Hund, dessen Körper zwei Kopfe besitzt. Zudem wird im Kapitel Knochenschneider und ihre Kinder auf die Schöpfungen einer Hündin eingegangen, die anatomische Versuche an Erwachten durchführt.
Dem schließen sich zwei Sonderkapitel zu anderen Komplexen Fasars an: In Die Wächter des Obelisken stehen einige Gargyle im Vordergrund, deren Wirken auf das Handeln Borbarads persönlich zurückgeht. Einerseits werden ihre Lebensumstände beschrieben (vor allem ein altes Geheimnis, das sie hüten), andererseits werden die dominanten Figuren ihrer Gemeinschaft vorgestellt, die teils unterschwellig miteinander rivalisieren.
In ähnlicher Weise ist das Kapitel Die Brutwächter aufgemacht, allerdings sind es hier die Wesen des tiefen Untergrunds, um die es geht. Die Rzz´ntk sind ein Volk von intelligenten Käfern, die ebenfalls ein altes Geheimnis bewachen. Auch hier handelt es sich um eine Gruppe von Wesen mit einigen herausragenden NSC, die eine eigene Agenda verfolgen, zudem stehen ihnen einige andere Wesen zur Verfügung, mit denen sie Eindringlingen (eben vornehmlich aus den Kreisen der Erwachten) extrem gefährlich werden können.
II. Kritik
Auf den ersten Blick habe ich mich zunächst an die Lektüre von Aventurische Tiergefährten erinnert gefühlt. Einerseits gibt es diese Tiere in Fasar und deshalb ist es sicher sinnvoll, sie in eine solches Bestiarium aufzunehmen. Andererseits fehlt mir bei Wesen, die es auch irdisch gibt, jegliches Spannungsmoment, das ist mir eigentlich zu profan und auch ein wenig langweilig. Immerhin sind das ja keine Erwachten, sondern Entsprechungen von Tieren, die man in unserem Alltag oder spätestens im Zoo treffen kann. Allerdings – und das hebt die Kreaturen natürlich wieder auf ein ganz anderes Niveau – wird dies natürlich aus einer anderen Perspektive gedacht, eine Khoramsbestie stellt schließlich für einen Erwachten eine ganz andere Herausforderung dar als für Menschen.
Zusätzlich hat sich dieser Eindruck dann sehr schnell korrigiert, als ich zu den Kapiteln zu den Geistern und den Bizarren von Fasar vorgedrungen bin. Hierbei handelt es sich dann eindeutig um Fantasywesen, die klar signalisieren, dass man sich in Aventurien befindet. Genau so etwas braucht ein Kreaturenband für mich, damit er an Reiz gewinnt. Hier ist sicherlich auch sehr interessant, dass die Geister und die Bizarren keine eigene Spezies sind, sondern reine Individuen darstellen. Hier lässt sich schon um eine Figur ein eigenes Abenteuer entwickeln, gerade aufgrund der tragischen Geschichten, die sich hinter den jeweiligen Schicksalen verbergen.
Das absolute Bandhighlight stellen aber die beiden Kapitel über die Gargylen und die Brutwächter dar. Zwar sind sowohl Gargylen (z.B. in der alten Gareth-Box) als auch insektoide Bedrohungen im Untergrund (gerade im aktuellen Metaplot sehr beliebt) grundsätzlich nichts Neues, allerdings sind sie hier sehr gut in das Setting eingebaut. Vor allem gefällt mir hier, dass das Bestiarium auf diese Weise eben keine reine Kreaturensammlung ist, sondern stattdessen eigene Geschichten aufgebaut werden. Sowohl aus der Hintergrundgeschichte der Gargylen als auch aus den Geheimnissen des Untergrunds lassen sich eine ganze Reihe von Abenteuern entwickeln. Die Ausmaße beider Plots haben dabei durchaus einen epischen Anklang, gehen die Ursprünge doch auf das Wirken mächtiger alter Kräfte zurück (zum Teil ja sogar auf Borbarad persönlich). Das passt natürlich auch zum allgemeinen Hintergrund von Fasar als ältester Stadt Aventuriens, die ja auch schon in ihrer menschlichen Repräsentation voller Geheimnisse ist. Genau das würde ich mir als Blaupause für zukünftige Bände dieser Art (auch bei DSA) wünschen, dass die Wesen, die vorgestellt werden, auch mit einem übergreifenden Plot verbunden werden, der direkt aus dem Heft heraus konkrete Spielanregungen und Abenteuerplots liefert.
Hier ist zudem wiederum der Vorteil, dass neben Kreaturenvorstellungen auch innerhalb der Spezies eine ganze Reihe von Individuen berücksichtigt worden sind, so dass man auch direkt einige NSC als Auftraggeber, Verbündete oder Antagonisten zur Verfügung hat. Dabei gibt es ausgesprochen spannende Figurenkonstellationen mit Rivalitäten und Bündnissen untereinander, so dass diese Figuren vielseitig einsetzbar sind. In Ansätzen war dies ja auch schon im ersten DSK-Bestiarium zu Havena mit den Vampiren der Fall, hier ist dieser Aspekt durch die Verdoppelung der Seitenzahl noch ausgebaut worden. Gerade für ein Setting, das im Vergleich zur Vorlage DSA sicherlich deutlich seltener mit neuen Abenteuern versorgt werden wird, sind solche Elemente besonders wertvoll, indem sie auch abseits davon Material für eine Spielleitung liefern, mit denen sich Fasar für DSK langfristig bespielen lässt.
III. Fazit
Das Bestiarium Fasar bietet neben den gewohnten Kreaturenvorstellungen auch noch einige Sonderkapitel, in denen besondere Wesen und Spezies eingeführt werden. Dabei sind auch übergeordnete Plotelemente in Form von Handlungselementen hinzugefügt worden, die viele Abenteueranlässe und interessante NSC bieten, die das Setting um viel Langzeit-Motivation bereichern. Auch innerhalb einer starken Produktpalette stellt der Band für mich ein echtes Highlight dar.
Bewertung: 6 von 6 Punkten
Brutpfleger Nott’el – hat immer eine Assel im Ärmel.
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Ob das möglicherweise eine Premiere ist, die erste DSA-Referenz? Normalerweise hat ja DSA immer Anspielungen auf die Realität, hier referiert der Ableger DSK auf das Vorbild DSA.
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Sehr treffende Rezension, vielen Dank!
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