Vorbemerkung: Wohl kaum eine Fantasy-Spezies hat einen vergleichbar schlechten Ruf und ist öfter als Schwertfutter für Heldengruppen verwendet worden als die Orks. Bei DSA können sie aber durchaus auch eine andere Rolle einnehmen, sind sie dort doch traditionell seit vielen Editionen auch als spielbare Spezies verfügbar, sprich man kann sich auch für orkische Charaktere entscheiden. Für DSA5 war dies aber bislang (zumindest offiziell) noch nicht möglich, ein Umstand, der in der Vergangenheit oft angemahnt wurde. Hier ist aber nun Abhilfe geschaffen worden, indem mit Hauer und Schwarzer Pelz nun im Scriptorium Aventuris eine offizielle Spielhilfe von Stephan Pongratz und Alex Spohr erschienen ist. Etwas ungewöhnlich ist die Art der Veröffentlichung, da es sich um eine reine PDF-Publikation handelt und ein Erscheinen in einer Printvariante scheinbar nicht vorgesehen ist.
In Zahlen:
– 50 Seiten
– Preis: 6,99 Euro (als PDF im Scriptorium Aventuris, keine Printpublikation)
– Erschienen am 24.6. 2022
I. Aufbau und Inhalt
Nach den üblichen Regelvorbemerkungen beginnt die Spielhilfe mit einer kurzen Vorstellung der wichtigsten Stämme (Gharrachai, Korogai, Molokash, Olochtai, Orichai, Truanzhai, Tscharshai, Schurachai, Svelltlandorks und Zholochai), mit Angaben zum Lebensraum, der Zahl der Stammesmitglieder und einigen Kennzeichen und Kurzcharaktaristika. Zusätzlich wird in Infokästen auf den Glauben an Brazoragh, Gravesh, Rikai und Tairach eingegangen. Ein Glossar mit orkischen Begriffen liefert zudem ein Grundvokabular.
Folgend werden etwas ausführlicher die Spezies thematisiert, wobei die Halborks und Orks berücksichtigt werden. Dabei wird auf Herkunft und Verbreitung, Körperbau und Aussehen und Vermehrung und Alterung referiert. Zusätzlich gibt es natürlich einen Kasten mit den wichtigsten Regelangaben. Inhaltlich unterfüttert wird dies durch die Kulturen, wobei der Fokus auf dem Orkland liegt. Ebenso wird als Kultur die Räuberbande genannt, da Orks sich oft in solchen als Mitglieder betätigen.
Dementsprechend wird als weltliche Profession auch der Räuber berücksichtigt. Dazu gibt es als weitere Professionen den Animisten (in Form des Blutkriegers), den Graveshpriester, den Rikaipriester und den Tairachschamanen. Neben einigen allgemeinen Anmerkungen ist auch ein Professionspaket vorhanden, dazu ein Kasten mit Angaben zu Ausrüstung und Tracht.
Wie immer schließen sich viele allgemeine Regelangaben an, also Vor- und Nachteile, (Kampf-)Sonderfertigkeiten und Wesenszüge. Aber auch spezielle Aspekte sind beinhaltet, also Angaben zu den Blutkriegern, z.B. zu deren Patrone und den Animistenkräften. Ebenso wird mit dem Blutspeer eine Animistenwaffe berücksichtigt, mit den entsprechenden Waffenzaubern. Als sekundäres Traditionsartefakt gibt es die Krallenkette, auch für sie sind entsprechende Zauber eingearbeitet. Bei den Priestern wird die Tradition des Graveshpriesters und des Tairachschamanen aufgenommen. Dazu erfolgen Angaben zur Knochenkeule des Schamanen als Zeremonialgegenstand, zusätzlich werden Liturgien und Zeremonien hinzugefügt.
Der Anhang nimmt zunächst einige orkische Waffen in den Fokus, konkret Arbach, Byakka und Gruufhai, dazu die Fell- und die Hornrüstung, außerdem gibt es ein Orkpaket als beispielhafte Zusammenstellung von Ausrüstungsgegenständen. Zuletzt erfolgen einige Gegnerwerte für den Kriegshund, die Nebelkrähe, den Oger und den Orkenzombie. Als generische Meisterpersonen sind Werte für den Orksklaven, den Orkhandwerker, den Orkbauern, den Orkstammeskrieger, den Elitekämpfer und den Orkräuber beinhaltet.
II. Kritik
Zunächst einmal halte ich es für positiv, dass diese Spielhilfe eine schon viel zu lange vorhandene Lücke schließt. Die Orks sind neben den Elfen, Menschen und Zwergen die klassische Fantasyspezies schlechthin und gerade bei DSA haben sie eine lange und wechselhafte Geschichte. Und primär der Umstand, dass sie spielbare Charaktere sind und eben nicht nur reines Schwertfutter, stellt für mich einen wichtigen Mehrwert dar. Aus diesem Grund ist es fast unverständlich, dass es so lange gedauert hat, bis sie endlich auch für die 5. Edition berücksichtigt wurden.
Mit der nun vorliegenden Grundlage hat man eine gewisse Auswahl, von einem einfachen Orkcharakter bis zu einem Schamanen kann man in der Bandbreite nun gehen und die basalen Informationen zu den Stämmen und der Kultur hat man auch, dazu die Regelaspekte, was z.B. Liturgien und Zeremonien angeht. Besondere Vielfalt – zumindest wenn man es mit den Spezialisierungsmöglichkeiten einer menschlichen Figur vergleicht – ist allerdings nicht gegeben. Das liegt natürlich auch an der Form der Veröffentlichung, immerhin handelt es sich „nur“ um eine PDF-Spielhilfe und nicht um eine seitenstarke Regionalspielhilfe. Ohnehin bestärkt mich das in der Annahme, dass zumindest kurzfristig keine Orkland-RSH geplant ist, sondern man vielmehr mit dem PDF eine noch länger bestehende Lücke mit einigen Grundangaben füllen will, um den Spieler*innen schon jetzt das Führen eines orkischen Charakters zu ermöglichen. Wenn das tatsächlich zutreffen sollte, halte ich das für eine gute Option, um gewisse Zeiträume überbrücken zu können. Das wäre meiner Meinung nach sogar ein interessantes Modell, um z.B. auch an anderen Stellen Lücken mit kleinen Spielhilfen zu füllen, es gibt nicht wenige Abenteuer, denen es aktuell an Hintergründen fehlt, z.B. in Form von Stadtbeschreibungen. Und derzeit zeichnet sich ja ab, dass DSA5 sehr lange brauchen wird, bis die dazu eigentlich notwendigen Regionalspielhilfen wirklich alle erschienen sind.
Nachteilig ist der etwas sehr enge Blickwinkel auf die Orks. Nach wie vor sehe ich es als eines der größten Probleme von DSA an, dass man ganz Aventurien eigentlich nur mit menschlichen, elfischen oder zwergischen Charakteren bespielen kann, da nur sie gesellschaftlich überall akzeptiert werden. „Exoten“ wie eben die Orks, aber auch Goblins oder Achaz sind weiterhin vielfach keine realistische Option. Für eine ausführliche Spielhilfe zu den Orks würde ich mir weitergehende Konzepte oder auch einen implementierten Haltungswandel wünschen, womit es z.B. möglich sein sollte, Orks auch in südlichen Regionen problemlos auftreten zu lassen. Derzeit erscheint es mir nach wie vor so, dass dies eigentlich nur im Orkland selbst und im Svelltland realistisch ist. Ebenso fehlt mir etwas die Lösung von üblichen Klischees, wenn als einzige profane Profession der Räuber angeboten wird. Das ist natürlich eine klassische Variante und grundsätzlich ist dagegen auch nichts zu sagen. Aber hier fehlen mir Alternativen, z.B. ein ganz normaler Krieger oder die sogar mehrfach angesprochene Variante eines Händlers.
III. Fazit
Hauer und Schwarzer Pelz – Orks ist eine wichtige Spielhilfe, die eine seit Editionsbeginn vorhandene Lücke ausfüllt und es endlich ermöglicht, nach offiziellen Regeln orkische Charaktere zu erstellen. Allerdings bietet das PDF wirklich nur einige sehr grundlegende Optionen, die keine besondere Bandbreite bereitstellen. Vor allem halte ich es für nachteilig, dass Orks hiermit auch weiterhin eher exotische Figuren bleiben, die man nur sehr begrenzt einsetzen kann, ohne mit dem vorgegebenen Hintergrund in Konflikt zu geraten. Als schnelle Überbrückungshilfe bis zum Erscheinen einer RSH erfüllt es aber sicher seinen Zweck.
Bewertung: 3 von 6 Punkten
Da DSA5 modular aufgebaut ist, habe ich es so verstanden, dass man nach der Ork-Spezies und Kultur eine passende Profession wählt. Bei der Orklandkultur werden folgende weltliche Professionen vorgeschlagen:
Weltliche Profession: Bauer, Bogner, Fallensteller, Fleischer, Händler, Heiler, Prospektor, Schmied, Seefahrer (Fischer), Sklave, Söldner, Stammesjäger, Stammeskrieger, Viehtreiber, Wildniskundiger, Zimmermann.
Da diese bereits existieren wurden sie (vermutlich um Dopplungen zu vermeiden) nicht erneut beschrieben. Man kann also ohne Probleme einen Händler oder Stammeskrieger bauen und muss nicht nur Räuber spielen.
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Hallo Chris, der modulare Aufbau ist mir schon klar und rein regeltechnisch kann man solche Charaktere wohl jetzt auch bauen. An der Stelle setzt eher meine generelle Kritik an solchen DSA-Spielhilfen an: Mir fehlt eine passende Unterfütterung mit Hintergründen, damit man sich besser in Leben und Motivation solcher Figuren hineinversetzen kann. In der Hinsicht bietet mir die Spielhilfe zu wenig.
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Wie siehst du die Fan-Spielhilfe „Wir sind Orks!“ im Vergleich? Das wäre doch mal eine interessante Gegenüberstellung. Würde mich über eine Rezension dazu freuen!
https://webzine.nandurion.de/2019/12/01/wir-sind-orks-dsa5-regelpaket/
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Tut mir leid, den Wunsch kann ich allein aus Zeitgründen leider nicht erfüllen. Allerdings kann ich schon eine grobe Orientierung dazu geben: Bei den Stammesbeschreibungen ist „Wir sind Orks“ vom Umfang her ähnlich aufgestellt. Allerdings gibt es dort nur den Tairachschamanen zur Ausgestaltung, da liefert die offizielle Variante mehr. Dafür hat das Fanwerk gut ausgestaltete Archetypen, mit denen man direkt losspielen kann.
Im Prinzip bieten beide Varianten eine ordentliche Basisoption. Das finde ich beim Fanwerk richtig gelungen und beachtlich, hier habe ich natürlich auch eine andere Erwartungshaltung als bei einer kostenpflichtigen offiziellen Spielhilfe.
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Hallo Engor,
wurde das Geschlechterverhältnis der Orks irgendwie neu differenziert?
Denn die Autoren hätten das etwas aufweichen können.
Grüße
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Hallo Eisenstern, nein, dazu findet sich eigentlich nichts. Liegt aber wohl an der Ausrichtung der Spielhilfe, diese liefert eben wenig Hintergrundbeschreibung, sondern soll hauptsächlich dazu dienen, bestimmte Charakterkonzepte für Orks spielbar werden zu lassen. Zu gesellschaftlichen Verhältnissen wird kaum etwas gesagt, das müsste wohl irgendwann in der Zukunft eine Orkland-RSH leisten.
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Ich finde es gut, dass Orks jetzt spielbar sind. Aber ehrlich gesagt stört es mich nicht, dass sie nachwievor gerade im süden nicht spielbar sind. Die Orks sind ja grundsätzlich schonmal irgendwie etwas inkompatibel was z.b. Weltanschauungen im Bezug auf Gleichberechtigung angeht. Daher finde ich das Orks sowieso vor allem in Orkthemengruppen gut funktionieren. Oder eben in Gruppen die gerne genau ihren Spielspaß aus der Überwindung der Konflikte zwischen den Spezies zieht.
Und genau da passen sie für mich auch am besten hin. Für mich wäre es sogar irgendwie schwierig Orks jetzt gruppenkompatiebler zu machen weil das eben den Orks auch das nimmt, was sie so besonders macht. Wir brauchen ja nicht „neue generische Fantasyspezies mit leicht anderen Werten und Weltanschauungen nur jetzt mit Fell, Nummer x“ sondern wir brauchen Gegner mit Profil, die interessant sind und bei denen es auch interessant sein kann mal die Gegenperspektive einzunehmen. Ich für meinen Teil brauche keine Orks verstärkt als gleichberechtigte Heldenspezies neben Mensch, Elf und Zwerg dafür sind sie als ambivalente Gegner viel zu gut.
Aber schön dass es jetzt endlich offiziell möglich ist 🙂
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