Vorbemerkung: Mit mittlerweile zwei umfangreichen Crowdfundings und einer durchaus guten Zahl an unterstützenden Beteiligten hat sich Die Schwarze Katze als eigenständige Linie offenbar vorerst etabliert. Dafür sprechen auch die Ankündigungen auf der RatCon, laut denen auch in Zukunft regelmäßiger Produktnachschub zu erwarten ist. Vor allem erhofft man sich offenbar, auch andere, möglicherweise jüngere Spieler*innen anzusprechen. Ein weiterer Meilenstein auf diesem Weg ist ein noch leichterer Zugang. Diesen soll die kürzlich veröffentlichte Einsteigerbox Die Drachen von Wolldorf leisten. Dabei handelt es sich um eine Box mit verschiedenen Bestandteilen, die kombiniert den Einstieg sowohl für eine Heldengruppe als auch die Spielleitung ermöglichen sollen. Aufgrund der vielen kleinen Hefte möchte ich die Besprechung der Einzelprodukte ein wenig aufsplitten und im vorliegenden Artikel zunächst nur kurz vorstellen, was alles beinhaltet ist.
Einstiegshilfen
Tatsächlich fällt beim ersten Öffnen auf, dass es sich um sehr viele Einzelhefte handelt, diese sind allerdings allesamt relativ kurz gehalten, dementsprechend ist alles im Softcover produziert worden. Zwei der Hefte sind zudem gesondert gekennzeichnet, damit man sie zuerst in die Hand nimmt. Lies mich zuerst ist eine 4seitige Anleitung, in der kurz auf die Aufgaben einer Spielleitung eingegangen wird und die anschließend die Funktion der restlichen Hefte vorstellt. Dem schließt sich Die ersten Tapser an, das eine Art Tutorial auf 24 Seiten darstellen soll. Die Besonderheit ist hier, dass es sich nicht – wie sonst üblich – an die Spielleitung richtet, sondern gemeinsam mit den Spielerinnen gelesen werden soll. Dabei sollen gleichermaßen Regeln, Hintergrund und die Story durch Vorlesetexte präsentiert werden.
Regeln und Hintergrund
Natürlich gibt es aber auch Bände, die sich explizit an die Spielleitung richten. Dabei handelt es sich zunächst um das 36seitige Regelheft, das eine abgespeckte Form der DSK-Regeln enthält. Laut Angabe sind es keine vereinfachten Sonderregeln, sondern einfach eine reduzierte Variante, die nur das enthält, was man zum Spielen der Abenteuer der Box benötigt. Hand in Hand gehen die Regeln mit dem Hintergrund von DSK, der in dem Settingheft Wolldorf thematisiert wird. Das 24seitige Heft ist zweigeteilt. Zum einen finden sich dort einige allgemeine Angaben zu den erwachten Katzen, zum anderen wird der konkrete Handlungsort Wolldorf skizziert, ein kleines Dorf zwischen Havena und Nostria.
Abenteuer
Richtig lebendig wird eine Spielwelt aber natürlich nur durch Abenteuer und folglich enthält auch die Einsteigerbox zwei solche Hefte. Das 24seitige Der Magische Schlüssel schließt direkt an das Tutorial an und ist offenkundig sehr kleinschrittig gehalten, vor allem erkennbar an vielen Regelerklärungen. Somit soll auch eine Lernkurve für die Spielleitung erzeugt werden, indem das Folgeabenteuer Der Tempel des Drachen (20 Seiten) großflächiger angelegt ist.
Sonstiges Material
Das ist aber längst noch nicht alles, die Box beinhaltet noch einiges an Zusatzmaterial: Besonders wichtig für ein Einstiegsprodukt für Rollenspiele sind vorgefertigte Spielercharaktere. Hier finden sich gleich 5 insgesamt 6seitige Heldenbögen, die sowohl den Hintergrund der Figur als auch die Wertebereiche mit Erläuterungen vorstellen. Dazu gibt es einen DinA3-Plan von Wolldorf zu Orientierung. Ebenso wurde ein Würfelset mit 2W6 und 2W20 beigelegt sowie eines der für DSK als Zahlungsmittel wichtigen Mondglöckchen. Interessant ist auch der Umstand, dass die Innenseiten der Boxkartonage mit Regelangaben bedruckt wurden, so dass man sie wie einen Meisterschirm verwenden kann.
Ersteindruck
Wer sich ein wenig mit DSA auskennt, wird wahrscheinlich erkannt haben, dass das Cover von Die Drachen von Wolldorf eindeutig an die DSA-Einsteigerbox Das Geheimnis des Drachenritters angelehnt ist. Nur ist der Drache hier etwas weniger furchterregend (zumindest aus einer menschlichen Perspektive gedacht), handelt es sich doch anscheinend eher um einen Baumdrachen als eines der größeren Exemplare. Und gerade die fliehenden Hühner geben dem einen eher Comedy-haften Faktor, was umgekehrt wiederum kontrastiert wird durch die grimmig dreinschauenden Katzenkämpfer.
Und auch der erste Blick auf den Inhalt verrät, dass Ulisses hier auf die bewährten Erfahrungswerte des DSA-Pendants zurückgegriffen hat. Ein kurzer Regel- und ein Hintergrundband für ein reduziertes Setting findet sich auch dort. Ebenso sind die Abenteuerbände anscheinend stufig aufgebaut und sollen auch der Spielleitung eine gewisse Lernkurve ermöglichen. Die Heldenbögen sind zudem extrem ausführlich gehalten und liefern viele Erläuterungen, damit man sich schnell zurechtfindet.
Der große Unterschied liegt offenbar in dem Tutorial: Hier wird auf ein gemeinsames Tutorial für Spielleitung und Spieler*innen zurückgegriffen, während in Das Geheimnis des Drachenritters kleine Soloabenteuer hinzugefügt wurden, die die Hintergrundgeschichte der Charaktere spielbar gestaltet haben. Hier wird sicherlich in der Besprechung einer meiner Schwerpunkte liegen, inwieweit diese beiden Konzepte sich unterscheiden und wo ich Vor- und Nachteile sehe.
Ein weiterer Unterschied, der sofort erkennbar ist, sind die reduzierten Abenteuerinhalte. Die beiden Abenteuer haben zusammen 44 Seiten, was nur knapp ein Drittel dessen ist, was die DSA-Variante angeboten hat. Allerdings fügt sich dies umgekehrt auch in die bisherige Produktpalette von DSK ein, in der ja bislang auch nur kurze Anthologieabenteuer vorhanden sind. Zusammenhängend handelt es sich somit um das längste Abenteuer, das für DSK bislang existiert. Das geht natürlich auch mit der Preisgestaltung einher, die Box ist mit 29,95 Euro auch günstiger gehalten. Hier vermute ich die Absicht, die Preisschwelle niedrig zu halten, um potentielle Käufer*innen nicht durch zu hohe Summen abzuschrecken.
Generell ist der Reduktionscharakter an allen Ecken und Enden zu erkennen, nicht nur im Umfang der Hefte. Ebenso wurde darauf verzichtet, auf die weiteren spielbaren Spezies aus Brüchiger Frieden zurückzugreifen, sondern es handelt sich nur um Katzen und Kater, die ja auch namensgebend für das Spiel sind. Und statt der großen Stadt Havena wird hier mit Wolldorf ein Mikrokosmos aufgebaut, allerdings in der Nähe der großen Stadt und damit kulturell vergleichbar.
Grob betrachtet erscheinen die Gedanken dahinter konsistent, aber natürlich werde ich mir das in den kommenden Wochen genauer anschauen. Dabei werde ich die Besprechung in zwei Teile splitten und zunächst Regeln und Hintergrund betrachten und mich dann getrennt davon den Abenteuern widmen. Dabei muss ich allerdings sagen, dass ich mit einer gewissen Erwartungshaltung an die Box herangehe, immerhin hat der mittlerweile ausgeschiedene betreuende Redakteur Jens Ullrich einen hohen Qualitätsstandard gesetzt, den auch und gerade ein solches Einsteigerprodukt einhalten sollte.
Schön, dass du wieder so ausführlich berichtest. Eine Nachfrage zum letzten Satz: Ist das so zu verstehen, dass Jens Ullrich gar nicht mehr am der Einsteigerbox beteiligt gewesen ist? Ich meine, DSK war doch sein Ding?
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Hallo Balduin,
dass jetzt mit Philipp Baas ein anderer Redakteur für DSK zuständig ist und Jens Ullrich nicht mehr für Ulisses arbeitet, wurde schon vor längerer Zeit kommuniziert (ohne ad hoc eine Quelle zur Verfügung zu haben). Ob Jens Ullrich jetzt an der Box beteiligt war, kann ich dir nicht mit Gewissheit sagen, er steht auf jeden Fall noch als Autor drin, es gibt aber nur ein allgemeines Impressum, es ist nicht ausgewiesen, was von wem stammt, könnte sich also auch „nur“ um die Regelanteile halten, die ja aus dem Grundband stammen. Wenn du genaueres wissen willst, müsstest du Ulisses fragen.
Ich hoffe auf jeden Fall, dass er auch in Zukunft in irgendeiner Form daran beteiligt sein wird, er hat da wirklich ein sehr schönes System entwickelt.
LG
Engor
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