Rezension: Die Chroniken von Ilaris – Band 1

Vorbemerkung: Ilaris ist eine Fanspielhilfe mit alternativen DSA-Regeln, die sich seit mehreren Jahren großer Beliebtheit erfreut und nicht selten als regelleichtere Alternative zu DSA5 weiterempfohlen wird. Ich habe das entsprechende Regelwerk damals auch besprochen, später kam es sogar zu dem besonderen Umstand, dass in Kooperation mit Ulisses eine Printauflage des Grundbands erstellt wurde. Vor kurzen hat Ilaris dann einen nächsten Entwicklungsschritt genommen, indem zu den reinen Regeln jetzt auch spielbares Material hinzukommt. In Rahmen eines Abenteuerwettbewerbs sind drei Abenteuer zustande gekommen, die nun – gemeinsam mit einigen ergänzenden Spielhilfen – als Die Chroniken von Ilaris – Band 1 veröffentlicht wurden. Da mir hier sehr viel Herzblut eingeflossen zu sein scheint, möchte ich den Band im Folgenden mit einer kurzen Besprechung würdigen.

In Zahlen:

– 3 Abenteuer (+mehrere ergänzende Spielhilfen)

– 73 Seiten

– Preis: kostenfreier Download (z.B. im DSA-Forum)

– erschienen am 22.10. 2022

I. Inhalt und Aufbau

Der Band beginnt mit einem kurzen Vorwort von Matthias Ott, der die Genese der Publikation erläutert. Dem schließt sich eine Einführung an, in der vor allem Einsteiger*innen adressiert werden, indem ein fiktives Gespräch im Rahmen einer ersten Zusammenkunft einer Spielrunde verfasst wurde, in dessen Verlauf beispielhaft erläutert wird, wie man einen Ilaris-Charakter mit Ecken und Kanten ausstatten kann. Dies wird direkt ergänzt mit den ausgefüllten Charakterbögen von vier Beispielcharakteren, die man folgend in den Abenteuern verwenden kann. Dabei handelt es sich um die halbelfische Heilerin Ancara, den Pferdedieb Odir Sensendengler, die Rondrageweihte Thara von Donnerbach und den Andergaster Kampfmagier Ulfrid Krück. Als Hilfe für die Spielleitung sind zudem Einleger für einen Spielleiterschirm mit vielen wichtigen Regelaspekten enthalten. Zusätzlich finden sich eine ganze Reihe von Manöverkarten von Gatsu als zusätzliche Erleichterung. Auf diesen existieren zentrale Angaben zu Aktionen, Regelaspekten etc. Sehr konkrete Anregungen erhält man zuletzt in dem Kapitel Einen Spielabend vorzubereiten. Hier geht es u.a. darum, wie man eine Spielsitzung in Szenen aufteilen kann, wie man alle Spieler*innen beschäftigt und wie man mit Proben umgeht.  

Ein Herz für Tairach

Das Abenteuer von Tilman Kircher setzt eine ungewöhnliche Gruppe von Orks in den Mittelpunkt, nämlich diejenigen, die als Hafenarbeiter in Thorwal leben. Vor allem geht es um die Frage, ob es hier möglich ist, dass auch Orkfrauen Entfaltungsmöglichkeiten erhalten, die ihnen im streng patriarchalischen Orkland verwehrt bleiben. Im konkreten Einstieg sitzen die Spielercharaktere in einer Taverne, als sie das Verschwinden der jungen Orkin Girkushsdottir mitbekommen und gebeten werden, bei der Suche nach ihr zu helfen. Folgend unternimmt man eine entsprechende Recherche, während man später in ein handfestes Finale hineingerät. Immer wieder sind kleine Regelkästen eingebaut, in denen grundlegende Regelaspekte und -mechanismen von Ilaris erläutert werden. Im Anhang findet sich eine Beschreibung der wichtigsten Figuren des Abenteuers.

Festtagsschmaus

Xaver Stiensmeier bedient sich in seinem Abenteuer mit Andergast der Einstiegsregion schlechthin. Allerdings erweisen sich die Umstände nicht ganz so gemütlich, wie der Titel vermuten lässt. In einem kleinen Dorf werden drei Jugendliche vermisst, die sich für die lokale Hexe Lydia auf Zutatensuche für ein Festessen begeben haben. Auch hier gilt es, zunächst eine kleine Recherche zu unternehmen, bevor sich ein Wildnisteil anschließt. Am Ende müssen die Spielercharaktere feststellen, dass die drei Jungen sich tatsächlich in ernsthaften Schwierigkeiten befinden. Auch hier sind zusätzliche Handouts vorhanden, z.B. zu den NSC und den zeitlichen Abläufen.

Ein Abend, teuer für Einsteiger

Das letzte Abenteuer von Rothar führt zuletzt in das altehrwürdige Kuslik. Zunächst werden einige Szenen beschrieben, mit denen man sich in das Leben in der Stadt einfühlen kann. So oder so münden alle Einstiegszenarien darin, dass man auf die illustre Taverne Karims Palast verwiesen wird, wo man den Abend verbringen will. Statt eines zünftigen Gelages wartet aber auch dort ein Auftrag auf die Heldengruppe, sollen sie doch den entführten Händler Lucan die Cascamas retten. Gelingt es nach einer kurzen Ermittlung, seinen Aufenthaltsort zu ermitteln, findet das Finale als Befreiungsaktion statt.

Der Band endet mit einer umfangreichen Linkliste auf Spielhilfen, die man an verschiedenen Stellen innerhalb der Community findet, zudem gibt es noch ein FAQ zu den wichtigsten Frage, wie man von DSA4 oder DSA5 auf Ilaris umsteigen kann.

II. Kritik

Ich war ja damals schon sehr von der Detailliebe und der vielen Arbeit, die hinter Ilaris steckt, sehr angetan. DSA ist reich an spannenden Fanprojekten und dieses hat sich seinen Platz in dieser Riege redlich verdient. Umso schöner, wenn es jetzt Fortsetzungsideen wie den vorliegenden Band gibt. Beachtlich finde ich, dass hier die Ursprungsidee eines Abenteuerwettbewerbs im Resultat sogar noch erweitert wurde und nun quasi um die Abenteuer herum noch viele Hilfestellungen für Einsteiger*innen kreiert wurden. Somit hat Ilaris nun sein eigenes Einsteigerheft.

Die Grundideen scheinen dabei allesamt sinnvoll und ergeben in der Kombination jede Menge Erleichterungen, sowohl in Richtung der Spieler*innen als auch der Spielleitung. Das schlägt sich unter anderem in dem Angebot von vier Beispielcharakteren nieder (die mir auch deshalb gefallen, weil sie eine eher ungewöhnliche Zusammensetzung bilden), genauso in den anderen Spielhilfen wie z.B. den Manöverkarten, den Meisterschirmeinlegern oder den Gedanken zur Durchführung eines Spielabends.

Die drei Abenteuer bieten Abwechslung vor allem in Form der Schauplätze. Was mir besonders gefällt, sind gerade die kleinen Ideen, die die drei Autoren in ihren Szenarien eingebaut haben, z.B. wenn in Ein Herz für Tairach eine junge Orkin die üblichen Geschlechterklischees ihrer Kultur durchbrechen will oder wenn in Ein Abend, teuer für Einsteiger eigentlich ein Barde um Hilfe gebeten wird, der sich in seinen Liedern als großer Held präsentiert und nun darauf angewiesen ist, dass die Spielercharaktere für ihn in die Bresche springen. Festtagsschmaus hingegen weist auf unterhaltsame Weise deutliche Parallelen zu einer bekannten Szene aus Der kleine Hobbit auf. Ebenso wird der Einstiegsfokus durch die vielen Infokästen konsequent beibehalten.

Was man den Abenteuern anmerkt, ist die Platzbeschränkung, die sie durch die Wettbewerbsausschreibung erhalten haben. Sie sind allesamt sehr kurz gehalten und beschreiben die Gesamthandlung recht grob, vor allem Gelenkstellen (also wie man von A nach B gelangt, Recherchen etc.) werden zumeist in wenigen Sätzen abgehandelt, ebenso werden Orte meist nicht im Detail beschrieben. Teilweise wird zur Platzentlastung – was ich für völlig legitim halte – auf vorhandene DSA-Spielhilfen verwiesen. Sprich: Wer sich auf die Abenteuer einlassen will, muss noch einiges an Zusatzarbeit investieren, um die Hintergründe auszugestalten. Ebenfalls dem Charakter von Wettbewerbsabenteuern geschuldet sind thematische Überschneidungen. Die Abenteuer sind nicht gezielt als Teile einer Anthologie geplant worden, sondern unabhängig voneinander entstanden. Dadurch hat sich der etwas ungünstige Umstand ergeben, dass alle drei Abenteuer den Schwerpunkt darauf legen, eine oder mehrere verschwundene Personen zu retten. Aus meiner Sicht bieten sie sich somit eher weniger dazu an, direkt nacheinander durchgespielt zu werden, dazu beinhalten sie etwas zu wenig Abwechslung. Für eine Stärke halte ich umgekehrt die Figuren, die in allen Abenteuern sehr originell gestaltet wurden und die spannende Interaktionen ermöglichen dürften.      

Großes Lob verdient zuletzt die aufwendig erstellte Machart. Der Band ist für ein Fanprojekt mit einem klaren und guten Layout versehen, zudem sind eine ganze Reihe von schönen Illustrationen erstellt worden. An einigen Stellen bemerkt man noch den Charakter eines fortlaufenden Projektes, so sind noch einige Leerseiten vorhanden, die in Zukunft noch gefüllt werden sollen, z.B. mit Bodenplänen.

III. Fazit

Die Chroniken von Ilaris – Band 1 sind ein schönes Ergänzungsprodukt zum alternativen Fanregelwerk. Die reinen Regeln können nun direkt in spielbaren Szenarien eingesetzt werden. Dabei wurde viel Augenmerk darauf gelegt, um die Abenteuer herum viel Einstiegsmaterial einzubauen. Die Abenteuer selbst sind erkennbar mit viel Herzblut und Sinn für schöne Details verfasst worden, allerdings sind sie aufgrund der Ausschreibungsbedingungen etwas grob ausgefallen und sind thematisch zu ähnlich.

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