Vorbemerkung: Fast genau ein Jahr seit dem Ende der Finanzierungsphase hat es gedauert, bis nun endlich die prallgefüllten Pakete von Rohals Erben verschickt wurden. Tatsächlich handelt es sich nicht nur um das bislang erfolgreichste Crowdfunding von Ulisses, sondern auch um das mit der umfangreichsten Produktpalette. Dabei ist das Paket sogar noch nicht ganz vollständig, da leider ein Fehler auf dem Buchumschlag des Grimorum Cantiones (das zu einem Grimorus wurde) einen Gesamtversand verhinderte. Somit fehlt leider einer der beiden Hauptbände, was etwas schade ist, trotzdem gibt es genug vorzustellen. Wie immer soll dieser erste Artikel einen kurzen Überblick über die Gesamtinhalte geben, bevor dann anschließend der große Rezensionsreigen starten kann.
Was ist drin im Paket?
Die Besonderheit dieses Crowdfundings war ja von Beginn an, dass es um gleich zwei Kernbände auf einmal gebaut wurde. Wie schon erwähnt hat es einer davon, das Grimorum Cantiones, leider noch nicht in den Versand geschafft. Hier wären vor allem Regelanteile angebracht worden, immerhin soll es den Anspruch erfüllen, ein komplettes Zauberbuch für DSA5 zu sein. Damit soll eine Lücke gefüllt werden, die seit Editionsbeginn besteht, da die Veröffentlichungen von Aventurische Magie 1-3 dafür gesorgt haben, dass bislang keine Kompaktsammlung vorhanden ist. Mit über 500 Seiten wird es auch der umfangreichste Band des Crowdfundings sein.
Bereits vorhanden ist dafür die titelgebende Spielhilfe Rohals Erben, die auf 192 Seiten im Kern eine ausführliche Vorstellung der drei großen Magiergilden Aventuriens leisten soll. Auch wenn es sich um keine Regionalspielhilfe handelt, wirkt der Aufbau auf den ersten Blick ähnlich, wenn z.B. Kapitel wie Rang und Namen vorhanden sind und am Ende eines der bekannten Mysterienkapitel erfolgt. An anderen Stellen wird mit Entsprechungen gearbeitet, z.B. werden hier nicht die Städte einer Region beschrieben, sondern die Magierakademien, die sich über ganz Aventurien verteilen. Ebenso gibt es konkretes Material, z.B. wird ein Magierturm thematisiert, variabel für alle drei Gilden geschildert.
Die Annäherung an eine Regionalspielhilfe erkennt man auch an den weiteren Produkten, die an die bekannte Regionalflöte angelehnt sind. So offenbart ein Blick in die Studierstube der Magier, dass es sich hierbei um ein Äquivalent zu einer Rüstkammer handelt. Auf 32 Seiten finden sich hier statt Waffen und Rüstungen Zeremoniengewänder und Zauberstäbe. Ebenso sind direkt spielbare Inhalte enthalten, hier ein beispielhaftes Ordenshaus der Grauen Stäbe.
Das Geheimnis der Zauberschüler ist ein sehr stark vernetztes Begleitabenteuer zum Gildenband. Immerhin gilt es hier, eine Themengruppe aus jungen Zauberschüler*innen zu spielen, die ihre Ausbildung an der altehrwürdigen Akademie zu Punin begonnen haben. Der Band mit 64 Seiten ist dabei Abenteuer und Spielhilfe zugleich, da zunächst die Akademie als Schauplatz und die Abschnitte der Ausbildung vorgestellt werden, bevor dann konkrete Abenteuerepisoden ausgeführt werden.
Das Heldenbrevier der Gildenmagie aus der bewährten Feder von Carolina Möbis hat dagegen die Aufgabe, in prosaischer Form den Hintergrund von Magiewirkenden auszugestalten. Konkret geschieht dies in der bekannten Form eines Briefromans (160 Seiten). Als Protagonist*innen fungieren Vertreter aller drei Gilden, die in ein gemeinsames Abenteuer um eine Ausgrabungsstätte aus der Zeit der Magierkriege verwickelt werden.
Allerdings gibt es auch neben diesen Produkten, die quasi Standard sind, noch einige Bände mehr. Vor allem der Abenteuerbereich hat durch die Anthologie Dämonenmacht und Sternenkraft eine ordentliche Erweiterung erhalten. Enthalten sind auf 120 Seiten drei Abenteuer, die wiederum jeweils thematisch eine der drei Gilden in den Mittelpunkt stellen. Im Einzelnen sind das Siegelbruch (Weiße Gilde), Die Beschreibung der Unendlichkeit (Graue Gilde) und Ein Zombie zum Dessert (Schwarze Gilde).
Auch die Vademecum-Reihe hat eine themenangemessene Erweiterung erfahren, hier durch gleich zwei neue Bücher (mit je 160 Seiten). Beide legen allerdings einen anderen Schwerpunkt. Das Mada-Vademecum beschäftigt sich mit der namensgebenden Göttin, die in der aventurischen Mythologie als Spenderin der Magie gilt. Das ODL-Vademecum reiht sich hingegen in die Riege der Ordensbeschreibungen ein, wobei die Wahl auf den mit der Grauen Gilde stark verbundenen Ordo Defensores Lecturia gefallen ist.
Wie immer bei einem Crowdfunding sind auch Zusatzinhalte entstanden. Diese werden in dem 48seitigen Zusatzheft Schwarze Kunst und Limbusreisen zusammengefasst. Teil dieses Sets ist aber zusätzlich auch noch das Lowanger Lügenmärchen, ein Vertreter der Auf ins Abenteuer-Reihe (32 Seiten), das bereits vorgefertigte Charaktere für ein direktes Spiel enthält, mit denen man sich sofort in ein Symposium in Lowangen stürzen kann, das einen dramatischen Verlauf nimmt. Ebenso sind ein Spielkartenset und eine Sphärenklang-CD mit 21 Soundtracks von Komponist Ralf Kurtsiefer existent.
Zusätzlich gehören wie zuletzt immer auch noch eine Reihe von Neuauflagen alter Bände zur Produktpalette. Da ich hier einiges schon besitze (u.a. die alten Soloabenteuer), enthält mein Paket nur die Romane Die Legende von Assarbad, Der Sphärenschlüssel und Blutrosen von Jörg Raddatz und Heike Kamaris.
Erste Auffälligkeiten und Erwartungen
Eine Sache, die für mich sofort heraussticht, ist die große Zahl an Abenteuern. Ein Anthologieband, Das Geheimnis der Zauberschüler als eine Art Themen-Kampagne und dazu das Lowanger Lügenmärchen (+ einige Kurzszenarien im Meisterschirmheft), das ist vergleichsweise schon ein hoher Anteil an Abenteuerstoff. Lange Zeit war das ja eine aus meiner Sicht leider etwas vernachlässigte Sparte nach dem Editionswechsel, was sich jetzt mehr und mehr zu ändern scheint. Das wäre eine Entwicklung, die ich absolut befürworten würde. Zusätzlich fällt auf, dass die Abenteuer thematisch durchaus an den größeren Rädern in Sachen übergeordneter Bedeutung drehen, da ist viel Metaplotrelevanz zu erkennen, vor allem im Lowanger Lügenmärchen oder auch in den Anthologieabenteuern geht es um Themen wie den Sternenfall (mit teils dramatischen Folgen), die Führungsposten gleich zweier Akademien und um uralte und mächtige Artefakte.
Beide Hauptbände versprechen größere Lücken zu schließen: Das (leider noch nicht vorhandene) Grimorum Cantiones wäre nach langer Zeit endlich ein komplettes Nachschlagewerk für Zaubersprüche und verspricht die ohnehin schon breite Palette an Zauberformeln nochmal zu erweitern. Rohals Erben hingegen könnte etwas einbringen, was ich bei Aventurische Magie 1-3 ausgesprochen vermisst habe. Diese sind nach meinem Geschmack viel zu regellastig gewesen und haben den Hintergründen von Magie viel zu wenig Raum gewährt. Ein Komplettband über das aventurische Gildenwesen kann hier absolut eine Bereicherung sein, wenn dieser denn nicht zu trocken ausfällt und viel Wert darauf legt, Spielrelevanz zu erzeugen. In dieser Hinsicht bin ich auch sehr gespannt auf die Vernetzung zwischen dem Hauptband und Das Geheimnis der Zauberschüler, das klingt zumindest wie eine sinnvolle Symbiose. Vor allem könnte ich mir vorstellen, dass man mit der beliebten Thematik einer Zauberschule durchaus auch neue Spieler*innen ansprechen könnte. Umgekehrt hoffe ich, dass man die Harry Potter-Anlehnungen dezent hält und es wirklich spürbar eine aventurische Zauberschule ist, die man dort aufsuchen kann.
Auch sonst wirkt die Gesamtpalette sehr abwechslungsreich mit gleich drei narrativ angelegten Ingame-Bänden: zwei Vademecum-Bücher mit unterschiedlichen Schwerpunkten und einem Heldenbrevier. Dazu kommen eine Reihe von Ergänzungen zum Hauptband, die sowohl Regeln, Ausrüstung (Zauberstube der Magier) und spielerische Zusatzinhalte (Schwarze Kunst und Limbusreisen) enthalten. Auch hier bin ich auf die Vernetzung der Bände untereinander gespannt, eine möglichst große Konsistenz ist natürlich wünschenswert, wenn man damit zukünftig den kompletten Bereich der Gildenmagie abdecken will.
Wie geht es hier weiter?
Die kommenden Wochen (wahrscheinlich quasi bis Weihnachten) werden hier im Blog mit kleinen Unterbrechungen ganz im Zeichen von Rohals Erben stehen. Beginnen werde ich dabei natürlich mit Rohals Erben selbst, was ja gleichermaßen Kernband wie auch Bindeglied zu anderen Publikationen darstellt. Danach werden sich nach und nach die anderen Produkte anschließen. Die alten Romane möchte ich irgendwann auch besprechen, allerdings plane ich dies nicht unbedingt im direkten Zusammenhang, sondern diese Rezensionen werden sich irgendwann zwischendurch einfinden, immer dann, wenn mal ein wenig Luft ist. Den Abschluss wird dann wohl das Grimorum Cantiones bilden, das sich ja nun erst in 1,5 Monaten anschließen wird. Den Schlusspunkt wird dann aber selbstverständlich noch ein Gesamtfazit darstellen.
Bei uns in Niedersachsen ist heute noch Feiertag, d.h. die Sachen kommen ab morgen. Diese Rezension gibt aber schon Mal einen Vorgeschmack und das hört sich doch schon sehr gut an! Einiges an Abenteuern, der Metaplot kommt voran und noch einiges mehr. Super.
Was für mich nach einem Jahr jedoch ein Geschmäckle zurücklässt, ist eine Mail von Ulysses letztens. Die Mitteilung, dass sich die Auslieferung des Grimorum verzögert, weil es einen Fehldruck gegeben hat (auf dem Buchrücken steht Grimores – kann passieren, doof, ist aber nun Mal so), ist absolut ok und gefällt mir wie überhaupt die Kommunikation während des Projektes. Es wurde dann weiterhin angeboten, den Fehldruck als Sammlerstück über den Collectors Club zu erstehen….
Ich dachte, schau Mal nach, zumal mir der Collectors Club völlig neu ist, und was will Ulysses für den Fehldruck? 60 tacken?? Geht’s noch?
Ich verstehe schon, dass das Geld für die Publikationen schon irgendwo herkommen muss, aber die Nummer finde ich dann doch man reichlich geschmeidig. Die Fehldrucke zum Herstellungspreis plus Versand anzubieten wäre anständig. Aber 60 Euro?
Es ist so eine Unart von Ulysses die Finanzierung von größeren und wichtigen Projekten über Crowdfunding von der Community abzusichern. Da Frage ich mich: glauben die nicht an ihr eigenes Produkt? Wo bleibt das unternehmerische Risiko? Vielleicht würde es dann weniger verschwurbeltes geben aber dafür mehr Qualität?
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Hallo Hanno,
Ich hab die Nachricht, die die Unterstützer erhalten haben, so verstanden dass die Fehldrucke nicht als Totalverlust abgeschrieben werden müssen, sondern dass die Bände zurück an den Drucker gehen und dann nur der Einband abgetrennt wird und ein neuer aufgesetzt wird. Dementsprechend ist das nur ein Angebot an „verrückte Sammler“, die unbedingt einen fehlerhafte Version besitzen wollen. Ich kann mir auch beim besten Willen nicht vorstellen, dass eine nennenswerte Zahl dabei zusammenkommt, vor allem weil ja auch gesagt wurde, dass auch diese Fehldrucke erst in den Versand gehen, wenn die umgearbeiteten wieder da sind.
Beste Grüße
Engor
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Vielen Dank für die Info! und auf Facebook sind ja noch mehr Details gekommen. Dann klärt sich auch einiges.
Wenn ich richtig rechnen kann, haben sich von 1658 Unterstützern wohl 1556 für die eine oder andere Variante mit dem Cantiones entschieden. Das tut schon weh. Ist ja auch alles verständlich, ändert aber nichts an der Tatsache, dass mir der Kommunikationsstil zu verschwurbelt ist.
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Freue mich schon über die nächsten Beiträge;)
Joshua
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