Vorbemerkung: Das neue Jahr bringt im Hörspielbereich auch direkt schon wieder einen Abschluss. Marbos Gnade schließt als 6. Teil die 3. Staffel der Reihe von Winterzeit Audiobooks ab. Allerdings muss man sich um Nachschub keine Sorgen machen. Wie Markus Winter im Booklet verrät, ist die 4. Staffel bereits fertig aufgenommen worden und die 5. Staffel wurde von Autorin Kristina Lohfeldt schon geschrieben. Somit existiert Material für weitere zwei Jahre (für den Zeitraum danach gibt es bisher noch keine Planungen). Für das aktuelle Staffelfinale ist meine Hoffnung, dass die bisweilen etwas diskontinuierliche Dramaturgie jetzt doch noch einen verdienten Höhepunkt findet.
I. Inhalt
Die Folge schließt unmittelbar an das vorherige Geschehen an. Gundar und seinen Gefährten ist es endlich gelungen, dem Bajazzo auf die Spur zu kommen. Allerdings erweist er sich als Schwarzfee und somit ist es notwendig, durch ein Tor in der alten Kanalisation Punins seine Globule zu betreten, um sich ihm zu stellen. Scheitern sie, droht Punin mehr und mehr dem Wahnsinn anheim zu fallen, da der Übergang zwischen den Welten offen ist und der Bajazzo dies ausnutzt, um sich Opfer zu holen, die er quälen kann.
Schon die ersten Schritte in der fremden Umgebung erweisen sich buchstäblich als halsbrecherisch. Vor allem merken die Gefährten, dass in der Feenwelt eigene Regeln gelten, während sie versuchen zu ihrem Ziel vorzudringen, einem riesigen Turm in Form einer schwarzen Tulpe, der den Mittelpunkt der Globule bildet. Eile ist dabei geboten, denn die entführte Yasmina ist der Grausamkeit des Bajazzos ausgeliefert. Die Hindernisse, die sich ihnen in den Weg stellen, sind dabei auch deshalb schwierig zu überwinden, weil sie sich im Grenzbereich von Illusion und Wirklichkeit abspielen. Zuletzt erfolgt natürlich der große Showdown, wenn es notwendig wird, den Feind persönlich zu konfrontieren.
II. Figuren
Diesmal steht eigentlich keiner der Protagonisten eindeutig im Vordergrund, sondern es handelt sich um eine Ensembleepisode, in der alle Figuren ihren Beitrag zum erfolgreichen Ausgang der Mission leisten dürfen. Auffällig ist, dass vor allem Hothar und Ragna eher ihre ernste Seite zeigen müssen und auch für sie untypische, verletzliche Momente haben, auch was ihre Geschwisterbeziehung angeht.
Etwas präsenter als in den vorherigen Episoden ist naturgemäß der Bajazzo selbst, da er nun seinen großen Auftritt als Gegner hat, nachdem die Gruppe zuvor nur mit den Konsequenzen seiner Handlungen und seinen Schergen konfrontiert wurde. Generell haben die Nebenfiguren der Staffel hier eher kleine Parts, als einzig neue Figur taucht ein Dschinn auf.
III. Kritik
Auch am Ende bleibt ein dominanter Eindruck dieser Staffel haften: Die neue Autorin Kristina Lohfeldt schafft es viel besser als ihr Vorgänger Markus Topf Aventurien lebendig werden zu lassen. Das erkennt man zum einen an den Begrifflichkeiten, die in den Sprechakten verwendet werden, zum anderen aber auch in der Stimmigkeit von Orten, Institutionen und Sachverhalten wie z.B. der Verwendung von aventurischen Zaubersprüchen. In diesem Kontext bin ich auch sehr gespannt, wohin die beiden folgenden Staffeln führen werden, da ich mir sicher bin, dass es dann auch gelingen wird, deren Eigenheiten aufzuführen, wie es für Punin erreicht wurde (eben völlig anders als im Fall von Thorwal in der 2. Staffel).
Was den konkreten Inhalt der Folge angeht, bin ich etwas zwiegespalten in meinen Eidrücken. Was auf jeden Fall gelingt, ist das Ausgestalten des von mir in der Vorbemerkung erhofften echten Höhepunkts. Das Vordringen in die Höhle des Löwen wird gut inszeniert, auch weil die Globule einige Herausforderungen anzubieten hat. Und das feindliche Hauptquartier in Form einer riesigen Tulpe zu beschreiben, halte ich für eine passende und atmosphärische Idee. Ebenso hat der Bajazzo einen charmanten letzten Auftritt, der natürlich auch mit einem entsprechenden Schurkenmonolog im Stile eine James Bond-Antagonisten gehalten ist. Auch wenn die gesamte Folge im Ton relativ ernst gehalten ist, sind durchaus auch humorige Untertöne vorhanden, wobei aus meiner Sicht besonders ein selbstironischer Moment heraussticht, wenn Hothar anmerkt, dass man diesmal am Ende wenigstens nicht in den Kerker geworfen wurde, was ja in den ersten beiden Staffeln als Handlungselement überstrapaziert wurde.
Umgekehrt wirken manche Aspekte für mich etwas unrund, gerade was das Ende angeht. Hier fehlen mir noch ein paar offene Plotstränge, z.B. die Reaktion des Blutalriks oder die von Rastafans Auftraggebern. Letzterer agiert nun eindeutig als Verbündeter der Heldengruppe, sein plötzliches Verschwinden am Ende der Folge lässt aber einige Fragen offen (wobei mir natürlich klar ist, dass das bewusst so konstruiert wurde).
Vieles bleibt generell ungeklärt, z.B. ist auch für Hothar und Filoen am Ende einiges an tragischen Ereignissen prägend, so dass auch diese beiden Protagonisten ein wenig von der Gruppe separiert sind. Hierzu mag auch die Ankündigung von Markus Winter passen, dass in der kommenden Staffel einige Hauptcharaktere nicht mehr im Mittelpunkt stehen werden. Allerdings wäre es aus meiner Sicht eher unelegant, wenn diese einfach rausschreiben würde, anstatt dass man ihnen jetzt einen klar motivierten Abschied gewährt. Allgemein muss ich allerdings sagen, dass ich einen solchen Wandel sehr begrüßen würde, meiner Auffassung nach ist die aktuelle Konstellation eher auserzählt und neue Impulse würden sicher guttun. Dementsprechend hat mir in der abgeschlossenen Staffel auch Rastafan als Figur am besten gefallen, während z.B. Gundar eher blass geblieben ist.
Zuletzt darf das gewohnte Lob an die technische Machart nicht ausbleiben. Es ist immer wieder ein echter Genuss, sich an den großartigen Sprechern zu erfreuen, die den Figuren viel Charakter verleihen. Dies gilt für die gesamte Soundebene, z.B. auch die Effekte.
Eine kleine Anmerkung, die sich nicht auf die Rezension der aktuellen Folge bezieht: Ich finde es angesichts der qualitativ hochwertigen Machart der Hörspiele etwas schade, dass sie quasi unsichtbar sind. Von den Neuerscheinungen der einzelnen Folgen erfährt man eigentlich immer nur per Zufall, z.B. indem man regelmäßig in den Shop von Winterzeit schaut. Der Verlag hat doch eine Homepage mit einer (leider nur extrem selten neu befüllten) Newssparte und auch eine Facebookseite. Ein wenig die Werbetrommel zu rühren, könnte aus meiner Sicht sicher nicht schaden, auch wenn es natürlich für den DSA-Kosmos fleißige Helfer wie Nuntiovolo oder 4 Helden und ein Schelm gibt, die neue Folgen regelmäßig ankündigen.
IV. Fazit
Marbos Gnade ist ein gelungener Abschluss für diese 3. Hörspielstaffel. Der Showdown ist angemessen dramatisch inszeniert und fordert der Gruppe vieles ab, ebenso gibt es einen atmosphärischen Hintergrund und eine passende letzte Konfrontation mit dem Antagonisten. Allerdings sind für mich nicht alle Handlungselemente befriedigend abgeschlossen, indem einige Plotteile zuletzt nicht mehr erwähnt werden.