Rezension: Auf kleiner Flamme

Vorbemerkung: Beim Stöbern im Scriptorium Aventuris bin ich kürzlich auf ein Abenteuer gestoßen, von dem mich im Prinzip wundert, dass es dort eingestellt wurde und keine offizielle Publikation darstellt. Auf kleiner Flamme stammt immerhin von Stefan Unteregger, der in der Vergangenheit u.a. die Quanionsqueste zu verantworten hatte und einige Bände der Splitterdämmerung. Das Abenteuer ist ursprünglich ein Beitrag für einen Wettbewerb (Hexenkult und Racheflug) gewesen, ist aber nie veröffentlicht worden. Moritz Baur hat deswegen beim Autor angefragt und sich dessen Erlaubnis eingeholt, um es layouten und auf die Regeln von DSA5 anpassen zu dürfen, damit es als kostenfreier Download im Scriptorium bereitgestellt werden kann. Da ich mehrere Abenteuer von Stefan Unteregger kenne und schätze, dachte ich mir, dass ein Blick hinein sich sicher lohnen könnte.

In Zahlen:

– 35 Seiten

– Preis: kostenfreier Download im Scriptorium Aventuris

– Erschienen 2021

I. Aufbau und Inhalt

Da die Ausgangssituation des Abenteuers in der Vergangenheit liegt, ist zunächst eine Schilderung der Vorgeschichte vorhanden, die in die Zeit Kaiser Retos zurückgeht. Das konkrete Abenteuer beginnt, wenn die Heldengruppe das kleine Örtchen Lichtengrund erreicht und an einem äußerst verregneten Tag Zuflucht in lokalen Gasthaus suchen, das von dem Torben Unterhag betrieben wird, der wegen seiner auffälligen Hakennase von allen nur der „Falkenwirt“ gerufen wird. Obwohl dieser eigentlich ein freundlicher Gastgeber ist, kann man bei einer ersten Übernachtung schnell bemerken, dass er merkwürdigen Stimmungsschwankungen unterworfen ist und sogar von seinen Kindern gefürchtet ist. Dies geht sogar so weit, dass der örtliche Perainegeweihte Ulfried die Spielercharaktere bittet, diesem Verhalten auf den Grund zu gehen.

Um ein wenig Recherche betreiben zu können, gibt es eine Beschreibung der wichtigsten Örtlichkeiten des Dorfes sowie eine Sammlung von Informationen/Gerüchten, die man aufschnappen kann. Schnell erweist sich, dass der Ort eine düstere Vergangenheit hat, u.a. geprägt vom Verschwinden mehrerer Frauen zur Regierungszeit Retos. Als Informationsgeber dazu können primär die beiden ältesten Bewohner Lichtengrunds gelten, u.a. die Alte Line, die sich als ausgesprochen hilfsbereit erweist.

Sobald die Gruppe tiefere Nachforschungen angestellt hat und einen besonderen Ort aufsucht, nimmt das Abenteuer an Intensität zu und man kann auch auf handfesten Widerstand stoßen, durchaus auch solchen übersinnlicher Natur, wozu ein gewisser Gruselfaktor gehört. Zudem lassen sich nicht alle Hintergrunde auf Anhieb erkennen und können auf unterschiedliche Arten gelöst werden. Für das Finale existieren somit auch zwei verschiedene Alternativen. Im Anhang des Abenteuers finden sich Charaktersierungen der wichtigsten Figuren, sowie eine zeitliche Ereignisübersicht und ein Quellentext zur Geschichte Lichtengrunds.

II. Figuren

Besonders intensiv ist der Kontakt zu Torben Unterhag und seinen drei Kindern Jara, Brin und Luppe. Vor allem die Kinder mit ihren unterschwelligen Sorgen um den Vater können einer Heldengruppe ans Herz wachsen, schließlich geht es um deren Schutz, sie können aber auch relevante Hilfestellungen leisten. Torben selbst ist sehr ambivalent, kann gleichermaßen ein herzlicher Gastgeber und liebender Vater sein, im nächsten Moment aber auch aufbrausend und sogar gefährlich auf seine Umgebung wirken.

Als Auftraggeber fungiert diesmal mit Ulfried ein Perainegeweihter, der zusammen mit der Alten Line so etwas wie die gute Seele des Dorfes zu sein scheint. Weitere Figuren sind vor allem mit der Vergangenheit Lichtengrunds verbunden, zudem werden mehrere Dörfler mitsamt ihrer Wohnorte vorgestellt, mit denen man interagieren kann, wobei diese in erster Linie als Informationsgeber dienen.

III. Kritik

Schon an der Zusammenfassung merkt man, dass es sich in weiten Teilen um ein eher bodenständiges Szenario im dörflichen Umfeld Lichtenfelds handelt. Einschränkend muss man allerdings das Finale etwas ausklammern, in dem die Grenzen von Realität und Traum teilweise aufgehoben werden und das dann auch über ein paar Splatter-Effekte verfügt. Ebenso kann auch die eine oder andere Herausforderung kämpferischer Art hervorgehoben werden, wenn man sich u.a. auch mit Wesen wie Ogern herumschlagen kann.

In Ganzen hat das Abenteuer aber eher einen Einsteigercharakter, indem sowohl die Anforderungen an die Spielleitung als auch die Spieler überschaubar sind. Die Örtlichkeiten sind eingegrenzt auf das Dorf und eine wichtige Außenlokation, gleichermaßen aber gut beschrieben, für den Finalort existiert zudem umfangreiches Kartenmaterial. Gleiches gilt für die Figurenriege, im Wesentlichen hat man es mit der Dorfgemeinschaft zu tun, hinzu kommen nur noch wenige andere NSC, die primär mit dem Finalort verbunden sind. An dieser Stelle hätte ich mir noch ein paar mehr Dorfbewohner gewünscht, bis auf zwei Zentralfiguren werden diese immer nur kurz im Fließtext zu ihren jeweiligen Behausungen erwähnt. So bleibt beispielsweise etwas unklar, ob es eine Art Autorität gibt, die als Konkurrenz oder Unterstützung fungieren könnte, also möglicherweise ein Dorfschulze. Im Rahmen einer Recherche fehlen mir zudem ein paar falsche Fährten, z.B. jemand anderes, den man als Urheber der Geschehnisse in Torbens Gastwirtschaft verdächtigen könnte. Die Geschichte ist insgesamt relativ gradlinig aufgebaut, allerdings ergeben sich die meisten Schritte recht logisch Das Finale bietet natürlich eine gewisse Herausforderung und sticht auch eindeutig in Sachen Dramatik aus dem Rest der Handlung heraus, ebenso erscheint mir alles logisch miteinander verknüpft, zusätzlich gibt es nützliche Hilfestellungen wie den Zeitplan der Ereignisfolge.

Die Machart des Abenteuers ist unterm Strich gelungen, v.a. was den generellen Aufbau und die Grundidee angeht. Das Layout wirkt stellenweise etwas unrund, wenn z.B. Absätze nicht korrekt gesetzt sind, zudem hätte ein weiterer Korrekturdurchgang in Sachen Rechtschreibung nicht geschadet (umgekehrt muss man natürlich klar sagen, dass das aus meiner Sicht kein relevantes Kriterium für ein kostenfreies Fanwerk ist). Auffällig sind außerdem die gut gemachten Karten.

Überzeugen kann vor allem die gelungene Atmosphäre, die sehr unterschiedliche Kontraste setzt: Oft wirkt es eher beschaulich, wenn man sich in Lichtengrund aufhält und mit den Bewohner*innen interagiert. Dafür sucht man auch unheimliche Orte auf, die sich dann auch wirklich als gefährlich entpuppen und das eigentliche Geheimnis, das den Ort und die Protagonisten umfängt, hat – wie schon angesprochen – durchaus einen gehörigen Horroranteil, was auch generell für die Hintergrundgeschichte gilt, die sich den Held*innen im Laufe des Abenteuers nach und nach erschließen dürfte.  

IV. Fazit

Auf kleiner Flamme ist ein gelungenes Fanwerk, das ich vor allem als ein passendes Einsteigerabenteuer einordnen würde. Die Handlungselemente sind eher bodenständig und überschaubar, allerdings erschließen sich im Laufe der Zeit immer mehr atmosphärische Elemente, die eher ein Gruselabenteuer entstehen lassen. Wie immer bei Fanwerk verzichte ich auf eine abschließende Punktwertung      

3 Kommentare

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