Ein erster Blick in die Finsterwacht

Vorbemerkung: Gefühlt komme ich derzeit ja aus dem Auspacken von dicken Paketen gar nicht mehr heraus. Nachdem vor zwei Wochen die Ära des Goldenen Kaiser ausgeliefert wurde, habe ich am vergangenen Freitag nun die Finsterwacht-Box erhalten. Diese kommt etwas außerhalb der „normalen“ Lieferungen, handelt es sich doch um ein bemerkenswertes gemeinsames Projekt von Ulisses Spiele mit der Band Saltatio Mortis, die einen veritablen DSA-Hintergrund hat. Das Ergebnis ist die außergewöhnliche Kombination aus einem Konzeptalbum und Bänden aus der Welt von DSA. Als jemand, der musikalisch wirklich völlig unbefleckt ist, hat mich das zunächst etwas überrascht, aber natürlich ist das auch aus meiner Sicht eine sehr spannende Kooperation. Bevor ich mich den einzelnen Produkten im Details widmen werde, möchte ich auch hier in diesem einführenden Artikel eine kurze Übersicht über die Bestandteile geben und dies mit meiner Erwartungshaltung verbinden.

Was ist drin im Paket?

Auf den ersten Blick unterschiedet sich das Gesamtpaket nur wenig von normalen Ulisses-Publikationen wie z.B. einer Regionalspielhilfe. Von der Optik her entspricht die Box diesen, gleiches gilt für die Bandaufmachung im Stil der Sonderausgaben (also indem das Abenteuer kein Bildcover hat). Im Wesentlichen sind drei Kernprodukte enthalten: Das Konzeptalbum Finsterwacht als CD, der Roman Die Feuer der Finsterwacht und der Abenteuerband Der letzte Sieg der Schwänin. Die Besonderheit dabei ist, dass alle Elemente kombiniert eine zusammenhängende Geschichte über die sogenannte Finsterwacht erzählen sollen, eine Gruppe von Wachtürmen am Finsterkamm-Gebirge, die die dort lebenden Menschen vor den Angriffen der Orks warnen sollen.        

Im Zentrum des Ganzen aus Sicht der Band und ihrer Fans steht sicherlich das Album Finsterwacht. Dies besteht aus insgesamt 11 Stücken, wobei bei einer ganzen Reihe externe Unterstützung hinzugekommen ist und andere Künstler*innen zusammen mit Saltatio Mortis kooperiert haben. Auffällig ist zudem, dass zwei der Tracks englische Titel haben. Der CD ist ein kleines Booklet-Heft hinzugefügt mit den Texten aller Einzeltitel.

Die Feuer der Finsterwacht ist ein Roman von 400 Seiten Umfang, verfasst von dem DSA-Urgestein Bernhard Hennen und seinem Mitautor Torsten Weitze. Darin wird die Geschichte der horasischen Schmugglerin Haldana und ihres zwergischen Begleiters Gramosch erzählt, die zusammen mit der Spielmannstruppe Totentanz zu den Türmen der Finsterwacht unterwegs sind, um dort Gerüchten einer neuen Gefahr nachzugehen.

Den Rollenspielanteil fügt zuletzt der 82seitige Abenteuerband Der letzte Sieg der Schwänin von Sebastian Thurau, Nikolai Hoch und Gunter Kopf hinzu. Im Wesentlichen besteht der Band aus dem titelgebenden Soloabenteuer, in dem man entweder mit dem Barden Alea oder der Ritterin Farnlieb in den Wäldern Weidens unterwegs ist. Außerdem ist mit dem Szenario Das Übel im Tauberwald noch ein kurzes Gruppenteuer beinhaltet. Ergänzend zu dem Abenteuerband finden sich in der Box 4 Charakterbögen (für Alea und Farnlieb – die beiden Charaktere aus dem Soloabenteuer – sowie Haldana und Grambosch, die man ihm Roman auf ihrer Reise begleiten kann). Neben den DSA5-Werten sind jeweils eine Illustration und eine kurze Hintergrundgeschichte vorhanden. Weiterhin wurden der Box noch ein Finsterwacht-Würfelset (3W20 und 2W6) und Autogrammkarten der Band hinzugefügt.

Erste Eindrücke und Erwartungen

Sicherlich ist das Paket mit „nur“ drei Kernprodukten etwas schmaler als z.B. das, was mich beim Erscheinen einer neuen Regionalspielhilfe oder einem Ulisses-Crowdfunding erwartet. Auffällig ist aber direkt die wertige und homogene Optik aller Inhalte, in schwarz-gold gehalten, mit einem DSA/Saltatio Mortis-Finsterwacht-Logo.

Sehr klar erkennbar ist auch der Verknüpfungsgedanke, der dahinter steckt. Im Abenteuerband wird sogar eine Reihenfolge vorgeschlagen, indem man sich zunächst das Album anhören, dann den Roman lesen und sich folgend in das Soloabenteuer stürzen soll, um dann zuletzt das Gruppenabenteuer zu spielen. Das wirkt vom Konstruktionsgedanken sehr durchdacht und wird sicherlich ein zu bewertendes Element meiner folgenden Rezensionen sein.         

Die Gesamtidee gefällt mir auf Anhieb sehr gut, gerade auch, weil die Band hier ein außergewöhnliches Experiment angeht mit dieser Form eines Konzeptalbums, immerhin sind ihre Fans wohl eher zum kleineren Teil enger mit DSA vertraut, sondern primär an der Musik interessiert.  Somit betrachte ich die beiden Bände als ein sehr spannendes „Anhängsel“. Vor allem sticht hier klar erkennbar der Gedanke einer niedrigschwelligen Einführung in die Welt von DSA und Aventurien hervor, indem den Rollenspielkern ein Soloabenteuer bildet, das man eben auch allein und ohne große Vorkenntnisse spielen kann. Dieses enthält zusätzliche Regelerläuterungen in Form von teils sehr ausführlichen Infokästen (z.B. zum Kampf oder Fertigkeitsproben), um die Spieler*innen an die Hand zu nehmen. Trotzdem kann man mit dem Szenario auch noch zu dem Hauptfokus von DSA vorstoßen, dem gemeinsamen Rollenspiel. Dafür sind mit den 4 ausführlichen Heldenbögen und den Würfeln im Prinzip alle benötigten Mittel vorhanden, zusammen mit den Regelerläuterungen aus dem Solo benötigt man eigentlich nur die Box selbst, um erste Schritte zu wagen, die Hintergrundgeschichte liefern der Roman und das Solo. Somit wird hier auch eine relevante Fragestellung sein, ob die Box sich als Einsteigerprodukt bewähren kann. Mit der erweiterten Reichweite der Band erscheint es immerhin nicht unrealistisch, dass sie auch vermehrt in die Hände von Menschen gerät, die bislang gar keine Rollenspielerfahrungen haben.

Optimistisch stimmt mich zudem, dass man u.a. mit Bernhard Hennen einen Autor gewonnen hat, der nicht nur viel DSA-Erfahrung hat, sondern zuletzt mit der Phileasson-Saga bewiesen hat, dass er Aventurien auch erfolgreich massenkompatibel präsentieren kann, wie viele Bestsellerplatzierungen belegen. An dem Soloabenteuer ist mit Sebastian Thurau außerdem derjenige beteiligt, der auf diesem Sektor mit Abstand die beste und breiteste Expertise hat. Auch Saltatio Mortis kann man die Identifikation mit DSA unbesehen abnehmen, ist doch mit Gunter Kopf ein Mitglied auch inhaltlich am Abenteuerband beteiligt, der in der Vergangenheit schon sein Können unter Beweis gestellt hat, u.a. als Mitautor des hervorragenden Abenteuerbandes Die unsichtbaren Herrscher.

Alle drei Kernprodukte werde ich mir in den kommenden Wochen genau anschauen bzw. anhören. Derzeit plane ich sogar, mich an eine Besprechung des Albums heranzuwagen, muss aber direkt einschränken, dass dies sicherlich nicht aus einer dezidierten musikalischen Perspektive stattfinden kann, da ich diese schlichtweg nicht habe, sondern eher aus der Sicht des Rollenspielers, der hier von außen ein paar Eindrücke schildert, z.B. zum Verknüpfungsaspekt oder den Inhalten der Liedtexte. Dabei ist meine Anspruchshaltung aber mitnichten, dass ich jetzt ganz viele DSA-Experteninhalte erwarte, immerhin ist es völlig klar, dass eine Band sich v.a. an den Wünschen ihres Kernpublikums orientieren muss. Anders sieht dies mit den beiden Bänden aus, die ja explizit die Überleitung zu Aventurien und DSA leisten sollen.           

3 Kommentare

  1. Vielen Dank für die Rezension,
    da ich kein großer Fan von Soloabenteuern bin, aber ein großer von der Finsterwacht, meine Frage:
    Wäre es deiner Meinung nach leicht möglich aus dem Soloabenteuer auch ein Gruppenabenteuer zu machen? Vielleicht auch mit Einflüssen aus dem Buch?
    Viele Grüße

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    1. Was die Frage angeht, muss ich dich mit einer Antwort noch etwas vertrösten. Da hier anders als bei den regulären DSA-Produkten kein Vorab-PDF versendet wurden, konnte ich noch nichts vorab sichten und habe derzeit nur das Album schon gehört und Teile des Romans gelesen, das Solo hab ich nur für die Vorab-Eindrücke in diesem Artikel ganz kurz durchgeblättert, bis zu der Rezi wird es noch etwas dauern.

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  2. Also für mich als (Symphonic) Metal Fan ist hier ein Jugentraum in Erfüllung gegangen. DSA derart in einer AAA Musikproduktion gefeatured zu sehen inkl. Videoveröffentlichung auf Youtube, gemeinsamer Single mit Faun und einem Choral zu Ehren der Göttin Rondra in einer weiteren Singleauskopplung ist einfach der Wahnsinn. Für mich das (bisherige) Highlight im Kontext 40 Jahre DSA. Danke an Saltatio Mortis + Management, das „Risiko“ einzugehen und Danke an die DSA Redaktion und alle an der Umsetzung Beteiligten. Tolle Idee, tolle Umsetzung und tolle Produktqualität. Auch Preisleistung – wenn mal alle Komponenten wertschätzt – fantastisch!

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