Rezension: Hexenzunder

Vorbemerkung: Vergleichsweise unbemerkt ist vor Kurzem ein neuer DSA-Roman erschienen. Unbemerkt deshalb, weil die nicht kanonischen Romane von Fanpro bzw. dem Blitz-Verlag in eher kleiner Auflage erscheinen und über keine allzu frequentierte Homepage verfügen. Das ist insofern schade, als dass dort durchaus Lohnendes entsteht. Im Falle von Hexenzunder von Markus Pavlovic gilt beispielsweise, dass hier eine Fortsetzung von Hexenrad vorliegt, ein Roman, den ich vor einem Jahr sehr positiv besprochen habe. Demzufolge bin ich sehr gespannt, wie dieser zweite Band einzuordnen ist, auch weil er anscheinend deutlich anders aufgebaut ist als sein Vorgänger, welcher mit 500 Seiten ein ziemlicher Wälzer war, der dementsprechend auch eine Reise quer durch Aventurien enthält. Hexenzunder verfügt nur über knapp die Hälfte an Seitenplatz. Demzufolge ist eine kleinformatigere Geschichte zu erwarten, trotzdem allerdings mit denselben Protagonisten, wie das Cover verrät.

In Zahlen:

– 252 Seiten

– Preis: 18,95 Euro

– Erschienen am 14.5. 2024

I. Aufbau und Inhalt      

Wie schon in Hexenrad stehen erneut die beiden Hexer Yagan Nachtwind und Xerox Nebelkralle im Zentrum der Geschichte. Allerdings beginnt die Geschichte diesmal deutlich gemütlicher als der Vorgänger (dort findet sich gleich auf den ersten Seiten die erste Leiche). Hier hingegen befinden die beiden sich in der wohl gemütlichsten Region Aventuriens, dem Kosch und suchen zudem auch noch einen ausgesprochen freundlichen Gastgeber auf, Nirwulf, Sohn des Negromon, den Obersten Richter der Hügelzwerge. Für diesen sollte Yagan eine Erstausgabe eines besonderen Buches beschaffen, aber eben nicht diejenige eines mächtigen Zauberfolianten mit allesverderbenden Ritualformeln, sondern die eines Sagenbuchs mit dem sperrigen Titel Ausführliche Beschreibung des Kosch, allerlei wunderlichen Orten wie Wesen. Ganz so beschaulich geht es folgend aber nicht weiter, denn Nirwulf offenbart ihnen, dass er das Buch aufgrund einer bestimmten Passage haben wollte, in der ein altes Übel beschrieben wird, das vor Urzeiten im Koschgebirge eingesperrt wurde. Nach dem Wüten des Alagrimm befürchtet Nirwulf nun, dass es sich um eine ähnliche Gefahr handeln könnte und besagtes Sagenbuch als Wegweiser dorthin verwendet werden kann. Allerdings kommt es noch in derselben Nacht überraschend zu einem Diebstahl, bei dem exakt die notwendigen Seiten des Buchs entwendet werden. Allerdings gelingt es mithilfe von Xerox und Yagan die entsprechende Route aus der Erinnerung zu rekonstruieren.

Auf Bitten Nirwulfs machen die beiden sich demzufolge ins Koschgebirge auf, um einerseits herauszufinden, was es mit den in der Geschichte beschriebenen Feuerwischen genau auf sich hat und andererseits um die Diebe zu verfolgen. Am Zielort angekommen, werden sie tatsächlich Zeuge, wie ein altes Übel freigesetzt wird, allerdings ein völlig anderes, als es die Sage erwarten ließ. Zusammen mit der Hexe Korvinna und der Praiosgeweihten Arin Morgenglanz müssen sie sich Gegnern stellen, die ihnen übermächtig erscheinen.

Figuren

Im Mittelpunkt stehen erneut Yagan und Xerox, die ein sehr ungleiches Paar darstellen. Gemeinsam ist ihnen beiden die innige Liebe zueinander, die sie allerdings auf sehr unterschiedliche Weise zeigen, was auch ihren jeweiligen Charakter widerspiegelt. Xerox agiert meist empathisch und bedächtig, ist der Ruhepol des Duos. Yagan hingegen handelt oft aus dem Bauch heraus und will mit seiner Tatkraft die Probleme angehen, wird diesmal zudem immer wieder von merkwürdigen Visionen einer alten Frau heimgesucht.

Ihnen bei steht mit Korvinna eine weitere Hexe, die sich mit den falschen Freunden umgeben hat und demnach zunächst eine Antagonistin ist, aber schnell registriert, dass die beiden anderen Hexer wichtige Verbündete sind, um das von Korvinna ausgelöste Unheil zu stoppen. Gerade ihre Fähigkeiten als Mystikerin ergänzen die der beiden anderen Magiewirker gut.

Eigentlich gar nicht zu diesem Trio passt das letzte Mitglied der neuen Abenteuergruppe/Zweckgemeinschaft, steht Arin als Praiosgeweihte doch Hexen normalerweise misstrauisch bis offen feindlich gegenüber. Dennoch entdeckt sie hinter ihren antrainierten Dogmen mehr und mehr ihr Mitgefühl als eigentliche Stärke, muss sich dabei aber ihrerseits gegen alte Verbündete wenden.        

Interessant ist der Rückgriff auf Nirwulf als Auftraggeber, eine sehr alte Figur in der DSA-Historie, die aber schon seit sehr langer Zeit nicht mehr in Publikationen genutzt wurde. Der oberste Hügelzwerg entspricht dabei durchaus dem Klischee des gemütlichen, hobbitartigen Zwerges, allerdings wird sein Denken von der Sorge um seine Mitmenschen bestimmt.

III. Kritik

Wie schon beim Vorgänger gefällt mir die Handlung, in die die beiden ungleichen Helden geworfen werden. Der Reiz dabei ist erneut, dass Yagan und Xerox nicht unbedingt Bilderbuchhelden sind. Gerade der eher introvertierte Xerox entspricht dem nicht unbedingt, auch weil er sich gerne im Hintergrund hält. Eher gilt dies für Yagan, der allerdings ohne seine Mitstreiter seine Fähigkeiten als kompetenter Kämpfer und Einbrecher nicht allzu wirkungsvoll entfalten könnte. Dazu passt auch die eher bedächtige Anbahnung der Handlung, die nicht unbedingt allzu große Dramatik erwarten lässt. Sehr geschickt ist dabei die märchenartige Geschichte eingesetzt worden, die als Auslöser fungiert. Vor allem ist hierin ein spannender Handlungstwist verborgen, wenn man später registriert, was deren eigentliche Bedeutung ist und wer sich wirklich hinter der Bezeichnung Feuerwisch verbirgt.

Daraus entsteht ein unterhaltsamer Antagonismus, wenn die Handlung plötzlich zweigeteilt wird und man einerseits die Mission der oben beschriebenen positiven Heldengruppe verfolgt und andererseits auch einer zweiten Gruppe folgt, die ungleich finstere Ziele hat, dabei aber voller Überzeugung ist, im Namen von Recht und Gerechtigkeit zu handeln. Zumal hier auch eine Verbindung zur Historie Aventuriens vorhanden ist und die moralischen Abgründe der Priesterkaiserzeit plötzlich in die Gegenwart zu gelangen drohen. Um dieser Gefahr Herr zu werden, finden Yagan und Co. wie im Vorgänger ihre eigenen, unkonventionellen Mittel. Dabei werden wiederum die Hexen und ihre besondere Kultur passend in den Mittelpunkt gestellt, diesmal im Kontrast zu dem umgekehrten Beispiel einer fanatischen Auslegung des Praiosglaubens. Somit ergibt sich auch eine spannender Konfrontation in mehren Akten, bei der mir zudem gefällt, dass die Gegner keine namenlosen Figuren sind, sondern immer wieder selbst als Perspektivfiguren verwendet werden.

Etwas irritiert mich allerdings die im Roman ständig verwendete Überhöhung der Gefahr, die von ihnen ausgehen soll, da mehrfach von einer Bedrohung für ganz Aventurien die Rede ist. In letzter Konsequenz handelt es sich aber um ein halbes Dutzend versprengter Irrgeleiteter, die im wahrsten Sinne des Wortes aus der Zeit gefallen sind. Zwar mögen sie als Geweihte oder Kämpfer durchaus individuell starke Gegner verkörpern, im Ganzen sind sie aber doch eine stemmbare Herausforderung, auch weil sie unfähig sind, sich in ungewohnter Umgebung zu assimilieren und neue Anhänger zu finden, was sie gleich mehrfach unter Beweis stellen, auch weil sie ständig ihre Kräfte aufsplitten und sich damit selbst schwächen (was meiner Meinung nach etwas überstrapaziert wird). Eine Neuausrichtung der Praioskirche hin zu einer rückständigen Machtausübung erscheint auf Basis der beschriebenen Geschehnisse unrealistisch. Das senkt bei mir nicht das Lesevergnügen, hätte aber in der Umschreibung etwas reduzierter sein können. Eine lokale Bedrohung für die Menschen des Koschs – denn das liegt hier auf jeden Fall vor – ist aus meiner Sicht ein genauso legitimer Mittelpunkt eines Romans, zumal er ja den Vorgaben dieser Reihe nach ohnehin nichtkanonisch sein muss.

Grundsätzlich nicht stört mich der geringere Umfang, die Geschichte ist passend reduziert, indem zeitlich und räumlich in viel kleineren Dimensionen agiert wird. Damit ist die Geschichte zwar dementsprechend kleinformatiger, wirkt aber auch deutlich dichter. Bis auf kleinere Verweise finden sich außerdem nicht allzu intensive Verweise auf Hexenrad, so dass die Handlung auch ohne Kenntnisse des ersten Romans verständlich ist.  

Einen nicht-inhaltlichen Kritikpunkt stellt für mich die Preisgestaltung dar. Mir ist völlig klar, dass diese auch davon bestimmt ist, dass hinter der Publikation ein Kleinverlag steht und dass eine Produktion in einer kleinen Auflage eine kalkulatorische Herausforderung ist. Dennoch mutet es merkwürdig an, wenn der vor gut einem Jahr erschienene Vorgänger ziemlich exakt den doppelten Seitenumfang hat, aber der gleiche Preis dafür aufgerufen wird. Hier sollte der Verlag in Zukunft noch einmal darüber nachdenken, wie das ausgewogener gelingen kann. Das ändert aber nicht daran, dass mir Hexenzunder das Geld absolut wert ist, wenn ich die gebotene Unterhaltung dem gegenüberstelle.

IV. Fazit

Hexenzunder ist eine gelungene Fortsetzung des Vorgängers Hexenrad. Im Prinzip wird mit den sympathischen Protagonistenduo auf eine ähnliche Stärke gesetzt, allerdings im Rahmen einer kleinformatigeren, dichteren Handlung, die auch den Gegnern ein sehr konkretes Gesicht verleiht. Die zu bekämpfende Bedrohung wird allerdings für meinen Geschmack stellenweise etwas überhöht dargestellt.      

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