Rezension: Kompendium der Goldenen Kaiserzeit

Vorbemerkung: Auch zum Hal-Crowdfunding ist einiges an Zusatzmaterial erschienen. Allerdings war auch diesmal die Entscheidung (erfreulicherweise), hier einen klaren Fokus zu setzen und Ziele in Form von Zusatztexten zu setzen, die allesamt in einem Band zusammengefasst wurden. Somit ist das Kompendium der Goldenen Kaiserzeit entstanden, tatsächlich auch der dickste Band des Crowdfundings, der verschiedene Ergänzungstexte zum Hauptband hinzufügt, die sich vornehmlich am Spieltisch nutzen lassen.

In Zahlen:

– 160 Seiten

– Preis: 44,95 Euro

– Erschienen am 28.5. 2024

I. Aufbau und Inhalt

Im Kern sind drei verschiedene Textarten standen: Dabei handelt es sich um acht Ortsbeschreibungen, acht Kurzabenteuer (6 Gruppen- und 2 Soloabenteuer) sowie drei Kurzgeschichten. Allesamt sind als Ergänzungen zu Ära des Golden Kaisers als Hauptband gedacht, d.h. in den Texten wird davon ausgegangen, dass man diesen Band auch besitzt.

Die Ortsbeschreibungen

Anni Dürr hat sich der Beschreibung Baronie und Burg Balderweith angenommen. Diese Baronie wird als vakant gesetzt und kann somit in den Besitz eines Spielercharakters übergehen, z.B. als Belohnung für herausragende Taten für das Kaiserhaus. Dazu wird zunächst auf die allgemeinen Rahmenbedingungen und auf die Geschichte des Ortes eingegangen. Folgend werden die Nachbarorte und deren Machthaber vorgestellt. Dann werden die Orte Balderweiths selbst berücksichtigt, die sich z.B. darin unterscheiden, dass im einen Ort eher Viehzucht, im anderen eher Bergbau betrieben wird. Detaillierter wird dann die Burg Balderweith (später Ogertrutz) geschildert, mit einer Karte, Raumbeschreibungen und Charakterisierungen der wichtigsten NSC. Zudem werden einige wichtige Ereignisse und Abenteueraufhänger hinzugefügt. Eine Besonderheit ist auch hier der Ogerzug, der in der Baronie für Einschnitte sorgt, z.B. durch Zerstörungen oder Flüchtlingsbewegungen.

Folgend liegt der Fokus auf drei Magierakademien, die insofern eine gesonderte Berücksichtigung verdienen, weil es sie in der aventurischen Gegenwart nicht gibt oder sie an einem anderen Ort stehen. Konkret handelt es sich dabei um die Beschreibungen Die Akademie Schwert und Stab zu Beilunk (von Thorsten Most), Die Bannakademie zu Ysilia (von Diana Rahfoth und Rafael Knop) und Die Akademie zu Mendena (von Lars C. Rothkirch). Das Darstellungsschema ist grundsätzlich gleich: Zunächst erfolgt eine stichwortartige Basisbeschreibung, der sich eine kurze Geschichte der Akademie anschließt, bevor die Räumlichkeiten in Form eine Rundgangs erschlossen werden (in Addition ist immer eine Karte vorhanden). Eine wichtige Rolle spielen die zentralen NSC. Ebenso wird das Leben in der Lehranstalt ausgeführt, meist im Form eines Tagesablaufs. Zudem sind Geheimnisse und Szenarien als konkrete Spielanlässe relevant. Zuletzt erfolgt das Professionspaket für Abgänger*innen der Akademie. Manchmal werden auch Veränderungen innerhalb der Epoche relevant, z.B. im Fall von Ysilia, dort unterscheidet sich die Akademie in Ysilia drastisch in ihrem Erscheinungsbild vor und nach dem für die Stadt verheerenden Ogerzug.

Dasselbe Aufbauschema wird auch in den folgenden Artikeln verwendet, allerdings berücksichtigen diese Orte, die es auch heute noch gibt, allerdings wird eben der Zustand der Hal-Zeit angeführt. Zweck dieser Ortsbeschreibungen ist in der Regel die Ergänzung der anderen Bestandteile des Crowdfundings oder der Kurzabenteuer dieses Bandes, indem die Örtlichkeiten dort verwendet werden. Konkret handelt es sich um Burg Rabenmund, Stammburg des Adelshauses (von David Lukaßen), Galottas Insel (von Anni Dürr und Rafael Knop), Ein Borbaradianerkloster (von Anni Dürr) und Die Neue Residenz (von Matthias Kalupner und Jens Marx).

Die Abenteuer

Kaiserjagd (von David Lukaßen) versetzt die Heldengruppe auf ein Jagdereignis auf Burg Rabenmund, an dem auch Kaiser Hal teilnimmt. Allerdings scheint merklich Gefahr für den Kaiser in der Luft zu liegen und somit gilt es, die Personen und Ereignisse genau zu beobachten, zumal es alsbald einen ungeklärten Todesfall gibt. Dazu wird vor allem die anwesende Jagdgesellschaft beschrieben, ebenso gibt es einen Zeitablauf und die grobe Skizzierung der möglichen Geschehnisse.

Ein Wiedersehen mit dem legendären Magister Rakorium Muntagonius verschafft uns Anni Dürr in Auf Schuppenspuren. Hier gilt es, eine Expedition Rakoriums nach Maraskan zu begleiten. Nach der Überfahrt und der Landung in Tuzak handelt es sich im Wesentlichen um eine Schauplatzbeschreibung der Stufenpyramide, in der der Magister ein mächtiges echsisches Artefakt vermutet. Dazu werden die Ebenen der Pyramide vorgestellt, natürlich inklusive der Herausforderungen, die dort auf Eindringlinge warten.

Das Eiserne Siegel von Wolf-Ulrich Schnurr schließt lose an die Ereignisse des allerersten Abenteuers Im Wirtshaus zum Schwarzen Keiler an, vor allem durch die Gestalt des Auftraggebers, des Grafen Baldur Greifax von Gratenfels. Dieser befindet sich in seiner Funktion als Bewahrer des Reichssiegels in einer peinlichen Situation, denn eine Kopie des Siegels ist ihm abhandengekommen und deren missbräuchliche Verwendung soll verhindert werden, wozu der Graf nur auswärtigen Personen sein Vertrauen schenken mag. Somit ergibt sich ein Rechercheabenteuer, in dem die Gruppe einer Informationskette folgen muss, beginnend mit der Werkstatt, in der Baldur Greifax die Kopie anfertigen lassen hat.

Nach Maraskan führt Blutende Lilie von Thorsten Most. Dabei wird die Situation in Tuzak nach dem erfolgten Aufstand aufgegriffen, wobei die anfängliche Euphorie längst wieder verflogen ist und stattdessen die Sorgen wachsen angesichts der Erfolge des nahenden Heers der Kaiserlichen. Die Heldengruppe trifft dabei auf die Flüchtlinge Madajiin und Xanjida. Diese suchen Unterstützung, um frevelhafte Versuche unterbinden zu können, mit denen einige verzweifelte Maraskaner Hals Armee aufhalten wollen. Letztlich führt dies zu einem Kampf gegen einen sehr mächtigen Gegner.

Der erste Hoftag

Das Soloabenteuer von Anni Dürr setzt voraus, dass man unlängst die Baronswürde von Balderweith angenommen hat und deswegen am kaiserlichen Hoftag zu Gareth 996 BF teilnimmt. Dort angekommen, muss man sich zunächst einmal orientieren und kann jede Menge Kontakte knüpfen, um auf die anstehenden Entscheidungen Einfluss zu nehmen. Dazu gibt es ein Protokoll, indem man alle Handlungen festhalten kann und die dann am Ende ergeben, wie viele Abenteuerpunkte man erhält und ob es zuletzt sogar gelingen kann, in der Adelshierarchie noch weiter aufzusteigen.   

Die Träne der Eorcaidos

Mit den Folgen des Abfalls Araniens vom Mittelreich setzt sich das Szenario von Bernd Gädke auseinander. Der dem Reich treue Pelion Eorcaidos von Aimar-Gor hat seine Heimat überstützt verlassen müssen und sucht nun Söldlinge, die statt seiner in dessen Heimat reisen, um dort das Familienjuwel des Haus Aimar-Gor wiederzubeschaffen. Dazu müssen sie zunächst die Reise nach Aranien auf sich nehmen, um dort in einen Palast einzudringen. Erschwert wird dies durch die Anwesenheit Fürstin Sybias, wodurch die Sicherheitsmaßnahmen erhöht sind. Eine Besonderheit ist, dass es gleich mehrere variable Antagonisten gibt, aus denen die Spielleitung auswählen kann, was wiederum Einfluss darauf hat, was man unternehmen muss, um des Edelsteins habhaft zu werden.      

Nahemas Spiegel

Das Soloabenteuer von Sebastian Thurau spielt im Kontext des großen Turniers in Gareth, das der Spielercharakter ebenfalls besucht. Dabei wird man in ein Gespräch zwischen Stover Stoerrebrandt und Nahema verwickelt, die den Auftrag zu einer kleinen Rätselqueste erteilen. Nur mit Nahemas Handspiegel und einem Rätselspruch ausgestattet, soll man in der Umgebung des Turnierplatzes die gestellten Rätsel lösen. Die folgenden Begegnungen muten mitunter kurios an, weisen zudem teilweise Verbindungen zu Die Verschwörung von Gareth auf.  

Hylailer Feuer

Um das titelgebende, an Zerstörungskraft reiche Hylailer Feuer geht es in dem Abenteuer von Wolf-Ulrich Schnurr. In Rethis werden die Helden Zeuge eines Angriffs auf einen jungen Mann, der von Soldaten getötet wird. Bei ihm entdecken sie ein Pergament mit brisanten Informationen, die sie zunächst entschlüsseln müssen. Anschließend gilt es, die Frage zu beantworten, wie man damit umgeht, denn immerhin konkurrieren mehrere Interessensgruppen darum.

Die Kurzgeschichten

Die Kurzgeschichten sind zuletzt eng verbrunden mit den anderen Bänden der Ära des Goldenen Kaisers und gewähren einige andere Perspektiven auf manche Ereignisse. Ewige Wachsamkeit von David Schmidt beschreibt dabei ein Gespräch zwischen Dexter Nemrod und seinem Assistenten Bosper Sonnfelder, indem Nemrods verbissene und unermüdliche Arbeit zum Schutz des Reiches thematisiert wird, gerade auch angesichts des drohenden Abfalls mehrerer Provinzen, was quasi ein Vorspiel zum Settingabenteuer Preis der Freiheit ist. Nemrods großen Konkurrenten Answin von Rabenmund setzt wiederum David Lukaßen in Rabenmunder Ränke in Szene, worin es u.a. um die Neubelehnung von Balderweith geht. Königreich der letzten Tage von Thorsten Most fungiert zuletzt als unmittelbare Vorgeschichte des Abenteuers Blutende Lilie und beschäftigt sich mit der Motivation des dortigen Antagonisten.   

II. Kritik

Ganz grundsätzlich bleibt festzuhalten, dass das Kompendium eine ausgesprochen wichtige Funktion innerhalb des Crowdfundings einnimmt, indem die allgemeine Anlage der anderen Bände hier mit einer gewissen Breite in der konkreten Spielbarkeit ausgestattet wird. Wie auch bei allen anderen Bänden von Ära des Goldenen Kaisers ist hier der Fokus sehr selektiv gesetzt, mit dem Hauptaugenmerk auf die Geschicke des Mittelreichs.

Bei den Schauplätzen finden sich natürlich einige bekannte Klassiker, die auch schon in Abenteuern verwendet wurde, z.B. die Burg Rabenmund und Galottas Insel, beides Orte, die man vor allem als Antagonist aufsuchen kann. Theoretisch reichen beide schon aus, um darum ein Abenteuer zu weben (Galottas Insel ist ja beispielsweise auch im Klassiker Mehr als 1000 Oger das Zentrum des Abenteuers). Dies wird noch erweitert um das „neue“ Borbaradianerkloster. Als sehr reizvoll empfinde ich die drei Magierakademien, die als in dieser Form nicht mehr existente Institute das bekannte Spektrum noch einmal erweitern, für alle sind ja auch die entsprechenden Professionspakete vorhanden. Die neue Residenz halte ich als Schauplatz insofern für sehr relevant, als dass die Abenteuer dieser Zeitepoche einer Heldengruppe deutlich mehr Möglichkeiten geben, für die Führungskreise des Reichs direkt tätig zu sein, womit es als Kulisse für eine Abenteueranbahnung genutzt werden kann (aber gleichermaßen natürlich auch für einen Spionageauftrag, wenn man die Residenz denn als echten Abenteuerschauplatz in den Mittelpunkt stellen will). Besonders spannend finde ich den Einbau von Balderweith, das ja insofern einen sehr speziellen Schauplatz darstellt, als dass es u.a. dazu angedacht ist, eine Art Baroniesimulation zu liefern und man somit etablierter Teil des Hal´schen Neuadels werden kann, der ja auch ein prominentes Thema innerhalb der gesamten Bände des Crowdfundings ist.

Die Kurzgeschichten sind aus meiner Sicht jetzt nicht unbedingt der relevanteste Part des Kompendiums und nehmen auch den kleinsten Teil ein, trotzdem empfinde ich sie als nette Beigabe, um einige der Figuren mit mehr Hintergrund auszustatten, zudem sind sie gut mit den anderen Bereichen der Hal-Bände verknüpft.

Als wichtigsten Bestandteil nehme ich aber wie immer die Abenteuer wahr, immerhin ergänzen sie die beiden großen Abenteuer, die es für Ära des Goldenen Kaisers gibt, um einen satten Packen neuer Szenarien. Natürlich muss man dies etwas einschränken, als dass es sich wirklich nur um basale Szenarien handelt, die meist ein grobes Handlungsmuster beinhalten, während die Details dazu noch von der Spielleitung ausgebaut werden müssen. Kaiserjagd löst dies relativ elegant, indem mit Burg Rabenmund direkt ein Schauplatz des Kompendiums verwendet wird. Im Ganzen bewerte ich es auch als das Beste der beinhalteten Gruppenabenteuer, mit der Einschränkung, dass ich die konkrete Umsetzung des Attentats auf der Jagd als recht einfach konstruiert ansehe, umgekehrt gefällt mir die Idee des doppelten Plans. Auf Schuppenspuren mag ich allein schon wegen der Option, mal wieder mit Rakorium auf den Spuren echsischer Verschwörungen unterwegs zu sein. Im Kern steht hier ein Dungeon, das es zu erforschen gilt. Dies ist unterm Strich gleichermaßen simpel in der Konstruktion wie atmosphärisch in der Umsetzung. Das eiserne Siegel hat aus meiner Sicht seinen reizvollsten Moment schon in der Auftragserteilung, indem man dort mit dem mehr als verschrobenen Baldur Greifax verhandeln muss, eine Figur, die man früher noch weitaus intensiver hätte nutzen können. Die folgende Recherchekette ist logisch, allerdings benötigen sie und der Endkampf wirklich noch Ausbauarbeit. Gleiches gilt für Blutende Lilie, das ich von der Grundidee hervorragend finde, besonders wegen der Atmosphäre der Untergangstimmung in Tuzak vor der bevorstehenden Niederlage gegen die kaiserlichen Truppen. Hier ist vor allem der Antagonist eigentlich eine sehr interessante Figur, da seine Motivation Nachvollziehbarkeit und gefährlichen Wahnsinn miteinander vereinbart. Die Träne der Eorcaidos lässt den Abfall von Aranien nochmal in einem besonderen Licht erscheinen, vor allem werden hier Schicksale thematisiert, die durch die Trennung zweier Reiche entstehen können. Die entscheidende Schwäche ist, dass ein solches Heist-Abenteuer deutlich mehr Details benötigt, als es ein bloßes Szenario von 6 Seiten bieten könnte. Hylailer Feuer verwickelt die Heldengruppe etwas unverhofft in einen militärdiplomatischen Zwischenfall, d.h. im Prinzip eine Agentenstory. Hier gibt es sehr variable Lösungen, die ich sehr passend finde, z.B. ob man Geheimnisverrat begeht oder nicht. Allerdings ist auch hier der Szenarioaspekt eben eine Einschränkung, da somit nur wenige Details vorgestellt werden können.       

Die beiden Soloabenteuer zuletzt sind weniger große Abenteuer, bei denen es um Leben und Tod geht, sondern schmücken einige Geschehnisse mit mehr Details aus und lassen diese durch die Spielbarkeit lebendiger wirken. So kann man in Nahemas Spiegel schon vor dem Turnier einige Informationen sammeln, was durchaus humorig geraten dürfte, z.B. wenn man ein Duell mit Raidri Conchobair ausfechten kann, bei dem dieser seinen Weinpokal noch in der Hand hält oder in ein Stelldichein von Alara Paligan hineinplatzen kann. Zudem ist es mit einem netten kleinen Rätsel verbunden. Der erste Hoftag hat einen rein diplomatischen Plot, indem man hier sein Wissen über die Diplomatie bei Hofe erweitern kann und sich selbst ein wenig an einer Diplomatenrolle versuchen kann. Sicherlich alleine deshalb bemerkenswert, weil es ein solches Abenteuer noch nie gegeben hat, umgekehrt aber möglicherweise nichts, was jeden Geschmack trifft, denn eine echte Mission gibt es nicht. Dafür wird hier aus meiner Sicht große Interaktivität gut belohnt.      

III. Fazit

Das Kompendium der Goldenen Kaiserzeit liefert massig Ergänzungsmaterial, das die Bestandteile des Crowdfundings um viele Möglichkeiten ergänzt. Als stärkstes Element nehme ich die Ortsbeschreibungen wahr, die ich für durchweg gelungen halte. Die Abenteuer sind nette Zusatzszenarien, die mehr spielbare Plots liefern, allerdings sind sie alle mit viel Zusatzarbeit für die Spielleitung verbunden, den Kurzgeschichten würde ich mit deutlich weniger Relevanz zugestehen, tatsächlich empfinde ich die rein narrativen Inhalte als weniger gewinnbringend.

Bewertung: 4 von 6 Punkten       

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