Rezension: Puppentanz

Vorbemerkung: Auch wenn ich DSA- und DSK-Produkte immer gerne unterstütze, habe ich das „Refurbished“-Crowdfunding zu Die Schwarze Katze ausgelassen, da es sich ja um keine neue Publikation handelt, sondern letztlich um eine Neuverteilung von bereits existenten Inhalten im Rahmen einer neuen Aufbaustruktur. Eine Ausnahme stellt aber die Anthologie Puppentanz dar, da hierin drei neue Abenteuer für Havena beinhaltet sind, die bislang noch nicht veröffentlicht waren.

In Zahlen:

– 3 Abenteuer

– 48 Seiten

– Preis: 19,95 Euro

– erschienen am 20.2. 2024

I. Aufbau und Inhalt

Insgesamt gibt es drei Abenteuer, die allesamt in Havena angesiedelt sind und natürlich dementsprechend den Fokus auf den Inhalt legen, allgemeine Örtlichkeiten werden nicht beschreiben, da diese ja in der Spielhilfe enthalten sind.

Puppentanz

Das Abenteuer von Florian Geyler ist für die Anthologie titelgebend. Der Puppentanz findet dabei im berühmten Wachsfigurenkabinett von Havena statt, indem dort Merkwürdiges vor sich geht. Plötzlich scheinen die Wachsfiguren ein Eigenleben entwickelt zu haben, stellt man doch morgens fest, dass einige von ihnen andere Positionen einnehmen als am Vortag. Dies führt sogar dazu, dass die Menschen das Kabinett vorübergehend schließen. Aber auch auf die Erwachten hat das Einfluss, konkret auf den im Kabinett lebenden Kater Methus, dem es dort unheimlich geworden ist. Dementsprechend bittet er die Heldengruppe, den Vorkommnisse auf den Grund zu gehen. Dabei bemerken sie schnell, dass sie nicht die einzigen sind, die in das Gebäude vordringen wollen.

Dazu findet sich eine Beschreibung des Inneren des Wachsfigurenkabinetts (inklusive eines ausführlichen Gebäudeplans). Zusätzlich ist ein Tabellenplan mit Zufallsereignissen vorhanden, ebenso eine Schilderung der Hintergründe für die spukähnlichen Zustände. Da die Lösung variabel angelegt ist, finden sich gleich drei verschiedene Finalvarianten.    

Der dunkle Rächer

Philipp Baas arbeitet in seinem Abenteuer mit den bekannten Rapiro Floretti-Geschichten. Anders als bei den Menschen werden diese in der Welt der Erwachten plötzlich Wirklichkeit, als die Held*innen Zeugen eines ausgesprochen waghalsigen Coups werden: Ein maskierter Kater wagt es allen Ernstes, in den Kraken einzudringen, die beliebte Kneipe, die ausgerechnet vom Unterweltkönig Don Gato persönlich betrieben wird und dort in einem großen Auftritt die Kasse zu stehlen. Folgend ergeben sich zwei mögliche Aufträge: Entweder folgen die Spielercharaktere dem Aufruf Don Gatos, ihm gegen Belohnung die Beute wiederzubeschaffen oder sie werden von anderen Erwachten beauftragt, die glauben, in dem Maskierten einen Bekannten wiedererkannt zu haben, der nun des Schutzes der Heldengruppe bedarf. So oder so schließt sich eine kurze Recherche an, um den Dieb aufzuspüren. Gelingt dies, folgt eine moralische Entscheidung, indem man nun entweder dem Gesuchten bei einem weiteren Coup helfen kann oder diesen unterbinden möchte.

Nasser Pelz

Carolina Möbis setzt zuletzt Kaiserin Rohaja, das berühmte Schoßkätzchen und die wichtigste Persönlichkeit Oberflurens in den Mittelpunkt. Von der Allgemeinheit unentdeckt ist diese vor kurzem verschwunden. Da nun aber ein wichtiger öffentlicher Empfang bevorsteht, kann dies nicht länger verborgen bleiben, was aber gravierende Folgen für das Gesellschaftsgefüge haben könnte, da mit ihr das Gegengewicht zu Don Gato fehlt. Somit beauftragt Minzlieb Flauschohr, eine der Hofdamen Rohajas, die Gruppe mit dem Wiederauffinden ihrer Herrin. Auch hierzu ist zunächst eine Recherche vonnöten, die ergibt, dass Rohaja sich an einem Ort befindet, der für erwachte Katzen potentiell sehr gefährlich ist. Somit muss man in ein ungewohntes Umfeld eindringen und mit teils sehr unterschiedlichen Wesen interagieren, was durch einen gewissen Eigensinn Rohajas erschwert wird. Auch hier gibt es ein variables Finale, wobei der Ausgang auch mittelfristige Auswirkungen auf das Machtgefüge der Stadt haben kann.

II. Kritik

Zunächst fällt auf, dass die drei Abenteuer thematisch zwar alle einen Rechercheschwerpunkt haben und im Ganzen mehr Köpfchen als Muskeln verlangt werden, im Ganzen aber sehr unterschiedlich und somit auch abwechslungsreich gestaltet sind. So hat man mit Puppentanz ein Abenteuer im Gruselbereich, während Nasser Pelz in den Bereich search and rescue fällt und Der dunkle Rächer ein wenig an eine Batman-Hommage erinnert. Generell wird zudem immer lohnend auf die Havena-Spielhilfe zurückgegriffen, indem auf spannende Schauplätze und Figuren zurückgegriffen wird, die im Setting exponiert sind.

Puppentanz gefällt mir in der Kombination am besten, da hier das Wachsfigurenkabinett sehr gelungen als Kulisse für den titelgebenden Spuk genutzt wird. Passenderweise handelt es sich aber um keinen harten Horror, sondern um eine eher dezente Form, obgleich die Hintergründe durchaus ernst und tragisch sind. Der Auftraggeber Methus ist eine herrlich weinerliche Figur, der die Gruppe förmlich in den Auftrag hineinredet, das kann sicher den einen oder anderen kuriosen Moment erzeugen. Im Inneren des Wachsfigurenkabinetts sorgt vor allem die gründliche Beschreibung der einzelnen Kulissen dafür, dass man als Spielleitung sehr freie Hand dabei hat, die Spielgruppe mit dem aktuellen Rätsel des Orts zu konfrontieren, zudem hat man mit einer vermeintlichen Konkurrentin auch noch weitere Möglichkeiten, Spannungselemente einfließen zu lassen.

Auch Der dunkle Rächer hat eine sehr originelle Grundidee, die Übertragung der Rapiro Floretti-Geschichten in die Welt der Erwachten ist gut umgesetzt und auf die dortigen Verhältnisse angepasst. Letztlich gilt es einen Übermütigen, der eigentlich nicht ganz die Kragenweite für eine epische Heldenrolle hat, vor seinem eigenen Unheil zu schützen. Wahlweise kann dieser aber auch zeitweise oder vollständig als Antagonist verwendet werden, je nachdem, für welchen Auftraggeber man sich entscheidet. Allerdings ist mir das große Finale viel zu vage verbeigeführt, mir fehlt etwas die Gründlichkeit in der Beschreibung der Umstände. Wenn die Gruppe sich dazu entscheidet, dem Maskierten bei seinem letzten Coup zu helfen, würde ich mir mehr Rahmenbedingungen des Abendablaufs wünschen, um Planung und Durchführung leichter ausspielen zu können.

Nasser Pelz gibt der Gruppe die Gelegenheit, sich die Dankbarkeit einer der führenden Persönlichkeiten des Settings zu verschaffen. Dabei ergibt sich zunächst ein relativ konventioneller Rechercheauftrag, der eben durch die Umstände fordernd wird, in diesem Fall durch die Tatsache, dass sich ihre Spur bis ins Hundeland verfolgen lässt und man sich dort hinein begeben muss, was durch die Anwesenheit auch nur einer einzelnen Katze enorm erschwert wird. Ab diesem Moment wird mir das Abenteuer aber etwas zu unentschlossen, was die Schwerpunkte angeht. Zunächst scheint es um den Umstand zu gehen, dass die verwirrte Rohaja Obdach bei einem Menschen gefunden hat und dort die Gefahr heraufbeschwört, dass dieser ihre wahre Natur entdeckt. Allerdings wird dies durch eine szenisch inszenierte Flucht quasi verworfen und man sucht plötzlich einen ganz anderen Ort auf, an dem sich eine völlig andere Bedrohung ergibt. Hier erscheint mir die Handlungsweise des Antagonisten nicht ganz glaubhaft und auch die denkbare Auflösung (die unter anderem darin bestehen kann, dass er sein geplantes Opfer einfach bedauernd gehen lässt) gefällt mir weniger. Aus meiner Sicht hätte es mehr Sinn ergeben, sich für eine der beiden Konstellationen zu entscheiden und diese dann mit mehr Details und Handlungsoptionen zu versehen.

III. Fazit

Puppentanz ist eine abwechslungsreiche Abenteuer-Anthologie, die den Schauplatz Havena und die dort zur Verfügung stehenden NSC gut ausnutzt. Bei den konkreten Handlungen gefallen mir jeweils die Ausgangssituationen gut, allerdings empfinde ich den weiteren Verlauf nicht immer passend bzw. zum Teil auch zu grob ausgeführt.

Bewertung: 4 von 6 Punkten              

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