Rezension: Das große Donnersturmrennen

Vorbemerkung: Nach und nach werden ja immer mehr der DSA-Klassiker im Neudruck zur Verfügung gestellt. Eines der Abenteuer, auf das ich mich dabei besonders gefreut habe, ist im Dezember des abgelaufenen Jahres erschienen. Das große Donnersturmrennen von Altmeister Hadmar von Wieser ist mir als Spieler noch in sehr guter und lebendiger Erinnerung. Unter anderem weil ein Wettrennen bis dato kein gebräuchlicher Inhalt für ein Abenteuer gewesen ist. Auch hier gilt aber wie immer, dass Nostalgie das eine ist, die Frage, ob ein solches Abenteuer gut gealtert ist, aber etwas völlig anderes.

In Zahlen:

– Abenteuer 17, Erfahrungsstufen 10-15

– 60 Seiten

– Preis: 12,95 Euro

– Erschienen am 14.12. 2023 (im Original 1989)

I. Aufbau und Inhalt

Zunächst werden die allgemeinen Rahmenbedingungen erläutert, also vor allem die Existenz des Donnersturms, eines Streitwagens der Göttin Rondra persönlich. Dieser wird traditionell an besonders verdiente Recken vergeben, um damit im Sinne der Kriegsgöttin zu handeln. Allerdings muss man sich dessen würdig erweisen, womit man diese Ehre eben nicht einfach verliehen bekommt, sondern in einem Streitwagen-Rennen den Sieg davontragen muss. Die jeweiligen Sieger sind dann nach Ablauf von 25 Jahren dazu verpflichtet, ein neues Rennen zu organisieren, um den Donnersturm weiterzugeben. Im Jahr 13 Hal, zum Spielzeitpunkt des Abenteuers, ist es wieder soweit, ein neues Rennen findet statt und der Austragende ist niemals anders als der Heldenkönig Raidri Conchobair, der 25 Jahre zuvor triumphierte.

Dem schließt sich eine Erklärung der Regelmechanismen an, wie man den Rennverlauf darstellen kann, wie man Erfolg und Misserfolg festlegt (inklusive einer Patzertabelle) und wie man Kämpfe auf einem Streitwagen regeltechnisch abhandeln kann. Folgend werden die Konkurrenten vorgestellt. Diese sind unterteilt in drei Gruppen (Favoriten, Mittelfeld und Verlierer). Dazu finden sich Werte aller beteiligten Gespanne (meist aus 1-3 Personen bestehend) und kurze Beschreibungen der NSC mit ihrer Motivation und einigen Charakterzügen. Beteiligt sind unter anderem Prinz Brin persönlich oder Syratus, der bekannteste Wagenlenker aus dem Hippodrom von Gareth sowie Gerborod der Graue, der schon vor 25 Jahren Teilnehmer war, aber auch Exoten wie der Gjalsker Rastar Ogerschreck. Bei den Gespannen fällt die Mischung an verschiedenen Tieren auf, zwar verwenden die meisten Teilnehmer*innen Pferde, es finden sich aber auch Wollnashörner, Riesenratten oder Widder.

Das Rennen selbst wird dann in den einzelnen Etappen beschrieben. Dabei kennt man zunächst nicht die Gesamtstrecke, sondern immer nur das nächste von insgesamt 12 Etappen. Dies geschieht in Form einer Prophezeiung: In der Regel muss man ein kleines Rätsel lösen, das auf einen Geweihten verweist, von dem man wiederum den nächsten Rätselspruch in Erfahrung bringen kann. Dann wird der jeweilige Etappenverlauf skizziert. Einerseits kann es sich um konkrete Ereignisse handeln (z.B. den Ausfall oder die besondere Aktion eines Konkurrenten), zum anderen sind die einzelnen Regionen teilweise von bestimmten Themen bestimmt. Sehr konkret wird dies, solange man durch die Streitenden Königreiche reist, denn just parallel zum Rennen findet ein neuer nostrisch-andergastischer Krieg statt, so dass man immer wieder auf beteiligte Soldaten trifft, was einen sehr unterschiedlichen Verlauf nehmen und somit auch Einfluss auf das Renntempo haben kann. Für einige Gegenden sind auch auswürfelbare Zufallstabellen vorhanden, z.B. für die Orkschädelsteppe.

Letztlich gilt vor allem für die Favoriten, dass für ihren Rennausgang auch narrative Elemente verwendet werden, die dafür sorgen sollen, dass zum Ende hin ein Showdown stattfindet. Für die anderen teilnehmenden Gespanne ist der Ausgang des Rennens hingegen eher offen, so dass sie z.B. auch durch Heldenhand ausfallen können. Sollte die Heldengruppe siegreich sein, erhält sie zuletzt den Donnersturm, der ebenfalls kurz vorgestellt wird. Die Vergabe der Abenteuerpunkte ist hier ein längerer Abschnitt, da viele Einzelaktionen belohnt werden.

II. Figuren

Als Abenteuer der Endachtziger kann man vor allem für das Mittelreich schon auf eine größere Figurenriege zurückgreifen. Gerade bei den Rahmenhandlungen, z.B. vor dem Rennstart, treten dementsprechend auch viele prominente Figuren auf, u.a. Raidri als Ausrichter, aber auch Fürst Cuanu oder Franka Salva Galahan sowie Marschall Udalbert von Wertlingen, dessen Sohn Wagenlenker von Prinz Brin ist.

Für den konkreten Handlungsverlauf sind aber natürlich die konkurrierenden Gespanne maßgeblich, unter denen natürlich Brin herausragt, der hier als sportlich fairer Teilnehmer gekennzeichnet wird. Aus den Beschreibungen ergeben sich unterschiedliche Konstellationen, so finden sich mit Figuren wie Charos Maramek, Baron Zargo von Rathmon oder Heidbert von Hundsfott eher unfaire Gegner, andere wie Syratus oder Gerborod oder die Waldelfe Ariana dürften eher Sympathien gewinnen.

Hinzu kommen noch ein Dutzend Vertreter*innen der unterschiedlichen Kirchen, die als Hinweisgeber für die folgenden Etappen fungieren und die den göttlichen Charakter des Wettbewerbs unterstreichen.    

III. Kritik

Nach wie vor muss man betonen, dass die Grundidee des Abenteuers damals wie heute gelungen ist. Das Thema eines Wettrennens sorgt naturgemäß für eine gewisse Dynamik und beinhaltet eindeutig eine hohe Motivation, was durch den Preis, die Gunst Rondras und den Streitwagen als herausragendes Artefakt massiv verstärkt wird. Zudem ist es hier für die Spielleitung insofern vom Ablauf her klar strukturiert, die Etappenfolge reguliert, wohin sich die Spielgruppe wenden soll, somit liegen Handlungsschienen in diesem Fall sehr elegant aus.

Anders als in vielen anderen Abenteuern der 80er Jahre ist außerdem ein übermäßig großer interaktiver Anteil vorgesehen, die NSC sind nicht einfach ortsgebundene Zwischenbegegnungen, sondern können variabel verwendet werden, die meisten von ihnen sind zudem durchaus ambivalent, da sie einerseits alle Konkurrenten sind, andererseits aber menschlich durchaus sympathisch sein können. Natürlich ist auch in diesem Bereich nicht alles optimal gestaltet, vor allem die Zeichnung des Antagonisten ist für meinen Geschmack viel zu offensichtlich, ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendwer nicht schnell durchblickt, wer hinter den Sabotageakten steckt.

An der Stelle ist die Handlung für mich umgekehrt zu stark gelenkt, indem das Schicksal aller Favoriten klar gesetzt ist und sie nach und nach alle ausfallen sollen, um den effektreichen Showdown am Ende zu ermöglichen. Hier würde ich aus heutiger Sicht ein deutlich offeneres Vorgehen empfehlen, indem man besser allen eine klarere Agenda und ein Verhalten im Rennverlauf zuweist, somit bräuchte man nicht einen Schurken, sondern hätte viele Gegner, die sich aber in der Wahl ihrer Mittel trotzdem voneinander unterscheiden können. Die Trennung in die drei Gruppen halte ich aber trotzdem für eine gute Idee, hier kann man ja auf natürliche Weise trennen, indem höhere Fähigkeiten als Wagenlenker größeren Erfolg auf viele Etappen betrachtet wahrscheinlicher machen.  

Was sicherlich aus moderner Sicht das größte Manko des Abenteuer ist, ist die sehr grobe Beschreibung des Handlungsverlaufs. Eine Etappe, in deren Verlauf eigentlich relativ viel passieren kann/müsste, nimmt in der Regel 1-1,5 Seiten ein, was letztlich sehr skizzenhaft ausfällt. Das liegt zum einen an der Anlage als Reiseabenteuer, immerhin fährt man von Albernia durch die Streitenden Königreiche, die Orkschädelsteppe, die Salamandersteine und einige wichtige Bereiche des Mittelreichs (mit Stationen in Wehrheim und Gareth). Das alles ist mit den Mitteln eines damaligen Abenteuers schwer zu leisten. Heute könnte man dies mit viel mehr Details ausschmücken, vor allem für die Bereiche, für man auf jüngere Regionalspielhilfen zurückgreifen kann. Allerdings erfordert dies natürlich einiges an zusätzlicher Ausarbeitung. In dieser Hinsicht gilt aus meiner Sicht, dass die groben Angaben des Abenteuers auch heute noch eine ordentliche Basis für mehrere spannende Spielabende bieten, allerdings nur, wenn die Spielleitung bereit ist, einiges an Zusatzarbeit zu leisten. Dies ist aber sicherlich nicht als geringfügig einzustufen, da ja außerdem noch einiges an Mikromanagement hinzukommt, wenn man den jeweils aktuellen Rennstand (Wo liegen die Konkurrenten, wo die Heldengruppe?) darstellen will.

IV. Fazit

Das große Donnersturmrennen ist mit seiner Rennthematik ein originelles und forderndes Abenteuer, das vor allem eine breite Figurenriege und viel Interaktion bietet. Die Handlungsdarstellung ist allerdings sehr grob und bedarf viel zusätzlicher Ausarbeitung durch die Spielleitung. Der Verlauf ist an einigen Stellen etwas zu gelenkt, vor allem was das Schicksal der favorisierten Konkurrenten angeht, zudem sind einige Figuren zu offensichtlich in ihrer Ausrichtung gestaltet.

Bewertung: 4 von 6 Punkten              

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