Rezension: Die verlorenen Lande

Vorbemerkung: Neben der Rückkehr Borbarads sind es sicherlich zwei weitere Ereignisse, die ein damals noch fast unschuldiges Aventurien bis ins Mark erschüttert haben: zum einen die Invasion Tobriens (der Grundstein für die Entstehung der Schattenlande) und zum anderen der ungeheuerliche Verrat von Helme Haffax. Und während der Dämonenherr schon seit einer ganzen Weile nicht mehr den Kontinent heimsuchen kann, sind die letzten beiden Tatbestände immer noch eine klaffende Wunde im Gerechtigkeitsempfinden eines jeden aufrechten Aventuriers. Genau hier setzt „Die verlorenen Lande“ an, stellt der Band doch den Ausgangspunkt des Großangriffs von Rohaja und ihren Verbündeten dar, der beides zugleich leisten soll, die Rückeroberung Tobriens und Bestrafung von Helme Haffax für all seine Sünden. Damit liegt dem Band das ambitionierte Vorhaben zugrunde, das (vor-)letzte Kapitel des bislang wichtigsten Handlungsstrangs des Metaplots einzuläuten.

In Zahlen:
– Band Nr. 211
– 190 Seiten
– Preis: 29,99 €
– Erschienen am 30.4. 2015

I. Inhalt und Aufbau
Von Beginn an wird klar erläutert, dass „Die verlorenen Lande“ den Auftakt zu Ereignissen darstellt, die erst im Folgeband „Der Schattenmarschall“ aufgelöst werden sollen. Somit agiert Haffax hier auch noch als Gegner im Hintergrund, zu einer echten Konfrontation von Angesicht zu Angesicht wird es noch nicht kommen.

Zunächst enthält der Band ein längeres einführendes Kapitel, in dem die gesamte Splitterdämmerung kurz zusammengefasst wird und die Geschehnisse des Abenteuers selbst vorgestellt werden. Auslösendes Ereignis ist dabei der Entschluss Rohajas, nach dem ausbleibenden Angriff von Haffax nun selbst die Initiative zu ergreifen und einen massiven Vorstoß nach Mendena zu wagen.

Im Band werden dazu mehrere Spielvarianten angeboten, handelt es sich doch um einen Heerzug, der von gleich drei großen Armeen geführt wird. Während der eigentliche Herr Tobriens Bernfried von Ehrenstein vom Norden her angreift, marschiert Rohaja mit ihrem Hauptheer vom Westen über Eslamsbrück heran, wobei sich unterwegs noch das Südheer unter dem Kommando von Alrik vom Blautann vom Hauptheer trennt. Alle Heerzüge erhalten ein eigenes Großkapitel, in denen die jeweiligen Ereignisse beschrieben werden, von den großen Schlachten bis hin zu kleineren Kommandounternehmen. Grundsätzlich ist es somit schwer, an allen zentralen Szenen teilzuhaben, allerdings werden dazu mehrere Handlungsvarianten angeboten: So gibt es eine vorgeschlagene Handlungsfolge, in der sehr mobile Helden möglichst viele Schauplätze rechtzeitig erreichen können, gleichzeitig werden aber auch die Optionen angesprochen, mit mehreren Heldengruppen zu spielen oder mit einigen NSCs auch in die von den Helden fernen Unternehmungen eingreifen zu können. Einigen Raum nimmt zudem die ausführliche Beschreibung der wichtigsten Heerführer beider Seiten ein sowie der vielen unterschiedlichen Truppenverbände aller Heere. Es gibt dabei sowohl Karten mit der Wegbeschreibung sowie Marschtabellen mit einem ungefähren Marschplan für jedes Heer (wobei die Helden auf das Vorwärtskommen Einfluss nehmen können), ebenso existieren Hinweise zum Spiel auf einem Heereszug, wie z.B. die typischen Tagesabläufe gestaltet sind und welche Besonderheiten (z.B. Sicherheitsvorschriften) zu beachten sind.

Ausgangspunkt sind zunächst die Heerschauen des Haupt- und des Nordheeres in Gallys bzw. Perainefurten. Hier gilt es, sich einen Namen zu machen (so die Helden diesen noch nicht haben sollten), wobei übliche Handlungsvarianten in militärisch geprägten Abenteuern angeboten werden, sprich vor allem die Enttarnung diverser Attentäter und Saboteure und die Schlichtung von Streitigkeiten unter den buntgemischten Verbündeten.

Beim Marsch mit dem Hauptheer gilt es vor allem zunächst Eslamsbrück einzunehmen, wobei die Helden einige Geweihte in die umkämpfte Stadt begleiten sollen, die mit einem Wunder den Sieg der Angreifer ermöglichen sollen. Eine weitere wichtige Aufgabe fällt ihnen zu, wenn sie im Auftrag von Paligan in einen von Haffax Schergen besetzten Hesindehort eindringen sollen, von dem aus ein Golemheer kontrolliert wird, das an einem strategisch günstigen Nadelöhr, der sogenannten Tesralschlaufe, ein massives Hindernis für Rohajas Heer darstellt. Um hier zu siegen, ist es sogar notwendig, seinen Gegnern bis in den Limbus zu folgen. Zusätzliche Brisanz erhält das Unternehmen noch dadurch, dass optional ein kurzes Zweckbündnis mit Arngrimm von Ehrenstein eingegangen werden kann, der – gegen Anerkennung seiner Ansprüche – Unterstützung gegen Haffax anbietet.

Wer es auf sich nimmt das Südheer unter Alrik vom Blautann zu begleiten, erhält schnell einen sehr pikanten Auftrag. Einerseits sollen die Helden eine Schar, die hauptsächlich aus Praioten besteht, bei der Belagerung einer Burg zu unterstützen, andererseits aber ohne das Wissen ihrer eher engstirnigen Verbündeten den Kommandanten ihrer Gegner unbemerkt aus der Befestigungsanlage schaffen, bei dem es sich im niemand anderen als Alriks älteren Bruder Elgor von Wickrath handelt.

Ebenfalls heikel wird es in dem Szenario „Traumgespinste“, in dem die Helden feststellen müssen, dass der Meister des Bundes Jaakon von Turjeleff den Einflüsterungen Xarfais zu erliegen droht. Immerhin ist er einer der hochrangigsten Geweihten der Rondra, also werden die Helden hier mit einem besonders gefährlichen Gegner konfrontiert.

Nach einigen Kommandounternehmen (u.a. Ausspähen der feindlichen Flotte) erfolgt auch hier ein Höhepunkt, wenn es gilt, die verlorene Amazonenfeste Löwenstein zu befreien. Dabei stellen sich dem Südheer nicht nur die Mactaleänata, die Schwarzamazonen, entgegen, sondern auch der sechsgehörnte Dämon Isyahadin. Dieser ist allerdings nicht leicht zu bezwingen, wurde er doch seinerzeit von Borbarad persönlich zur Unterwerfung der Amazonen beschworen. Die Schwarzamazonen selbst stellen sich beim Vordringen in die Burg nicht als allzu große Bedrohung heraus, handelt es sich doch um versprengte Einzeltrupps. Schwieriger gestaltet sich die Bannung des Dämons in der ehemaligen Rondrakapelle, da dieser die Helden mittels vieler Illusionen in den Wahnsinn treiben will.

Der Feldzug des Nordheers unter Bernfried von Ehrenstein und Walpurga von Weiden beginnt gleich mit einer schwierigen Belagerung. Die Feste Wolfenstein erscheint wegen ihrer Lage schwer einnehmbar, kann sie doch im Prinzip nur durch einen dämonisch beseelten Aufzug betreten werden. Mithilfe einiger Druiden und Hexen ist es allerdings möglich, die Mauern auch mit anderen Mitteln zu überwinden. Gelingt dies, entwickelt sich ein intensives Gefecht, welches in einem Finale in den unteririschen Katakomben unter der Festung endet, wo sich die Kommandantin, eine Mactaleänata namens Belshia, zum letzten Gefecht stellt.

Eine weitere Gefahr droht von unerwarteter Seite: Arngrimm von Ehrenstein nutzt die Gelegenheit, um gegen seinen Rivalen vorzugehen und lässt seinen Sohn Brandolf mit einem Heer Bernfried und seine Mitstreiter angreifen. In den folgenden Gefechtswirren lässt Bernfried beinahe sein Leben und kann nur durch einen Eingriff aus unerwarteter Richtung gerettet werden.

In Ilsur werden die Helden in den Diebstahl heiligen Wassers verwickelt, wobei sie die Absichten von Haffax noch nicht einordnen können. Mit dem Heer gilt es die beiden letzten Hindernisse auf dem Weg nach Mendena aus dem Weg zu räumen, die Überquerung des Flusses Dogul und die Eroberung der Rallerfeste.

Im letzten Kapitel schließlich haben alle drei Heere Mendena erreicht und können sich nun wieder vereinigen. Wie viele Soldaten den einzelnen Heeren noch zur Verfügung stehen, hängt stark davon ab, wie erfolgreich die Helden in den einzelnen Szenarien gewesen sind. Die Schlacht selbst wird nur in groben Zügen ausgeführt, wobei die grundsätzliche Vorgehensweise der drei Heeresteile skizziert wird, z.B. welche Einheiten an welchen Aktionen beteiligt sind. Am Ende steht die finale Konfrontation mit Haffax bevor, die eine klare Heldenaufgabe sein sollte. Hier taucht dann allerdings nach der Schlacht noch eine böse Überraschung auf, wenn sich offenbart, dass Rohaja und ihre Getreuen tatsächlich einer Finte von Haffax aufgesessen sind, der ihnen die ganze Zeit mit Dherin Bentelan einen Doppelgänger vorgesetzt und in Wirklichkeit gerade zur Eroberung Perricums angesetzt hat.

Im Anhang folgt noch eine kurze Spielhilfe zum Spiel in den Schattenlanden. Da der Band im Kern eine einzige große Militäroperation darstellt, gibt es zudem einen Abschnitt mit Scharmützelregeln, mit denen sich die vielen Kämpfe abhandeln lassen. Für konkrete Auseinandersetzungen finden sich zudem Kurzbeschreibungen der verschiedenen Gegnertypen mit den dazugehörigen Werten.

II. Figuren
Bei Ereignissen dieser Tragweite darf es nicht verwundern, dass die vorgestellte Personenriege nichts anderes darstellt als das „Who is who“ der aventurischen Militärs. Zuvorderst sind dabei natürlich die drei Heerführer zu nennen. Die Heldenkaiserin Rohaja, die verbissen ein Ende der letzten Reste des borbaradianischen Erbes erreichen will und natürlich die Schmach des Verrats tilgen will, den Haffax auf Maraskan beging. Daneben steht der nimmermüde Alrik vom Blautann, seit ewigen Zeiten Sympathieträger und Veteran unzähliger Gefechte, die in einer immensen Zahl an Publikationen auch spielbar sind, womit es sich für Veteranenhelden fast zwangsläufig um einen alten Bekannten handeln müsste. Zuletzt bleibt noch die tragische Figur Bernfried von Tobrien, der im mühseligen Kampf um sein Erbe fast seine gesamte Familie verloren hat und nun kurz vor der Vollendung seiner Lebensaufgabe steht. Aus einer Unzahl an weiteren Verbündeten sticht Rondrigan Paligan hervor, der oft als direkter Ansprechpartner der Helden fungiert und sie vor allem mit Kommandounternehmen versorgt. Dabei wird immer deutlicher, dass die DSA-Macher ihm in Zukunft immer mehr den neblig-grauen Pfad der phexischen Umtriebe beschreiten lassen wollen, während seine Gemahlin sichtbar in Rondras Namen mit offenem Visier handelt.

Auf der Gegenseite steht natürlich „Reichserzverräter“ Helme Haffax über allen Dingen, wobei sein militärisches Genie immer wieder betont wird. Allerdings werden die Helden zunächst nur mit seinem Plan konfrontiert, unterliegen sie doch seiner Finte, die sie gegen einen Doppelgänger kämpfen lässt. Somit bleiben vor allem einige kampfstarke Stellvertreter, die hier als direkte Gegner auftreten. Der eigentliche Gegenspieler Dherin Bentelan bleibt bis zum finalen Gefecht im Hintergrund, was natürlich ein gewollter Schachzug ist, um zuvor nicht enttarnt werden zu können.

III. Kritik
In der Tat ist das Motto von „Die verlorenen Lande“ eindeutig „klotzen, nicht kleckern“. Neben der illustren NSC-Schar auf beiden Seiten wird massiv am Metaplot gestrickt, werden doch mit Eslamsbrück und Mendena gleich zwei symbolträchtige und wichtige Städte nach gefühlt ewiger Besatzung endlich zurückerobert, dazu fallen weitere bedeutungsschwere Ereignisse in den Band (die Befreiung Löwensteins, der Tod des Königs der Ritter und des Meisters des Bundes) und es werden gleich mehrere große Schlachten ausgetragen.

Klar ist damit auch, dass bei einem solchen Abenteuer mit einem eindeutig militärischen Schwerpunkt gewisse Eckpunkte für das offizielle Aventurien gesetzt sind, damit also bestimmte Resultate wie der Fall Mendenas unausweichlich sind. Trotzdem gibt es genug Entfaltungsraum für die Helden. Immerhin werden jede Menge Kommandounternehmen angeboten, bei denen die Spielercharaktere Einfluss auf die Geschehnisse nehmen und konkrete Ergebnisse erzielen können. Somit existiert in verschiedenen Passagen des Abenteuers ein gewisser Railroading-Anteil, während andere Abschnitte deutlich offener gehalten werden.

Die Vielfalt hat natürlich einen gewissen Preis, die meisten Kapitel haben eher den Charakter von Kurzszenarien, wobei nur Handlungsteile beschreiben werden können und viele Bestandteile vom Spielleiter ergänzt werden müssen. Schade ist dabei vor allem, dass mit Kartenmaterial eher geizig umgegangen wird, vor allem für viele wichtige Gebäude fehlen Pläne. Sehr ungünstig finde ich zudem, dass ausgerechnet die finale Schlacht um Mendena sehr knapp abgefasst ist, während einige Ereignisse von geringerer Tragweite ausführlicher verfasst wurden. Hier hätte der Höhepunkt mehr Ausgestaltung verdient, z.B. in der Vorstellung von einigen Szenen, in denen die Helden konkrete Möglichkeiten erhalten, entscheidend zur Eroberung beitragen zu können. Als Ort des Endkampfes gegen den vermeintlichen Haffax hätte zumindest Burg Talbruck eine Karte erhalten sollen.

Umgekehrt sind dafür auch einige Highlights vorhanden, z.B. wenn die Helden den Hesindehort infiltrieren sollen, während das Heer Rohajas im Kampf gegen die Golemhorden empfindliche Verluste erleidet, je länger die Spielergruppe braucht, um die Magier im Limbus zu stoppen, die die unheilgien Wesen kontrollieren. Gleiches gilt für den Fall von Wolfenstein, wo beispielsweise der Ort des Geschehens zur Abwechslung auch mit einer Karte versehen ist, die vor allem das Finale in der Kaverne deutlich bereichert.

In anderen Szenarien sind allerdings im Gegensatz dazu auch eher ärgerliche Passagen vorhanden, z.B. wenn die Helden gleich mehrfach dabei zusehen müssen, wie ein verbündeter NSC getötet wird, ohne eingreifen zu dürfen. Natürlich verstehe ich die dramaturgische Absicht, die dahinter steht, trotzdem handelt es sich im Rollenspiel immer um eine schwierige Situation, wenn man die Spielercharaktere zu Statisten degradiert. Auf die Spitze getrieben wird dies, wenn die Helden geneigte Zuschauer sein dürfen, wenn Bernfried von Ehrenstein nicht von ihnen, sondern einem gänzlich unerwartet auftauchenden NSC gerettet wird. In Anbetracht der Ereignisse der „Quanionsqueste“ finde ich es zudem sehr unglücklich, wenn im Band direkt wieder alte Klischees in der Darstellung der Bannstrahler bedient werden, die eigentlich als überholt gelten sollten, hier in Form einer Überbetonung von Grausamkeit und Arroganz.

Dramaturgisch ist die Aufteilung in drei unterschiedliche Heerzüge meiner Meinung nach eine gelungene Idee, wobei auch Anregungen existieren, wie man die Spieler an möglichst vielen Ereignissen teilhaben lassen kann. Für meinen Geschmack fehlen aber Elemente, die die einzelnen Feldzüge mit einer unterschiedlichen Atmosphäre versehen könnten. Der Spielleiter erhält zudem natürlich die sehr anspruchsvolle Aufgabe, viele Handlungsfäden verknüpfen zu müssen und eine Menge von NSCs gleichzeitig lebendig an den Spieltisch zu bringen. Hier überzeugt der Band aber auch durch viele Hilfestellungen. Wo die einzelnen Handlungspassagen oft etwas knapp abgefasst sind, sind die Hintergrundinformationen zum Heerzug, seinen Teilnehmern und dem Heeresalltag ausführlich gestaltet. Die Scharmützelregeln sind – ein wenig Rechenarbeit vorausgesetzt – außerdem nützlich, um Schlachtsituationen schneller ausspielen zu können.

Grundsätzlich halte ich das Ende mit einem Cliffhanger für vollkommen passend, steht doch somit erstmal der wohl letzte Aha-Effekt von Haffax, der sich als würdiger Gegner erweisen muss, will er seinem Ruf gerecht werden. Natürlich ist das prinzipiell für die Spieler oft unbefriedigend, wenn mitten in der Handlung eine Unterbrechung folgt. Da hier die Fortsetzung aber schnell folgen wird, ist das wohl verkraftbar und stellt eben ein kurzes Innehalten nach Haffax erfolgreicher Finte dar.

IV. Fazit
„Die verlorenen Lande“ hinterlässt bei mir einen zwiespältigen Eindruck. Einerseits wird die Kriegszugatmosphäre gut ausgereizt, die vielen Szenarien bieten zudem eine echte Bandbreite an Aufgaben, von Kommandounternehmen über die Suche nach Verbündeten bis hin zu großen Eroberungsschlachten. Andererseits aber ist mir vieles zu grob ausgeführt und die Qualität der einzelnen Szenarien schwankt teilweise sehr stark, wobei mitunter auch eher ärgerliche Szenen eingebaut sind, die den Kardinalfehler begehen, die Helden zu bloßen Zuschauern zu degradieren. Für den „Schattenmarschall“ hoffe ich, dass dort noch eine ordentliche Schippe draufgelegt wird, um Haffax einen würdigen Abgang zu verschaffen. Um es klar zu sagen, „Die verlorenen Lande“ ist für mich kein schlechter Band, gemessen an der Erwartungshaltung aber insgesamt nicht das, was ich mir erhofft hatte.

Bewertung: 3 von 6 Punkten

3 Kommentare

  1. Fairerweise muss man zugestehen, dass bei vielen Fällen, wo eine Meisterperson in den Verlorenen Landen „entsorgt“ wird, die Autoren eben jene Möglichkeiten anbieten, welche im Blogbeitrag „Er muss sterben! Aber wie?“ aufgezählt sind.

    [Spoilerwarnung]

    Im Fall Danos von Luring findet das für ihn tödlich endende Duell auf einer Kuppe während einer Schlacht statt, mithin genug Möglichkeiten, die Helden jedenfalls für die Dauer des Duells räumlich zu trennen. (Lösungsansatz „Abwesenheit“) Auch ist es Natur eines Duells, dass ein Streich entscheidend sein kann („Kanonenrohr“) Zudem haben die Helden dann die Möglichkeit (und die Aufgabe), Danos‘ Tod zu rächen.

    Bei der Falle, in die Herzog Bernfried tappt, soll der Herzog (wie auch immer) ja gerade von den anderen Mitstreitern, so auch den Helden getrennt werden. Diese kommen dann gerade rechtzeitig, um die „erste Rettung“ durch Herzog Arngrimms Sohn zu beobachten („Abwesenheit“) – die entgültige Rettung obliegt aber wieder ihnen.

    Bei von Jaakons Ende – dessen gesamtes Kapitel auch bei mir keine Begeisterungsstürme auslöst – ergeben sich erneut verschiedene Möglichkeiten, die Helden zu „beschäftigen“, sei es mit der Rettung von Starngrim, mit dem Kampf gegen die Jaakon begleitenden Soldaten oder gar gegen Jaakon selbst an Seite von Granus.(„Abwesenheit“). Auch hier besteht dann nach Ende des Duells die Möglichkeit, den flüchtenden Jaakon zu stellen.

    Wobei in den Fällen, wo es zu einem Duell kommt, eine vierte Möglichkeit genannt werden sollte: Rollenspiel. Für den Großteil der Helden ist es vermutlich unpassend, in ein Duell zwischen dem „Ritterlichen“ und einer feindlichen Anführerin einerseits und zwei Rondrianern andererseits einzugreifen (Exoten wie den blasrohr-benutzenden Moha mal ausgenommen…). Natürlich ist es selten befriedigend, dem Meister beim (imaginären) Kasperle-Theater zuzuschauen – gerade aber bei der Szene von Danos würde ich da eine Ausnahme machen, so die Spielerrunde es auch akzeptiert, dass Dere sich nicht allein um sie dreht.

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  2. Vollkommen richtig, die angegebenen Möglichkeiten existieren, sind aber meiner Meinung nach – wie oben beschrieben – auch nicht immer befriedigend. Hier hat mich auch eher nicht der Einzelfall gestört (vor allem bei Danos ist das stimmig geraten), sondern die Häufiung von solchen Szenen. Vor allem bei Granus habe ich keinen Grund gefunden, warum man den Helden hier keine Möglichkeit zum Eingreifen gewährt, an der Auseinandersetzung mit Jaakon habe ich sonst gar nichts auszusetzen.
    Bei Bernfried ist mir nur nicht klar, warum die Helden bei dieser Szene so lange dran bleiben sollen, um dann die Show gestohlen zu bekommen.
    Allerdings denke ich auch, dass du vollkommen recht hast, dass das natürlich auch immer eine Frage ist, wie eine Spielrunde mit solchen Setzungen umgehen kann oder nicht, das ist sicherlich auch eine Frage von Geschmack, der ganz verschieden sein kann.

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  3. Bei Bernfried – so jedenfalls meine Erklärung (wenn auch eine sehr wage) – soll es wohl eine Art Foreshadowing für den Metaplot sein. Aus (allwissender) Meistersicht finde ich die Idee, dass „ausgerechnet“ der Sohn von Arngrimm seinem doch eigentlich verhassten Verwandten (mit) das Leben rettet an sich ganz reizvoll. Problematisch ist es allein für die Helden, die nicht wissen und nicht wissen können, wer denn da nun zu ihren Gunsten eingreift. Ob ihnen jedoch die Show gestohlen wird, weil sie ja doch die Rettung final bewirken, kann man trefflich diskutieren.

    Das Problem der Häufung liegt m.E. im Grundkonzept von die „Verlorenen Lande“ als gewaltiger Kriegszug – anders gefragt: Ist es wirklich eine „Häufung“, wenn bei einer Wagenladung von „prägenden“ Meisterpersonen nur 2 1/2 davon über die Wupper gehen? Mal eine gewagte Gegenbehauptung: Es sterben zu wenig NPC – „Überhaupt nur wenig Offiziere, und keinen von großem Namen“. Man nehme nur die Ausgangslage bei der Tesralschlaufe oder bei der Schlacht um Mendena. Allein auch hier stellt sich das Problem des Heldenrollenspiels – viele(?) Spielerrunden werden wohl erwarten, immer am Ort des Geschehens zu sein, wenn eine Meisterperson ins Gras beißt (ok noch eine Todes-Analogie und ich verlink den Papagei-Sketch). Demgegenüber finde ich gerade reizvoll, dass die Schwertzüge selbst für Helden mit 10 000 AP+ ein zu gewaltiges Unterfangen sind, um überall mitzumischen. Die Nachricht „Als ihr bei Schwertzug I wart, sind in der Zwischenzeit Meisterpersonen X, Y und Z verstorben“ dürfte bei den wenigsten Gruppen Begeisterung hervorrufen. Aber wenn man – wie es ja in modernen Abenteuern und zeiten der Fall zu sein scheint – diese spielerische Freiheit fordert, wäre es nur konsequent, die Helden auch die Kehrseite dieser Freiheit spüren zu lassen. Das wäre mal ein Wagnis aus Sicht der Autoren gewesen! Auch dies ist sicher eine Frage des Geschmacks. Doch widerstrebt es mir, ein Abenteuer kritisch(er) zu bewerten, wenn es gerade in der – wie richtigerweise von dir festgestellen – undankbaren Situation ist, Heldeneinfluss und Meisterpersonentod zu vereinbaren und dabei keine allzu großen, handwerklichen Fehler macht. „Töchter der Rache“ stellt da für mich das negative Gegenbeispiel dar. Sehr viel gravierende sind da schon fehlende Kampfwerte wie z.B. von Haffax‘ Doppelgänger.

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