Vorbemerkung: Die Ankunft eines neuen Crowdfunding-Pakets hat immer ein wenig die Anmutung von Weihnachten, verstecken sich darin doch lauter große und kleine Bände, die mir einige Wochen Lesevergnügen (hoffentlich!) verschaffen. Gerade Die Gunst der Göttin ist in dieser Hinsicht extrem breit aufgestellt, sind doch immerhin gleich 9 neue Printpublikationen aus den verschiedensten Sparten (Spielhilfen. Abenteuer und romanartige Bände) enthalten. Umgekehrt gebe ich zu, dass bei mir aufgrund der thematischen Nähe zu Wege der Vereinigungen trotz aller diesbezüglichen Dementis von Verlagsseite eine gewisse Skepsis mitschwingt. Wie immer möchte ich aber vor dem Beginn meines Rezensionsreigens eine kurze Übersicht über den Inhalt des Gesamtpakets geben, verbunden mit meinem persönlichen Eindruck und der dementsprechenden Erwartungshaltung.
Was ist drin im Paket?
Wie schon zuvor Rohals Erben ist auch Die Gunst der Göttin um zwei Kernbände herum gebaut. Die Spielhilfe Rahjas Gunst stellt auf 160 Seiten v.a. viele Facetten des Rahjaglaubens (aber auch anderer Gottheiten, die mit den Aspekten Liebe und Lust verbunden sind) vor. Dabei stehen sowohl regionale Besonderheiten als auch Orden und Kulte, Tempel und Gebräuche im Vordergrund, zudem wird Belhanka als wichtigste Stadt des Rahjaglaubens beschrieben.
Ebenfalls 160 Seiten weist der zweite Hauptband, der Kampagnen-Band Die verborgene Gabe, auf. Hier gilt es in einer eher offen angelegten Kampagne zusammen mit der sogenannten Geliebten der Göttin eine Reise zu vielen besonderen oder gar heiligen Orten der Rahjaverehrung auf sich zu nehmen. Dabei ergeben sich längere und kürzere Einzelabenteuer, in denen man sich auf die Spur der titelgebenden verborgenen Gabe heften kann.
Dabei handelt es sich aber beileibe nicht um das einzige Abenteuermaterial des Crowdfundings: Zusätzlich gibt es die beiden Abenteuerbände Rosenduft und Bühnenspiel und Lotosblüten und Visionen (je 64 Seiten). Beide enthalten jeweils ein Solo- und ein Gruppenabenteuer. Der Unterschied liegt äußerlich in den Schauplätzen: Rosenduft und Bühnenspiel spielt in Belhanka, wo man einerseits das Gruppenabenteuer Glockenspiel erleben kann, in dem man eine erotische Darstellung managen soll. Zudem findet sich hier das Soloabenteuer Keine Rose ohne Dornen. Als Wahl-Protagonisten fungieren hier der Magier Djidhe und die Rahjageweihte Yasmina (schon bekannt aus Wege der Vereinigungen). Diese beiden sind auch das Bindeglied zu Lotosblüten und Visionen, welches in Al´Anfa angesiedelt ist, da sie im dortigen Solo Nachts auf dem Silberberg Gäste auf einer der legendären Orgien in der Villa Karinor sind. Außerdem ist hier eine DSA5-Adaption des ursprünglichen DSA4-Abenteuers Süße Träume beinhaltet.
Zuletzt haben zwei weitere Abenteuer ihren Weg in den Zusatzband Kompendium der Gunst der Göttin gefunden, welcher auf 128 Seiten die Bonusinhalte des Crowdfundings bündelt. Casino Rahjal setzt die Heldengruppe auf die Spuren einer Erpressung, während man in Im Namen der Liebe ein ungleiches Liebespaar bei der gegenseitigen Bindung unterstützen soll. Zusätzlich wurden Kurzbeschreibungen von Al´Anfa und Zorgan hinzugefügt, außerdem gibt es hier einen Neuabdruck der alten Spielhilfe Blutrosen.
Ein neues Bandkonzept verfolgt die Spielhilfe Rahjas Diener, die sich als Ergänzung zu den oben genannten Abenteuern und der Kampagne versteht. Hier sind auf je einer Doppelseite viele Porträts von NSC vorhanden, die in den anderen Bänden eine Rolle spielen und deren Agenda im Rahmen der insgesamt 128 Seiten expliziter vorgestellt werden kann.
Auch die narrative Schiene wird wieder reichlich bedient, indem eine Kurzgeschichten-Anthologie und zwei Ingame-Bände verfasst wurden. Stunden der Sehnsucht (400 Seiten) besteht aus 14 Kurzgeschichten, in denen v.a. prominente Aventurier im Mittelpunkt stehen, u.a. Khelbara ay Barburia, der Kaiserdrache Shafir und seine Gemahlin Aldare oder Shantalla Karinor. Das Levthan-Vademcum (160 Seiten) stellt den Levthan-Glauben in den Mittelpunkt und muss dabei auch zu den vielen Kontroversen Stellung nehmen, die sich um diese Gottheit ergeben. Amaziella Bosvanis Bordellführer (160 Seiten) stellt zuletzt ebenfalls ein Novum dar, indem hier aus einer Ingame-Perspektive viele Etablissements vorgestellt werden, die sich über ganz Aventurien verteilen.
Wie immer wird auch die musikalische Seite in Form von Sphärenklang – Rahjas Gunst bedient. Das Crowdfunding-Pack – Die Gunst der Göttin stellt ausgefüllte Heldenbögen für die Solo-Charaktere Djidhe und Yasmina bereit, zudem gibt es hier auch Blanko-Heldenbögen mit rahjatypischen Rosenornamenten. Die Ingame-Zeitung Belhanker Beobachter enthält Artikel, die als Begleitmaterial für die Abenteuer verwendet werden können. Als reines PDF haben die Unterstützer zudem das kurze Soloabenteuer Die Khabla-Chroniken erhalten, in dem man als Charakter Khelbara persönlich führen kann.
Erste Eindrücke und Erwartungen
Positiv fällt mir natürlich vor allem der hohe Abenteueranteil auf. Immerhin sind eine ganze Kampagne, 2 kurze Soloabenteuer (plus das PDF-Solo) und 4 Gruppenabenteuer enthalten. Das überschreitet deutlich das Normalmaß vorheriger Crowdfundings. Zudem sind die Abenteuer diesmal (anders als bei Wege der Vereinigungen) nicht auf Belhanka als Schauplatz beschränkt, sondern spielen ebenfalls in Al´Anfa (Lotosblüten und Visionen) bzw. sogar in ganz Aventurien (Die verborgene Gabe). Gerade an Die verborgene Gabe habe ich vor allem den Anspruch, dass die Religionsgemeinschaft hier vor eine echte Herausforderung im Sinne das Karmakorthäons gestellt wird und auch ein klarer Konkurrent aufgebaut wird. Schließlich wurde ja in Aussicht gestellt, dass es im Erfolgsfall möglicherweise weitere Bände mit einem solchen Götter-Oberthema geben könnte und aus meiner Sicht sollten diese auch den Metaplot deutlich vorantreiben.
Ganz generell hoffe ich zudem sehr stark darauf, dass das gesamte Crowdfunding wirklich das getätigte Versprechen einhält, dass der Rahjaglaube im Mittelpunkt steht und zwar in all seinen Facetten und eben nicht reduziert auf das Thema Lust und Liebe. Dieses ist in Wege der Vereinigungen mehr als ausführlich abgehandelt worden und es existiert ja auch die explizite Aussage, dass es sich eben nicht um Wege der Vereinigungen 2 handeln soll, sondern stattdessen unterschiedliche Domänen der Rahjaverehrung in den Fokus genommen werden. Anders als damals wünsche ich mir hier ein differenziertes Vorgehen und nicht wieder dieses plakative Setzen auf das Motto Sex sells. An dieser Stelle herrschen aber deutlich Zweifel bei mir vor, wenn man die Klappentexte der Abenteuer durchblättert oder viele der Illustrationen oder die Thematiken von Stunden der Sehnsucht oder Amaziella Bosvanis Bordellführer betrachtet. Umgekehrt fällt auf, dass signifikant weniger Regelanteile vorhanden sind, der Bereich, der bei Wege der Vereinigungen im Fokus besonders intensiver Kritik stand.
Sehr gespannt bin ich explizit auf Rahjas Diener. Ein reiner Meisterpersonenband stellt in dieser Form ein Novum für DSA dar. Ein solcher Band wäre ja auch abseits der dazugehörigen Abenteuer nutzbar, indem man die dortigen NSC auch anderweitig verwenden kann. Zudem halte ich es für absolut sinnvoll, die einzelnen Abenteuer auf diese Weise zu entlasten, wenn man dort nur noch Kurzcharakterisierungen beinhalten muss. Allerdings hoffe ich hier, dass man darauf geachtet hat, innerhalb desselben Crowdfundings Doppelungen zu vermeiden, was in der Vergangenheit allzu oft geschehen ist.
Wie geht es hier im Blog weiter?
Es wartet offensichtlich viel Arbeit (im angenehmen Sinne gemeint) auf mich, immerhin handelt es sich um über 1000 Einzelseiten (wenn auch in verschiedenen Größenformaten). In den kommenden Wochen wird Die Gunst der Göttin sicherlich eine dominante Rolle im Blog einnehmen, immerhin nehmen die Printbände allein ja schon 9 Rezensionen ein (zusätzlich möchte ich auch das PDF-Solo berücksichtigen). Den Anfang werden in den nächsten Tagen selbstverständlich die beiden Hauptbände einnehmen, die ja den Kern aller Produkte darstellen. Zuletzt wird natürlich auch wieder ein abschließender Gesamteindruck erfolgen. Die Sphärenklang-CD werde ich allerdings mangels musikalischer Bewertungskompetenz nicht berücksichtigen.
Engors Dereblick 