„Sternenleere“ – Ein bunter Strauß Metaplot

Mit DSA-Romanen stehe ich eigentlich seit Jugendzeiten eher auf Kriegsfuß. Mal zu kitschig, mal zu trivial, mal schlichtweg abschreckend. Die Anläufe, die ich zwischenzeitlich mal unternommen hatte, endeten im Regelfall ziemlich ernüchternd. Nachdem ich allerdings letztes Jahr im Urlaub ein paar Romane (u.a. die beiden „Khunchomer Pfeffer“-Bände) gelesen habe, die mir tatsächlich einiges an Lesespaß bereitet haben, habe ich mir nun nach „Mehrer der Macht“ eben auch „Sternenleere“ zu Gemüte geführt.

In Zahlen
– 332 Seiten
– 24 Geschichten
– 17 unterschiedliche Autoren
– Preis: 14,95 Euro
– Erschienen am 10.12. 2015

I. Inhalt
Inhaltlich kommt der Band mit einer ziemlichen Bandbreite daher, die 24 Geschichten verteilen sich auf fast alle Regionen Aventuriens (inklusive eines Kurztrips nach Myranor), unzählige verschiedene Protagonisten stehen im Vordergrund und durch die vielen Autoren sind auch stark unterschiedliche Schreibstile erkennbar.

Als Roter Faden stehen alle Geschichten in Verbindung zum neuen Metaplot-Aufmacher, dem Sternenfall. Interessant ist dabei, dass die Autoren vielfältige Zugriffe auf das Thema gewählt haben. So sind manche Geschichten aus der Perspektive prominenter Aventurier verfasst (z.B. Emmeran Stoerrebrandt, Azaril Scharlachkraut), andere Autoren greifen ihre eigenen Geschichten und ihre Figuren auf (so führt Caroline Möbis ihren Andergast-Roman Mehrer der Macht“ fort), in einigen Episoden stehen sogar Götter höchstselbst im Mittelpunkt. Thematisch werden ebenfalls mannigfaltige Szenarien entworfen, von Gladiatorenkämpfen in Al´Anfa über die Selbstreflexion eines Praioten bis hin Zwistigkeiten unter Orkschamanen.

Die meisten Geschichten stehen dabei für sich allein, nur wenige knüpfen aneinander an, wenn z.B. Protagonisten wieder aufgegriffen werden oder Handlungsbereiche weitergestaltet werden. So wird zweimal der Botschafter Al´Anfas in den Mittelpunkt gerückt, in Geschichten, die direkt aufeinander aufbauen. Zwei weitere Kurzgeschichten thematisieren sogar das Aufeinandertreffen einiger Unsterblicher persönlich und zeigen Diskussionen über den Zeitenwandel auf.

Allen Geschichten gemein ist die Thematisierung des Sternenfalls, der von den Protagonisten entweder direkt beobachtet wird oder mit dessen Konsequenzen umgegangen werden muss. Textsortentypisch wird der Leser zumeist direkt in das Geschehen hineingeworfen, durch den begrenzten Platz erhält man häufig wenig Hintergrundinformationen, sondern muss sich oft mit Andeutungen zufriedengeben oder muss sich Zusammenhänge selbst konstruieren. Ebenso gibt es kaum Kurzgeschichten, die in sich geschlossen sind, offene Enden sind allenthalben dominant.

II. Kritik
Gerade letzterer Umstand ist dabei anscheinend durchaus gewollt, der gesamte Band zielt offenbar darauf ab, jede Menge Plotfäden rund um den Sternenfall auszulegen, die eben nicht direkt aufgelöst werden, sondern viel Rätselstoff und Deutungsmöglichkeiten bieten sollen. Dabei wird mit vergleichsweise wenigen Fakten gearbeitet, stattdessen bewusst vieles nebulös belassen, wobei vornehmlich Andeutungen existieren, die teilweise sicherlich zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufgegriffen werden. Beispielsweise bleibt gerade bei den Geschichten, die körperliche Auseinandersetzungen beinhalten, der Ausgang vieler Kämpfe offen, wenn z.B. ein Duell zweier Berittener im Moment des Aufeinandertreffens ausgeblendet wird.

Vergleichsweise clever ist der Umstand angelegt, dass einige Geschichten scheinbar in direktem Zusammenhang mit Ereignissen stehen, die schon bald im Rollenspielbereich bzw.im Metaplot aufgegriffen werden. So existieren Kurzgeschichten in Andergast und im Gjaslkerland, beides Regionen, die in naher Zukunft neue Regionalbeschreibungen erhalten werden. Michael Masberg kann einen ersten Ausblick auf sein Romanduo zur Splitterdämmerung geben und schickt die Leser auf einen Kurztrip nach Yol-Ghurmak. Daniel Heßler, dessen Theaterritter-Kampagne bald startet, darf folgerichtig das Bornland aufgreifen. Das (allerdings etwas verklausulierte) Auftreten der Götter greift zudem die generelle Idee einer Zeitenwende auf, die auch vor Alveran nicht Halt machen soll.

Insgesamt ist der Band also in großen Teilen eine Art „Appetitanreger“ auf eine enorme Bandbreite sich ankündigender Metaplotereignisse, bedient dabei durch die Vielfalt an Figuren und Regionen viele unterschiedliche Geschmäcker. Konzeptuell erscheint mir das als eine sehr gelungene Idee, verschiedene beteiligte Autoren zusammenzubringen, von denen viele so die Gelegenheit haben, Verbindungen zu bisherigen oder zukünftigen Publikationen zu schaffen.

Natürlich muss dabei einschränkend gesagt werden, dass eine solche Vielfalt natürlich auch dafür sorgt, dass eine ganze Reihe unterschiedlicher Schreibstile und Plotideen vorhanden sind, die sicherlich nicht jeden Geschmack treffen, zumal manche Geschichten sehr knapp und fragmentartig sind, so dass man sich kaum in die Geschichte einleben kann, bevor sie auch schon wieder vorbei ist. Auch der Spannungsgrad fällt stark unterschiedlich auf, während manche Geschichten ausgesprochen dramatisch gestaltet sind, stellen andere fast schon intellektuelle Diskurse in den Vordergrund. Potenziell dürften zudem Aventurien-Experten mehr von dem Band haben, da unheimlich viele kleine Andeutungen vorhanden sind, zu vielen Personen und Ereignissen keine Erklärungen vorgenommen werden.

III. Fazit
„Sternenleere“ bietet in der Tat einen sehr umfassenden Ausblick auf viele zukünftige Ereignisse, womit es für Fans des aventurischen Metaplots viele interessante Entwicklungen aufzeigt. Allerdings lässt der Band bewusst fast alle Fragen unbeantwortet, als Leser muss man vor allem mit einer Vielzahl von Andeutungen leben. Textsortentypisch enthalten die meisten Geschichten nur wenige Erläuterungen, so dass genauere Kenntnisse des aventurischen Hintergrunds enorm hilfreich sind, da sonst vieles unverständlich bleiben dürfte.

2 Kommentare

  1. Vielen Dank für die gelungene Rezension. Ich liebe fast alle Kurzgeschichtensammlungen, eben weil sie schnell in viele Bereiche Aventuriens führen können. Sternenleere, bei dem für mich das wunderschöne Cover Grund für die Printausgabe war, bietet diese bunte Vielfalt. In der Qualität gibt es meines Erachtens aber deutliche Schwankung.
    Der Schlussbemerkung kann ich nur zustimmen. Manches blieb für mich deutlich zu fragmentarisch, was für mich nicht der Textsorte, sondern dem mangelhaften Umgang mit ihr anzulasten ist. Das Problem war aber auch in vorangegangenen Veröffentlichungen fallweise vorhanden. Den aventurischen Kontext im Detail zu wissen, sollte m.E. nicht Voraussetzung dafür sein, dass die Geschichte funktioniert und vielen Texten gelingt das ja auch sehr gut.

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