Was macht eigentlich der Hexenband?

Von Phantomen und Nachzüglern – verworfene DSA-Publikationen

Im Moment ist die Theaterritter-Kampagne im Abenteuerbereich geradezu überpräsent, sollen die 6 Bände doch im 2-Monatstakt erscheinen, was zusätzlich noch durch diverse Botenartikel und mindestens zwei flankierende Heldenwerk-Hefte befeuert wird. Mir persönlich ist das fast schon etwas zu viel Bornland, aber im Prinzip sollte man durchaus zufrieden sein, dass diese Idee überhaupt realisiert wurde. Immerhin wird nun nach langer Wartezeit endlich etwas umgesetzt, was schon sehr lange angekündigt wurde, sich aus diversen Gründen aber über viele Jahre verzögert hat. Tatsächlich gibt es sogar eine ganze Reihe von angekündigten Publikationen, die nie erschienen sind. Einige davon sollen im Folgenden kurz Erwähnung finden, um mal ein wenig die überaus reizvolle „Was wäre wenn…“-Schiene zu bedienen.

Vom Fluch und Segen der Produktplanung

Auch wenn die Rollenspielszene in Deutschland vergleichsweise klein ist und die Verlagserzeugnisse nur selten den Weg in größere Läden finden, so wird trotzdem im Netz, auf Conventions und Messen eifrig die Werbetrommel gerührt, um kommende Produkte anzupreisen. Ein sehr exponierter Metaplot wie der Aventuriens bedingt zudem die Notwendigkeit einer gewissen Vorausplanung. Verstärkt wird dies noch durch den Umstand, dass nur die allerwenigsten Erzeugnisse aus der Feder von Redaktionsmitgliedern stammen, sondern zumeist externe Schreiber beauftragt werden, was viel Koordination voraussetzt. Aber gerade hier liegen natürlich auch die Tücken, die letztlich sogar zur Einstellung eines Bandes führen können, sei es aus personellen oder persönlichen Gründen auf der Ebene des Schreibers, sei es aus institutionellen Gründen oder sogar wegen des Qualitätsmanagements.

Was lange währt…

Die Verzögerung der Theaterritter- Kampagne liegt dabei primär im personalen Bereich begründet, stammte die originale Idee doch vor allem von Mark Wachholz, mit dessen Ausscheiden aus der Redaktion auch die ursprüngliche Konzeption verworfen wurde. Im Internet kursierende Konzeptpapiere zeigen dabei auch, wie solche Personalwechsel auch die inhaltliche Gestaltung verändern können, die aktuell laufende Kampagne gestaltet sich teilweise stark abweichend.

Ein annähernd gleiches Schicksal nahm auch die ursprünglich geplante Uthuria-Kampagne, nur dass hier nicht die Differenzen zwischen verlagsinternen Personen lagen, sondern Ulisses die Lizenz wieder aus den Händen des Prometheus-Verlags nahm, um eine eigene Variante zu erstellen. Die Formulierung einer Auflösung aufgrund „unüberbrückbarer inhaltlicher und konzeptioneller Differenzen“ spricht dabei deutlich einen Fall von unterschiedlichen inhaltlichen und qualitativen Ansprüchen. Auch hier steht klar zu vermuten, dass das Endergebnis und die inhaltliche Gestaltung gänzlich anders ausgesehen hätte, v.a. wenn man den Titel des geplanten 3. Bandes „Am Hofe des Saphirkaisers“ betrachtet.

Tatsächlich gibt es eine ganze Reihe von Produkten, die eine lange Ankündigungshistorie hinter sich haben, z.B. das kürzlich erschienene „Myranische Zauberwerk“. Gerade der kleinere Uhrwerk-Verlag hat natürlich auch nur geringe personelle Ressourcen oder Kapazitäten zur Auftragsvergabe, so kommen offenbar viele Ideen von außen auf und sterben auf diese Weise wieder (z.B. die geplanten Bände „Fest der Vagabunden“ und „Im Auge des Archons“).

Zum Greifen nah

Besonders schade wird es natürlich dann, wenn das fertige Produkt sichtbar über einen Planungsstatus hinaus ist, durchaus vielversprechend ausschaut und dann doch nicht erscheint. Ein Paradebeispiel ist für mich in dieser Hinsicht das geplante Computerspiel „Armalion“, zu dem es sogar schon Demoszenen und ein Intro gab, das dann aber – zumindest als DSA-Spiel – noch eingestampft wurde. Damals war bei mir beispielsweise die Vorfreude besonders ausgeprägt, weil nach „Schatten über Riva“ im Computerspielbereich schon länger eine Sendepause herrschte.

Ein ähnliches Beispiel aus jüngerer Zeit ist der „verlorene“ Band  der Splitterdämmerung „Der Träumeschmied“, der das Schicksal des Agrimoth-Splitters und seines Besitzers Leonardo thematisieren sollte. Hier lag die Problematik in dem eng gesteckten Terminplan für DSA5. Da es dem Autor schlichtweg nicht möglich war, den Band in der angepeilten Zeitspanne fertigzustellen, wurde dieser gleich ganz gestrichen. Hier allerdings kann zumindest an anderer Stelle ein Ausgleich geschaffen werden, nur eben in einem anderen Medium, dieser Plotbereich wird nun von Michael Masberg in Form zweier Romane erschlossen. Einerseits ist es natürlich schön, dass hier Ersatz geschaffen wurde, andererseits ist aus meiner Sicht gerade das der Band innerhalb des Zyklus gewesen, auf den ich mich am meisten gefreut habe, wobei es anderen Spielern sicherlich ähnlich gehen mag, ist doch besonders Leonardo eine Figur, die Aventurien stark geprägt hat und auch den einen oder anderen denkwürdigen Auftritt hatte, der letzte wird nun leider nicht spielbar sein. Hier zeigt sich eben auch, dass nicht nur Randaspekte von Streichungen begriffen sind, sondern im Extremfall auch zentrale Stränge des Metaplots betroffen sein können.

Manche Bände sind umgekehrt auf diese Art in ihrer Bedeutung scheinbar fast noch angestiegen, eben weil sie seit langem mit einer Erwartungshaltung verknüpft sind, die bisher nicht eingehalten wurde. So wird beispielsweise regelmäßig in diversen Foren der aktuelle Status des Hexenbandes und von „Pforten nach Alveran“ abgefragt.

Neben der Theaterritter-Kampagne gibt es allerdings durchaus auch noch andere Beispiele, die den Fans solcher Phantom-Bände durchaus Hoffnung machen können, dass ihr Warten dereinst vorbei sein wird. Lange Jahre gehörte unter anderem „Zwischen Wölfen und Schwertern“, der Band zum Schattenlande- Abenteuerwettbewerb, zu diesem Reigen. Und teilweise ist das auch bis heute noch so, allerdings ist mit „Blutige Hatz“ zuletzt immerhin einer der Beiträge als PDF veröffentlicht worden, wenn eben auch mit knappen 4 Jahren Verspätung.

Bei Boron besser aufgehoben

Zuletzt gibt es da noch die eher unrühmliche Kategorie derjenigen Publikationen, bei denen es vielleicht auch besser ist, dass es nicht zu einer finalen Realisierung kommen wird. Für mich wäre an dieser Stelle zweifellos der DSA-Film zu nennen, dessen (immerhin ziemlich langer) Trailer eigentlich nichts Gutes vermuten lässt, außer dass die Filmumsetzung offensichtlich aus Budgetgründen nicht dem gerecht werden könnte, was ein eingefleischter DSA-Fan erwarten würde, wenn der Film sich anscheinend statt in der „Herr der Ringe“-Liga eher auf der Ebene von „The Asylum“-Machwerken zu bewegen scheint.

Fazit

Um viele der nicht realisierten Projekte erscheint es auf den ersten Blick sehr schade, viele Inhaltsbeschreibungen klingen sehr vielversprechend. Allerdings ist es in vielerlei Hinsicht ganz offenbar ein normaler Prozess, dass im Rahmen eines solchen Langzeit- und Großprojektes wie DSA immer wieder auch mal Ideen aufgeworfen und dann irgendwann wieder verworfen werden. Und manchmal muss man eben auch ein wenig (oder auch ein wenig mehr) Geduld aufbringen, wenn bestimmte Plotideen Jahre brauchen, bis es zu einer Umsetzung kommt.

3 Kommentare

  1. Hallo,
    ich hatte mich z.B. jahrelang auf den angekündigten DSA-Tempelband gefreut und begeistert die Diskussion im Internet verfolgt, als die Autoren ihre Konzepte zur Diskussion stellten.
    Ich halte den Tempelband für einen besonders wichtigen, etwa im Unterschied zu „Ritterburgen&Spelunken“. Schließlich muss man sich nur in der Umgebung umsehen und wird überall Ritterburgen und andere alte Gemäuer als Inspiration finden. Was es auf unserer Erde allerdings nicht zu bewundern gibt, sind die Sakralbauten der 12-Götterreligion, die sich je nach Kult fundamental von unseren Kirchen unterscheiden. Hier ist also ein viel größerer Bedarf an Vorbilden und Inspiration.
    Leider ist der wohl auch beerdigt worden…

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