Regeln, Regeln, Regeln – Das Aventurische Kompendium

Vorbemerkung: DSA5 soll laut Ankündigung das Spiel etwas einfacher und zugänglicher gestalten, z.B. in den Bereichen der Charaktergestaltung oder in Kampfsituationen – so man dies denn als Spieler wünscht. Für alle anderen ist das Aventurische Kompendium gedacht, das vor allem Fokusregeln enthält, also solche Regeln, die Sachverhalte, die im Grundregelwerk recht einfach gehalten sind, deutlich mehr ausdifferenzieren und z.B. einen höheren Realismusfaktor hinzufügen sollen, indem viel mehr Sachzusammenhänge und Einzelfaktoren berücksichtigt werden. Auch wenn solche komplexeren Regelaspekte definitiv nicht mein Spezialgebiet sind, interessiert mich natürlich trotzdem, welche Sachkomplexe hier angesprochen werden und welche Leitideen dahinterstehen.

In Zahlen:

– 240 Seiten

– Preis: 39,95 Euro

– Erschienen am 30.6. 2016

I. Aufbau und Inhalt

Das Kompendium ist – im Vergleich zu anderen Bänden – extrem kompakt gegliedert, da die Hauptkapitel meistens gleichermaßen ausführlich wie schnörkellos gehalten sind. Das wird besonders deutlich, wenn man nach den kurzen einleitenden Worten das sehr lange Kapitel zu den Talenten betrachtet. Im Prinzip werden hier die aus dem Grundregelwerk bekannten Talente genommen und in einzelne Spezialanwendungsbereiche aufgegliedert, z.B. wird der Talentbereich des Wildnislebens aufgeteilt in die Komplexe Feuermachen, Lageraufbau und Lagersuche. Dazu erfolgen jeweils eine kurze Erläuterung, der Probemechanismus, exemplarische Modifikatoren und zuletzt ein denkbares Beispiel einer Spielsituation, in der der Talentbereich angewendet werden kann. Besondere Spielbereiche erhalten zusätzlich ausführlichere Exkurse, z.B. Verfolgungsjagden und soziale Konflikte.

Deutlich kürzer fällt das Kapitel zu den allgemeinen Sonderfertigkeiten aus, die das Grundregelwerk um neue Sonderfertigkeiten ergänzen, wobei die Helden z.B. Bauchreden erlernen können, generell liegt ein sichtbarer Schwerpunkt eher auf handwerklichen Aspekten oder Berufsfertigkeiten, zudem werden viele Sprachen mit ihren Regelmodifikationen vorgestellt.

Sehr viele unterschiedliche Bereich werden im Kapitel zu den erweiterten Kampfregeln angesprochen, z.B. wie man die Umgebung in den Kampf einbinden kann (beispielsweise durch Klassiker wie fallende Kronleuchter). Zur komplexeren Kampfgestaltung sind Trefferzonenregeln enthalten oder Regeln für den Kampf im Wasser oder zu Sonderbedingungen im Kampf (Reiterkampf und Luftkampf). Als Exkurs existieren zudem Turnierregeln, vom Ablauf eines Turniers über die denkbaren Disziplinen bis hin zur regeltechnischen Ausgestaltung. Zuletzt folgen noch besondere Kampfstile. Gerade letztere werden im anschließenden Kapitel regeltechnisch unterfüttert, wenn neue Kampfsonderfertigkeiten eingeführt werden.

Bei den Gruppenregeln werden zwei Schwerpunkte gesetzt. Einerseits wird die Alternative der Gruppenschicksalspunkte vorgestellt, über die also alle Spieler neben ihrem individuellen Vorrat verfügen können. Andererseits steht der Sonderweg einer Themengruppe im Vordergrund. Aufgrund der immens großen denkbaren Bandbreite werden natürlich nur exemplarische Gruppen berücksichtigt.

Zur Anreicherung der Spielvielfalt finden sich zudem neue Professionen (einseitig beschrieben) und Archetypen (doppelseitig), wobei neben Anregungen zur Ausrüstung jeweils Beschreibungen und Wertekästen vorhanden sind, für die acht Archetypen gibt es wie im Grundregelwerk zusätzlich noch fiktionale Texte, in denen diese Figuren im Mittelpunkt stehen. Genau wie im Grundregelwerk sind die einzelnen Texte miteinander inhaltlich verbunden, so dass sich daraus eine kleine Abenteuergeschichte ergibt.

II. Kritik

Tatsächlich handelt es sich um einen sehr kompakten Band, der im Vergleich zu anderen DSA- Publikationen (inklusive des Grundregelwerks) sehr schnörkellos daherkommt, was vor allem in der Textgestaltung deutlich wird, es dominieren die Regelerläuterungen, allenthalben ergänzt durch Wertekästen. Eine narrative Ebene ist – abseits der Erzähltexte für die Archetypen – nicht vorhanden. Letztere gefallen mir dafür wieder sehr gut, weil sie einen stimmungsvollen Einblick geben und wieder aufzeigen, wie unterschiedlichste Figuren miteinander in Kontakt treten können und eine Art von Heldengruppe ergeben können.

Somit finden sich viele gebündelte Informationen, die das Spiel sicherlich an vielen Stellen auch bereichern können. So sind beispielsweise die neuen Professionen oder die Archetypen interessante Anregungen zum Spiel mit entsprechenden Figuren. Vielfach finden sich auch gute Konzepte, die die Möglichkeitspalette erweitern, z.B. bei der Nutzung der Umgebung für den Kampf oder auch in Form von Spielvarianten wie der Bauchrednerei, die sich situativ gut und originell einbinden lässt.

Umgekehrt zeigt sich für Menschen wie mich, die Regeln gerne auf einen simplen Nenner bringen möchten, hier auch das Typische an DSA, was eher ein wenig abschreckend denn einladend wirkt. Vor allem das Talentkapitel scheint mir eher dazu angetan, das Spiel enorm kleinschrittig zu gestalten, indem man die Talente noch weiter auffächert, was für mich immer einen leicht bürokratischen Ansatz hat. Ähnliches gilt für das Verwenden von Trefferzonen, da somit Kämpfe in noch ausartendere Würfelorgien münden können, als dies ohnehin schon der Fall ist. Allerdings ist das natürlich auch eine Frage des Spielstils, viele Spieler dürften das von mir Monierte im Gegenteil als bereichernde Elemente ansehen, die das Rollenspiel lebensnaher und realistischer gestalten.

In manchen Bereichen arten mir Regeln dann aber doch etwas zu sehr aus, z.B. in konkreten Beispielen wie der Sonderfertigkeit „Guter Gardist, böser Gardist“, mit der man Verhöre in Anlehnung an das aus Filmen bekannte Konzept „Guter Bulle, böser Bulle“ abhandeln kann. Für solche Spielsituationen halte ich Regeln nun wirklich für überflüssig, weil diese doch förmlich nach eigener Ausgestaltung und nicht nach einem Regelmechanismus schreien. An vielen anderen Beispielen stellt sich mir persönlich auch die Frage, warum ich sie nutzen sollte, vor allem bei mathematischen Differenzierungen wie zwischen Bruch- und Strichrechnung (als Wissenstalente), die für mich schlichtweg nicht im Mittelpunkt einer abenteuerlichen Handlung stehen. Aber auch hier ist natürlich klar anzumerken, dass das Kompendium viele Spielstile bedienen soll, diejenigen, die sich starke Kämpfer basteln wollen genauso wie diejenigen, die gerne bodenständige Spielercharaktere erstellen. Gerade dazu werden z.B. auch in Form der Themengruppen anschauliche Ausgestaltungen präsentiert, ebenso gibt es eine gewisse Ausgeglichenheit zwischen eher abenteuerlichen (z.B. sehr viele Kriegerprofessionen, die auf die beinhalteten Kampfsonderfertigkeiten abgestimmt sind) und eher profanen Professionen. Der berühmte Zuckerbäcker wird in dieser Hinsicht bewusst überzeichnet, wobei die Kritik an dieser Rolle explizit thematisiert wird.

III. Fazit

Das Kompendium enthält eine ausgesprochen breite Palette an Regelerweiterungen und somit auch an neuen Spielmöglichkeiten. Vieles ist ausgesprochen kleinschrittig und bodenständig gehalten, was je nach Spielstil mehr oder weniger gefallen mag, allerdings werden mir stellenweise zu viele Situationen mit Regelmechanismen versehen, die auch rollenspielerisch gelöst werden könnten. Einer Punktwertung enthalte ich mich in diesem Fall, auch weil viele Regelaspekte (insbesondere die Balanceauswirkungen der Kampfsonderfertigkeiten) für mich nicht vollständig erschließbar sind.

6 Kommentare

  1. Publikation hat 40 mal eine praktisch identische Tabelle von Erschwernissen und Erleichterungen gecopy-pasted.

    Rezensent kommentiert dies so: „Tatsächlich handelt es sich um einen sehr kompakten Band, der im Vergleich zu anderen DSA- Publikationen (inklusive des Grundregelwerks) sehr schnörkellos daherkommt,“

    ist das dein Ernst? 😀
    Was muss Ulisses denn machen, damit du sowas mal offen und direkt ansprichst? Oder hast du das Buch garnich gelesen? Oder ist dir nich aufgefallen, dass bei praktisch jedem Handwerkstalent (und überhaupt fast jedem Talent) praktisch die selbe Tabelle kopiert wurde?

    Wie kannst du soetwas als „Kompakt“ und „Schnörkellos“ attributieren?

    Warum gibst du keine Wertung ab? Oder ist „Keine Wertung“ das Eingeständnis deinerseits, dass die Publikation wirklich scheisse ist – aber du magst gern deine Gratis Rezensionsexemplare behalten? 🙂

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    1. Hab eigentlich nur auf einen wunderbar sachlichen Kommentar von dir gewartet.
      Mag mich zu so einem feinsinnigen Text eigentlich kaum äußern, nur zwei Dinge:
      1. ich habe kein Rezensionsexemplar erhalten, sondern natürlich den vollen Preis für die Hardcover-Ausgabe bezahlt
      2. ich bin dir keine Rechenschaft schuldig, wann ich eine Wertung abgebe oder nicht, das ist allein meine Entscheidung, was ich in meinem Blog mache und was nicht. Ich habe es im Text begründet, das sollte reichen. Wenn dir das nicht passt, musst du dir deine eigene Webpräsenz zulegen, da kannst du gerne abledern, was das Zeug hält…

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      1. Oha, zu 1) muss ich dann mich entschuldigen! Der Vorwurf und die Stichelei meinerseits war dann nicht fair 🙂

        zu 2) Auch das ist wirklich fair.

        Ich will aber nocheinmal fragen:
        „Publikation hat 40 mal eine praktisch identische Tabelle von Erschwernissen und Erleichterungen gecopy-pasted. Rezensent kommentiert dies so: „Tatsächlich handelt es sich um einen sehr kompakten Band, der im Vergleich zu anderen DSA- Publikationen (inklusive des Grundregelwerks) sehr schnörkellos daherkommt,“ […]“
        Was muss eine Publikation tun, um neben verschwenderischem Layout und radikalem copy-paste Einsatz NICHT MEHR als „kompakter […] schnärkelloser [Band]“ daherzukommen?

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      2. Gerade das Talentkapitel besteht aus Abschnitten, die weitgehend ohne lange Texte auskommen, es gibt immer nur die Überschrift, die Erläuterung, Beispiele mit Modifikationen und Regelanmerkungen. Dann kommt das nächste Talent usw. Die meisten DSA-Bände (auch Regelwerke) verwenden z.B. Ingame-Texte, mehr Bebilderung etc. Das ganze ist sehr formal gehalten.
        Das meinte ich mit schnörkellos.

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  2. Vorweg: Ich halte das Talente-Kapitel in dem Band nicht für gelungen, und unter anderem scheint mir hier besonders kritikwürdig, dass zu viele der Tabellen wenig informativ und hilfreich sind. Dass die jeweils einschlägigen Tabellen bei der Beschreibung der Anwendungsgebiete mehrfach abgedruckt sind, kann man m.E. aber mit guten Gründen sowohl gut finden (weil es Sucherei erspart) oder doof (weil es weniger Inhalt fürs Geld bedeutet). Will meinen: Das eigentliche Problem mit den Tabellen liegt woanders. Ganz abgesehen davon frage ich mich, was eigentlich so schwer daran ist, Kritik an Rezensionen einmal ohne selbstgerechten Furor und Unterstellungen zu formulieren – insbesondere, wenn man nur gründlich lesen muss, um festzustellen, dass der Rezensent kein Rezensionsexemplar von Ulisses bekommen hat (bei Rezensionen mit Rezensionsexemplar von Ulisses steht das im Text immer explizit drin). Dass es sich für den Gegenwert eines Rezensionsexemplars nicht lohnt, einen Gefälligkeitstext zu schreiben (schlechter Stundenlohn), steht auf einem ganz anderen Blatt. Es gibt nicht viele im Nerdbereich, die sich heute noch die Mühe machen, zeitig erscheinde, ausführliche und dem Anspruch nach ausgewogene und begründete Produktbesprechungen zu schreiben, und selbst da, wo wir mit ihnen nicht einverstanden sind, bricht uns echt kein Splitter aus der Dämonenkrone, wenn wir sie mit einem gewissen Mindestmaß an Respekt und Höflichkeit behandeln. Sonst bleiben uns irgendwann zu Orientierungszwecken nur noch Likes, 3-Zeilen-Rants und Emojis, deren Informationsgehalt gegen Null tendiert.

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