Rezension: Da´Jin´Zat – Die Kampfkunst der Achtsamkeit

Vorbemerkung: Nachdem zuletzt leider nur ein nicht erschienener Roman für viel Wirbel gesorgt hat, gibt es nun mit Da´Jin´Zat – Die Kampfkunst der Achtsamkeit auch wieder neues Lesefutter aus Aventurien. Autor Konrad Gladius hat sich dabei einem besonderen Themengebiet gewidmet, wird der Roman doch im Klappentext mit „Der erste DSA-Roman für Eastern-Freunde“ beworben. Ziel des ersten Romans der neuen Reihe aus dem Hause Fanpro ist es laut DSA-Urvater Werner Fuchs, mit einem besonderen Highlight zu starten. Mich stimmt die Betitelung umgekehrt eher mit Skepsis, immerhin gibt es kaum ein Genre, um das ich einen größeren Bogen machen würde, als Eastern.

In Zahlen:

– 320 Seiten

– Preis: 14,95 Euro

– Erschienen am 1.7. 2018

I. Aufbau und Inhalt

Inhaltlich ist der Roman doppelbödig strukturiert, gibt es doch eine äußere Rahmenhandlung, in der eine Einbrecherin nach einem erfolgreichen Diebeszug von einem alten Maraskaner vor einer Übermacht von Schlägern gerettet wird, wobei vor allem seine unkonventionelle Kampftechnik den Schurken keine Chance lässt. Der alte Mann, der sich als ihr Auftraggeber entpuppt, stellt sich ihr als Dajin vor und erzählt ihr daraufhin, wie er seinen besonderen Kampfstil entwickelt hat. Darauf folgend wird seine Lebensgeschichte in Rückblenden geschildert.

Seinen Ausgang nimmt dies auf Maraskan, wo der junge Halbwaise Dajin von der mittelreichischen Baronin Aurelia von Parn aufgesucht wird, die sich ihm als die Schwester seiner verstorbenen Mutter vorstellt. Gemeinsam begeben sie sich auf die Suche nach dem Magier Egwan, der für den Mord an Dajins Großvater verantwortlich ist. Mit der Zeit entpuppt sich dies jedoch nicht nur als rein persönliche Queste, sondern wird bedeutsam für ganz Aventurien, strebt Egwan doch danach, sich mit einem uralten Ritual gottähnliche Macht anzueignen.

Damit ergibt sich einerseits die Geschichte einer Reise quer durch Aventurien, die von Maraskan nach Gareth und in die Dämonenbrache führt, folgend nach Brig-Lo und in das Liebliche Feld und Havena bis nach Phexcaer und die Wildnis des Orklandes. Dabei erlebt Dajin die Wirren der frühen Regierungsjahre Hals und des Aufstandes in Maraskan genauso wie Krönungsfeierlichkeiten von Amene Horas in Vinsalt.

Andererseits entwickelt Dajin durch unterschiedliche Lehrmeister eine Perfektion seiner Kampfkünste, indem er ausgehend vom maraskanischen Hruruzat verschiedene Stilveränderungen vornimmt. Im Kern dessen steht die titelgebende Achtsamkeit, mittels der er die vollständige Kontrolle über eine Auseinandersetzung anstrebt und die Handlungen seiner Gegner oft schon im Vorhinein antizipiert. Dies ist auch insofern notwendig, als dass Egwan sich bei der erstmaligen Begegnung als übermächtiger Gegner entpuppt und Dajin eine Möglichkeit finden muss, als Nichtmagier mit dessen Fähigkeiten mithalten zu können.

Das Finale schließlich verbindet beide Zeitebenen, Vergangenheit und Gegenwart, wieder miteinander und gewährt Dajin eine Option, seine Lebensaufgabe zu vollenden.

II. Figuren

Dabei ist Dajin nie allein, wobei seine Tante Aurelia die wichtigste Mentorin darstellt, ist es doch die erfahrene Kriegerin, die ihn seiner Lebensaufgabe zuführt und ihm zusätzlich die ersten Ratschläge erteilt, um seine Kampfkunst über ein konventionelles Maß hinaus zu erweitern. Mit ihr tritt auch der wohl ungewöhnlichste Kampfgefährte Dajins in dessen Leben, der Meckerdrache Smunk, der mit seinem Wissen und seinen magischen Fähigkeiten alles andere als die gängige Vorstellung des Meckerdrachens als diebische Nervensäge erfüllt.

Im Laufe der Handlung gelingt es Dajin zudem, eine richtige Heldengruppe um sich zu scharen, zu der die Magierin Hesindia, der Efferdgeweihte Quelldan und der zwergische Faustkämpfer Chanax gehören, die sich mit ihren jeweiligen Talenten als wertvolle Helfer im Kampf gegen Egwan erweisen.

Letzterer stellt zudem den zentralen Antagonisten dar, der nur selten persönlich konfrontiert wird, dessen Spuren und die Konseqenzen seiner schändlichen Handlungen aber stets gegenwärtig sind und die den Antrieb für Dajins rastlose Suche darstellen. Zudem verfügt er in klassischer Schurkenmanier über einen Masterplan, sichert sich aber abseits seines großen Ziels auch in den Kleinigkeiten gut ab, was sogar zu Verlusten unter Dajins Trupp führt.

III. Kritik

Um eine Feststellung komme ich nicht umhin: Da´Jin´Zat – Die Kampfkunst der Achtsamkeit gewinnt für mich definitiv den Preis für den unglücklichsten und ungriffigsten Titel innerhalb der Geschichte der DSA-Romane. Es mag zwar zu der Eastern-Thematik passen, kann aber sicher auch den Effekt haben, potentielle Leser im Vorhinein abzuschrecken, die sich nicht für fernöstliche Kampfkunst begeistern können.

Wie oben angesprochen zähle auch mich überhaupt nicht zu einer solchen Zielgruppe und tatsächlich wirken dann auf einen solchen Leser manche Passagen etwas langatmig. Ich habe z.B. noch nie einen Roman gelesen, der Kampfhandlungen derart detailliert beschreibt und somit Geschehnissen, die in der Echtzeit wenige Sekunden in Anspruch nehmen würden, auf recht vielen Seiten Platz einräumt. Einerseits wirkt es auf diese Weise sehr anschaulich, andererseits verliert man auch schnell den Überblick, wenn man sich in der Materie Kampfkunst nicht besonders gut auskennt. Ähnliches gilt dann auch für die teils sehr langen philosophischen Gespräche der Protagonisten, um die Theorie weiterzuspinnen, die hinter Dajins Kampfkunst steckt. Das klingt für den Laien schnell zu verschwurbelt und stellenweise etwas albern, insbesondere wenn man sich sogar einen Meckerdrachen als Kampflehrer vorstellen soll.

Das soll aber keineswegs bedeuten, dass ich mich von dem Roman nicht gut unterhalten gefühlt habe. Dajins Heldenreise ist gut konstruiert, wenn er sich vom einfachen Bauernjungen zum erfahrenen Veteranen entwickelt. Seine Gefährten bilden gute Ergänzungen und erzeugen eine deutliche Nähe zur Rollenspielvorlage, wenn sich im Laufe der Handlung eine echte Heldengruppe bildet, wobei die Rolle der wissbegierigen Magierin Hesindia eher konventionell gestaltet wurde, während der Exot Smunk herausragt.

Für ein Erstlingswerk gefällt mir der ruhige und detaillierte Erzählstil von Konrad Gladius, auch wenn stellenweise eine Prise Humor nicht geschadet hätte (und auch zur freundschaftlichen Konstellation der Gefährten gepasst hätte). Besonders hervorzuheben ist die innerweltliche Stimmigkeit, hier merkt man in allen Bereichen, dass der Autor sich viel Mühe gegeben hat, den aventurischen Hintergrund korrekt einzubinden, z.B. die Unruhen in Maraskan oder die Atmosphäre der Hafenstadt Havena. Oft scheint dabei auch viel Detailliebe durch, so können Rollenspiel-Veteranen das halbe Figurenensemble des Klassikers Das Grabmal von Brig-Lo wiedererkennen, was bei mir ein paar schöne Reminiszenzen ausgelöst hat.

Der episodenhafte Stil passt durch die gewählte Rahmenhandlung, dem Tavernengespräch zwischen Dajin und der Diebin Beljanka, und sorgt dafür, dass Dajins Entwicklung glaubhaft aufgezeigt wird. Allerdings werden einige Figuren erst recht spät eingeführt, so dass man von dem jungen Geweihten Quelldan und dem Zwerg Chanax nur einen sehr oberflächlichen Eindruck gewinnt, was insbesondere bei dem eisenbewehrten Faustkämpfer etwas schade ist. Manchmal sind auch Brüche erkennbar, z.B. wenn Dajin seine Familie verliert und dies vergleichsweise wenig thematisiert wird, nachdem er seine Rache genommen hat. Obwohl der Roman im Vorfeld als nicht-kanonisch bezeichnet wurde, gefällt mir zudem der Umstand, dass trotzdem auch die aventurische Prominenz Gastauftritte hat, allen voran die junge Amene Horas und Phrenos ay Oikaldiki, die prägende Figuren im Metaplot des Lieblichen Feldes sind. Durch den Rückgriff auf die Vergangenheit und die Tatsache, dass Dajins Heldentaten weitgehend abseits der Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit stattfinden, werden auch keinerlei Widersprüche zum Kanon erzeugt.

IV. Fazit

Da´Jin´Zat – Die Kampfkunst der Achtsamkeit verfügt für Nicht-Kenner der asiatischen Kampfkunst über einige Längen und einen eher abschreckenden Titel. Dahinter verbirgt sich aber eine durchaus spannende und gut erzählte Heldengeschichte, die der Autor mit einem angenehm-ruhigen Erzählstil transportiert (wenn auch mit einigen Unstimmigkeiten). Sehr schön sind die vielen Bezüge zur aventurischen Geschichte, die für ein hohes Maß an Stimmigkeit sorgen.

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