Rezension: Im Garten des Magiers

Vorbemerkung: Neues offizielles Abenteuermaterial ist in diesen Tagen zwischen den Crowdfunding-Ausschüttungen (dann aber in Massen) ein wenig rar geworden. Umso beachtlicher, wenn unverhofft ein kostenfreies Abenteuer erscheint. Im Garten des Magiers ist ein Download von DORP, verfasst von Markus Heinen, vollfarbig und mit einem professionellen Layout erstellt. Grund genug, die Fanpublikation mit einer kurzen Rezension entsprechend zu würdigen.

In Zahlen:

– 25 Seiten

– Preis: Gratis-Download

– erschienen am 23.7. 2018

I. Inhalt

Dem beschränkten Seitenplatz geschuldet ist das Abenteuer dementsprechend gradlinig aufgebaut. Der Einstieg ist dabei sehr klassisch gestaltet, erhalten die Helden doch einen Standardauftrag: Der Feenforscher Aelfin Baernhold hat sich seit längerem nicht mehr bei seiner Kollegin mit einem ähnlichen Forschungsgebiet, der Hesindegeweihten Niamh, gemeldet. Demnach sollen sie ihn in seinem Haus in einem kleinen albernischen Weiler in der Nähe des Farindelwaldes aufsuchen. Hier wird davon ausgegangen, dass die Spielercharaktere in einer Stadt mit einem Hesindetempel den Auftrag erhalten, die Reise zum Weiler wird mit einer kleinen Würfeltabelle ausgestaltet.

Das Dorf selbst hat eine Karte spendiert bekommen, zusätzlich findet sich eine Kurzbeschreibung der Bewohner, auch unter dem Aspekt, wie viel Kontakt sie zu dem Magier haben (vor allem als Dienstleister) und über welche Informationen sie ihn betreffend verfügen. Die ausführlichste Beschreibung erhält natürlich das Anwesen des Magiers selbst, wo die Helden sicherlich auch besonders gründlich nach Hinweisen auf seinen Verbleib suchen werden.

Dort wird auch der Höhepunkt des Abenteuers eingeleitet, in dem die Helden eine unverhoffte Transformation durchleben und sich plötzlich mit der gewohnten Umwelt aus einer gänzlich anderen Perspektive auseinandersetzen müssen: Als Miniaturausgaben ihrer selbst müssen sie sich einerseits die Mittel zu einer Umkehrung ihres Zustandes verschaffen, andererseits stellen nun eigentlich alltägliche Begebenheiten (das Hinaufsteigen einer Treppe, die Begegnung mit kleinen Tieren) buchstäblich riesige Herausforderungen dar. Im Anhang finden sich dementsprechend angepasste Werte von solchen Tieren, wie zum Beispiel die einer Ameise.

II. Kritik

Sich populärer Vorlagen wie „Liebling, ich habe die Kinder geschrumpft“ zu bedienen, ist bei DSA-Abenteuern sicherlich kein Novum, auch das hier gewählte Thema der Miniaturisierung der Helden und der damit verbundene Wandel einer alltäglichen Umgebung zu einer gefährlichen Umgebung sind auch in früheren Abenteuern schon verwendet worden.

Das bedeutet aber keineswegs, dass Im Garten des Magiers keine gute Unterhaltung bietet. Im Gegenteil, die Grundidee ist gut durchdacht, vor allem weiß die Ausarbeitung mit gutem Kartenmaterial zu überzeugen. Das Terrain des Magieranwesens verwandelt sich auf diese Weise unvermittelt von einer konventionellen und eher unspektakulären Behausung hin zu einer Umgebung, in der sowohl die kleinen Tiere als auch das Zurücklegen einzelner Wege echte Herausforderungen werden, wenn z.B. der herumstreunende Nachbarskater urplötzlich eine todbringende Bestie darstellt.

Grundsätzlich ist das in den Hintergrund Albernias mit seinem feeischen Schwerpunkt gut und sinnhaft eingebunden, das Portal als Umwandler ist plausibel. Ebenso wird auch flexibel die Möglichkeit berücksichtigt, dass nicht alle Helden auf einmal verwandelt werden (Wobei ich hier durchaus die Option interessant gefunden hätte, dass geschrumpfte und normalgroße Helden gemeinsam an einer Lösung arbeiten könnten). Auch die umgebende Dorfgemeinschaft ist anschaulich ausgearbeitet, so dass schon zu Beginn des Abenteuers viel Interaktion möglich ist, ohne zu früh die Problematik aufzudecken.

Für ein kostenfreies Produkt muss zudem die Gestaltung ausdrücklich gelobt werden, vor allem die Ausstattung mit Kartenmaterial ist vorbildlich gelungen, ebenso ist Layout professionell, was allerdings angesichts des Mitwirkens einiger Ulisses-Mitarbeiter nicht verwundert.

Einen zentralen inhaltlichen Kritikpunkt muss ich allerdings in einem Teil der Handlungsgestaltung anbringen: Ich empfinde es als ausgesprochen unbefriedigend, dass das Schicksal Aelfins ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr aufgegriffen wird. So wird zwar erwähnt, dass er – im Gegensatz zu den Helden – den gefahrvollen Weg zurück in seine Studierstube nicht überlebt hat, aber es gibt keine Konkretisierung, was ihm zugestoßen ist. Ich halte es für sehr wahrscheinlich, dass viele Heldengruppen sich nicht ausschließlich auf den eigenen Überlebenskampf konzentrieren werden, sondern stattdessen die Suche nach dem Magister aufnehmen werden. Somit wäre eine Klärung seines Schicksals nebst möglicher Hinweise (z.B. ein Leichenfund) sicherlich wünschenswert.

Natürlich muss hier der Anspruch an eine kostenfreie Publikation nicht der gleiche sein wie an ein offizielles Abenteuer zum Vollpreis, somit halte ich es für völlig legitim, dass viele Bereiche nur grob skizziert werden, z.B. der Einstieg, bei dem eine Reihe von Vorschlägen vorhanden sind, aber keine ausgearbeiteten Varianten, genauso wie es dem Spielleiter weitgehend überlassen ist, mit Hilfe der Karte den Rückweg der verkleinerten Helden auszugestalten. In diesem zentralen Handlungsaspekt hätte ich allerdings einen Infokasten in der Art von „Aelfins Schicksal“ als wichtig angesehen, da sonst der eigentliche Auftrag am Ende kaum noch eine Rolle spielt.

Stellenweise wirkt der Stil grundsätzlich ein wenig wie der eines Klassikers, liegt doch die Konzentration deutlich auf der Ausgestaltung der Handlungsschauplätze (immerhin sind Karten des Dorfes, des Hauses und des Gartens vorhanden), während inhaltliche Aspekte oft weniger konkret geschildert werden. Auch Figuren sind von eher untergeordneter Bedeutung, sind doch die Dorfbewohner im Hauptteil des Abenteuers aufgrund der veränderten Größenverhältnisse nicht relevant, stattdessen treffen die Helden nur auf viele für sie gefährliche Kreaturen, mit denen (außer im Fall der Blütenfee Fjora) sie höchstwahrscheinlich nicht kommunizieren können.

III. Fazit

Im Garten des Magiers ist ein schönes kleines Abenteuer, das das bekannte Motiv der Verkleinerung gut umsetzt und den Hintergrund Albernias dazu passend verwendet. Überzeugen kann vor allem die professionelle Machart und die Gestaltung der Örtlichkeiten (auch mithilfe von umfangreichem Kartenmaterial), während inhaltlich noch einiges an zusätzlicher Ausgestaltung durch den Spielleiter notwendig ist, vor allem was das Schicksal des zentralen NSCs angeht. Abseits davon finde ich es uneingeschränkt positiv, dass abseits von offiziellen Publikationen an anderen Stellen solche DSA-Publikationen erscheinen.

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