Rezension: Fest der Feinde

Vorbemerkung: Das Liebliche Feld entwickelt sich zu einem der beliebtesten Abenteuerschauplätzen in Zeiten von DSA5, was natürlich auch an der Wahl von Belhanka als Schauplatz für alle Abenteuer aus dem Wege der Vereinigungen-Crowdfunding liegt. Fest der Feinde von Jeanette Marsteller führt hingegen nach Neetha und verspricht laut Klappentext ein Abenteuer für „Charmeure, Intrigantinnen und Maskenspieler“, also einen abenteuerlichen Ausflug auf das gesellschaftliche Parkett.

In Zahlen:

– 64 Seiten

– Preis: 14,95 Euro

– Erschienen am 27.6. 2019

I. Aufbau und Inhalt

Dem Titel folgend wird zunächst die Hintergrundgeschichte zweier alter Feinde erzählt, die ursächlich für die aktuellen Ereignisse ist. Dem schließt sich – da zur Zeit noch keine Regionalspielhilfe für das Liebliche Feld existiert – eine kurze Stadtbeschreibung von Neetha an, wobei die Konzentration auf den einzelnen Stadtteilen liegt und auf den wichtigsten Vertretern der Oberschicht, geordnet nach den großen Patrizierfamilien.

Diese spielen in den folgenden Kapiteln eine zentrale Rolle, erhalten die Helden doch von der Rahjakirche den Auftrag, den Gerüchten über zu ausschweifenden Festlichkeiten innerhalb der städtischen Elite nachzugehen. Um Zutritt zu diesen exklusiven Kreisen zu erhalten, wird dabei eine Maskerade vorgeschlagen, in der die Spielercharaktere selbst die Rolle von Adeligen einnehmen sollen, die das Erbe einer kürzlich verstorbenen Patrizierin antreten und nun Anschluss an die Oberschicht suchen. Zu diesem Zweck wird ihnen eine Patriziervilla samt Haushälterin zur Verfügung gestellt, für die ebenfalls eine Beschreibung samt Lageplan existiert.

In der Folge werden verschiedene Möglichkeiten der Recherche umrissen, bei denen die Helden Informationen erhalten können über die wichtigsten Protagonisten und natürlich auch Kontakte knüpfen können. Dabei können sich schon erste Verdachtsmomente ergeben, z.B. indem man auf Verbindungen einzelner Patrizier zu lokalen Diebes- und Schmugglerbanden stoßen kann. Eine Möglichkeit dazu besteht auch darin, eigene Festlichkeiten zu organisieren, wozu eine Auflistung der denkbaren Rahmenbedingungen vorhanden ist, z.B. Angaben zu Festvorbereitungen wie Personalaufwand, Anschaffungen etc.

Das Finale hingegen wird auf einer auswärtigen Feier stattfinden. Auch hier ist ein Plan der betreffenden Villa enthalten, ebenso wie eine Schilderung der einzelnen Räumlichkeiten. Zudem gibt es hier jede Menge Gäste, unter anderem einige der wichtigsten Repräsentanten Neethas. Diese sind jeweils mit einer Personenbeschreibung ausgestattet und einer eigenen Agenda, also mit welchen Absichten sie an der Feier teilnehmen. Dazu ist ein Ablauf des Abends vorhanden, wie die Ereignisse sich mit oder ohne Zutun der Helden entwickeln könnten.

II. Figuren

Wie erwähnt, trifft man auf eine ganze Reihe der Patrizier der Stadt, z.B. auf die Familien ay Oikaldiki, Darando, della Cordaio, da Nociella und la Mandaia. Auf den Festen kommt man aber auch mit anderen sehr Illustren Personen zusammen, z.B. Lessendero Phelean Calanyeda, dem Autor der Rapiro Floretti-Romane. Eine wichtige Ansprechpartnerin ist zudem Udora, die Haushälterin der von der Rahjakirche verliehenen Villa.

III. Kritik

Intrigenspiele unter der horasischen Oberschicht sind sicherlich nicht die originellste Grundidee für ein Abenteuer in Neetha, allerdings ist das auch immer eine Frage der Umsetzung. Ähnliches gilt für ausschweifende Feste, der Verlauf rahjaungefällige oder gar frevelhafte Ausmaße annehmen kann, was gerade im Zuge der Wege der Vereinigungen-Publikationen gerade im vergangenen Jahr mehrfach als Handlungsmotiv verwendet wurde.  Und in dieser Hinsicht stellt man fest, dass viele Versatzstücke durchaus schon mal da gewesen sind, in der Summe aber für unterhaltsame Verwicklungen sorgen.

Seinen größten Reiz nimmt das Abenteuer aus der titelgebenden Konfrontation von alten Feinden, wobei die genauen Hintergründe für die Helden sicherlich lange Zeit noch nicht durchschaubar sind. Interessant ist  vor allem der Umstand, dass man relativ variable Loyalitäten hat, es ist weder klar festgelegt noch vorhersehbar, wie die Helden sich innerhalb der Personenkonstellation verhalten werden und mit wem sie denkbare Bündnisse eingehen werden, hier ist auch der sprichwortartliche „Pakt mit dem Teufel“ eine Option, sei es auf Basis von Fehleinschätzungen der Motive der handelnden Figuren oder eben auch aus moralischer Flexibilität. Positiv ist zudem, dass hier im Rahmen des regionalen Metaplots erkennbar eine neue Machtgruppierung aufgebaut wird, gerade der Mangel an neuen Antagonisten von Format wurde ja von verschiedenen Seiten (auch von mir) seit dem Editionswechsel kritisiert. Die Grundidee wirkt ein wenig wie eine (noch bösere) Variante von Der Graf von Monte Cristo, die aber gut umgesetzt ist. Hier ergibt sich auch die spannende Frage, inwieweit die Helden die wirklichen Hintergründe durchschauen oder ob sie sich von geschicktem Intrigenspiel in die Irre leiten lassen, was sogar über das Abenteuer hinaus Konsequenzen haben kann.

Etwas uneinheitlich funktioniert der Gesamtaufbau, hier sind wechselnd sehr vage Szenen umrissen (vor allem im Vorfeld der abschließenden Feier, wobei der nur grobe Skizzen der Recherchemöglichkeiten existieren), auf die dann sehr konkrete Geschehnisse vorgesehen sind (teils mit Vorlesetexten), auf die vergleichsweise wenig Einfluss genommen werden kann. Dabei gibt es einige sehr markante Auftritte, die fast schon theatralisch inszeniert sind. Generell habe ich kein Problem mit einer engeren Führung, hier wirken die Kontraste allerdings stellenweise etwas hart.

Die Stärke von Fest der Feinde sehe ich generell eher auf der Ebene der reizvollen Figurenkonstellation. Wenn auf den Festlichkeiten mit vielen interessanten NCSs interagiert werden kann, können sich hier jede Menge spannender Verwicklungen ergeben. Für ein Rechercheabenteuer gibt es zu wenig variable Verdachtsmomente. Im Prinzip verhärten sich die Verdachtsmomente viel zu schnell gegen die tatsächlichen Antagonisten, hier hätte ich mir auch die eine oder andere Finte und falsche Spur gewünscht, mittels der man falsche Schlussfolgerungen ziehen kann. Grundsätzlich halte ich das Recherchekapitel für wenig ergiebig, für meinen Geschmack hätte eine vertiefende Ausschmückung der abschließenden Feier mehr Potential, wenn dort mehr Aufgaben für die Helden vorhanden wären, um noch mehr Einfluss auf die Entwicklung der Handlung und des Finales nehmen zu können. Allerdings sind natürlich auch immer wieder Angaben vorhanden, wie die Entwicklungen sich auch anders gestalten können, d.h. alternative Handlungsräume werden durchaus bedacht.

Eine sehr schöne Idee ist das Gewähren eigener Gestaltungsmöglichkeiten durch die Patriziervilla und den (wahrscheinlich falschen) Patrizierstatus. Das Ausrichten eigener Festivitäten dürfte für kreative Spielergruppen sicher einen Heidenspaß bedeuten, Örtlichkeit und Organisationsoptionen sind hierzu gut skizziert. Ohnehin ist das Abenteuer in dieser Hinsicht vorbildlich gestaltet, gerade Ort (mit Karten) und Figuren sind für den Spielleiter gut aufgearbeitet. Nebenbei stellt es sicherlich auch eine unterhaltsame Herausforderung dar, sich mit einer gut durchdachten Tarnidentität auszustatten.

IV. Fazit

Fest der Feinde verfügt über eine starke Figurenriege, die in ihrer Interaktion mit den Spielercharakteren für sehr unterschiedliche Verwicklungen sorgen kann und die in ihrer jeweiligen Agenda sehr eigenständig und flexibel sind. Allein daraus kann sich ein spannendes und reizvolles Abenteuer ergeben. Die Handlung ist dafür stellenweise etwas gradlinig und durchschaubar, allerdings entwickeln sich auch hier viele interessante Szenen, auch befördert durch eine gute Ausarbeitung der Hintergründe. Gerade die Antagonisten sind zudem eine echte Herausforderung.

Bewertung: 4 von 6 Punkten

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