Rezension: Forschungsdrang und Rollenspiel

Vorbemerkung: DSA gibt es seit nunmehr 35 Jahren und in der Wahrnehmung von Rollenspiel hat sich seit dieser Zeit sichtbar viel getan, von einem suspekten Nischenbereich für Stubenhocker ist es heute ein akzeptiertes Hobby und der „Nerd“ wird längst nicht mehr belächelt, sondern hat längst Einzug in die Populärkultur gefunden. Dementsprechend gibt es mittlerweile sogar wissenschaftliche Untersuchungen zu den unterschiedlichen Facetten von Rollenspiel. Eine Sammlung solcher Artikel zum Thema DSA findet sich in Forschungsdrang und Rollenspiel, wobei durch eine offene Vorgabe extrem differente Bereiche thematisiert werden. Auch wenn es schon etwas her ist, dass ich mich regelmäßig mit wissenschaftlichen Texten auseinandergesetzt habe, klingt es durchaus reizvoll, Rollenspiel auch einmal aus dieser Perspektive zu betrachten.

In Zahlen:

– 204 Seiten

– 18 Einzelartikel in 5 Überkapiteln

– Preis: 39,95 Euro

– Erscheinen am 26.8. 2019

I. Aufbau und Inhalt

Der Band besteht aus insgesamt 18 Einzelartikeln, die – wie schon angesprochen – keinen dezidierten vorgegebenen Themenkomplex behandeln mussten. Trotzdem gibt es eine grobe Einordnung in fünf Kapitel, wobei man die einzelnen Artikel in Kategorien einsortiert hat.

Den Einstieg leistet allerdings mit Hadmar von Wieser ein DSA-Urgestein, der in seinem Vorwort aus zwei unterschiedlichen Perspektiven auf das Rollenspiel blickt. Im Artikel Wege der Forschung von Stefan Donecker, Karin Fenböck, Alexander Kalins und Lukas Daniel Klausner erfolgt zudem eine konkrete Hinleitung zum Bandinhalt, indem nach einigen Charakteristika kurz die einzelnen Aufsätze des Bandes vorgestellt werden. Kulturelle Diversität von Abenteuergruppen als Wettbewerbsvorteil von Tobias M. Scholz stellt anhand des sogenannten Competetive-Acceptence-Modell vier Kultur-Typen vor, die der Autor auf aventurische Verhältnisse überträgt und die vor allem die Haltung charakterisieren, mit der ein Charakter der Spielwelt begegnet und wie dies sich auf eine Heldengruppe auswirken kann.

Das Kapitel Narration und Verortung setzt sich folgend vor allem mit erzählerischen Schwerpunkten auseinander. Sebastian Bolte stellt dazu in Die auszuerzählende Erzählung – Das Rollenspielabenteuer als narrative Gattung  diese Besonderheiten des Erzählens im Rollenspiel in den Mittelpunkt, wobei er hier neben den üblichen Protagonisten Sonderinstanzen sieht, ist es ja die Interaktion von Rollenspielautor, Spielleiter und Spielenden, die zusammen die Geschichte entwickeln, was auch in verschiedene Stadien kategorisiert wird. Georg Koch und Annegret Heinrich gehen in Das Spiel mit der Geschichte vor allem der Frage nach, was sich hinter dem Anspruch der lebendigen Geschichte Aventuriens verbirgt. Dabei werden verschiedene Aspekte herangezogen, wie das kontinuierliche Erzählen, das sich aus den Handlungen der HeldInnen ergibt, aber auch Bezüge zur irdischen (Fantasy-) Geschichte, beispielhaft festgemacht am Herrschaftssystem. Zuletzt wird das Konzept des Metaplots betrachtet. Einen anderen Ansatz wählt Lukas Schmutzer, der in Gor und Tamariskenhain die räumliche Perspektive beleuchtet. Dabei geht es vor allem darum, wie Räume erzählerisch erschlossen und genutzt werden, wobei er sich unter anderem auf das alte Konzept der Trennung von allgemeinen Informationen, speziellen Informationen und Meisterinformationen bezieht. Auch unterschiedliche Entwicklungsphasen von DSA werden dabei berücksichtigt, indem die Abenteuer Im Wirtshaus zum Schwarzen Keiler, Das Grabmal von Brig-Lo, Die Attentäter und Staub und Sterne ausgewertet werden.

Die Bewohner Aventuriens werden im zweiten Kapitel Aspekte aventurischer Gesellschaft in den Mittelpunkt gerückt. Bastian Gillner setzt in Heldenkaiser, Schwertkönige, Ritter ohne Furcht und Tadel dabei ganz oben an, indem er aventurische Adelskonzepte untersucht. Vor allem wird hier die deutliche Anlehnung an irdische Adelsvorstellungen betont. Gerade eine Orientierung an idealisierten Ritterbildern wird konstatiert, wobei zudem die grundsätzlichen Strukturen vergleichbar sind, allerdings werden auch Unterschiede gesehen, indem Verwaltungsaufgaben unberücksichtigt bleiben, ebenso das Ständewesen. Wege des Ritters von Marc-Andre Karpienski verlagert den Kernaspekt auf den Bereich der Kriegsführung. Hier wird auf die Bildung von Heeren verwiesen, vor allem die Besonderheit von Landwehren und Rittern. Für konkrete Kriegshandlung werden die Unterschiede zu realen mittelalterlichen Konflikten hervorgehoben, z.B. der Verlauf von Belagerungen, der in Aventurien laut den Schlussfolgerungen des Autors oft mehr cineastischen Aspekten folgt, weshalb ein Sturmangriff auf eine belagerte Festung dort deutlich häufiger vorkommt. In einen sehr diffusen Bereich begibt sich David Nikolas Schmidt mit Aventurische Geheimdienste. Am Beispiel von KGIA, DBA und der Hand Borons wird einerseits die inneraventurische Geschichte der jeweiligen Geheimorganisation nachvollzogen, andererseits ein Abgleich mit realen Vorbildern der irdischen Geschichte vorgenommen. Oliver Overheu wirft in Vom Leben in seinen natürlichen und übernatürlichen Formen einen Blick auf den Stand der aventurischen Medizin. Hier steht vor allem die Besonderheit im Mittelpunkt, dass es zwei Möglichkeiten der Behandlung von Krankheiten und Verletzungen gibt. So wird einerseits die wissenschaftliche Bekämpfung von Leiden berücksichtigt, deren Wissensstand als überschaubar eingeordnet wird und andererseits das arkane bzw. karmale Heilwirken.

Das 3. Kapitel verfügt über einen deutlich weniger konkreten Schwerpunkt, thematisiert es doch Philosophie und Ethik. Passend dazu ist der Artikel Metaphysik, Magie und Moderne in DSA von Arno Vangheluwe sehr allgemein gehalten, indem in vielen Bereichen die Frage aufgeworfen wird, was die Konstruktion der Fantasywelt Aventurien über die Weltsicht ihrer ErschafferInnen aussagt. Dabei werden Vergleiche zwischen den irdischen und aventurischen Zuständen in den Bereichen des kosmologischen Hintergrunds, den Naturwissenschaft und den Lehreinrichtungen gezogen. Als besonders hervorstechende Differenzen werden das Vorhandensein wissenschaftlich betriebener Magie und umgekehrt das weitgehende Fehlen von komplexer Mathematik als Fortschrittsmotor gewertet. Den finsteren Seiten des Denkens und Handelns widmet sich Wolfgang Sattler in Zwischen Geistern und Dämonen. Die Fragestellung lautet in diesem Artikel, ob sich die Seelenlehre Platons auf aventurische Paktierer anwenden lässt. Konkreter versucht der Autor zu belegen, dass in dieser Logik schon im Diesseits die Folgen eines solchen Paktes negative Auswirkungen auf das Leben des Paktierers haben, seinen vorteilsgebenden Paktgeschenken zum Trotz. Patrick Körner beschäftigt sich in Status und Potentiale der Aufklärung am Beispiel der Nanduskirche mit einem auf den ersten Blick eher widersprüchlichem Themenfeld: Kann es in einer Welt, in der die Götter real existieren, aufklärerische Bewegungen geben? Im Fokus stehen demnach weniger Tendenzen, den Götterglauben völlig zu hinterfragen, sondern solche, die dazu angetan sind, tradiertes Verhalten zugunsten individueller Entfaltung aufzugeben. Katarina Nebelin und Marian Nebelin werfen die Frage auf Hat die Welt des Schwarzen Auges ein Demokratiedefizit? Im mehrheitlich monarchisch orientierten Aventurien werden dabei Sonderformen von Herrschaft auf ihre demokratischen Strukturen hin untersucht, u.a. das elfische Salasandra, thorwal´sche Sippen, die Stadtrepublik Gareth und die Verlosung von Ämtern in Chorhop. Dies wird abgeglichen mit irdischen demokratischen Institutionen oder Staatsphilosophien. Einen biologischen Ansatz wählen Tobias Hainz und Philipp-M. Lang in Die aventurische Chimärologie aus bioethischer Perspektive. Dabei wird zunächst erläutert, welche irdischen Voraussetzungen für Mensch-Tier-Chimären gelten würden. Folgend werden einige aventurische Beispiele vorgestellt, bei denen neben rein ethischen Einwürfen auch eine Rolle spielt, inwieweit Veränderungen der Speziesgrenzen diesen zum Vor- oder Nachteil gereichen.

Im vierten Kapitel Historische Perspektiven wird die geschichtswissenschaftliche Ebene betreten. Johannes Walter widmet sich in Römer in Aventurien? antiken Einflüssen auf die Weltkonstruktion Aventuriens. Neben einem Exkurs in die aventurische Gegenwart, der sich vor allem auf griechische Anlehnungen bei den Zyklopeninseln bezieht, konzentriert sich der Autor primär auf die Vergangenheit des Bosparanischen Reichs, wobei er ebenfalls feststellt, dass die Entwicklung zu antiken Vorbildern erst nach und nach hinzugekommen ist und nicht von Anbeginn an vorgenommen wurde. In einem ähnlichen Bereich findet die Untersuchung von Martin Krieger statt, der allerdings in Roma aeterna und das vieltürmige Bosparan den Fokus mehr auf die Expansion des untergangenen Reichs legt. Schwerpunkte bilden dabei der Gründungsmythos, die Expansion und Traditionen. Schlussendlich werden oft eher differierende Entwicklungen erkannt, die teils eher an die Kolonisationsgeschichte des 17. und 18. Jahrhunderts erinnern, wobei immer nur Teilaspekte klar erkennbar dem Römischen Reich entlehnt sind. Thomas Walach konzentriert sich in De Insulis Inventis auf die Parallelen aventurisch-irdischer Entdeckungsgeschichte. Ein wichtiger Bezugspunkt ist das Verhältnis zwischen Myranor und Aventurien, wobei signifikante Unterschiede zur irdischen Entdeckungsgeschichte postuliert werden, vergleicht man beispielsweise Kolumbus mit Harika.

Das letzte Kapitel nimmt vor allem echte Grenzen in den Fokus, konkret die zwischen Menschen und Nichtmenschen. Dabei nehmen sich Karin Fenböck und Stefan Donecker in Baumhocker und Bartmurmler mit Elfen und Zwergen zwei der wohl populärsten Wesen vor. Zunächst werden deren irdische Ursprünge erläutert und zudem die von Tolkien eingeleitete Gegensätzlichkeit beider Charakterkonzepte. Folgend wird die DSA-Umsetzung betrachtet, wobei die Ansätze von Raddatz/Kamaris für Zwerge und von Wieser für die Elfen als prägend angesehen werden. Martin Tschiggerl stellt hingegen in Orks sind auch nur Menschen die klassischen Antagonisten in den Mittelpunkt. Irdisch wird zunächst die Nähe zur Beschreibung/Konstruktion der Mongolen aufgezeigt. Folgend wird das aventurische Orkbild dekonstruiert, wobei die Wandelprozesse zwischen den Publikationen unterschiedlichen Datums verglichen werden.

II. Kritik

Allein die sehr lange Inhaltsbeschreibung zeigt, dass es sich um einen thematisch und inhaltlich sehr breit angelegten Band handelt. Dabei muss ich zunächst positiv anmerken, dass ich die Lektüre von Forschungsdrang und Rollenspiel als ausgesprochen interessant wahrgenommen habe. Die AutorInnen haben viele unterschiedliche Themengebiete in den Fokus genommen, dabei Erörterungen und Schlussfolgerungen vorgenommen, die ich sowohl als informativ als auch gewinnbringend für mein eigenes Bild von DSA und Aventurien empfinde. Als jemand, der auch beruflich mit den Schwerpunkten von Geschichte und Geschichtlichkeit bzw. Narration beschäftigt ist (was in der Mehrheit auch die Aufsätze tangiert), nehme die die Artikel als guten Ausgangspunkt für Diskussionen über die dargestellten Inhalte wahr.

Und tatsächlich kann ich der Prämisse auch völlig beipflichten, dass die lange Publikationsgeschichte von DSA mittlerweile auch einen reichen Schatz an Untersuchungsobjekten hergibt. Ebenso stimme ich zu, dass der Erkenntnisgewinn natürlich nicht im bloßen Abgleich von irdischen und fiktionalen Sachverhalten liegen kann, sondern vor allem in den Rückschlüssen, die man auf die ErbauerInnen und NutzerInnen dieser Spielwelt ziehen kann. Als besonders lesenswert habe ich vor allem die Artikel von Gillner und Karpienski zu Gesellschaft und Adel wahrgenommen, genauso wie den etwas schwerer zugänglichen Artikel zur Narration von Sebastian Bolte. Sehr empfehlenswert sind aus meiner Sicht zudem die beiden abschließenden Artikel zu den Elfen und Zwergen bzw. Orks.

Anders hingegen verhält es sich allerdings mit meinem Gesamteindruck von der Wissenschaftlichkeit des Bandes. Dabei fällt zunächst auf, dass es offenkundig keinen klaren Themenfokus gab: Zwar haben die meisten Artikel einen Vergleich von irdischen Sachverhalten mit den aventurischen Verhältnissen als Gemeinsamkeit, damit enden aber auch erkennbare Zusammenhänge. Beispielsweise fällt auf, dass die Kapitelkategorien offenbar erst später erstellt wurden und es teilweise auch Probleme gibt, Artikel zielgenau einzufügen. Z.B. ist für mich kaum ein Unterschied zwischen den Kapiteln 2 und 4 zu erkennen, beide sind aus meiner Sicht eindeutig im Bereich der Geschichtswissenschaften anzusiedeln. Genauso passt der Artikel zu dem Räumen des Rollenspiels nicht eindeutig in den Bereich der Narration, wenn man die beiden anderen Artikel des Kapitels damit vergleicht. Hilfreich wäre zudem wohl eine Vorgabe gewisser thematischer Grundsätze hilfreich gewesen, um Wiederholungen zu vermeiden. So liest man in der Mehrzahl der Aufsätze in mehr oder weniger langen Passagen eine Erläuterung, dass die SchreiberInnen von DSA irdische Anleihen genommen haben, die nun untersucht werden sollen. Gerade hier hätte eine gemeinsame Prämisse nützlich sein können, um dies zu vermeiden.

Zusätzlich lassen sich klare Stildifferenzen erkennen. Das ist in wissenschaftlichen Sammelbänden per se keine Besonderheit, jeder Mensch hat nun mal einen eigenen Schreibstil und auch mehr oder weniger große Unterschiede in seiner analytischen Vorgehensweise. Hier sind allerdings teilweise ziemliche Extreme zu finden: So ist beispielsweise Sebastian Boltes Text über Narration aus meiner Sicht einer der Texte mit den wissenschaftlich gekonntesten Herleitungen und Schlussfolgerungen, der Autor hat sich allerdings so sehr in den Untiefen von Fachvokabular und Fremdwörtern verloren, dass die Lesbarkeit extrem erschwert wird, was den Text dann auch in Teilen eher gekünstelt wirken lässt (auch im Vergleich mit wissenschaftlichen Publikationen). Umgekehrt finden sich in vielen anderen Texten unwissenschaftlich anmutende Passagen, vor allem pathetisch oder auch sehr trivial formulierte Schlussworte (z.B. im Artikel zur Metaphysik). Auch im Bereich der Textbelege sind teils drastische Unterschiede ersichtlich: Während im Artikel zum Demokratiedefizit sehr exakt mit Fußnoten umgegangen wird und diese auch in ihrer Erläuterungsfunktion genutzt werden, um den Fließtext zu entlasten, haben sie sonst oft nur reine Verweisfunktionen. Mitunter liegt dies auch daran, dass zum Teil auch gar keine datenbasierten Grundlagen vorliegen, sondern die AutorInnen auf Basis persönlicher Erfahrungswerte oder eigener Thesen ohne Beleg argumentieren, besonders auffällig in den Artikeln zur kulturellen Diversität und zur Gesellschaftsgliederung. Hilfreich wäre in diesem Kontext eine Kurzvorstellung der AutorInnen gewesen, um deren fachliche Expertise einordnen zu können.

Etwas merkwürdig mutet aus meiner Sicht die Ausstattung des Textes mit Illustrationen an. Sicherlich handelt es sich um eine Auflockerung der langen Texte und sicherlich sind diese auch sehr gelungen und passen thematisch in der Regel auch gut. Es bricht aber mit dem Anspruch einer wissenschaftlichen Publikation, da kein einziges Bild im echten Sinnzusammenhang mit dem nebenstehenden Text steht, sondern immer nur rein illustrative Funktionen erfüllt.

Im Bereich der Einzelartikel sind einige Aspekte für mich sehr augenfällig: Im Text zu den Heldenkaisern fällt sehr stark der enge Fokus auf das Mittelalter auf, womit Regionen wie das Horasreich und Al´Anfa nicht in die sehr allgemein gehaltenen Prämissen hineinpassen. Auch der folgende Artikel Wege des Ritters fokussiert sich besonders auf den Thronfolgekrieg im Horasreich, während der zentrale Konflikt der Spielwelt im Rahmen der 3. Dämonenschlacht kaum berücksichtigt wird, der ja vor allem die Besonderheit aventurischer Konflikte durch Hilfsmittel wie Magie und Dämonen aufzeigt.

Während ich im Großen und Ganzen die Fragestellungen für durchaus relevant halte, erschließt sich mir ganz eindeutig nicht, wieso ein singulär gewähltes Modell wie Platons Seelenlehre ausgewählt wurde: Welchen Sinn ergibt es, ein konkret irdisches Konzept auf aventurische Verhältnisse zu übertragen? Hier wäre aus meiner Sicht allenfalls die Frage nach der Moral im Allgemeinen sinnvoll, um einen Frevel wie eine Dämonenpakt einordnen zu können. Gerade der Erkenntniswert ist für mich völlig unklar, hier werden ein in Aventurien nicht gültiges Konzept (=Platons Auffassung von gerechtem und unrechtem Handeln) und ein irdisch nicht möglicher Sachverhalt (=ein Dämonenpakt) zusammengebracht.

Stellenweise merkt man dem Band zuletzt an, dass die Texte offenbar schon vor mehreren Jahren erstellt wurden. Als Referenzen dienen in der Regel sehr alte Publikationen. Natürlich sind auch diese untersuchenswert, allerdings stellt das Ergebnis dann aber auch nur einen quasi Rollenspiel-historischen Erkenntniswert dar, beleuchtet aber nicht den aktuellen Stand, was besonders für den Artikel von Koch/Heinrich gilt, da nur Publikationen aus den 80er und frühen 90er Jahren betrachtet werden, die sich gerade in den zentralen Untersuchungsgegenständen sichtlich von neuen Abenteuerbänden unterscheiden. Im Text zur Aufklärung in Aventurien bedingt das Alter, dass neuere Konflikte innerhalb verschiedener Religionsgemeinschaften nicht berücksichtigt werden, die den Untersuchungsgegenstand aus meiner Sicht viel treffender charakterisieren als die gewählten Beispiele, wie es die aktuellen Verwerfungen der Anhänger der Meeresgötter (im Havena-Band beschrieben) zeigen oder das Ringen der Kriegsgötter um Deutungshoheit (Rondra/Shinxir/Kor), wo jeweils etablierte Religionsgemeinschaften in Frage gestellt werden.

III. Fazit

Forschungsdrang und Rollenspiel ist ein außergewöhnlicher Band, dessen Inhalte ich mit viel Interesse zur Kenntnis genommen habe. Die Untersuchungsschwerpunkte halte ich überwiegend für gute Anregungen, seine eigenen Gedanken mit denen der AutorInnen abzugleichen. In der Machart wirkt mir der Band allerdings zu uneinheitlich, was offenbar an einem sehr unklaren Projektfokus liegt. Innerhalb der Artikel gibt es allerdings große Unterschiede, sowohl stilistisch als auch im Rahmen einzelner Schlussfolgerungen, die ich als nicht immer überzeugend bzw. nachvollziehbar betrachte. Somit sehe ich gerade in der Frage der Wissenschaftlichkeit klare Defizite.

Auf eine Punktewertung im bekannten Sinne möchte ich an dieser Stelle verzichten, da die Rezension eines wissenschaftlichen Bandes sich aus meiner Sicht aufgrund mangelnder Vergleichbarkeit meinem üblichen Schema entzieht.

6 Kommentare

  1. Eine, wie ich finde, sehr gelungene Rezension. Trotz der Bestätigung einiger meiner Befürchtungen zu diesem Band, namentlich vor allem der teilweise fehlende wissenschaftliche Anspruch einiger Beiträge, schafft es diese Rezension mich doch für das Buch zu interessieren. Herzlichen Dank!

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  2. Ich glaube ein wissenschaftliches Werk über Rollenspiel lässt sich nicht gut schreiben sofern man nur DSA einbezieht dazu ist das System international zu klein und allgemein zu eingeschränkt von den Fakten. Zudem gibt es fest Aspekte und Überzeugungen diese im Spiel sind von dem Autoren eingebaut diese sich kaum verändert haben.
    Es ist zudem größtenteils nur ein Sehr Strukturiert einzelnes System mit paar Wenigen Versionen diese hauptsächlich Regelastig etwas und Leicht Story veränderndt sind.

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