Rezension: Memoria Myrana 56

Vorbemerkung: Auch im Fanwerk-Bereich hat sich am Ende des vergangenen Jahres einiges angestaut, so dass ich stellenweise nicht ganz mit den Besprechungen nachgekommen bin. Umso mehr freut es mich, dass ich jetzt endlich die Zeit gefunden habe, die jüngste Ausgabe der Memoria Myrana zu lesen. Allerdings war das keineswegs eine kurze Sache für Zwischendurch, handelt es sich doch um eine extrem lange Ausgabe mit satten 98 Seiten Text, die viel neues Material für die außer-aventurischen Kontinente enthalt.

Inhalt

Wie üblich entfällt der größte Teil der Artikel auf das Güldenland, wobei es sich aber zum Teil um ältere Texte aus der Vergangenheit des Wettbewerbs Ars Myrana handelt.

Den Auftakt macht das Szenario Ohne Shinxirs Hilfe von Jochen Willmann. Die Helden retten in der Metropole Balan Cantara den Geschäftsmann Diratenes vor einigen Schlägern. Dankbar offenbart er seinen Helfern, dass er vermutet, dass der Anschlag eigentlich dem bekannten Wagenrennfahrer Sadmelius galt, dessen Finanzen er betreut. Somit beauftragt er sie, eine Recherche anzustellen, um die Hintergründe des Angriffs aufzudecken. Dabei bieten sich mehrere Spuren an, beispielsweise in Unterweltkreisen, in denen mit Wetten viel Geld verdient wird. Genauso ergiebig scheint aber auch der Verdacht, dass es sich um Eifersucht als Motiv handelt, führt Sadmelius doch seit Kurzem eine Beziehung mit einer Frau, die zuvor noch mit seinem ärgsten Konkurrenten Pythsalus liiert war. Seitdem haben die vormaligen Freunde miteinander gebrochen. Neben der Recherche ergibt sich natürlich auch die Möglichkeit der Teilnahme an einem Wagenrennen. Neben einer kurzen Beschreibung der möglichen Recherchewege werden im Anhang noch die wichtigsten Figuren vorgestellt.

Mit Leandra te Kouramnion von Viktor-Maurits Kaszian, Magister Fechlix Serr Mayek von Roland Hofmeister, ChaoKaMio- der Wanderer von Julian Klippert und KaoSharMao von Thomas Weber sind gleich vier Charakterporträts vorhanden, immer mit einer Hintergrundbeschreibung und einigen relevanten Werten. Zudem erfolgen meist auch Vorschläge, wie diese Figuren im Spiel eingesetzt werden können.

Der Kult Queh´Fo von Mario Mirnik ist ein amaunischer Mysterienkult, der vor allem eine Lebensphilosophie vertritt, in der kluges Taktieren brachialen Methoden vorzuziehen ist. Ziel ist es dabei, im gesamten Imperium Einfluss zu gewinnen.

Ein neues Volk wird in der Spielhilfe Lapintar – Langohren der Steppen von Sean David Schöppler und Daniel Bluhm vorgestellt. Dabei entsprechen die Lapintar irdischen Hasen in Überlebensgröße. Neben ihrer Kultur und ihren körperlichen Fähigkeiten wird vor allem auf ihren Götterglauben eingegangen. Dazu gibt es ein Kulturpaket mit den entsprechenden Werten. Eine Sonderrolle nehmen die Slaanaakh ein, die die Magier unter den Lapintar bilden.

Vesayama

Heimweh ist das 6. Kapitel der Fortsetzungsgeschichte von Daniel Bluhm über die Erforschung des Kontinents. Nach den Erlebnissen der ersten Teile gibt es hier nun die Sonderperspektive, dass sowohl die weitere Reise der Forscherinnen geschildert wird, die nach ihrer vorherigen Flucht eine Verschnaufpause erleben, als auch einige Szenen ausgeführt werden, in denen ihre Verfolgung aus Sicht ihrer Gegner geplant wird.

Die Spielhilfe Die Arachnäer von Jan Stawarz stellt zudem ein Volk Vesayamas vor, wobei es sich um Mischwesen aus Mensch und Spinne handelt. Dabei wird natürlich zunächst auf den Körperbau und die Fähigkeiten eingegangen. Folgend werden unterschiedliche Lebensweisen beschrieben, z.B. was die unterirdisch lebenden Tiefenarachnäer von denen unterscheidet, die oberirdisch in Wäldern leben. Auch hier liegt ein Schwerpunkt auf dem Bereich Kultur und Götterglauben, wobei eine Besonderheit ist, dass es sich um ein Volk handelt, das eindeutig matriarchalisch organisiert ist.

Rakshazar

Den größten Raum innerhalb der Ausgabe nimmt das über 40seitige Abenteuer Gefangen in den Nebelauen von Roland Hofmeister ein. Dabei gibt es zwei Varianten des Einstiegs: Zum einen ist ein Einstieg in Neersand möglich, wo man vom Widderorden zur Begleitung einer Expedition ins Riesland angeheuert wird. In diesem Fall muss zunächst eine Überfahrt bewältigt werden, wobei schon die Seereise gewaltige Gefahren aufweist. Im Erfolgsfall findet eine (eher unsanfte) Anlandung in den sogenannten Nebelauen statt, wo auch eine Durchfahrt ins Tal der Klagen vorhanden ist. Dieses ist bereits in einer Spielhilfe beschrieben worden, weshalb auch die Möglichkeit besteht, dass es Helden gibt, die sich schon dort befinden. Diesen Umstand nimmt Variante zwei auf, in der die Heldengruppe auf die gestrandeten Überlebenden der Expedition trifft und sich mit diesen zusammenschließt.

In Verbindung mit der Spielhilfe schließen sich nun eine Reihe von Einzelszenarien an, in der man die überwiegend sehr lebensfeindliche Gegend erschließen kann. Ausgangspunkt ist dabei eine Siedlung von Nachkommen einiger Thorwaler, die vor langer Zeit ebenfalls in den Nebelauen angelandet sind. Diese leben allerdings zwischen Trollen, Orks, Grolmen und sogar einem Mantikor. Aus dieser Konstellation ergeben sich viele Missionen, in denen man seine Position behaupten muss. Nebenbei ergeben sich auch unter den verbündeten Thorwalern und den Expeditionsmitgliedern Konflikte. Am Ende steht zudem die Entscheidung an, ob man eine Rückreise anstrebt oder weiter das Riesland erforschen möchte.

Kritik

Eine derart ausführliche Ausgabe fördert natürlich wieder einmal extrem viel neues Material zutage. Tatsächlich handelt es sich allerdings um vergleichsweise wenig Einzelartikel, vor allem wenn man berücksichtigt, dass die Charaktervorstellungen für myranische Figuren nur jeweils knapp 2 Seiten einnehmen (dafür allerdings vier sehr unterschiedliche Charaktere bieten), auch der amaunische Mysterienkult nimmt eher wenig Raum ein.

Die Spielhilfen sind durchweg sehr interessant, wobei die Lapintar ein wenig kurios wirken, aber dafür sehr ausdifferenziert vorgestellt werden. Etwas reizvoller erscheinen mir die Arachnäer, wobei ich den Versuch interessant finde, Spinnenwesen einmal nicht negativ darzustellen, sondern sie als kulturschaffende Wesen zu etablieren.

Die Fortsetzungsgeschichte erzählt nach wie vor eine sehr abwechslungsreiche Handlung, allerdings sorgen die vielen fremdartigen Namen und die Unterbrechungen zwischen den einzelnen Ausgaben dafür, dass es mitunter schwerfällt, der Geschichte klar zu folgen, zumal immer wieder Ereignisse sehr gerafft eingearbeitet werden.

Die beiden Abenteuer sind ausgesprochen unterschiedlicher Machart: Ohne Shinxirs Hilfe konzentriert sich auf eine spezifische Einzelepisode, wobei vor allem die Figurenkonstellation für einige interessante Wendungen sorgt, das Wagenrennen fügt zudem noch eine actionreiche Passage hinzu, in der man sich auch abseits der Recherchearbeit betätigen kann. Gefangen in den Nebenauen ist dagegen eher eine Kampagne, sind doch die Geschehnisse sehr großflächig angelegt, muss man doch das schwierige Überleben in der rauen Umgebung sichern, wozu das Knüpfen von Beziehungen zu den Nachbarn genauso gehört wie die finale Lösung von Konflikten. Die Missionen sind dabei durchweg sehr fordernd, verlangen aber neben taktisch/kriegerischen Fähigkeiten auch ein gewisses Maß an diplomatischem Geschick. Allerdings muss man zusätzlich noch die Spielhilfe gelesen haben, allein mit den hier vorhandenen Angaben ist das Abenteuer nur schwer zu leiten. Eine besondere Stärke ist dafür die archaische und wilde Atmosphäre, die durch die Figuren und Orte erzeugt wird.

Fazit

Wieder einmal ist eine sehr schöne Ausgabe entstanden, diesmal extrem seitenstark, was vor allem an dem sehr gelungenen Rakshazar-Abenteuer Gefangen in den Nebelauen liegt, das in der Memoria Myrana 56 meiner Meinung nach eindeutig das Highlight darstellt. Nachdem ich mit Vesayama bislang nicht so viel anfangen konnte, gefällt mir die Arachnäer-Spielhilfe, die mir erstmals verdeutlicht, was eine Eigenart des Kontinents darstellen kann.

1 Kommentar

Hinterlasse einen Kommentar