Rezension: Schleiertänzerin-Heldenset

Vorbemerkung: Helden sind ein wichtiger Bestandteil des Aventuria-Crowdfundings, sind doch gleich vier neue Figuren und ihre Decks enthalten, die das bisherige Repertoire noch einmal deutlich erweitern. Mit dem Schleiertänzerin-Heldenset möchte ich dann nun auch den Reigen der Besprechungen dieser Heldensets abschließen. Die Figur der Tänzerin verspricht wiederum ein recht eigenes Konzept. Die Ankündigung von Orgien der Dornen als „erotisches Abenteuer“ stimmt mich dafür allerdings eher etwas skeptisch, weil ich hier ein wenig eine thematische Anlehnung an das von mir ungeliebte Wege der Vereinigungen befürchte, das ich im Ganzen als eher eine platte Umsetzung des Themas Sexualität und Erotik bei DSA wahrgenommen habe.

I. Inhalt

Kernstück der Erweiterung ist das Heldenset der Zaubertänzerin Karima al´Jarima. Als Zaubertänzerin handelt es sich bei ihr zwar um eine magiebegabte Figur, allerdings verfügt sie über keine Zaubersprüche, sondern über sogenannte Zaubertänze. Davon befinden sich insgesamt 6 in ihrem Deck. Diese funktionieren nach einem bestimmten Mechanismus: Sobald sie ins Spiel gebracht werden, werden drei Marker auf sie gelegt und bei jeder Aktivierung wird ein Marker entfernt. Sind alle Marker verbraucht, so wird auch der entsprechende Zaubertanz abgelegt. Die Zaubertänze verfügen dabei über ausgesprochen nützliche Effekte, zum Beispiel die Erhöhung des Angriffswertes, Schadenssenkungen oder Entfernung von starken Karten des Gegners (die aber durch zufälliges Nachziehen ersetzt werden). Somit hat die Zaubertänzerin immer temporär mächtige Hilfestellungen, auf diese sie zurückgreifen kann, allerdings eben nur für 3 Anwendungen. Der Rest ihrer Karten wird sehr von freien Aktionen oder Talenten dominiert, mit denen sie ihre Werte aufbessert oder ebenfalls Effekte freisetzt, die den Gegner behindern bzw. ihm Schaden zufügen. Weniger breit aufgestellt ist sie auf dem Ausrüstungssektor, sie verfügt über 3 Fernkampf- und 2 Nahkampfwaffen, dazu einen goldenen Skorpion, der als Artefakt magischen Schaden anrichtet, allerdings auch der Zaubertänzerin Lebenspunkte nimmt. Über Rüstungsgegenstände verfügt sie nicht, was abbilden soll, dass sie für ihre Tänze keine schwere Bekleidung tragen sollte. Kompensiert wird dies durch den Umstand, dass sie vergleichsweise hohe Kampfwerte in allen drei Disziplinen hat sowie mit 9 einen extrem hohen Ausweichen-Wert.

Das Abenteuer Orgie der Dornen von Christian Lonsing führt, wie der Name schon verrät, in das Moghulat Oron in das Jahr 1024 BF, also in die Zeit der borbaradianischen Besetzung unter der grausamen Herrschaft der Belkelel-Paktiererin Dimiona. Das Begleitheft ist anders verfasst als im Falle der vorherigen Abenteuer, ist es doch zunächst aus Sicht der Antagonisten verfasst, die eine Heldengruppe bei einem Kommandounternehmen in Elburum in eine Falle gelockt haben, darunter auch eine Tänzerin. Diese soll im Sinne von Belkelel gefügig gemacht werden (wegen der sexualisierten Beschreibungen ist auch ein Verweis enthalten, dass sich das Abenteuer explizit an Erwachsene richtet). Mit einem ersten Kampf endet dieses Kapitel. Folgend offenbart sich in einem Perspektivwechsel das eigentliche Ziel der Mission, woraufhin der finale Kampf eingeläutet wird. In diesen Auseinandersetzungen muss man sich mit oronischen Schergen auseinandersetzen, so dass man auf Gegner mit illustren Bezeichnungen wie Gut ausgestatteter Säbeltänzer, Begnadete Auspeitscherin oder Vielarmiger Lustmoloch trifft. Das Finale funktioniert allerdings nach völlig anderen Bedingungen als sonst, erhalten die HeldInnen doch einen sogenannten Opulenz-Wert zugeteilt, der sich aus der Summe der Ausdauer-Karten und den ausliegenden Karten bestimmt (die man im vorherigen Kampf höchstwahrscheinlich gut ausgebaut hat und die – anders als sonst – ausgelegt bleiben). Erst wenn man diese auf einen Wert von 2 herabgesetzt hat, kann man die Aktionen ausführen, mit denen man den Kampf beenden kann.

II. Kritik

Wie zuvor auch, möchte ich Heldin und dazugehöriges Abenteuer in der Kritik voneinander trennen. Bei der Zaubertänzerin gilt ein weiteres Mal, dass mir hier gefällt, dass bei der Zusammensetzung ihres Decks auf eine Eigenständigkeit geachtet wurde, die dafür sorgt, dass sie sich anders spielt als die anderen HeldInnen. Ihr Hintergrund als gewandte Tänzerin, die sich weniger auf bloße Gewalt, sondern auf die Geschicklichkeit verlässt, ist passend umgesetzt worden. Trotz ihrer mäßigen Bewaffnung ist sie durchaus wehrhaft, was sie vor allem ihren vielen Talenten und den Zaubertänzen verdankt. Die Tänze sind ausgesprochen effektiv und kostengünstig, somit schnell einsetzbar. Umgekehrt sorgt die Tatsache, dass jeder Zaubertanz nur über drei Ladungen verfügt, dafür dass sie trotzdem nicht übermächtig wird, sondern diese Effekte sehr bedacht einsetzen muss. Ihr hohen Grundwerte helfen zusätzlich dabei, dass sie sich trotz fehlender Rüstung wirksam ihrer Haut erwehren kann. Damit wird auch ihr derischer Hintergrund stimmig dargestellt, z.B. in Form des hohen Ausweichen-Wertes, der genau die hohe Gewandtheit erfordert, die eine solche Tänzerin benötigt. Zugleich wird sie einerseits als magisch begabte Figur gezeigt, indem sie die Zaubertänze nutzen kann, allerdings werden ihr keine weiteren magischen Fähigkeiten zugestanden, die sie zu einer Vollmagierin machen würden, somit verfügt sie in dieser Hinsicht quasi über eine Inselbegabung, die allerdings ihren Charakter bestimmt und sich von anderen abhebt.

Etwas anders gestaltet es sich bei Orgie der Dornen als Abenteuer. Hier findet sich leider einmal mehr der aus meiner Sicht eher platte Humor aus Wege der Vereinigungen wieder. Dabei wirkt es für mich nach wie vor, als wäre Sexualität und Erotik eher ein Mittel spektakulärer Vermarktung, um damit Aufmerksamkeit zu erregen. In genau dieses Schema fügen sich auch die Schergen mit den schlüpfrigen Bezeichnungen, genauso wie die schwülstigen Texte im Abenteuer. Das ist für meinen Geschmack wieder viel zu gewollt umgesetzt und wird der Handlung, die durchaus spannend ist, nicht gerecht. Eigentlich hatte ich hier gehofft, dass es sich um ein einmaliges Publikationsexperiment handelt, das nicht fortgeführt wird. Zudem passt es auch nicht zum Spielinhalt von Aventuria, dessen Fokus ja eben nicht im Rollenspiel liegt, sondern eher im Kampf.

Interessant finde ich hingegen die geschickte Finte, mit der dafür gesorgt wird, dass sich die SpielerInnen wahrscheinlich durch ihr Handeln im 1. Akt das Leben im 2. Akt dann selbst schwermachen. Wer sich zuvor noch gut gerüstet hat und sogar noch die zusätzlich zur Atempause zur Verfügung gestellten Möglichkeiten genutzt hat, wird dies mitunter verfluchen, da die angebotenen Optionen, Ausdauer- und Ausrüstungskarten dann wieder loszuwerden, mitunter langwierig sein können. Das passt durchaus zu den Gegebenheiten an einem verdorbenen Ort wie Oron, an dem sich vermeintliche Vorteile plötzlich durch veränderte Umstände gegen einen selbst wenden können.         

III. Fazit

Das Schleiertänzerin-Heldenset verfügt einmal mehr über eine Heldin, die sich gut in die bisherige Reihe einfügt und dabei wieder einen Mehrwert darstellt, da sie ebenfalls besondere Spielmechanismen verwendet, die bislang noch nicht vorhanden waren. Das Begleitabenteuer Orgie der Dornen empfinde ich inhaltlich wegen seiner platten Übernahme von Themen aus Wege der Vereinigungen als nicht überzeugend, verfügt aber über eine interessante spielerische Wendung zwischen den beiden Akten, die im Finale eine besondere Herausforderung erzeugt.   

Bewertung: 4 von 6 Punkten

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