Rezension: Swafnir-Vademecum

Vorbemerkung: Thorwal ist in vielerlei Hinsicht eine besondere Regionen mit vielen regionalen Eigenheiten, die es von anderen aventurischen Regionen unterscheidet. Ein Aspekt ist dabei religiös bedingt, ist doch die Verehrung der Zwölfe zwar bekannt und wird auch praktiziert, dominant ist aber der Glaube an den Gottwal Swafnir. Dementsprechend ist auch das Swafnir-Vademecum Teil des Thorwal-Crowdfundings. Wie üblich handelt es sich bei dem Band von Nina Wendelken bis auf ein Sonderkapitel um einen reinen Ingame-Text, der sich aus Sicht eines Geweihten an die Gläubigen richtet, quasi in Form eines Ratgebers.

In Zahlen:

– 160 Seiten

– Preis: 11,95 Euro

– Erschienen am 18.2. 2021

I. Aufbau und Inhalt

Somit beginnt das Vademecum nach einem kurzen Vorwort der Autorin auch mit den Vorbemerkungen der fiktiven Verfasserin, der Swafnirgeweihten Jorunn Swafnirdottir. Im ersten Kapitel Vom Wesen des Gottwals stellt sie anhand eines Auszuges aus dem sogenannten Jurgalied Swafnirs Rolle und einige Facetten, die ihn ausmachen, vor. Ein Fokus liegt hier auf dem Umgang mit dem Thema Schicksal, wobei einige Diskurse innerhalb der Glaubensgemeinschaft gegenübergestellt werden, zudem über dessen ewigen Kampf gegen Hranngar gesprochen wird und über das Verhältnis zu Efferd, mit dem es als Meeresgott ja deutliche Überschneidungen gibt.

Unter Würdig besungen zu werden wird genauer auf Swafnirs Kinder und sein Gefolge eingegangen, wobei zunächst die göttlichen Wesen vorgestellt werden, bevor sich dann Helden und Erwählte in den Fokus rücken. Hierbei handelt es sich sowohl um populäre Figuren der Gegenwart wie den legendären Meereskönig Asleif Phileasson als auch längst Verstorbene wie Hyggelik oder den Siebenstreich-Träger Orozar Siebenhieb.

Den Fokus auf die Glaubensprinzipien lenkt das Kapitel Ein Leben im Sinne Swafnirs, das die wichtigsten Tugenden benennt und erläutert, die von den Anhängern des Walgottes verlangt werden: Dabei handelt es sich gleichermaßen um Eigenschaften wie Ehrlichkeit oder Tapferkeit wie auch Handlungsmaximen wie den Schutz der Wale der und Delfine und den Kampf gegen Hranngar. Zudem wird hier betont, dass die Glaubensgemeinschaft keine feste Struktur hat. Trotzdem werden die Aufgaben der Diare, der Geweihten, ausgeführt, z.B. die ihnen angetragene Fürsorge für die Swafnirskinder, die sogenannten Walwütigen. Differenziert werden die Anforderungen nach dem Aufenthalt im Binnenland und auf See. Ebenso wird ein Schwerpunkt auf die Beziehung zwischen Diar und Byriandi gelegt, also die Ausbildung junger Anwärter. Diese Ausbildung wird in den einzelnen Phasen (Aufnahme, Ottajara und Weihe zum Swafnirdiar) beschrieben, bis hin zum Erwerb von Ehrentitel wie dem eines Alsherjar (einem Tempelvorsteher).

Das Kapitel Die Gaben des Wals widmet sich verschiedenen Aspekten gegenständlicher Art, z.B. der Ausrüstung der Geweihten, vor allem aber Artfakten wie den legendären Schwertern Grimring und Tyrfing, die in Wirkung und Aussehen geschildert werden. In Orte Swafnirs werden besondere Orte in den Fokus genommen, allen voran die heilige Insel Swafnirland, wo der Sage nach Swafnir sich Jurga erstmals offenbarte. Genauso werden hier aber auch die großen Tempel Swafnirs in Olport, Prem und Thorwal genannt, aber auch kleine Gotteshäuser wie die in Waskir, Enqui und Kendrar.

Im Bereich Gebete und Zeremonien fällt zunächst auf, dass in der Swafnirkirche vergleichsweise wenig ritualisierte Abläufe stattfinden. Trotzdem gibt es auch hier einige Gebete, die oft bei besonderen Anlässen Verwendung finden, z.B. der Trydar-Eider für die Ottajara eines Anwärters oder Segnungen und Schwüre für Hochzeiten und Taufen genauso wie Trank- und Waffensegnungen. Bei den Gebeten ist auffällig, dass besonders viele zur Stärkung in Kampfsituationen geeignet sind. Bei den Zeremonien wird wiederum sehr deutlich, dass die Swafnirgeweihten eine wichtige Rolle für die Seefahrt spielen, z.B. bei der Segnung einer neuen Otta.

Wie üblich fällt ein Kapitel etwas aus dem Rahmen, handelt es sich bei den Anregungen zur Ausgestaltung eines Swafnirgeweihten eben nicht um einen Ingametext, sondern um einen Spielhilfeteil. Betont wird hier u.a. die Freiheit, die die lockere Kirchenordnung den einzelnen Geweihten gewährt, die nur sich selbst und Swafnir gegenüber Rechenschaft schuldig sind. Zudem wird erläutert, wie die Umsetzung der Prinzipien des Glaubens praktisch umgesetzt werden können. Da der Swafnirglaube außerhalb Thorwals kaum eine Rolle spielt, wird auch auf das Verhältnis zu den anderen zwölfgöttlichen Kirchen eingegangen.

Im Anhang finden sich noch ein Glossar mit thorwalschen Begriffen und eine Tabelle mit einer Einteilung der Jahreszeiten und den entsprechenden Bezeichnungen bei den Thorwalern.

II. Kritik

Die Freiheit, die als besonders hoher Wert in der Glaubensgemeinschaft betont wird, findet auch in der Machart des Vademecums eine sehr anschauliche Umsetzung. Vieles im Leben der Swafnirgeweihten ist von Diskursen über die Auslegung von Glaubens- und Lebensprinzipen geprägt. Genauso ist auch der Text des Vademecums gehalten, indem die Autorin ihre eigenen Schilderungen immer wieder unterbricht, um Zitate von anderen Personen der Gegenwart oder Vergangenheit anzubringen, in denen nicht selten auch verschiedene Ansichten gegenübergestellt werden. Das gibt dem gesamten Band einen diskursiven oder zumindest reflektierenden Charakter, der gut zu dem Grundgedanken der Reihe passt, indem eine Glaubensgemeinschaft in unterschiedlichen Facetten dargestellt werden soll. Zudem ergibt sich so das Gefühl, dass hier die Theorie des Vademecums immer auch eine Anbindung an die derische Realität erfährt, zudem findet hier eine gute Verzahnung mit der Historie Thorwals statt.

Ohnehin ist das gesamte Vademecum sehr lesenswert gestaltet, indem inhaltlich viele interessante Themen angesprochen werden und vor allem Schwerpunkte im Bereich der Geschichte Thorwals gesetzt werden und abenteuerliche Aspekte aus der Götterwelt oder bekannter HeldInnen exemplarisch angeführt werden. Etwas merkwürdig, auch im Sinne des beginnenden Karmakorthäons, mutet die Tatsache an, dass der Sternenfall im gesamten Vademecum so gut wie gar keine Rolle spielt, lediglich ein einziges Mal in einem Nebensatz erwähnt wird.  

Einen Schwachpunkt stellt für mich eindeutig das Kapitel zur Ausgestaltung eines Swafnirgeweihten dar. Ohnehin halte ich dies für einen verzichtbaren Bestandteil der gesamten Reihe, da sie immer einen Bruch mit dem Ingame-Charakter des Gesamtbandes erzeugen. Ganz konkret fehlt mir hier vor allem ein Eingehen auf die Frage, inwiefern ein Swafnir-Geweihter außerhalb Thorwals seiner Bestimmung nachgehen kann. Insbesondere der Text über das Verhältnis zu den anderen zwölfgöttlichen Kirchen verfehlt merkwürdigerweise diese Frage, da eher die Sichtweise der Bewohner Thorwals im Allgemeinen auf die Verehrung der anderen Götter eingenommen wird und eben nicht beschrieben wird, wie ein Swafnir-Geweihter dazu geeignet ist, in anderen Regionen zu agieren, vor allem dann, wenn er nicht Teil einer thorwalschen Ottajasko ist, es wird lediglich erwähnt, wie die Geweihten in der Fremde wahrgenommen werden. Umgekehrt sollte man dabei aber auch nicht außer Acht lassen, dass Thorwal faktisch gesehen auch die Hochburg der Swafnir-Verehrung ist.

Generell werden Geweihte des Swafnir allerdings als ausgesprochen reizvolles Charakterkonzept dargestellt, indem die Integration in eine Heldengruppe vergleichsweise einfach zu gestalten ist. Zur Motivation, sich auf Abenteuerreisen zu begeben (natürlich gerade auch, wenn es um Seereisen geht), werden hier ausgesprochen viele unterschiedliche Anregungen gegeben. Vereinfacht wird dies zusätzlich durch eine eher flache Hierarchie, ist die Kirche doch generell nicht allzu strikt organisiert.

III. Fazit

Das Swafnir-Vademecum reiht sich einmal mehr in das allgemein gute Niveau der Reihe ein. Für besonders gelungen halte ich den Ansatz, Zitate zu verwenden, um dann die fiktive Autorin diskursiv darauf reagieren zu lassen. Nach wie vor gefällt mir das Sonderkapitel zur Ausgestaltung weniger, allerdings werden auch hier die interessanten Aspekte des Figurenkonzepts unterstrichen.

Bewertung: 5 von 6 Punkten          

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