Rezension: Auf ins Abenteuer – Die Sonnenküste

Vorbemerkung: Mittlerweile etabliert ist die Reihe Auf ins Abenteuer, bei der mittels vorgefertigter Archetypen in Kombination mit einem überschaubaren Abenteuerszenario ein schneller Einstieg in ein regionales Setting ermöglich werden soll. Zyklopenauge von Jeanette Marsteller stellt dabei die Variante für die Sonnenküste dar und führt, wie der Name schon eindeutig verrät, auf die Zyklopeninseln. Bei den bisherigen Bänden war für mich allerdings auch immer ein Kritikpunkt, dass mir nach dem sehr ausführlichen narrativen Einstieg die spielbare Geschichte etwas zu grob und einfach war. Das vorliegende Heft ist dabei Teil des Meisterschirm-Sets.

In Zahlen:

– 32 Seiten

– 6 spielbare Charaktere (mit jeweils eigenen Charakterbögen)

– Preis: 29,95 Euro (als Teil des Meisterschirm-Sets)

– Erschienen am 21.11. 2021

I. Aufbau und Inhalt

Wie gewohnt gibt es einen narrativen Einstieg in die Geschichte, indem 6 Archetypen vorgestellt werden, die man als Spielercharaktere verwenden kann. Jede Figur erhält dabei eine Doppelseite, bei der zunächst eine kurze Einführungsgeschichte für den jeweiligen Charakter vorhanden ist. Die Geschichten sind miteinander verknüpft und sorgen dafür, dass alle zuletzt am selben Punkt stehen, an dem die konkrete Handlung beginnt. Zusätzlich finden sich noch einige allgemeine Anmerkungen zum Archetypen und ein ausführlicher Wertekasten. Bei den Archetypen handelt es sich um den Seefahrer Andrios, die Rechtswahrerin Elysia, die Draconiterin Lysandra, den Neethaner Krieger Romualdo, den Zauberbarden Okeander und die Avesgeweihte Iolanthe. Für alle Charaktere liegt dem Meisterschirmset auch ein bereits vorausgefüllter Heldenbogen bei.

Die Hintergrundgeschichte beginnt in Neetha, wo alle Charaktere zusammenfinden. Thematisiert wird dabei der Fund eines Dolches, der über eine besondere arkane Struktur verfügt. Diese soll von der bekannten Sphärenmagierin Kalliomathea Dorikeikos von Sorabis untersucht werden, wozu die Gruppe den Dolch zu ihrer Behausung auf der Zyklopeninsel Kutaki bringen soll. Schon auf dem Weg dorthin wird deutlich, dass es eine konkurrierende Gruppierung gibt, die die Waffe ebenfalls an sich bringen will (nachdem bereits in der Vorgeschichte ein versuchter Diebstahl geschildert wird). Kalliomatheas Erkenntnisse leiten dann weitere Reiseabenteuer ein, in denen man Stück für den Stück dem Geheimnis des Dolches näherkommt. Eine Rolle spielen dabei auch einige der fantastischen Wesen, die diese Region bewohnen, z.B. Feen und Zyklopen. Die einzelnen Orte werden nicht näher beschrieben, stattdessen wird dazu auf die Regionalspielhilfe verwiesen. 

II. Figuren

Bedingt durch die unterschiedlichen Hintergrundgeschichten gibt es diesmal gleich drei verschiedene Auftraggeber, die gemeinsam die Hintergrundgeschichte des Dolches entschlüsseln wollen und sich dazu der Dienste der Held*innen bedienen: Mondino la Mandaia, den Privatsekretär der Markgräfin von Neetha, Leonello Spada, den Hauptmann der dortigen Stadtgarde und die Magierin Adaloe Vascagni. Je nach Vorgeschichte der Figur gibt es demnach einen passenden Ansprechpartner. Im Laufe des Abenteuers dürfte dann die wichtigste Kontaktperson Kalliomathea sein, die ihnen wichtige Erkenntnisse über ihre Mission geben kann.

III. Kritik

Nach wie vor ist die hohe Einsteigerfreundlichkeit der Reihe augenfällig. Zwar sind die vorgestellten Charaktere optional und man kann auch eigene wählen, trotzdem ist der Ansatz, auf diese Weise schnell mit dem Spiel an der Sonnenküste loslegen zu können, völlig nachvollziehbar. Die Einführungsgeschichten vermitteln ein gutes Grundbild vom jeweiligen Charakter, der bereits aufgefüllte Heldenbogen ist ein zusätzlicher nützlicher Bonus. Die Bandbreite ist vielfältig, so dass man zwischen profanen und magiebegabten/karmalen Figuren wählen kann, ebenso besteht ein Angebot zwischen phexisch angehauchten oder eher kämpferisch veranlagten Archetypen.

Allerdings gilt diese Einsteigerfreundlichkeit nicht unbedingt für die Spielleitung, hier ist die gestellte Aufgabe durchaus anspruchsvoller. Nach wie vor ist mir der konkrete Abenteuerinhalt etwas zu grob ausgeführt. Dies liegt unter anderem daran, dass allein ein Drittel der Platzes den Hintergrundgeschichten der Spielercharaktere gewidmet ist. Das eigentliche Abenteuer ist im Kern auf 12 Seiten verfasst (die auch nicht unbedingt eng beschrieben worden sind), so dass hier eher von einem Heldenwerkformat die Rede sein muss, das auch noch einige Reisepassagen enthält. Diese sind zwar durch die Regionalspielhilfe und die Verweise auf die dortigen Inhalte etwas entlastet, allerdings sind die meisten Orte nach Neetha eher klein und haben dort wenig Referenzen. Zumindest für den Finalschauplatz hätte ich mir eine Karte gewünscht, um den Kampf (mutmaßlich in einer Höhle) besser ausgestalten zu können.

Inhaltlich gefällt mir die Grundgeschichte für ein solches Einsteigerabenteuer gut. Die Story ist in ihrem Ablauf nicht unbedingt episch oder spektakulär. Letzteres gilt vor allem für die Antagonisten, setzt man sich im Verlauf der Handlung doch „nur“ mit Handlangern auseinander, während die Ergreifung des eigentlichen Drahtziehers nur am Ende als Option angesprochen wird, aber nicht Teil des Kerngeschehens ist (also auch wieder zusätzlich ausgearbeitet werden müsste). Auch hier hätte ich mir etwas mehr Material gewünscht, dieser Part müsste meiner Auffassung nach beinhaltet sein, da sich die Mission sonst unvollständig anfühlt, wenn man zumindest die Konkurrenzsituation, die das Abenteuer bestimmt, nicht komplett auflöst.  

Dafür wird man mit den Kernelementen des Settings der Zyklopeninseln konfrontiert und muss sich unter anderem mit einer sich verraten fühlenden Dryade auseinandersetzen und hat eine Begegnung mit einem leibhaften Zyklopenschmied. Das titelgebende Artefakt hat zudem offenbar über die Geschehnisse dieses Abenteuers hinaus eine übergreifende Bedeutung für den Metaplot, so dass das Handeln der Held*innen eine gewisse Relevanz hat. Die Einzeletappen sind außerdem so gestaltet, dass sie den Fähigkeiten der angebotenen Charakteren entgegenkommen und dass es immer wieder Gelegenheiten gibt, sich dementsprechend hervorzutun.

IV. Fazit

Zyklopenauge ist ein grundsätzlich gelungenes Einsteigerabenteuer, das den Spieler*innen einige nützliche Hilfestellung bietet, um sich schnell mit vorgefertigten Charakteren am Setting versuchen zu können. Die Geschichte ist zwar unterhaltsam und hat im Resultat sogar eine gewisse Metaplot-Relevanz, allerdings muss hier noch Zusatzarbeit investiert werden seitens der Spielleitung, zudem fehlt nach meinem Verständnis zumindest ein finaler Handlungspart, der das Abenteuer etwas unvollständig wirken lässt.

Bewertung: 4 von 6 Punkten          

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