Vorbemerkung: Auch das neue Hörspieljahr hat begonnen. Mit Ruhe vor dem Sturm ist die 2. Folge von Staffel 3 der Reihe von Winterzeit Audiobooks direkt im Januar erschienen. Nachdem die Auftaktfolge in bekannten mittelreichischen Gefilden begonnen hat und anschließend einen kurzen Reisepart enthielt, soll nun der neue Hauptschauplatz erschlossen werden. Hier finde ich es spannend, ob es gelingt, die Atmosphäre einer Stadt wie Punin zu kreieren, so dass es sich nicht generisch anfühlt, wie es bei Gareth in der Hörspielen bisher immer der Fall gewesen ist. Hoffnung setze ich auch hier auf die neue Autorin Kristina Lohfeldt, die offenbar gut mit Aventurien vertraut ist.
I. Inhalt
Da sie nach wie vor auf der Flucht sind (und sie sich ja trotz allem nach wie vor im Mittelreich befinden, wo sie als Ausbrecher gesucht werden), versuchen Gundar und Co. die Stadt möglichst unauffällig zu betreten. Nachdem sie sich vorerst von ihrem neuen Begleiter, dem Scharlatan Rastafan, trennen, werden sie schnell in den Trubel der Großstadt geworfen. Auf der Jagd nach einem Unruhestifter stoßen sie unverhofft auf Alinnes alte Freundin Yasmina, die sich als Hochseilartistin verdingt. Die Wiedersehensfreude bringt ihnen folglich auch eine Einladung in das Zahori-Lager ein, in dem Yasmina derzeit lebt. Auch Filoen trifft eine alte Bekannte wieder, die Elfe Milailee, die ihm davon berichtet, dass unheilvolle Dinge in Punin geschehen. Daraus ergibt sich zuletzt ein Auftrag, der die Gruppe etwas außerhalb Punins führen wird, wobei die Belohnung die Dankbarkeit gleich zweier Kirchen sein wird (wovon sich die Flüchtigen einiges versprechen).
Parallel dazu findet in der Unterwelt Punin ein Wandelprozess statt. Die relativ neue Band Schwarze Tulpe mischt die alteingesessenen Halbweltgrößen auf. Vor allem der berüchtigte Blutalrik ist fest entschlossen, die Unruhestifter in ihre Schranken zu verweisen. Das Wirken der Bande scheint dabei tatsächlich schwerwiegend zu sein, hat es nach ein paar Fällen von leichtem Unfug doch auch Todesfälle begeben, bei denen die Opfer auf ausgesprochen groteske Art und Weise das Zeitliche gesegnet haben.
II. Figuren
Nach wie vor stehen die altbekannten Helden im Mittelpunkt, die ihre klassischen Rollen einnehmen. Hothar und Ragna gehen keiner Auseinandersetzung aus dem Weg, während sich Gundar und Filoen in ihren kleinen Streitigkeiten verlieren. Alinne ist hingegen für die nachdenklichen Momente zuständig, hat aber – genau wie Filoen – auch ein sehr positives Erlebnis, da beide alte Freunde wiedertreffen. Besonders Milailee, Filoens Bekannte, scheint dabei ein Geheimnis zu verbergen, was aber wohl erst in den nächsten Folgen aufgedeckt werden wird. Rastafan hingegen hat sich zunächst von der Gruppe getrennt, scheint aber sein eigenes Süppchen zu kochen, was mit deren Mission verbunden ist. Als weitere neue Figur stößt mit dem Blutalrik eine Figur hinzu, die schon lange als die Unterweltgröße Punins im DSA-Kanon verankert ist.
III. Kritik
Und genau in diesem Aspekt liegt eine absolute Stärke der neuen Staffel, die auch in Folge 2 überall sichtbar ist. In den ersten beiden Staffeln waren Gareth und Thorwal völlig generische Orte. Obwohl Aventurien eine Welt mit einer immensen Beschreibungsdichte ist, wurden dort Ort, Bauwerke und vor allem Figuren frei erfunden, anstatt auf bekannte und etablierte Elemente mit Wiedererkennungswert zurückzugreifen. Das ist nun eindeutig nicht mehr der Fall, stattdessen merkt man, dass eine gründliche Recherche vorgenommen wurde. Und somit hat mit dem Blutalrik dann auch erstmals eine kanonische Figur ihren Auftritt. Ebenso werden beim Einzug der Gruppe die wichtigsten Sehenswürdigkeiten korrekt beschrieben und am Ende, als ein kleinerer Ort aufgesucht werden soll, wird dieser eben nicht einfach willkürlich erdacht, sondern mit Madasee eine Stadt gewählt, die wirklich dort als Setzung vorhanden ist und die auch eine Verbindung zu den Elfen aufweist. Daneben sind es auch die kleinen Aspekte, die positiv auffallen, wenn sich z.B. in Bitten oder Aussprüchen auf die richtigen Gottheiten bezogen wird oder typische aventurische Redewendungen benutzt werden. Natürlich ist mir klar, dass die Hörspiele bewusst nicht zu tief in die Rollenspielwelt eintauchen dürfen, da man mit der Voraussetzung von zu viel Expertenwissen andere potentielle Käufergruppen ausschließen würde. Aber die Grundhandlung bleibt davon völlig unbeeinflusst, es handelt sich eben um die kleinen Details, die eingewoben werden, ohne irgendjemanden abzuschrecken.
Handlungstechnisch ist die Episode eher unspektakulär, es geschieht kaum etwas wirklich Dramatisches oder Spannendes, was aber im Titel quasi schon angekündigt wurde. Stattdessen ist es eher eine typische Überleitungsepisode, die vor allem der Schilderung des neuen Schauplatzes und der Einführung zusätzlicher Figuren dient. Die Gruppe kommt an, nimmt ein paar merkwürdige Ereignisse wahr, Filoen und Alinne treffen ihre alten Freundinnen, daraus ergibt sich ein Anschlussauftrag. Viel mehr geschieht nicht. Die Höhepunkte sind eher die kurzen Episoden mit dem Blutaltik und Rastafan, in denen man erfährt, dass gerade in Punin größere Ereignisse stattfinden, die vor allem mit der rätselhaften Schwarzen Tulpe in Verbindung gebracht werden können.
Wie üblich kann ich an dieser Stelle die technische Seite nur loben, sowohl im Soundbereich als auch was die Sprecherleistungen angeht, indem auch die Nebenrollen mit professionellen Sprechern besetzt sind, z.B. wird der Blutalrik als neue Figur von Kaspar Eichel gesprochen, der deutschen Stimme von Robert Redford. Tatsächlich ist das für mich mittlerweile ein spannender Zusatzaspekt geworden, herauszuhören, welche seit vielen Jahren vertraute Stimme in einer neuen Episode zum Ensemble dazustößt.
IV. Fazit
Ruhe vor dem Sturm bleibt eine seinem Titel gerecht werdende unspektakuläre Zwischenepisode, in der vor allem Schauplatz und neue Figuren eingeführt werden. Auffällig ist dafür, dass in dieser Staffel weiterhin viel mehr Wert darauf gelegt wird, aventurische Setzungen zu beachten, was aus meiner Sicht durchgehend gut gelingt.