Rezension: Der Werwolf von Quastenbroich

Vorbemerkung: Ulisses hat seine Con-Saison ja schon vor längerer Zeit mit dem Kaiser-Raul-Konvent begonnen und dazu gibt es ja noch einige weitere Varianten der Rat-Con an unterschiedlichen Orten. Durch das Con-Paket können aber auch in diesem Jahr wieder alle an den Extras teilhaben, die das wünschen. Für mich ist dabei wie immer natürlich von allen das Con-Abenteuer interessant, das ein Szenario in Heldenwerk-Länge beinhaltet. Diesmal handelt es sich dabei um Der Werwolf von Quastenbroich von Phillip Koch. Allein der Titel klingt natürlich wieder typisch für DSA, Bodenständigkeit in Form des Ortnamens verbunden mit einer Fantasy-Kreatur.

In Zahlen:

– 16 Seiten

– Preis: 39,95 Euro (als ein Bestandteil des Con-Pakets 2022)

– erschienen am 22.6. 2022

I. Aufbau und Inhalt

Wie üblich erfolgt einleitend eine Hintergrundschilderung, die all die Geschehnisse zusammenfasst, die sich im Vorfeld des Abenteuers ereignet haben, dazu werden zwei zentrale Figuren vorgestellt, mit denen man allerdings erst zu einem späteren Zeitpunkt interagieren kann.

Die konkrete Handlung setzt voraus, dass die Heldengruppe den Weg in den kleinen Ort Quastenbroich findet, eine Ortschaft in der Nähe von Wehrheim, unweit des Reichsforsts. Grundsätzlich ist Quastenbroich der Beschreibung nach eher ein verschlafenes Nest, doch just im Vorfeld der Ankunft der Spielercharaktere haben sich außergewöhnliche und für die dort lebenden Menschen erschreckende Dinge abgespielt: Es kam zu zwei Todesfällen, die sich vor allem durch die sehr brutale Art der Tötung auszeichnen. Und zumindest hinter vorgehaltener Hand wird ein Werwolf als Verursacher vermutet. In Abwesenheit des lokalen Barons ist der Vogt Hilbert Firunslieb von Quast für die Durchsetzung von Recht und Gesetz verantwortlich. Der junge Mann ist allerdings im Umgang mit derart grausamen Bluttaten völlig unerfahren und deshalb ausgesprochen froh, die aus seiner Sicht weitgereisten Held*innen mit der Lösung der Angelegenheit betrauen zu können. Dies ist auch insofern dringlich, als dass die Stimmung im Ort zu kippen droht, da alteingesessene Bürger ortsfremde Flüchtlinge, die in den letzten Jahren unter anderem aus der Umgebung von Wehrheim dort ansässig geworden sind, für verdächtig halten.

Um dies lebendig gestalten zu können, sind sowohl einige zentrale Figuren des Orts beschrieben als auch einige Szenen vorhanden, mit denen die Stimmung erfasst werden kann. Zudem sind Informationen beinhaltet, die man von den Menschen in Quastenbroich erhalten kann. Folgend ergibt sich allerdings die Notwendigkeit, den Ort zu verlassen, da die Morde außerhalb im Reichsforst stattgefunden haben. Auch hier finden sich Ausführungen zu wichtigen NSC und Orten. Die Lösung des Falls kann zuletzt auch in ein moralisches Dilemma münden, für das ebenfalls einige Auswege skizziert werden. Zu besseren Übersicht existiert zudem eine Karte der Umgebung mit den wichtigen Schauplätzen und Rechercheorten.   

II. Figuren

Besonders relevant für die erste Hälfte des Abenteuers sind die Bewohner Quastenbroichs. Der Junker Hilbert wird dabei als sympathische Figur beschrieben, der Auftraggeber der Heldengruppe ist allerdings allein mit der Lösung der Probleme völlig überfordert.

Als eine gewisse Form von Antagonisten stehen sich allerdings der Brauer Brin Barnstätter und die Schmiedin Adelinde Hambroich gegenüber, die unterschiedliche Ansichten darüber haben, inwiefern Flüchtlinge den Ort bereichern können.

Aber auch außerhalb von Quastenbroich gibt es wichtige Informationsquellen, die deutlich konkreter über die Morde berichten können, wie die Hebamme Irmelgunde Brück und der Jäger Tarolf Hainswirt, der beide Tatorte und die Leichen gesehen hat. 

II. Kritik

Der erste Eindruck durch den Titel trügt nicht, bei Der Werwolf von Quastenbroich handelt es sich um eines der eher bodenständigeren, kleineren Abenteuer von DSA. Die Geschehnisse sind zwar durchaus tragisch und sogar sehr blutig, eine größere Bedeutung für die gesamte Region oder gar Metaplot-Relevanz weisen sie eindeutig nicht auf. Stattdessen agiert man vor dem Mikrokosmos von Quastenbroich und Umgebung.

Gerade das ist der starke Teil des Abenteuers. Man hat einige interessante Figuren und die dazu passenden Vignetten, um die Atmosphäre im Ort darzustellen. Der Platz im Heldenwerk-Format ist nun mal überschaubar und deshalb fallen die Charaktersierungen nicht allzu detailliert aus, aber mit der Schmiedin und dem Brauer hat man zwei Figuren, mit denen man gegenseitiges Misstrauen und Ressentiments anschaulich aufzeigen kann. Was hier vielleicht noch hilfreich wäre, wäre die Konstruktion einer falschen Fährte, indem irgendwer als direkt verdächtig dargestellt wird, wozu sich die Hexe Irmelgunde oder der Jäger Tarolf eigentlich sehr gut anbieten würden. Trotzdem kann sich aus dieser Konstruktion ja gerade das abschließende Dilemma ergeben, wenn tatsächlich einer der ursprünglich Ortsfremden als Täter ausgemacht wird, der aber aus einer aufgeklärten Sicht im modernen Sinne schuldunfähig ist. Hier erweist sich der wahre Reiz des Abenteuers, da es vor allem um den örtlichen Frieden geht, den der überforderte Junker allein nicht herstellen kann. Spannend finde ich beispielsweise die vorgeschlagene Option, eine Art gefakte Werwolfsjagd zu veranstalten, um die verantwortliche Person zu schützen.

Weniger ausgewogen ist für mich der konkrete Jagdteil im Reichsforst gestaltet. Dabei ergibt sich für mich im Kern das Problem, dass das Stellen und Überwältigen des Gegners kaum eine Herausforderung darstellt. Der Finalort ist deutlich zu unspektakulär und stellt eine Heldengruppe (selbst eine, die kämpferisch nur durchschnittlich begabt ist) kaum vor Schwierigkeiten. Zudem wird nur wenig auf die konkreten Ursachen der Besessenheit eingegangen und für die Auswirkungen des Ortes auf die Spielercharaktere findet sich auch nur ein kurzer Info-Kasten. Dabei wird man beispielsweise auch nicht fündig in der Frage, wie man derartige Vorfälle (also ausgelösten Wahnsinn, der andere Wesen bedroht) zukünftig vermeiden kann, also wie man den dunklen Einfluss bannen kann. Aus meiner Sicht wäre es aber sehr wahrscheinlich, dass eine Heldengruppe dies zumindest versuchen würde, vor allem wenn sich darunter Magiewirker oder Geweihte befinden sollten und da man ja auch zwei potente Zauberinnen als NSC in unmittelbarer Nähe treffen und ggf. um Unterstützung bitten kann. An dieser Stelle gäbe es sicherlich noch Ausbaupotential für das Abenteuer.

Umgekehrt sorgt der überschaubare Schwierigkeitsgrad dafür, dass das Abenteuer sich sehr gut für Einsteiger eignet: Man hat ein überschaubares Areal, vor dessen Hintergrund man agiert, trotzdem existieren viele interessante Figuren und ein unheimliches Rätsel, das es zu lösen gilt. Mit der Besessenheit durch vergangene Untaten und durch das Einwirken einer Fee ist zudem auch der Fantasy-Aspekt von DSA gut bedient.

IV. Fazit

Der Werwolf von Quastenbroich ist ein gelungenes bodenständiges Abenteuer, bei dem die Heldengruppe eine gut ausgearbeitete lokale Problematik lösen soll. Die akute Bedrohung allerdings ergibt sich nicht und gerade bei der tieferen Jagd nach dem titelgebenden Monster fehlen mir naheliegende Angaben, um eine nachhaltige Auflösung des Problems zu erreichen.

Bewertung: 4 von 6 Punkten

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