Rezension: Blutrosen

Vorbemerkung: Auch der 3. Roman, der sich mit dem Schicksal Araniens während der Rückkehr Borbarads beschäftigt, ist unlängst neu aufgelegt worden. Blutrosen von Heike Kamaris und Jörg Raddatz schließt den Handlungsbogen dabei ab, zumindest soweit es die Geschicke der zentralen Protagonist*innen betrifft, die Ereignisgeschichte bleibt allerdings stellenweise offen, da Dimionas Herrschaft im irdischen Jahr 2001 (dem originalen Erscheinungsdatum des Romans) ja noch nicht abgeschlossen war und die spätere Splitterdämmerung noch in weiter Ferne lag.

In Zahlen:

– 316 Seiten

– Preis: 14,95 Euro

– Erschienen 2001 bzw. am 30.10. 2022 (in der Neuauflage)

I. Aufbau und Inhalt

Wie in der vorherigen Romanen auch, gibt es einen Wechsel der Perspektivfiguren. Diesmal steht neben Tarlisin (der somit eine Konstante bildet) seine Ehefrau, die Hexe Mara, im Mittelpunkt, Tarlisins Diener Halef rückt dafür auf die Position einer kleineren Nebenrolle. Allerdings gibt es immer wieder einzelne Passagen, die aus der Sicht weiterer Figuren erzählt sind, z.B. Fürstin Sybia, Dimiona selbst oder auch aus der Perspektive des OdL-Magiers Adaon von Garlischgrötz.

Inhaltlich werden gleich mehrere Handlungsstränge verfolgt, die zeitlich teilweise etwas versetzt liegen. Eingangs wird weiterhin die Suche Tarlisins nach dem sogenannten Desiderats beschrieben, das er benötigt, um den Sphärenriss über der Gorischen Wüste zu schließen, in dem er eine Quelle der Macht Borbarads vermutet. Allerdings gestaltet sich diese Queste schwierig, zumal er plötzlich auf die Zusammenarbeit mit der Dämonologin Belizeth Dschelefsunni angewiesen ist. Diese wiederum steht seinem Orden eigentlich antagonistisch gegenüber, seit sie die Macht über die Magierakademie von Rashdul an sich gerissen hat und nicht wenige vermuten, dass sie plant, sich dem Dämonenmeister anzuschließen. Das ungleiche Paar erkennt schnell, dass sie sich für einen Erfolg in die sprichwörtliche Höhle des Löwen vorwagen müssen, wo sie mit Mächten konfrontiert sind, mit denen selbst zwei derart potente Magiewirker nicht ohne Schwierigkeiten fertigwerden können.

Parallel dazu wie beschrieben, wie Mara am Hof Araniens erlebt, wie Dimiona die offene Konfrontation mit ihrer Familie wagt und mit Verbündeten ihr eigenes oronisches Reich gründet, dessen Ziel die vollständige Unterwerfung Araniens ist. Als sie nach Borbarads Niederlage dann auch noch einen Splitter seiner Dämonenkrone erhält und somit zu einer Heptarchin wird, nimmt ihr Machtlevel noch einmal drastisch zu.            

Bedingt durch zeitliche Sprünge kommen Mara und Tarlisin wieder zusammen, um den Sphärenriss tatsächlich zu schließen, was sich als kräftezehrende Aufgabe entpuppt. Aber auch an dieser Stelle endet die Handlung noch nicht, sondern es werden weitere Geschehnisse beschrieben, die die Geschicke Araniens beeinflussen, bedingt durch die Ränke Dimionas und ihrer Schergen.

II. Figuren

Mara und Tarlisin als Hauptfiguren weisen zunächst einige Gemeinsamkeiten auf, indem sie beide als hedonistisch veranlagt geschildert werden und über eine hohe Risikobereitschaft verfügen, dazu sind sie beide mit einer erheblichen Portion magischer Fähigkeiten ausgestattet. Als Paar funktionieren sie allerdings oft weniger gut, vor allem Tarlisin zieht es immer wieder in Ferne.

Neben ihnen stehen allerdings noch weitere illustre Persönlichkeiten im Mittelpunkt, zum einen die Gegenspielerinnen Sybia und Dimiona. Dimiona ist das absolute Gegenstück ihrer bedächtigen Mutter, indem sie vor allem grausame und machtgierige Züge aufweist, was durch den Besitz des Dämonensplitters noch potenziert wird.

Tarlisin hat es zudem weiterhin mit vielen mächtigen Magiewirkern zu tun, vor allem solchen, deren Loyalität nicht geklärt ist, was gleichermaßen für Belizeth, Adaon und Sultan Hasrabal gilt.    

III. Kritik

Der Abschluss der Romantrilogie muss die nicht einfache Aufgabe bewältigen, eine ganze Menge loser Handlungsfäden zusammenzubringen und zum Teil auch abzuschließen.

Ein wichtiges Element ist dabei die Suche Tarlisins nach dem Desiderat und der Versuch, mit dessen Hilfe den Sphärenriss über der Gorischen Wüste zu schließen. Dies ist sicherlich ein dominantes Handlungselement, was vor allem von Tarlisins Zusammenspiel mit Belizeth bzw. Mara geprägt ist. Gerade die Konfrontation mit dem Hüter des Desiderats ist ein Höhepunkt des Romans, in dem Tarlisin seine Macht beweisen kann, gleichermaßen bereitet die Anwesenheit der potentiell feindlichen Dämonologin ihm Schwierigkeiten. Gleichermaßen ist der Versuch, das Desiderat in der Gor einzusetzen, eine besonders intensive Szene, wenn ein Wesen ein großes Selbstopfer für einen entscheidenden Schlag gegen Borbarad bringen muss.

Ebenso spannend ist das Intrigenspiel in Aranien, das in die oronische Schreckensherrschaft mündet. Hier werden zentrale Ereignisse der aventurischen Geschichte beschrieben, was dem Roman erneut einen wichtigen Quellencharakter zuweist, indem hier Lücken geschlossen werden, die in der Rollenspielwelt nicht direkt erlebbar waren. Zusätzlich werden die Protagonist*innen dieser Geschehnisse viel greifbarer, was auch insofern wichtig ist, als dass dies ein Handlungsbogen ist, der über mehr als ein Jahrzehnt bestand hatte, z.B. sind viele Figuren, die hier geschildert werden, noch in der Splitterdämmerung relevant.

Umgekehrt fällt die sehr episodische Erzählweise auf. Es ist nicht klar erkennbar, welcher Plot im Vordergrund steht, alle Ereignisse werden immer nur eher grob und ausschnitthaft umrissen, wozu auch einige Zeitsprünge innerhalb der Handlung beitragen. So ist Tarlisin erst mit Belizeth unterwegs und verliert das Desiderat an sie, der Rückgewinn und die Konfrontation von Belizeth und Hasrabal hingegen werden quasi ausgelassen, stattdessen wird sofort der Übergang in die Gorische Wüste vollzogen, aber auch dort ist noch kein eindeutiger Höhepunkt vorhanden, stattdessen ist auch dies nur eine Überleitung zu Tarlisins Machtverlust, den er folgend wieder ausgleichen muss. Nichts davon wird gründlich auserzählt, sondern ist immer mit Auslassungen verbunden. Wer sich in der entsprechenden Hintergrundgeschichte von Borbarads Rückkehr und der oronischen Schreckensherrschaft nicht auskennt, hat sicher einen hohen Nachschlagebedarf.    

Inkonsistent wirkt auch der Umgang mit den Figuren, z.B. dass Eleonora und Arkos als wichtige Protagonisten von Die Legende von Assarbad hier zwar vorkommen, aber eher als Randfiguren, was insbesondere für Arkos gilt. Ebenso ist der umtriebige Halef plötzlich fast völlig irrelevant für den Fortgang der Handlung, während Mara mit einem Mal sehr dominant ist, die zuvor nur kurz eine Rolle gespielt hat. Der Roman unterhalt trotzdem ganz gut, das Lückenhafte in der Vorgehensweise halte ich aber trotzdem für eher ungünstig, weil man so das Gefühl erhält, dass das Autorenpaar sich nicht recht entscheiden konnte, welche Geschichte man in den Mittelpunkt stellen wollte und im Resultat alle Handlungsstränge eher oberflächlich behandelt werden. Tatsächlich scheint ein Ziel auch gewesen sein, Handlungshintergründe zu Aranien zu bieten, allerdings halte ich sogar in diesem Punkt den Untertitel Aranische Nächte im Ganzen auch nicht immer für ganz passend, weil auch immer wieder Ereignisse geschildert werden, die nicht in Aranien spielen und die auch eher individuelle Geschichten erzählen, z.B. mit dem Fokus auf Tarlisins individuelle Entwicklung. Damit ergibt sich, dass die Romane als Begleitpublikationen für den aventurischen Metaplot tolle Mehrwerte liefern, der Preis dafür ist aber, dass die für mich nicht als zusammenhängende Erzählromane funktionieren, sondern episodenhaft ständig neue Ereignisse und Figuren aufgreifen. Das erzeugt immer wieder Spannungsspitzen, dafür fehlt aber ein kontinuierlicher Spannungsbogen.

IV. Fazit

Blutrosen ist ein guter Begleitroman für viele Ereignisse, die die damalige Rückkehr Borbarads ausmachen und vor allem werden hier viele prominente Figuren der jüngeren aventurischen Geschichte lebendig. Allerdings ist die Erzählweise der ganzen Reihe eher grob gehalten, was hier diverse Zeit- und Handlungssprünge besonders unterstreichen, so dass viele erzählerische Lücken bleiben und die Gestaltung etwas unentschlossen wirkt.         

1 Kommentar

  1. Und es gibt eine interessante Anspielung auf die Zitadelle der Magie, die so nicht weiterverfolgt wurde (DSA3-4). Der Zeitraum ist enorm, gut 1,5 Jahre.

    Ich vermute das „Aranische Nächte“ auf „Drei Nächte in Fasar“ anspielt, ansonsten macht der Zweiteilertitel keinen Sinn.

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