Rezension: Achaz – Schuppenkleid und lange Zunge

Vorbemerkung: Langsam, aber sicher entdeckt Ulisses sein Herz für die Exoten. Lange Zeit sind es nur die klassischen Fantasy-Spezies, also Mensch, Elf und Zwerg (also das Grundangebot fast eines jeden Fantasy-Computerspiels) gewesen, die spielbar zur Verfügung gestanden haben. Nachdem unlängst mit Hauer und Schwarzer Pelz die Orks an der Reihe gewesen sind, nimmt sich Schuppenkleid und lange Zunge von Alex Spohr nunmehr auch den Achaz an. Genau wie bei den Orks halte ich bei einer solchen Spielhilfe vor allem die Fragestellung für relevant, ob es gelingt, die Einsatzmöglichkeit von solchen Charakteren zu erhöhen, die sehr oft schon in den Einführungstexten von Abenteuern ausgeschlossen oder als schwer spielbar bezeichnet werden.    

In Zahlen:

– 64 Seiten

– Preis: 19,95 Euro

– erschienen am 23.2. 2023

I. Aufbau und Inhalt

Nach einem Vorwort und den üblichen Regelerläuterungen beginnt der Text mit einigen allgemeinen Erläuterungen zur Gesellschaft der Achaz. Themen sind dabei Sprache, Glauben und die Beziehungen zu anderen Spezies. Dem schließen sich kurze Beschreibungen der einzelnen Achazstämme an (insgesamt 11), mit einem Infotext und einigen stichwortartigen Angaben zur Verbreitung und zur Zahl der Stammesmitglieder. Ebenso gibt es Kurzschilderungen der wichtigsten Siedlungen, wobei hier Akrabaal, Azzln, H`Rabal, H`Rexxem, Krs`Zzah, Ssd`L und Zshorrkh berücksichtigt wurden. Für die Achazgötter sind stichwortartige Infokästen vorhanden. Zudem wurde ein Glossar mit einigen Grundbegriffen ergänzt.

Nach diesen eher allgemeinen Hintergrundaspekten werden dann vermehrt Regelaspekte in den Vordergrund gestellt, indem zunächst die Achaz als Spezies (mit einem entsprechenden Regelkasten) präsentiert werden, ergänzt um einige Anmerkungen zu Körperbau und Aussehen, Vermehrung und Alterung. Darauf folgen dann die Kulturpakete für die Achaz-Rha, die Ctki`Ssrr und die Stammesachaz. Bei den Professionspaketen sind je eine weltliche (Echsenreiter) und eine magische (Kristallomant) und vier geweihte (Achazschamane, Chr`Ssir´Ssr-Priester, H´Szint-Priester und Zzahh-Priesterin) vorhanden. Regeltechnisch wird dies um Vor- und Nachteile, (Kampf-)Sonderfertigkeiten und Wesenszüge erweitert.  

Zusätzlichen Raum nimmt dann eine genauere Beschreibung des Kristallomanten ein, u.a. wird auf die Kristalle als Grundlage seines Magiewirkens eingegangen. Als Traditionsartefakte verwendet er den Schuppenbeutel (einen Beutel aus den Resultaten seiner eigenen Häutungsprozesse), die kristallomantische Kristallkugel und die Echsenhaube. Für alle Artefakte sind die entsprechenden Artefaktzauber aufgeführt. Weiterhin findet sich ein Abschnitt über Magiedilettanten. Für den Achazschamanen ist entsprechend als Traditionsartefakt die Achazkeule, für den H´Szintpriester der Schlangenstab und für den Zsahh-Priester die Eidechsenkleidung beinhaltet. Natürlich gibt es auch zusätzliche Liturgien und Zeremonien für die Geweihten.

Der Anhang stellt zunächst einige echsische Waffen vor, meist solche, die speziell für diese Spezies gedacht sind, u.a. das Raz`Thon als Waffe, die man mit dem Schwanz führt. Ebenso finden sich hier Rüstungen. Zuletzt ist eine ganze Reihe von generischen Gegnerwerten echsischer Wesen hinzugefügt worden.

II. Kritik

Nach vielen Jahren, in denen Echsen eher ein Randdasein im Bereich von DSA5 gefristet haben und maximal als (seltene) NSC eingesetzt werden konnten, ist eine Spielhilfe von über 60 Seiten auf jeden Fall eine deutliche Aufwertung der Spezies. Vor allem stellt die Spielhilfe einige der Einzigartigkeiten der Spezies gut heraus, in erster Linie gilt dies für die Fähigkeiten des Kristallomanten und der Geweihten.  Gerade die Kristallomanten unterscheiden sich in ihren Eigenarten und der Art, wie sie Magie erzeugen, doch sehr stark von anderen Magiewirkern.

Was die Spielhilfe eher nicht leistet, ist meine eingangs geäußerte Hoffnung zu erfüllen, die Achaz insgesamt spielbarer werden zu lassen. Schon im Vorwort von Alex Spohr unterstreicht dieser, dass sie weiterhin nur eingeschränkt verwendbar sind, da sie für Durchschnittsaventurier, die nun mal humanoid sind, schlicht zu fremdartig wirken. Das finde ich grundsätzlich schade, aber mir ist umgekehrt auch klar, dass Aventurien anders als z.B. Myranor ist, wo ein Miteinander völlig unterschiedlicher Spezies viel selbstverständlicher ist. Stattdessen wird eher der Vorschlag unterbreitet, auf Themengruppen zurückzugreifen. Dafür sind auch durchaus einige reizvolle Konzepte vorhanden, v.a. wie angesprochen bei dem Kristallomanten und den Geweihten. Allerdings fehlen mir dazu noch mehr weltliche Professionen, hier ist ja nur der Echsenreiter vorhanden, der aber eigentlich nicht den normalen Echsenkrieger darstellt.

Was die Spielhilfe auf jeden Fall leistet, ist das Erschaffen eines groben Überblicks über die echsische Kultur, z.B. durch den Überblick über die Stämme oder die Siedlungen. Als jemand, der Hintergrund immer für wichtiger als Regeln hält, hätte ich mir an der Stelle naturgemäß mehr gewünscht, sicherlich ist das ein Thema, mit dem man – angesichts der Historie, die die Echsen bei DSA über Jahrzehnte erhalten haben – auch problemlos eine Spielhilfe mit mehreren hundert Seiten füllen könnte. Aber das ist hier eben auch nicht das Ziel, sondern es geht darum, Echsen als Spielercharaktere verfügbar zu gestalten und das wird geleistet.

Allerdings fällt an mehreren Stellen auf, dass einfach auf bestehendes Material zurückgegriffen wurde, für das bereits Texte existieren. Das wäre aus meiner Sicht kein grundsätzlicher Kritikpunkt, wenn man diese denn auf das konkrete Thema Achaz umgearbeitet hätte. So aber irritiert es doch sehr, wenn man plötzlich zwei Seiten zum Magiedilettantismus liest, die aber komplett allgemein gehalten sind. Natürlich ist das durch den Ansatz von DSA5 bedingt, Sonderregeln immer im betreffenden Band abzudrucken (insofern sie nicht im Grundregelwerk stehen). Trotzdem ist sowas hier für mich eher ein irritierender Störfaktor, ein paar Sätze zu den Besonderheiten von Magiedilettanten unter den Achaz hätte ich für angemessen gehalten. Das gilt auch für mehrere andere Bereiche und führt manchmal zu besonderen Stilblüten, wenn z.B. bei der Iryanrüstung angemerkt wird „Durch die schuppige Struktur der Rüstung wirkt ihr Träger beinahe selbst wie eine Echse“, was natürlich nicht passt, wenn es in einem Text angemerkt wird, der explizit für echsische Charaktere gelten soll. Hier muss ich klar sagen, dass ich reines, unbearbeitetes Einfügen von anderen Texten in einem kostenfreien PDF für akzeptabel halten würde, nicht aber in einem Bezahlprodukt wie diesem.

Inwiefern die gesamte Publikation einen realen Nutzwert haben wird, wird sich meiner Auffassung nach erst in Zukunft zeigen. Die Idee einer solchen Spielhilfe ist grundsätzlich gut, allerdings müssten dann auch irgendwann Bände folgen, in denen man auch wirklich echsische Charaktere spielen kann oder die sogar für eine im Vorwort angesprochene Themengruppe nutzbar sind.

Als extrem ungünstig würde ich den Zeitpunkt des Erscheinens der Printvariante bezeichnen. Nicht geringe Teile der Spielhilfe sind ja in den vergangenen beiden Monaten in den Kodex der Magie bzw. in den Kodex der Helden eingegangen. In dem Kontext stellt sich mir dann schon die Frage, wieviel Mehrwert ein solches Heft noch bietet, wenn man denn den Schwerpunkt nicht noch mehr in den Hintergrundbereich verschiebt.

III. Fazit

Achaz – Schuppenkleid und lange Zunge liefert das basale Rüstzeug, das man benötigt, um einen echsischen Charakter zu erstellen und sich über die groben Hintergrunde der Kultur zu informieren. Allerdings findet man hier nur sehr grobe Informationen. Stellenweise fällt auf, dass einige Textanteile nicht auf die Besonderheiten der Achaz angepasst wurden, sondern komplett aus anderen Publikationen entnommen wurden, zudem sind Teile des Heftes zuletzt schon in die Kodex-Bände eingegangen.        

Bewertung: 3 von 6 Punkten   

4 Kommentare

  1. Bei deiner Kritik stimme ich dir absolut zu. Es ist zu wenig Hintergrund und Achaz sind immer noch nicht wirklich spielbar.
    Ähnlich wie Orks und Goblins sind sie in klassischen Runden nicht spielbar. Dafür müsste der Hintergrund Aventuriens angepasst werden.
    Ob das irgendwann mal gemacht wird, ist fraglich.
    (vielleicht mit DSA6)
    Ich spiele einfach weiter in meinem Bventurien, wo Achaz auch in Havena in einer Taverne ein Bier trinken können.

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    1. Witzigerweise Spiele ich gerade in einer Online-Runde, in der es gleich zwei Achaz in der Gruppe gibt, das funktioniert auch ganz gut, ist allerdings auch im Süden Aventuriens. Für den Norden kann ich mir Achaz tatsächlich weiterhin nicht gut vorstellen, das ist halt der große Unterschied zu Myranor. Die Alternative ist natürlich sowas wie dein Bventurien, was ich mir auch spannend vorstelle.

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