Rezension: Das Tal des Todes (DSA5)

Vorbemerkung: Ein letztes Mal gilt es zurückzublicken auf die Anfangstage von DSA5. Denn mit Das Tal des Todes von Daniel Heßler ist nun auch das dritte Abenteuer, das 2014 als Testballon für die damals noch vorläufigen Grundregeln erschienen ist, in einer finalen Bearbeitung für das fertige Regelwerk veröffentlicht worden. Damals lag der Schwerpunkt noch auf dem Austesten bestimmter Regelbereiche (hier auf Aspekten wie Fertigkeiteneinsatz und Ausrüstung). Wie bei den beiden anderen Neuveröffentlichungen liegt ein Fokus dieser Rezension auch darin, inwieweit das Abenteuer im Vergleich zu seiner Originalversion überarbeitet bzw. ausgebaut wurde.

In Zahlen:

– 64 Seiten

– Preis: 19,95 Euro

– Erschienen am 25.5. 2023

I. Aufbau und Inhalt

Der Anlass des Abenteuers liegt einige Jahre in der Vergangenheit begründet, so dass zunächst eine ausführliche Vorgeschichte existiert, die mit einer Expedition des Altertumsforschers Marek Brodinger verbunden ist. Eben dieser wirbt die Heldengruppe auch in Port Corrad an. Das Ziel der neuen Expedition soll ein alter Tempel im Regengebirge, im Gebiet der Anoiha sein, den Marek damals zwar schon entdeckte, nun aber mit einer besser ausgerüsteten Gruppe gründlicher erforschen will. Dazu hat er bereits drei Waldmenschen vom Stamm der Chirakah angeheuert, die mit einem Lastenelefant die Ausrüstung transportieren sollen. Sowohl für Marek als auch die drei Chirakah finden sich ausführliche Charakterbeschreibungen und Werte, zudem sind viele Anregungen vorhanden, wie man auf der Reisepassage mit ihnen interagieren kann.

Folgend wird die Reise selbst beschreiben, mit einigen allgemeinen Aspekten (Reiseroute, Ausrüstung, Orientierung etc.), dies wird auch in Regeln ausgedrückt, z.B. gibt es einen Mechanismus für Ausrüstungsverlust und für den Reisefortschritt. Außerdem wurde eine Tabelle mit Zufallsbegegnungen hinzugefügt. Ein Fokus dieser Etappe liegt auch auf der Interaktion mit Marek, u.a. kann man von ihm mehr Informationen über die vorherige Expedition erhalten. Außerdem gibt es einige Ereignisse, die während des Vordringens zum Ziel stattfinden können.

Ein weiterer Schwerpunkt liegt folgend auf dem Erreichen des Zielgebietes, wenn man auf den Stamm der Anoiha trifft. Deren Dorf wird ausführlich beschreiben, ebenso viele der Bewohner, mit denen man in Kontakt kommen kann und die auch eine bestimmte Agenda verfolgen. Diese Passage ist auch davon geprägt, dass die Anoiha Marek bereits kennen.

Das ist aber natürlich nur das Vorspiel für das endgültige Finale, indem es gilt, zum bereits erwähnten Tempel vorzudringen, über den man idealerweise von den Anoiha und Marek weitere Kenntnisse erhalten hat. An dieser Stelle kann sich eine überraschende Wende ergeben, indem man dort andere Aufgaben erhält, als man ursprünglich annehmen könnte. In jedem Fall werden auch die Talente kämpferischer Charaktere benötigt. Sowohl für das Tal der Anoiha als auch den Tempel sind jeweils eine Karte vorhanden, ebenso wird das Innere des Tempels ausführlich vorgestellt.

Das Abenteuer verfügt über einen umfangreichen Anhang mit fast 20 Seiten, in dem notwendige Regelaspekte ergänzt werden, vor allem aber die Werte der vielen Wesen, denen man im Dschungel oder im Tempel begegnen kann.

II. Figuren

Eine sehr dominante Rolle nimmt Marek ein, der nicht nur Auftraggeber, sondern auch Begleiter der Heldengruppe ist. Dabei erweist er sich als sehr ambivalent, indem er zwar viele Versprechungen macht, an anderen Stellen aber auch sehr verschlossen wirkt. Wichtige Interaktionspartner sind auch die drei Chirakah Kote-Kutaq, Leri-Tamtam-Sun und Huudu-Jutatla. Alle drei werden so beschrieben, dass sie der Gruppe durchaus ans Herz wachsen, alle tragen aber auch einiges an Konfliktpotential in sich. Im späteren Verlauf sind zudem viele NSC aus dem Kreis der Anoiha vorhanden.       

III. Kritik

Schon der Titel Das Tal des Todes weist auf einen sehr klassischen Inhalt hin und genau dies hält das Abenteuer in seiner Grundanlage auch ein. Ein geheimnisvoller Tempel, eine Reise durch den Dschungel, Flüche und Fallen, das sind sehr gängige Bausteine, die sich gut miteinander kombinieren lassen. Dabei werden die Kulissen passend genutzt und die Dschungel- und Indiana-Jones-Atmosphäre tut ihr Übriges.

Das könnte nun recht konventionell sein und klingt in der Anlage eigentlich wenig originell. Allerdings werden innerhalb des Abenteuers einige geschickte Wendungen eingebaut, die dafür sorgen, dass man trotzdem überrascht werden kann, was vor allem für das finale Vordringen in den Tempel gilt, wenn man dort plötzlich Aufgaben erfüllen soll, die eigentlich das genaue Gegenteil von dem sind, was man in einer solchen Ruine eigentlich erwarten würde und die Rolle eines typischen Tomb Raiders quasi umgedreht wird. Im gesamten Handlungsbereich ist das Abenteuer recht gradlinig in seinen Abläufen angelegt, die jeweiligen Verknüpfungen sind aber logisch gewählt und somit fühlen sich die eigentlich ausliegenden Schienen nicht wirklich beengend oder störend an.

In vielerlei Hinsicht lebt Das Tal des Todes zudem von der Interaktion mit vielen interessanten NSC. Gemeinsam ist diesen die bereits erwähnte ambivalente Anlage, indem man sich eigentlich selten sicher sein kann, wie man die einzelnen Figuren einordnen soll, ob sie nun Verbündete oder Gegner sind. Das gilt für Marek wie auch die drei Chirakah, genauso für den gesamten Stamm der Anoiha. Und tatsächlich lassen sich fast alle Figuren auch wirklich in beide Richtungen verwenden, bieten einer Spielleitung somit auch viele abwechslungsreiche Gestaltungsmöglichkeiten. Im Fall von Marek ist dafür vieles an seinem Hintergrund etwas zu durchschaubar. Sein Schicksal ist interessanterweise zwar eigentlich festgelegt, das Abenteuer bietet aber durchaus Optionen, daran etwas zu ändern.

Was ich allerdings – auch im Vergleich zu den beiden anderen Neuauflagen der damaligen Testabenteuern – eher enttäuschend empfinde, ist der Umstand, dass das Abenteuer inhaltlich so gut wie gar keine Erweiterung erfahren hat. Das war zwar auch bei Die Quelle des Nagrach und Die Gunst des Fuchses nicht in allzu großem Ausmaß vorhanden, allerdings wurden dort einige Kritikpunkte in der Neuauflage aufgenommen und Alternativen hinzugefügt. Hier besteht der Seitenzuwachs lediglich im Wertebereich, Die Werte der Gegner und Kreaturen wurden auf die umfangreicheren Kastenformate des finalen DSA5-Regelwerks umgearbeitet und zudem wurden für einige Bereiche des Hintergrunds (z.B. ein Paktbruch mit einem Dämon) mittlerweile Regeln erdacht, die man hier dem Anhang hinzugefügt hat. Das ist zwar eine Ergänzung, aber aus meiner Sicht eine ohne wirklichen Mehrwert. Hier war meine klare Erwartung, dass der zusätzliche Platz durch die höhere Seitenzahl auch zu einem inhaltlichen Ausbau genutzt wird, immerhin wird an dieser Stelle ja auch von nicht wenigen Spieler*innen erwartet, dass man Das Tal des Todes ein zweites Mal erwirbt. Dazu sehe ich der vorliegenden Form eigentlich keinen Anlass. Nach wie vor würde ich es beispielweise als passend ansehen, eine konkurrierende Gruppe einzubauen, auch weil es ja Teil des Abenteuers ist, Fallen wieder funktionsfähig zu machen oder neue zu erdenken, die mit einer solchen Erweiterung dann auch zum Einsatz kommen könnten.

IV. Fazit

Das Tal des Todes ist ein spannendes Abenteuer mit viel Indiana Jones-Flair, das zwar aus konventionellen Grundbausteinen besteht, aber einige originelle Wendungen beinhaltet, die mit den üblichen Erwartungen brechen. Als sehr schade empfinde ich, dass im Vergleich zur Originalversion nur mittlerweile vorhandene Regelelemente hinzugefügt wurden, inhaltlich aber gar keine Mehrwerte vorhanden sind. Somit bleibe ich bei der Bewertung von 2014.

Bewertung: 4 von 6 Punkten     

3 Kommentare

  1. „Dazu sehe ihn (sic) der vorliegenden Form eigentlich keinen Anlass.“ – und trotzdem 4 von 6 ? Ich denke eine Überarbeitung, die nur Oberflächlich bleibt und keinen Mehrwert bietet, sollte schlechter bewertet werden.
    Ich empfand vom Lesen her das Tal des Todes damals als ok. Wenn 4 von 6 bedeutet, dass man es ohne graue Haare spielen kann, dann verstehe ich die Bewertung, sonst aber würde ich eine Neuauflage alten Materials ohne substanzielle Verbesserung schlechter bewerten als das Original – sie müssten es besser wissen…

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    1. Danke, der ihn/ich Fehler ist korrigiert. Zur Punktewertung: Für eine Abwertung sehe ich keinen Anlass, nach wie vor ist das Abenteuer ja gut nutzbar, es fehlt nichts Wesentliches. Und es war ja bisher nur in der Probeversion erhältlich und ist schon lange vergriffen. Von daher hat aus meiner Sicht auch ein inhaltlich gleicher Band (immerhin auf die aktualisierten Regeln umgearbeitet) seinen Wert. 3 von 6 hätte nach meinem Schema ja auch bedeutet, dass der Band leicht unter dem Durchschnitt ist (Schulnote ausreichend), da sehe „Das Tal des Todes“ nach wie vor besser.

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