Rezension: Dryadenholz

Vorbemerkung: Im Vergleich zum Editionsbeginn gibt es mittlerweile einige neue Produktreihen. Dazu gehört u.a. die Auf ins Abenteuer-Reihe, die kurze Einsteigerabenteuer und direkt spielfertige Archetypen beinhaltet. Als erste DSA5-Regionalspielhilfe ist 2016 Die Streitenden Königreiche entstanden und verfügte bislang über kein solches Einsteigerheft. Dies ändert sich nun mit Dryadenholz von Lena und Matthias Kalupner, wobei schon der Titel ahnen lässt, dass hier die eher mythische Seite von Nostergast betrachtet wird. Eine interessante Frage wird es aus meiner Sicht sein, ob es gelingt, die Besonderheiten des Settings zu berücksichtigen: Wenn man eine fertige Spielgruppe aus Charakteren beider Regionen präsentiert, ist eine Kooperation als Heldengruppe eigentlich nicht ohne weiteres möglich aufgrund der ewigen Differenzen.

In Zahlen:

– 6 Charaktere mit Heldenbögen (je 4 Seiten für die profanen und 6 Seiten für die magiebegabten Figuren)

– 1 Abenteuerheft mit 16 Seiten

– Preis: 19,95 Euro

– Erschienen am 25.5. 2023

I. Aufbau und Inhalt

Zunächst gibt es – wie im Format üblich – die 6 Archetypen. Tatsächlich sind diese auch paritätisch verteilt, drei stammen aus Nostria und drei aus Andergast. Aus Nostria handelt es sich um die Weißmagierin Arathea aus der Halle von Licht und Dunkelheit, die Bognerin Ynette und die Eulenhexe Rolantha. Die Farben Andergasts vertreten der Magier Odelyn aus dem Kampfseminar Andergast, der Sume Borkfried und der Waldritter Edelbrecht. Wie gewohnt ist ein ausführliches Heldendokument vorhanden mit allen relevanten Werten (für die Magiewirker befinden sich auch alle Regelangaben für alle Zauber, die sie beherrschen, im Bogen). Dazu kommen noch eine grobe allgemeine Professionsbeschreibung und eine ca. einseitige spezielle Hintergrundgeschichte, die vor allem in das Abenteuer einführen soll. Allen 6 Figuren ist dabei gemeinsam, dass rätselhafte Ereignisse sie in das Quellgebiet des Ornib führen, z.B. stellt der Sume Borkfried merkwürdige Wanderungen der Insekten in diese Gebiet fest, während Ynette von einer Dryade gehört hat, die sie um etwas Holz für einen besonderen Bogen bitten will.

Zu Beginn des Abenteuers kreuzen sich folglich die Wege der Archetypen. Als Hilfestellung für die Spielleitung gibt es einen Infokasten, wie man mit den Konflikten der beiden Königreiche umgehen kann, die ja auch die Charaktere betreffen. Zudem wird etwas zu der patriarchalischen Weltsicht der Andergaster gesagt, was ja ebenfalls zu Unstimmigkeiten führen kann. Immerhin wird von ihnen verlangt, dass sie sich schnell zusammenraufen, denn die anfängliche Begegnung mit der Dryade Baeruwike offenbart, dass tatsächlich eine reelle Gefahr für die gesamte Region des Quellgebiets besteht, da plötzlich Insekten die Flora und Fauna attackieren und sie selbst zu ortsgebunden ist, um der Ursache auf den Grund zu gehen. Sie hat eine ungefähre Vorstellung über den Ausgangsort, womit sich zunächst eine kurze Reisepassage anschließt. Dieser Teil wird mit einigen möglichen Begegnungen ausgestaltet. Folgend gibt es eine Beschreibung des Finalortes (mit zwei kleinen Karten), also mit den örtlichen Begebenheiten und den Wesen, mit denen man dort konfrontiert wird. Dazu werden unterschiedliche Herangehensweisen antizipiert, wie man das Problem angehen könnte und wie diese Abläufe jeweils aussehen könnten.

II. Figuren

Im Mittelpunkt stehen natürlich die 6 Archetypen, die ausführlich vorgestellt werden. Gemein ist ihnen der regionale Bezug, sie alle sind für genau dieses Setting erstellt und können dementsprechend ihre Fähigkeiten einbringen. Dazu müssen sie aber ihre vorhandenen Differenzen, die aus ihrer Herkunft herrühren, überwinden. Ein hilfreicher Faktor kann in dieser Hinsicht die Begegnung mit Baeruwike sein, die über eine sehr ausgleichende und mystische Natur verfügt und folgend auch die Rolle der Auftraggeberin übernimmt. Im weiteren Verlauf des Abenteuers ergeben sich außerdem noch zusätzliche Begegnungen.         

III. Kritik

Die Idee, jetzt auch noch weitere Regionen mit Auf ins Abenteuer– Bänden auszustatten, empfinde ich zunächst einmal als Bereicherung. Hier bietet es sich aus meiner Sicht sogar doppelt an: Zum einen sind Nostria und Andergast ja im Lauf der DSA-Historie zu einer Region mit viel Einstiegscharakter mutiert und zum anderen ergibt sich so die Gelegenheit, die Regionalspielhilfe und die dort beschriebenen Entwicklungen wieder einmal aufzugreifen. Das ist ja ein gewisses Problem der enormen Vielfalt an Regionen: Es ist nur schwer möglich, kontinuierlich Nachschub an Abenteuern und Spielhilfen zu bereits erschienenen Regionalspielhilfen zu liefern, wenn man gleichzeitig noch eine große Zahl an Regionen hat, für die ein solcher Band nebst Begleitpublikationen noch aussteht, zudem sind die Kapazitäten einer Redaktion nicht unendlich. 

Umgekehrt muss man allerdings auch sagen, dass hier ein anderer Weg gewählt wurde, als es zum Beispiel im Lowanger Lügenmärchen, dem Auf ins Abenteuer-Begleitheft zu Rohals Erben, der Fall ist: Während dort eindeutig an den größeren Zahnrädern des Metaplots gedreht wird, finden die Ereignisse von Dryadenholz abseits der Aufmerksamkeit eines nennenswerten Publikums statt. Stattdessen handelt es sich um ein Wildnisabenteuer mit überschaubaren klein-regionalen Auswirkungen. Das halte ich einerseits für kein allzu dramatisches Problem, gerade Einsteiger-Abenteuer müssen dieses Kriterium für mich nicht erfüllen. Im vorliegenden Fall hätte ich es aber für nicht falsch gehalten, noch mehr klaren RSH-Bezug aufzubauen und ein wenig Metaplot Fortschritt aufzuzeigen, immerhin schlummern die Streitenden Königreiche nach vielversprechenden Entwicklungen zu Editionsbeginn (vor allem initiiert durch den hervorragenden Roman Mehrer der Macht) ein wenig vor sich hin. Hier wird nur – quasi als Nebenaspekt – eine Figur aus dem damaligen Heldenbrevier aufgenommen.

Was gut gelingt ist die Einbindung der unterschiedlichen regionalen Figuren. Alle sechs Archetypen passen prototypisch in die Streitenden Königreiche und stellen ein breites Angebot an unterschiedlichen Möglichkeiten dar: Es stehen zwei Gildenvertreter*innen zur Verfügung, zwei sehr naturgebundene Magiewirker und zwei profane Charaktere, die dafür sehr unterschiedliche Stände bedienen, auch sind beide Geschlechter paritätisch vertreten (allerdings in einer klaren Trennung, indem drei männliche Figuren für Andergast gewählt wurden, drei weibliche für Nostria). Die Vorgeschichten sind zwar eher unspektakulär, passen aber jeweils zu der entsprechenden Figur. Besonders der Ansatz der Bognerin wurde zudem gut aufgenommen, indem es am Ende eine Regelerläuterung gibt, wie sich Dryadenholz als Material auf Bögen oder Magierstäbe auswirken könnte.

Inhaltlich handelt es sich um eine sehr klassische Story mit märchenhaften Einschlägen: Ein übersinnliches, gutmeinendes Wesen beauftragt die Gruppe, Störungen der Naturharmonie aufzuklären und dahinter steht letzten Endes eine Art alter Fluch. Um diesen zu beenden, muss man sich in ein unheimliches Gemäuer begeben. Einen Originalitätspreis gewinnt das nicht (tatsächlich gibt es beispielsweise Parallelen zu Abenteuern wie Der Apfelwurm von Alriksfurt), besteht aber durchaus aus Einsteiger- geeigneten Versatzstücken. Besonders gefällt mir, dass mehrere Lösungsmöglichkeiten antizipiert wurden, die auch den Fähigkeiten der Archetypen entsprechen.    

IV. Fazit

Dryadenholz ist ein im besten Sinne nettes Einsteigerabenteuer. Die bereitstehenden Archetypen sind absolut regionaltypisch gewählt und lassen sich dementsprechend gut in das Abenteuer einweben. Die Handlung ist inhaltlich eher überschaubar und teilweise etwas unspektakulär, allerdings sehr Einsteiger-gerecht und bietet im Finale unterschiedliche Varianten als Freiraum.

Bewertung: 4 von 6 Punkten

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