Rezension: Die Akte Ilumkis

Vorbemerkung: Heist-Abenteuer haben bei DSA eine gewisse Tradition, gab es doch schon eine Reihe von Abenteuern, in denen es um das Eindringen in ein gut bewachtes Gebäude geht, in dem sich etwas Wertvolles verbirgt, z.B. die hervorragenden Seelanders Eleven, Die Paligan-Akten oder Die Gunst des Fuchses. Hier will sich auch nun Die Akte Ilumkis von Mathieu Borchardt einreihen, das passend zum kürzlich beendeten Crowdfunding Die Winterwacht das Bornland, genauer gesagt Festum, als Schauplatz wählt. Für ein Heldenwerk ist dabei die Aufgabe auch insofern besonders anspruchsvoll, weil man hier nur wenig Platz hat, alle notwendigen Informationen zu den Rahmenbedingungen des Beutezugs unterzubringen.

In Zahlen:

– 15 Seiten

– Heldenwerk Nr. 49

– Erschienen am 28.7. 2023 (zusammen mit dem Aventurischen Boten 220)  

I. Aufbau und Inhalt

Typisch für diese Art von Abenteuern ist der zentrale Bereich des Abenteuers sehr offen gehalten, da sich ja schlecht vorhersagen lässt, welche Strategie die Heldengruppe verfolgen wird. Wie immer wird allerdings zunächst die Vorgeschichte des Abenteuers beschrieben, die sehr eng mit der Beziehung der Auftraggeberin und dem Antagonisten verbunden ist.

Der Einstieg ist hingegen recht gradlinig und sehr klassisch ausgefallen, indem die Spielercharaktere von dem Advokaten Alwin Luminoff angesprochen werden. Allerdings handelt es sich bei ihm nicht um den eigentlichen Auftraggeber, diese Person lernt man erst später kennen. Dabei handelt es sich um eine offenkundig sehr vermögende Dame, die ihren Namen freilich nicht nennen möchte. Dafür hat sie einen gleichermaßen delikaten wie fordernden Auftrag: Die Heldengruppe soll für sie in die legendäre Nordlandbank zu Festum eindringen und ihr aus dem dortigen Archiv ein Dokument besorgen (über dessen Inhalt sie sich natürlich ebenfalls nicht äußern möchte).

Folgend wird zunächst davon ausgegangen, dass man sich in einem ersten Schritt mit möglichst vielen Informationen über die örtlichen Begebenheiten in und um die Bank vertraut machen möchte sowie günstige Gelegenheiten für einen Einbruch in Erfahrung gebracht werden. Dazu erhält man eingangs einige allgemeine Informationen, folgend werden Personen beschrieben (z.B. Angestellte der Bank, aber auch eine ehemalige Einbrecherin, die eine wichtige Quelle für Einstiegsmöglichkeiten sein kann). Zudem findet sich eine Schilderung der Bank von außen und von innen (für die Spielleitung sind zudem sowohl ein Umgebungsplan als auch ein Gebäudeplan vorhanden). Dazu wird auf Sicherungsaspekte eingegangen (Alarmtüren, Wachen und deren alltägliches Verhalten). Ebenso wird die Kanalisation als zusätzliche Eingangsoption angesprochen. Ein bald stattfindendes Sommerfest stellt zuletzt eine weitere Perspektive dar, auf andere Weise in die Bank einzudringen.

Die Durchführung des Diebstahls wird am Ende folglich eher knapp ausgeführt, da ja unklar ist, welche Option die Gruppe ergreift. Demzufolge werden hier nur noch weitere Aspekte hinzugefügt, die sich erst vor Ort ergeben, z.B. was konkret im Archiv an unerwarteten Begebenheiten hinzukommt. Sollte der Coup gelingen, spielen außerdem die Details der Vorgeschichte eine gewichtige Rolle, da sich hier auch moralische Fragen entwickeln können.

II. Figuren

Was die zentralen Figuren angeht, ist ein Clou des Abenteuers, dass deren Identität zunächst unklar bleibt. Dies gilt sowohl für die befehlsgewohnte Auftraggebern als auch für einen Gegenspieler, der zunächst wahrscheinlich gar nicht als solcher auszumachen ist. Alwin Luminoff hingegen ist zwar der erste Ansprechpartner, dürfte aber recht schnell als reiner Mittelsmann erkannt werden, da er nur im Auftrag agiert. Weitere Personen dürften sich allerdings schnell im Laufe der Recherche ergeben. Auch hier sind Rollen nicht unbedingt festgelegt sein. Das Personal der Nordlandbank kann als Gegner fungieren, die man auf dem Weg zum Ziel überwinden muss. Ebenso gilt es aber, etwaige Verbündete zu finden, die möglicherweise käuflich sind.

II. Kritik

Eingangs habe ich ja schon ein paar sehr gute Vertreter des Heist-Genres in Aventurien genannt, es gibt also einige sehr gute Vergleichsmöglichkeiten und somit liegt die Messlatte auch durchaus nicht ganz niedrig. Tatsächlich bin ich allerdings der Meinung, dass Die Akte Ilumkis hier durchaus gut mithalten kann. Überzeugen kann dabei die Kombination aus einer passenden Hintergrundgeschichte und der Ausarbeitung der Rahmenbedingungen für den eigentlichen Coup.

Die Hintergrundgeschichte ist insofern spannend, weil sie keine klaren Rollen verteilt. Die antagonistischen Parteien haben alle Dreck am Stecken und agieren umgekehrt aus ihrer persönlichen Sicht verständlich. So kann der eigentliche Gegenspieler zwar mit Fug und Recht als Erpresser bezeichnet werden, andererseits decken seine Ermittlungen auch verbrecherische Handlungen auf, zudem hat er ein nachvollziehbares Motiv, das man auch moralisch nachvollziehen kann. Somit kann sich nach der etwaigen Euphorie eines erfolgreichen Diebstahls noch ein kniffeliges Dilemma ergeben, ob man dem eigentlichen Auftrag einfach weiter folgen will oder sich entscheidet, mit dem Diebesgut anders umzugehen. Dies wird im Abenteuertext angemessen antizipiert und es werden verschiedene Ausgangsmöglichkeiten aufgezeigt, wobei auch denkbare Konsequenzen angesprochen werden.

Die Rahmenbedingungen des Diebstahls werden ebenso gut ausgeführt. Die Spielleitung hat gerade für die Örtlichkeiten die notwendigen Beschreibungen und auch das dazugehörige Kartenmaterial. Ebenso werden maßgebliche Personen, deren Verhalten und Schwachpunkte ausgeführt. So ist die Möglichkeit einer vorherigen Recherche absolut gegeben, mit dem Hintergrund lässt sich dann auch die Durchführung des Raubes ausgestalten. Auch hier werden unterschiedliche Optionen benannt, mit dem Sommerfest wird eine konkrete Gelegenheit genannt, die aber nicht zwangsläufig genutzt werden muss, genauso gibt es ja auch die Einbruchsoptionen mit unterschiedlichen Wegen in das Gebäude, auch die nicht ganz so erquicklich klingende Kanalisation wird dazu beschrieben. Hier werden also viele spielerische Freiheiten eingeräumt.

Ein wenig auf der Strecke bleibt für meinen Geschmack dabei der Realismusfaktor: Die Nordlandbank wird zwar als große Herausforderung geschildert, indem davon gesprochen wird, dass es noch nie gelungen ist, dort erfolgreich einzubrechen, die konkreten Rahmenbedingungen lassen dies aber eher unrealistisch erscheinen, dazu sind zu viele Schwachpunkte vorhanden. Wie eine uneinnehmbare Festung wirkt die Nordlandbank auf mich definitiv nicht. Allerdings stellt der gesamte Einbruch trotzdem immer noch eine Herausforderung dar. Andere Schwächen lassen sich mit den geringen Seitenplatz erklären, z.B. hätte ich mir noch Informationen über das Alarmverhalten der Wachen gewünscht oder wie die Stadtwache auf den Raub reagieren könnte, dies halte ich aber für verschmerzbare Details.

IV. Fazit

Die Akte Ilumkis ist ein gute Heldenwerk, das die Elemente des Heist-Genres gekonnt nutzt. Dabei werden alle notwendigen Rahmenbedingungen für den Diebstahl ausgeführt. Somit gewährt das Abenteuer eine sehr freie Ausgestaltung, in der viele unterschiedliche Lösungsmöglichkeiten denkbar sind, was nicht nur für den konkreten Coup, sondern auch darüber hinaus gilt.

Bewertung: 5 von 6 Punkten       

3 Kommentare

  1. 16 Seiten sind mir etwas knapp, aber ich halte das Abenteuer auch für eins der besseren HW.
    Mit 4 Seiten mehr, hätte man noch etwas rausholen können, aber in meinen Augen verdiente Sternchen

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    1. Klar, das gilt sicher für viele Heldenwerke, der Platz ist sehr knapp und bei vielen ist genau das die Schwäche, dass man den Inhalt nicht dementsprechend auf das Machbare reduziert hat. Das finde ich hier im Grunde sehr gelungen gelöst, die notwendigen Angaben sind alle da. Allerdings ist da sicher mehr möglich, v.a. ist das wohl auch ein Grund für meinen Eindruck, dass die Bank nicht so wirkt, als wäre es unmöglich, dort einzubrechen, da fehlen ein paar Schikanen, die das schwerer machen. Z.B. fehlt mir noch ein konkreterer Gegenspieler, z.B. in Person eines besonders aufmerksamen Wächters. Vielleicht liefert ja die Erweiterung im Heldenwerk-Archiv kommendes Jahr noch ein paar gute Ergänzungen.

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