Rezension: Frevlerwacht

Vorbemerkung: Auch in diesem Jahr gibt es wieder ein besonderes Abenteuer für Conventions, das im Heldenwerk-Format etwas epischere Plots ermöglicht. Dementsprechend ist auch Frevlerwacht nicht wie die regulären Heldenwerke von Neu-Autor*innen verfasst worden, sondern von Anni Dürr, David Lukaßen und Jens Marx. Wie üblich wurde das Abenteuer nach Abschluss der RatCon jetzt auch regulär verfügbar gemacht, so dass ich jetzt einen Blick hineinwerfen konnte.

In Zahlen:

– 15 Seiten

– Con-Abenteuer Nr. 7

– Preis: 4,99 Euro

– Erschienen am 27.9. 2023

Aufbau und Inhalt

Das Abenteuer beginnt, als merkwürdige Ereignisse stattfinden, indem in der Nähe von Elenvina plötzlich Tiere ein merkwürdiges Brunftverhalten zeigen, auch noch just zu dem Zeitpunkt, als dort ein neuer Rahjatempel eröffnet werden soll. Allerdings ist es die Praioskirche, die den Dingen näher auf den Grund geht und die eine Kraftlinie aufspürt, die in der Nähe der Bergfreiheit Xorlosch endet. Durch die Lex Zwergia kann die Inquisition, die Niederhöllisches vermutet, dort allerdings nicht selbst eingreifen. An dieser Stelle kommt dann selbstredend die Heldengruppe ins Spiel, die von niemand geringerem als den Großinquisitor Amando Laconda da Vanya ihren Auftrag erhält. Dieser hält ein legendäres Artefakt für den Verursacher der Ereignisse, die sogenannte Keule des Dis, dessen Kinder Meriban und Khabla eine gewichtige Rolle in den Göttersagen Aventuriens spielen.

In den Ingrakuppen angekommen, treffen die Spielercharaktere auf eine Geodenzirkel, der das mächtige Artefakt an einem versteckten Ort vor dem Zugriff finsterer Mächte schützt. Hier ergibt sich eine diplomatische Aufgabe, sind die Zirkelmitglieder doch nicht leicht davon zu überzeugen, dass sie ihre lange Wacht aufgeben sollten, um der Heldengruppe Zugang zu gewähren. Hierzu finden sich Kurzcharakterisierungen der Geoden und Anmerkungen, wie diese sich möglicherweise überzeugen lassen.

Gelingt dies, schließt sich der eigentliche Kernpart des Abenteuers an, der aus einem ausgiebigen Dungeoncrawl besteht. Dieser basiert auf einer Karte des entsprechenden Areals, wozu ergänzend die einzelnen Bereiche ausführlich beschrieben werden. Das Abenteuer weist in den Voraussetzungen explizit darauf hin, dass eher kampfstarke Charaktere verwendet werden sollten, dementsprechend warten an dieser Stelle einige Herausforderungen, vor allem was das Finale betrifft. Umgekehrt gibt es auch einige Möglichkeiten, die eigenen Erfolgsaussichten zu erhöhen, indem man Verbündete und Ressourcen gewinnt.

II. Figuren

Die zunächst wichtigste Person ist mit Amando Laconda da Vanya eine der zentralen Figuren der Priaoskirche, der auch schon in dem Handlungsbogen um die Rückkehr Borbarads und zuletzt während der Quanionsqueste eine gewichtige Rolle gespielt hat. Allein das unterstreicht die Bedeutung der Aufgabe, die er der Heldengruppe anvertraut. Neben ihm sind es vor allem die Mitglieder des Geodenzirkels, mit denen man interagieren kann. Auf diese muss man besonders intensiv eingehen, da von ihrem Einverständnis der Fortgang der Mission abhängt. Zudem wird im einführenden Text bereits angedeutet, dass sich weitere Abenteuer in der Region anschließen werden und dass auf diese NSC auch in Zukunft zurückgegriffen wird, wofür auch spricht, dass zwei von ihnen eine Garadan-Einordnung als Springer erhalten. Im Dungeon selbst ergeben sich natürlich noch weitere Begegnungen, die teilweise übernatürliche Wesen darstellen.

II. Kritik

Bekanntlich hat das Abenteuer-Kurzformat einige Fallstricke, wenn es darum geht, epischere Handlungen zu ermöglichen. Gelingen kann dies, wenn die Konstruktion sich an passenden Standards orientiert. Genau diesen Ansatzpunkt findet Frevlerwacht, indem es nach dem eher schnörkellosen Einstieg mit der raschen Beauftragung durch Amando und die Praioskirche zwei sehr unterschiedliche Kernetappen gibt, die sich von den Anforderungen her stark unterscheiden. Die Begegnung mit den Geoden ist ein diplomatischer Abschnitt, in dem man eher Verhandlungsgeschick beweisen muss, gilt es doch, die Mehrheit der vier charakterlich sehr unterschiedlichen Zwerge zu überzeugen. Gerade auch in Anbetracht des eher kampflastigen folgenden Handlungsteils stellt das einen guten Kontrapunkt dar. Die Verhandlungen sind dabei zwar nur auf knapp 2 Seiten (inklusive der Personenbeschreibungen) abgefasst, aber es werden genügend Optionen antizipiert. Gelungen erscheint mir auch der Ansatz, dass  – wie bei den Figuren oben angesprochen – das Abenteuer auch dazu genutzt wird, um neue regionale NSC aufzubauen. Gerade das Thema Zwerge und ihre Kultur ist bei DSA5 ja bislang noch nicht allzu intensiv behandelt worden, dementsprechend sehe ich hier einen Ansatz zur Veränderung.

Der Dungeonpart gefällt mir ebenfalls ausgesprochen gut, gerade auch, weil das Kavernensystem, in das die Gruppe vordringen muss, sehr abwechslungsreich und im Aufbau sinnvoll gestaltet ist, dazu kann man das im Spiel auch sehr atmosphärisch wirken lassen, wenn man sich auf die Spuren eines uralten Geheimnisses begibt, während man ein riesiges Höhlensystem durchquert, das allerdings eine Reihe von Bewohnern hat. Einerseits hat man natürliche Begebenheiten, wie den Eingang durch einen Wasserfall, Tropfsteinhöhlen und Drusen, dann gelangt man in Kavernen, in denen bestimmte Elemente oder Lebewesen vorherrschen und in denen die Geoden Vorsichtsmaßnahmen gegen potentielle Angreifer ergriffen haben. Da allerdings in letzter Zeit einiges an finsteren Einflüssen einkehren konnte, haben sich manche der Orte in eine noch lebensfeindlichere Umgebung verwandelt. Hier spart man Beschreibungsplatz, indem das Vorgehen durch die geografischen Begebenheiten vorgegeben ist, der Weg durch das Dungeon ergibt sich relativ logisch, so dass man wenig Raum auf Handlungsschilderungen verwenden muss, sondern das meiste ortsgebunden hinzufügen kann.

Die Herausforderungen gestalten sich sehr unterschiedlich, vieles muss nicht durch lange, würfellastige Kämpfe erledigt werden (auch wenn es diese natürlich gibt), sondern verlangt vor allem ein umsichtiges Vorgehen. Kluges Handeln wird auch explizit belohnt, indem man zwei fähige Verbündete gewinnen kann, wenn man in einigen Räumen die richtigen Entscheidungen trifft. Gelingt dies, hat man im fordernden Finale tatkräftige Unterstützung.

Was mir dort etwas fehlt, ist ein verstärkter Fokus auf das eigentliche Objekt der Begierde. Aus meiner Sicht erscheint es durchaus wahrscheinlich, dass die Heldengruppe bereits im Lauf des Finales die Keule in ihre Hände bekommt und her wäre es folglich angebracht, Werte und eventuelle Auswirkungen im Kampf konkret zur Verfügung zu stellen (es werden nur Konsequenzen beschrieben, wenn die Keule nicht in einer Kiste verwahrt wird, allerdings erscheint es mir nicht gänzlich unrealistisch, dass man auch versuchen könnte, sie trotz ihrer pervertierten Natur einzusetzen).

IV. Fazit

Frevlerwacht ist ein gelungenes und sehr atmosphärisches Abenteuer, das besonders durch einen abwechslungsreichen und gut gestalteten Dungeonpart überzeugen kann, der viele Herausforderungen bietet, allerdings trotzdem fair kreiert wurde und kluges Handeln auch mit entsprechenden Belohnungen/Erleichterungen versieht. Gleichermaßen gibt es aber auch viel Interaktion mit den NSC.

Bewertung: 5 von 6 Punkten      

3 Kommentare

  1. Hallo Engor!

    Vielen Dank für die Rezension. Das Abenteuer scheint mir wie gemacht für die Kampagne, die ich gerade leite. Da diese jedoch etwa 20 Jahre früher spielt,als der aktuelle Metaplot, wollte ich gern wissen, wie hoch Du den Aufwand einer Anpassung einschätzen würdest.

    Beste Grüße

    Stephan

    Like

    1. Hi Stephan,

      find ich derzeit schwer zu beantworten, das Abenteuer soll wohl so eine Art Vorspiel zu dem noch nicht erschienenen Abenteuer „Der Ruf des Berges“ sein und zu einer Notwendigkeit von einer konkreten zeitlichen Verortung kann ich gar nichts beurteilen.
      Im Grunde würde ich persönlich sagen, dass es von der eigentlichen Idee her, dass ein Artefakt aufgestöbert werden soll, was für die Umgebung ein Störfaktor ist, sehe ich jetzt eher kein Problem, das alles zeitlich zu verschieben.

      LG
      Engor

      Like

Hinterlasse einen Kommentar