Rezension: Körperlose Schrecken

Vorbemerkung: Geisterwesen sind seit jeher ein wichtiges Element in fantastischer Literatur. Das gilt natürlich auch für DSA, immer wieder haben Geister oder ähnliche Erscheinungen eine Rolle in Abenteuern gespielt. Eine eigene Spielhilfe, die den Themenkomplex explizit in den Mittelpunkt stellt, gab es bis dato aber nicht. Dies ändert nun Körperlose Schrecken, der neueste Kreaturenband für DSA5. Geistererscheinungen sind hier das Hauptthema und nach der bislang konstant guten Qualität dieser Bandreihe hoffe ich natürlich auch, dass der reizvolle Schwerpunkt Grusel ebenso passend umgesetzt wird.

In Zahlen:

– 160 Seiten

– 29 Geisterwesen

– Preis: 44,95 Euro

– Erschienen am 27.10. 2023

I. Aufbau und Inhalt

Nach einigen üblichen einführenden Regelanmerkungen setzt direkt das Herzstück des Bandes ein, die Beschreibung der titelgebenden körperlosen Wesen. Diese sind unterteilt in die Kategorien Verstorbene, Erscheinungen und Totenwesen. Der Aufbau der Einzelbeschreibungen folgt dabei immer demselben Schema: Zunächst gibt es eine Einführung durch ein Ingame-Zitat. Folgend schließt sich ein Text an, indem das entsprechende Geisterwesen zunächst allgemein vorgestellt wird, dann wird auf Sonderaspekte eingegangen, z.B. wie gefährlich dieses Wesen für den gewöhnlichen Aventurier ist und wie diese Form eines Geistes sich normalerweise verhält (z.B. ob und wie man mit ihr kommunizieren kann /wie zielgereichtet das Verhalten ist etc.). Gegebenenfalls wird auch auf Unterschiede zwischen verschiedenen Kulturen oder Spezies eingegangen, manchmal werden auch besondere Vertreter genannt, die einen größeren Bekanntheitsgrad erhalten haben. Immer spielt auch eine Rolle, wie dieser Geist entstanden ist und was man unternehmen kann, um ihn zu erlösen oder auch auszutreiben. Außerdem sind immer auch eine Illustration und ein Wertekasten vorhanden. Insgesamt wurden 29 Einzelwesen berücksichtigt, die jeweils eine Doppelseite erhalten haben. Eine Sonderrolle nehmen die Totenwesen ein, werden hierunter doch all die Wesen verstanden, die in der Folge der Schlacht auf dem Mythaelsfeld entstanden sind und durch das Magnum Opus des Weltenbrandes eine dämonische Komponente erhalten haben.

Das Kapitel Die Bedeutung der Geisterbeschwörung gibt zunächst einen historischen Abriss über bedeutende Geistererscheinungen in der aventurischen Geschichte. Folgend wird das Verhältnis verschiedener Zaubertraditionen zu Geistern aufgeschlüsselt. Ebenso wird auf Aspekte wie Hierarchien unter Geistern eingegangen und natürlich auf die 4. Sphäre als Heimstätte der Totenreiche. Zudem existiert ein kurzer Überblick über Literatur zu Geisterwesen und Artefakten, die mit ihnen in Verbindung stehen. Exemplarisch werden in Form von Quellentexten auch einige Legenden zu speziellen Geistererscheinungen aufgeführt. Dazu gehört folgend auch, die unterschiedlichen Vorstellungen zu differenzieren, die die einzelnen Kulturen Aventuriens haben. Wie immer in den Kreaturenbänden werden einige NSC vorgestellt, die sich als Koryphäen erwiesen haben, hier u.a. Murak di Zeforika, Moru´daal oder Olorand von Gareth-Rothenfels. Dem schließt sich direkt ein Unterkapitel mit Geheimnissen der Persönlichkeiten an.

Ein anderer Schwerpunkt sind Örtlichkeiten. Zunächst finden sich zwei ausführliche Akademiebeschreibungen, konkret die Schule der Austreibungen zu Perricum und die Akademie der Erscheinungen zu Grangor. Für beide Akademien existieren Beschreibungen der Geschichte des Hauses, der örtlichen Begebenheiten und einiger wichtiger NSC (Lehrende und Lernende zugleich, ebenso dort lebende Geister). Außerdem werden Geheimnisse und Szenariovorschläge präsentiert. Ebenso ist jeweils eine Karte der Akademie vorhanden.

Weiterhin sind Abenteuerschauplätze enthalten. Konkret sind das Der Madatobel – ein aventurisches Schlachtfeld, Der geheimnisvolle Wald – eine verlassene Hütte, Das Überwasserhaus – ein verfluchter Ruinenkeller und Die Garbenbringerin – ein geisterhaftes Schiffswrack. Dabei wird der jeweilige Ort erst allgemein beschrieben, was oft sehr variabel gehalten ist, um ihn in unterschiedlichen Gegenden in Aventurien unterbringen zu können, je nach Bedarf der eigenen Heldengruppe. Ergänzt um eine Karte werden die konkreten Begebenheiten aufgeführt, vor allem natürlich, wie sich die jeweils vorhandenen Geistererscheinungen manifestieren. Zuletzt sind Möglichkeiten aufgeführt, wie man Spuk auflösen kann (oft mit gleich mehreren Optionen).

Folgend spielen vor allem Regelaspekte eine Rolle. Dabei werden Regeln zur Herbeirufung genannt, z.B. welche und wie viele Dienste ein Geist zu erfüllen bereit ist, welche Fähigkeiten Geisterwesen haben können. Ebenso wird auf die Entstehung von Geistern eingegangen, u.a. zwischen niederen, mittleren und hohen Geistern differenziert, dazu gehören außerdem Geisterfähigkeiten und -kräfte (quasi die Entsprechung von Zauberformeln). Der Anhang führt als Archetypen und Profession den Geisterbeschwörer ein, ebenso werden hier alle Aspekte zu Geisterpakten genannt, dazu kommen noch neue Zaubersprüche, -tricks und Rituale sowie Sonderfertigkeiten, Liturgien und Zeremonien, Zauberzeichen, Pflanzen und Elixiere.

II. Kritik                

Eigentlich ist das Thema Geisterwesen schon in der Grundthematik so reizvoll und spannend aufgestellt, dass man meiner Meinung nach bei so einem Band kaum etwas falschmachen kann. Und tatsächlich gelingt das aus meiner Warte heraus auch überwiegend wirklich gut, so dass ich eindeutig bestätigen würde, dass auch Körperlose Schrecken sich passend in die Riege der gelungenen Kreaturenbände für DSA5 einreiht.

Das beginnt schon bei den Beschreibungen der Geisterwesen, was fast die Hälfte des Bandes einnimmt. Hier ist die Besonderheit, dass die Beschreibungen selbst ja allgemein gehalten sind und den Typus des Geistes vorstellen. Dabei ist allein schon die Vielfalt auffällig. Viele Geister haben gewisse grobe Gemeinsamkeiten, lassen sich dann aber in den Details unterschiedlichen Varianten zuordnen, was dann Unterschiede ergibt, in der Art, wie der Geist sich verhält und wie man mit ihm umgehen kann/muss. Trotz dieser allgemeinen Anlagen fühlt sich das weit weniger generisch an als bei anderen Kreaturenbeschreibungen, da dies immer nur die Grundlage ist. Geister sind ja zumeist Individuen, deren Charakter vielfach von dem vorherigen Dasein in lebendiger Form abhängt. Diese Konkretisierung kann der Band natürlich nicht leisten, aber er liefert eine Vorlage, die einer Spielleitung viele Anregungen und Möglichkeiten zur Ausgestaltung an die Hand geben können, was ja später auch durch die Regelaspekte ergänzt wird. Damit stellen Geister etwas Besonderes dar, auch das verdeutlicht Körperlose Schrecken, dass sie keine Randfiguren sind, sondern eine sehr individuelle Begegnung darstellen, die auch im Zentrum eines Abenteuers stehen kann. Dementsprechend gibt es auch viele Geistererscheinungen, die über ein beachtliches Machtpotential verfügen.

Ebenfalls als sehr positiv würde ich die direkt spielbaren Anteile einordnen, insbesondere was die beiden Akademiebeschreibungen betrifft. Sowohl Perricum als auch Grangor haben spezifische Eigenheiten, die viele Anreize bieten, z.B. die radikale Konkurrenz der Geisterbeschwörer und der Illusionisten in Grangor. Hiermit lässt sich gut arbeiten, auch weil die entsprechenden Beschreibungen sehr ausführlich ausgefallen sind (Kleine Ergänzung hierzu: Ich kenne die entsprechenden DSA4-Beschreibungen der Akademien nicht, dementsprechend kann ich nicht sagen, inwieweit ältere Text übernommen oder überarbeitet wurden). Grundsätzlich gilt dies auch für die 4 Abenteuerschauplätze, die alle eine gute Grundlage für ein Abenteuer bieten. Einschränken muss ich allerdings, dass ich stellenweise in der variablen Anlage einen gewissen Nachteil sehe. Es ist natürlich nicht verkehrt, wenn man den Ort für die eigene Heldengruppe nach Belieben lokalisieren kann, bei aber nur 3 Seiten Platz (wobei eine halbe Seite durch die Karte eingenommen wird) führt dies zu einer sehr groben Umschreibung. Hier hätte ich es für günstiger erachtet, etwas konkreter vorzugehen, um mehr Details einarbeiten zu können.

Die allgemeine Kontextualisierung durch einen historischen Abriss und die NSC ist ein Aspekt, der mir eigentlich immer gut gefällt, weil er einerseits mehr Überblick verschafft und zudem Figuren zur Verfügung stellt, die man im eigenen Spiel verwenden kann. Ein kleiner Nachteil des historischen Abrisses ist diesmal allerdings, dass es sich um keine zusammenhängende Historie handelt, sondern meist eher singuläre Ereignisse, die oft nicht direkt verbunden sind. Bei den NSC fällt auf, dass die Geheimnisse in ihrer Relevanz nach meiner Auffassung sehr schwankend in ihrer Relevanz sind, manche der Mysterien geben für mich keine weiteren Mehrwerte im Vergleich zum allgemeinen Text.

III. Fazit

Körperlose Schrecken ist ein weiteres gelungenes Exemplar der DSA5-Kreaturenbände. Positiv stechen die Geisterbeschreibungen hervor, die eine gute Grundlage für das Erstellen individueller Wesen sind. Die beiden Akademiebeschreibungen sind ebenfalls spannende Schauplätze, was auch für die Abenteuerschauplätze gilt, die mir allerdings etwas zu grob skizziert werden, wobei vor allem die variable Verortung Platz kostet.             

Bewertung: 5 von 6 Punkten

2 Kommentare

  1. Danke für die schöne Rezension! Mal so ganz neugierig gefragt: Welche sind deine etwa 5 Lieblingsgeister aus dem Band und warum?

    Like

    1. Da würde ich vor allem die nicht ganz so konventionellen Geister nennen:
      – den Grinvalar, weil man damit einen Horrortrip in einen Wald ausgestaltet kann
      – den Großen Spuk, weil der so umfassend ist, dass man eine Gruppe damit sicher länger tritzen kann, bevor klar wird, dass quasi die gesamte Umgebung der Geist ist.
      – die Hüterseele als extrem umfassendes Konzept, mit dem du einen Ort zum Akteur machen kannst
      – den Rachegeist wegen seiner Zielgerichtetheit
      – die Sturmseele als extrem ungewöhnliche Möglichkeit, eine Reisestrecke auszugestalten

      Gefällt 1 Person

Hinterlasse einen Kommentar