Rezension: Brut der Niederhöllen

Vorbemerkung: Dämonen sind sicherlich die gefährlichsten Kreaturen, die DSA als Gegner zu bieten hat. Dementsprechend sind sie in den Kreaturenbänden bislang auch sehr prominent hervorgehoben worden, gibt es doch mit dem Aventurischen Pandämonium I und II bereits zwei Bände, die nun auch im Archiv der Dämonen zu einem Sammelband zusammengefasst werden. Etwas überraschend wurde mit Brut der Niederhöllen ein weiterer Dämonenband angekündigt, was durchaus auch zu Nachfragen führte, inwiefern das dem Bündelungsgedanken widerspricht. Seitens der Redaktion wurde dem mit dem Argument begegnet, dass das Thema noch längst nicht erschöpft ist und der nun vorliegende Band einige Facetten hinzufügt. Das soll dementsprechend auch einer der Betrachtungsschwerpunkte der folgenden Rezension sein.

In Zahlen:

– 160 Seiten

– 45 Dämonen

– Preis: 44,95 Euro

– Erschienen am 26.1. 2024

I. Aufbau und Inhalt

Das Herzstück des Bandes nehmen wie üblich die Kreaturenbeschreibungen ein (gut 90 Seiten). Als Ordnungsprinzip wurden dabei die jeweiligen Domänen (also an den Erzdämonen orientiert, z.B. Blakharaz, Lolgramoth etc.) gewählt, wozu außerdem noch Namenlose und unabhängige Dämonen addiert wurden. Der Aufbau der Dämonenbeschreibungen ist im Prinzip immer gleich: Der Einstieg erfolgt über ein Ingame-Zitat, in dem inneraventurisch auf den Dämon Bezug genommen wird. Dann folgt ein längerer Text, in dem die wesentlichen Informationen enthalten sind, z.B. eine Beschreibung des Äußeren (wenn es denn ein solches eindeutig gibt), zudem seine Zuordnung zur jeweiligen Domäne, seine Besonderheiten im Verhalten, seine Motivation sowie ggf. besondere Auftritte. Stellenweise ist das etwas vage gehalten, z.B. wenn die Einordnung in eine bestimmte Domäne strittig ist. Viel Raum nimmt außerdem der umfangreiche Wertekasten ein, in dem neben den Grundwerten auch das Kampfverhalten, etwaige magische Fähigkeiten und dazugehörige Sonderregeln beinhaltet sind. Zudem hat jeder Dämon auch eine Illustration erhalten. Zumeist handelt es sich bei den hier vorgestellten Wesen um eher weniger bekannte bzw. seltener präsente Dämonen, z.B. den Gotongroroth, quasi einen Verwandten der viel populäreren Gotongi oder die mächtigen Ma´Hay´Tam, die als sogenannte Dämonenarchen seit der borbaradianischen Invasion die Meere unsicher machen. Daneben gibt es auch kuriose Vertreter wie den Schreibsekretarius Timoroth oder den Zeitmesser Zuul´odox.

Folgend orientiert sich der Band an dem Schema der neueren Kreaturenbänden, zu denen die beiden Aventurischen Pandämonien noch nicht gehörten (dort waren es reine Kreaturenbände ohne nennenswerte allgemeine Hintergrundinformationen zur Dämonologie). Zunächst erfolgt ein historischer Abriss zur Geschichte der Dämonologie, natürlich mit Schwerpunkten auf den Dämonenschlachten, dem Krieg der Magier und der Gegenwart in Folge der Rückkehr des Borbaradianismus. Dabei wird auch auf die unterschiedlichen magischen Professionen eingegangen, u.a. auf die Akademien vornehmlich der Schwarzen Gilde. Ein Unterkapitel ist dem Dämonensultan und seinen Dienern gewidmet, ebenso wird auf die Erzdämonen und den Namenlosen eingegangen. Letzterer wird ebenfalls ausführlicher thematisiert, u.a. auch mit Bezug zu den Tagesherrschern. Wie immer werden namhafte Koryphäen präsentiert, in einer illustren Auswahl aus solchen, die bereits verstorben sind (u.a. Borbarad, Belizeth Dschelefsunni, Galotta oder Glorana) und denjenigen, die noch aktiv sind (u.a. Balphemor von Punin, Carissa von Salmingen, Mactana vom Schwarzen Wald).

Mit der Burg Widderhorn kommt auch ein spielbarer Schauplatz hinzu. Das alte Gemäuer verbirgt gleich mehrere dunkle Geheimnisse und kann mit einer sehr hohen dämonischen Präsenz aufwarten. Dazu wird die allgemeine Geschichte der Burg geschildert, ergänzt um eine Schauplatzbeschreibung (nebst Karte). Wichtig sind zudem die Bewohner der Burg, deren Hintergrund erläutert wird, wozu auch Abenteuerpunkte gehören, falls man sich des Problems annehmen möchte.

Im Anhang finden sich die Regelergänzungen, u.a. Werte für archetypische Dämonenbeschwörer, ein Professionspaket für den heldenhaften Dämonenbeschwörer, Kreaturenwerte, neue Zaubersprüche und Rituale, Kampfsonderfertigkeiten und magische Sonderfertigkeiten und eine tabellarische Übersicht über alle Dämonen und wo man die entsprechenden Angaben in den DSA5-Dämonenbänden findet.

II. Kritik

Nach wie vor muss man sagen, dass die Kreaturenbände der neueren Machart – also diejenigen, die über die reinen Kreaturenvorstellungen hinaus die jeweiligen Hintergrundinformationen aufgearbeitet haben – zu den besten Bänden der 5. Edition gehören und sich auch kontinuierlich weiterentwickelt haben. In vielen Bereichen fügt sich Brut der Niederhöllen hier gut ein. So wird im Hintergrundbereich eine Lücke geschlossen, die die Pandämonien im Vergleich zum Aventurischen Transmutarium oder dem Aventurischen Animatorium aufwiesen. Jetzt gibt es auch für diesen Bereich einen historischen Abriss, die Benennung von wichtigen Persönlichkeiten (unter denen ich die noch lebenden NSC natürlich als besonders wichtig empfinde) und die Besprechung von Sonderaspekten, hier z.B. den Dämonensultan betreffend.        

Allerdings lassen sich diesmal aus meiner Sicht auch erste „Ermüdungserscheinungen“ erkennen. Denn in Anbetracht der Menge an Kreaturenbänden fällt es offenbar zunehmend schwer, wirklich Neues beizutragen, gerade weil so viele dieser Bände ebenfalls den Magiewirkern eine besondere Rolle zuweisen. Z.B. sind die Geschichte des Wirkens von Fran-Horas oder die Borbaradianische Invasion schon in anderen Bänden mehrfach thematisiert wurden und gerade bei den Koryphäen finden sich auch einige wie Borbarad, Balphemor oder Galotta, die auch schon als Experten in anderen Kreaturenbänden vorgestellt wurden. Hier würde ich mir in Zukunft deutlich mehr Fokus auf noch lebende NSC wünschen. Schade ist zudem, dass es kein ergänzendes Unterkapitel mit Mysterien gibt, wie es z.B. im Fall des Aventurischen Nekromanthäums der Fall war.

Den Einbau eines Schauplatzes empfinde ich eigentlich immer als lohnend, allerdings ist für meinen Geschmack im Fall der Burg Widderhorn etwas zu dick aufgetragen worden, vor allem was die Dichte an dort auftretenden Dämonen betrifft. Dafür ist zwar durchaus eine nachvollziehbare Erläuterung angefügt worden, trotzdem erscheint es in der vorliegenden Form eher merkwürdig, dass ein solch gefährlicher Ort bislang noch nie erwähnt wurde, wenn dort so viele Dämonen anzutreffen sind.

Gut gefällt mir der Bandkern mit den Dämonen. Dabei wurde ein gutes Augenmerk darauf gelegt, solche Wesen zu thematisieren, die meist mehr als bloßes Schwertfutter sind, sondern die eine ungewöhnliche und manchmal auch recht abstrakte Geschichte haben. Darunter finden sich für mich einige Highlights, neben dem bereits erwähnten Timoroth oder dem Zeitmesser Zuul´odox (die beide eben weniger todbringende Gegner sind, sondern Herausforderungen auf anderen Ebenen darstellen) sind dies unter anderem der dschinnenähliche Azzir-Trath´tok oder der Einrichtungshelfer Am´Iketezoth, der eine Art dämonisches Feng Shui betreibt. Das sind Wesen, bei denen allein schon die Hintergrundbeschreibung die Fantasie genug anregen kann, um darum eigene Abenteuer zu stricken. Weniger vom Hocker hauen mich dafür etwas platte Entlehnungen wie der Terminator-ähnliche Tasgul´Golin oder Arbancin, der ein wenig an Kopfgeldjäger aus Star Wars erinnert.

Systemisch halte ich es generell für ungünstig, quasi parallel zum Sammelband der Pandämonien einen weiteren Dämonenband herauszugeben, letztlich hat man so das Gefühl, dass aus einem erfolgreichen und offenbar auch lukrativen Konzept noch mehr herausgeholt werden soll, was durchaus auch ein Erklärungsfaktor für die oben erwähnten Redundanzen sein kann. Generell halte ich diesen Aspekt aber eher für eine Anmerkung zur allgemeinen Publikationspolitik, als dass es die Qualität des vorliegenden Bandes schmälert. 

III. Fazit

Auch Brut der Niederhöllen reiht sich durchaus in die Zahl der gelungenen Kreaturenbände ein, hier gefällt mir vor allem die Auswahl an eher kuriosen Dämonen, die eine interessante bzw. ungewöhnliche Hintergrundgeschichte haben. Trotzdem merkt man aus meiner Sicht, dass das Konzept langsam seine Grenzen erreicht und redundante Anteile hervorbringt.

Bewertung: 4 von 6 Punkten  

3 Kommentare

  1. „Hier würde ich mir in Zukunft deutlich mehr Fokus auf noch lebende NSC wünschen.“

    In der Tat ist sehr auffällig, dass die allermeisten unter dem Kapitel „Koryphäen“ vorgestellten bereits tot sind.

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    1. Das finde ich auch immer etwas schade. Ich habe das Gefühl, dass mit den bereits toten Meisterpersonen in den blauen Bänden nicht die richtige Zielgruppe getroffen wird.

      So einem blauen Band hole ich mir ja, wenn ich mir denke „Mann, so ein Abenteuer mit Dämonen drin wäre cool“ oder alternativ als Spieler „Ich würde meinem Dämonologen gern mehr Hintergrund geben“. Und für beides brauche ich lebende NPCs. Entweder als Antagonisten oder als Lehrmeister, Bekannte, Rivalen etc.

      Tote NPCs sind hingegen eher was für „Metaplotkonsumenten“. Wenn ich mir denke: „Boah, ich würde wirklich gerne wissen, wer damals der coolste Dämomenbeschwörer aller Zeiten war“ oder „Ich spiele diese eine alte Metaplotkampagne, da brauche ich Infos zu X“. Aber wenn das mein Interesse ist, habe ich häufig kein Interesse an vertieften Regeln, Schauplätzen oder Akademiebeschreibungen.

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  2. Habs noch nicht, aber fand auch schade, dass es nur ein Abenteurplatz gab und nicht eine kleine Auswahl wie bisher.
    Man haette ja man den Akademien auch weiter machen koennen, vielleicht die Heptagon-Akademie?

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