Rezension: Opfergang – Tage der Leuin II

Vorbemerkung: DSA hat eine reichhaltige Geschichte, nicht nur ganz allgemein gesprochen, sondern auch was solche Produkte angeht, die erst angekündigt wurden und dann nie oder nur mit großer Verzögerung erschienen sind. In letztere Kategorie reiht sich auch das neue Abenteuer Opfergang – Tage der Leuin II von Jeanette Marsteller und Rafael Knop ein. Immerhin erschien der dazu passende erste Band Gekreuzte Klingen – Tage der Leuin I bereits im November 2017. Dabei handelte es sich um einen Versuch, die Community intensiver in die Metaplot-Ereignisse zu involvieren, indem eine Folge der Katastrophe in Arivor spielbar ist und die Spieler*innen die Möglichkeit hatten, ihren eigenen Abenteuerverlauf rückzumelden, damit das Mehrheitsergebnis dann in die offizielle Geschichte eingehen kann. Was dann allerdings bis jetzt auf sich warten ließ, war die geplante Fortführung. Dabei hat sich offenbar in der Vorgehensweise inzwischen etwas verändert, zumindest was das Format angeht: War Gekreuzte Klingen doch noch ein Heldenwerk, während Opfergang einer erweiterten Variante des Auf ins Abenteuer-Formats entspricht, also das Spiel mit einer vorgefertigten Heldengruppe vorsieht.

In Zahlen:

– 34 Seiten

– 6 spielbare Charaktere

– Preis: 19,95 Euro

– Erschienen am 26.1. 2024

I. Aufbau und Inhalt

Dementsprechend ist Opfergang auch keine direkte Fortsetzung, sondern knüpft mit zeitlichem Abstand an die damaligen Ereignisse an. Zudem wurde damals u.a. der Rondrageweihte Ancurian in den Mittelpunkt gestellt, diesmal ist es sein Konkurrent Romur. Dieser stellt gewissermaßen das Bindeglied dar, denn er steht in direkter Verbindung zu den 6 Charakteren, die spielfertig zur Verfügung gestellt werden. Diese Formatwahl wird insofern begründet, als dass die anstehende Mission als Himmelsfahrtkommando bezeichnet wird, bei dem man einkalkulieren sollte, dass die Charaktere mit erhöhter Wahrscheinlichkeit sterben könnten. Dabei handelt es sich um die Vinsalter Kriegerin Lucara, die Rondrageweihten Danos und Bellatrix, den Streuner Cosimo, die Katzenhexe Tsadrienne und den Draconiter Argelian. Sie stammen allesamt aus dem privaten oder beruflichen Umfeld von Romur, im Regelfall handelt es sich um langjährige Freunde. Für alle Charaktere existiert eine Einführungsszene in das Abenteuer, eine kurze Hintergrundbeschreibung samt Illustration sowie der Charakterbogen.

Den Anlass für das Abenteuer liefert jeweils ein Gespräch mit Romur. Der Meister des Bundes der horasischen Rondrakirche erhält seit geraumer Zeit Visionen, in denen der Alveraniar Mythrael ihm eine Mission aufträgt. Dazu braucht er Gefährten, die in an die Orte begleiten, die er in den Traumbildern ausmachen konnte, die Stadt Urbet, den Geronsee und zuletzt das zerstörte Arivor.

Zunächst erfolgt eine Schilderung der Hintergründe des Abenteuers und eine ausführliche Charaktervorstellung Romurs, der immerhin von Beginn an ständiger Begleiter und auch Anführer der Gruppe ist. Konkret werden dann nacheinander die drei Abenteuerschauplätze präsentiert. Dabei werden jeweils die Gegebenheiten vor Ort beschrieben, bei denen sich immer religiöse Probleme offenbaren, die es zu lösen gilt und die auch für einen hochrangigen Vertreter der Rondrakirche wie Romur eine Herausforderung darstellen, u.a. auch weil er nicht überall gern gesehen ist. Für Urbet existiert auch eine Karte. Hier lassen sich auch Verknüpfungen zu Banner der Treue und Unheil über Arivor finden. Das Finale ist variabel angelegt und ist mit einer moralisch schweren Entscheidung verbunden.

Hier sind mehrere Lösungswege denkbar und da auch diesmal die DSA-Community eingebunden werden soll, findet sich ein Code zum Einscannen, mit dem man über einen Zeitraum von drei Monaten den Ausgang übermitteln kann, den man mit der eigenen Spielgruppe erreicht hat. Im Anhang sind noch einige Regelergänzungen vorhanden, u.a. zu Dämonenpakten und Kampfsonderfertigkeiten von Kreaturen.

II. Figuren

Sehr viel wichtiger als normale NSC in anderen Abenteuern ist im Fall von Opfergang Romur, eben weil dort sein Schicksal im Mittelpunkt steht und vom Ausgang des Abenteuers auch sein weiterer Einsatz in Aventurien und dort vor allem seine zukünftige Rolle in der Rondrakirche abhängt. Generell wird er dabei als kompetenter Begleiter gezeigt, der aber sehr von politischen Verwicklungen in Anspruch genommen wird und innere Konflikte mit sich austrägt. Weitere NSC sind eher als Randfiguren vorgesehen, dafür gibt es ja die 6 beigefügten Charaktere, die durchaus sehr vielfältig aufgestellt und nur zum Teil direkt mit der Rondrakirche verbunden sind. Daneben gibt es natürlich noch Gegenspieler, die sich aber erst im Laufe der Handlung offenbaren.

III. Kritik

Ich mag es, wenn Endlosthemen zu einem Abschluss gebracht werden und Tage der Leuin fällt sicherlich auch in diese Kategorie. Einschränkend muss man sagen, dass es sich um keine direkte Fortsetzung handelt, letztlich ist es eher so, dass Gekreuzte Klingen und Opfergang mit Ancurian Alfaran bzw. Romur von Schreyen konkurrierende Figuren in der Rondrakirche in Szene setzen. Ganz generell existiert damit mittlerweile ein Bündel an neueren Abenteuern, die sich mit Rondra und ihrer Glaubensgemeinschaft auseinandersetzen.

Einen Eindruck echter Konsistenz habe ich allerdings umgekehrt nicht, trotz allem stehen die genannten Abenteuer eher singulär dar und auch Romur ist bislang wenig präsent gewesen, so dass erst Opfergang mir ein echtes Profil für ihn liefert. Deshalb fällt es auch aus meiner Sicht auch etwas schwer, eine echte Identifikation mit dessen Schicksal zu erreichen oder eine Bindung zu ihm aufzubauen, die über das hinausgeht, was in der jeweiligen Charakterbeschreibung gesetzt ist. Aus der Warte heraus wäre ein Charakter besser geeignet, der über einen längeren Zeitraum aufgebaut wurde.

Ebenfalls gestützt wird dies durch das gewählte Abenteuerformat. Eine wirkliche Fortsetzung des damaligen Heldenwerks kann ein Abenteuer mit den vorgefertigten Helden nach meiner Auffassung kaum sein, indem man hier mit anderen Charakteren agieren soll, die vor allem auf Romur abgestimmt sind. Die Hintergründe sind dabei durchaus stimmig und gleichzeitig auch breit aufgestellt, indem z.B. eine Katzenhexe eigentlich nicht mit einem hochrangigen Rondrageweihten assoziiert wird. Trotzdem sorgt alleine der Hinweis, dass man eigene Charaktere verlieren könnte, bei mir dafür, dass sie eher als entbehrliche Einmalcharaktere gedacht sind und eine dramaturgische Funktion im Kampf gegen Paktierer und Dämonen haben.

Inhaltlich sehe ich das Abenteuer durchwachsen. Die drei Abenteuerteile haben sicherlich ein gutes Maß an Herausforderungen, die auch in einer gewissen Bandbreite vorhanden sind, indem man bei Weitem nicht nur in der Kämpferrolle gefragt ist, sondern auch diplomatische Aufgaben erfüllen muss, was vor allem für die erste Episode in Urbet gilt. Generell merkt man aber, dass relativ viel Raum für den Abenteuerhintergrund, die Charakterisierung Romurs und den Einstieg aufgewendet wurde, so dass die Handlung selbst jeweils immer eher grob skizziert wird. Besonders frappierend gilt dies für das Finale, das ja in der Planung des Abenteuers variabel angelegt sein soll. Hier wird die Spielleitung aber kaum unterstützt, Hinweise wie „Inszeniere das Finale so,   dass es zur Stimmung der Spieler passt […]“ sind aus meiner Sicht wenig hilfreich. Man kann natürlich Abläufe frei halten, die Rahmenbedingungen sollten aber vorhanden sein. Wenn beispielsweise ein Finale auf Romurs Landgut möglich ist, dann sollte zumindest eine grobe Beschreibung dessen vorhanden sein. Positiver fällt dafür generell das Gestalten einer passenden Atmosphäre aus: Das Abenteuer hat viele mystische Aspekte, ist gleichzeitig düster und bedrohlich, ein kämpferischer Schwerpunkt ist für die Rondrakirche zudem absolut stimmig. Im möglichen Ausgang sind mir die Optionen allerdings zu stark negativ ausgeprägt, es gibt kaum eine Möglichkeit, für Romur allzu viel zu gewinnen, hier hätte ich mir eine größere Palette gewünscht, denn so bleibt nach meinem Eindruck die Auswirkung auf den Metaplot eher eingeschränkt. Die generelle Idee, die Community in Abläufe direkt einzubinden, halte ich aber nach wie vor für uneingeschränkt richtig.

Unausgewogen ist nach meiner Auffassung die Ausstattung mit Kartenmaterial. Für Urbet existiert ein Stadtplan, obwohl das Abenteuer dies nicht unbedingt erfordert. Dafür wären gerade für das Finale am Geronsee und den Abschnitt im zerstörten Arivor genau solche Karten der Schauplätze extrem nützlich, sind aber eben nicht vorhanden.           

IV. Fazit

Opfergang ist ein durchaus atmosphärisches Abenteuer, das dazu dienen kann, einem hochrangigen Vertreter der Rondrakirche mehr Profil zu verleihen. Inhaltlich ist mir das Abenteuer etwas zu grob in der Gestaltung ausgefallen, stellenweise wird die Spielleitung für meinen Geschmack zu sehr allein gelassen.      

Bewertung: 3 von 6 Punkten     

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