Rezension: Mondsilberne Nächte

Vorbemerkung: Wie schon bei der vorherigen Rezension zu Fesseln der Lust angemerkt, bin ich im Bereich des Liebes- und Erotikromans nicht so sehr zu Hause, sicherlich liegt mir da der im Fall von DSA sonst gebräuchliche Abenteuerroman wesentlich mehr. Mondsilberne Nächte allerdings weist eine durchaus interessante Komponente auf, handelt es sich doch um einen Ingame-Roman, also einen Text, der auch im Spiel im Rucksack von Alrik oder Alrike neben dem Wurfseil, dem Proviant und der Götterstatuette liegen könnte. Gelingt es hier also, glaubhaft eine Geschichte zu kreieren, die man sich aus der Feder eines aventurischen Autors so vorstellen könnte?

In Zahlen:

– 158 Seiten

– Preis: 14,95 Euro

– erschienen am 1.8. 2018

I. Inhalt

Neben dem Synonym der irdischen Autorin(?), Rose Lippdick, wird im Einband als Verfasserin Lutisana da Mazarin genannt, eine Figur, die sowohl in der Kurzgeschichtensammlung als auch im Regelband Wege der Vereinigungen als Archetyp vorgestellt wird.

Die Geschichte selbst spielt in Zorgan, am Vorabend der Hochzeit der jungen Manal, die dem Willen ihrer Eltern nach eine arrangierte Ehe mit dem ihr bislang persönlich nicht bekannten Sarab eingehen soll. Der Spross einer wohlhabenden aranischen Händlerfamilie stellt eine gute Partie dar, weshalb Manals Gefühle irrelevant zu sein scheinen.

Das ändert sich jedoch, als sie während ihrer Hochzeitsvorbereitungen von dem Dieb Faruk bestohlen wird. Eine entschlossene Verfolgungsjagd führt sie fast umgehend in seine Arme, was wiederum in eine stürmische Liebesnacht mündet. Im Resultat stellt Manal in der Folge natürlich ihre vorgeplante Zukunft komplett in Frage, bis hin zur Bereitschaft, mit Faruk durchzubrennen.

Aber natürlich schlägt an genau dieser Stelle erneut das Schicksal zu, was einen Gefängnisaufenthalt und sogar den Auftritt eines Dämons herbeiführt, wobei zwischenzeitlich deutliche Zweifel an Faruks Ehrenhaftigkeit (sofern ein Dieb denn über so etwas verfügt) aufkommen lässt.

Getreu dem Charakter der Gesamtpublikation bleibt es nicht bei harmlosen Liebesschwüren und Küssen, sondern kommt es auch zu der einen oder anderen etwas expliziter beschriebenen Szene, allerdings bei weitem zurückhaltender verfasst, als es bei einigen der Kurzgeschichten aus Fesseln der Lust der Fall ist.

II. Figuren

Tatsächlich gibt es auf den knapp 150 Seiten im Prinzip nur zwei wirklich relevante Figuren: Der Fokus liegt eindeutig auf den beiden Liebenden. Faruk wird dabei als charmantes Schlitzohr inszeniert, der aber letztlich ein gutes Herz hat und auch seine falschen Entscheidungen vornehmlich aus Liebe zu Manal trifft, nicht aus Geldgier.

Manal ihrerseits muss einen Wandel durchmachen, von der fremdbestimmten und unmündigen Tochter zu einer selbstbewussteren Frau, die auch große Risiken eingeht, um Faruk helfen zu können, wobei ihre Mittel allerdings eingeschränkt sind.

Ihre Eltern hingegen stehen lediglich im Hintergrund, was sich allein daran zeigt, dass sie keine Namen erhalten, sondern immer nur als Vater und Mutter bezeichnet werden. Die Mutter bleibt auf die Rolle als kontrollierende Mahnerin ohne Herz reduziert, die keinerlei Gespür (und Interesse) für die Gefühlswelt ihrer Tochter besitzt.

Als Helferin tritt die Rahjageweihte Kayla auf, die die unerfahrene Manal in die erotische und körperliche Komponente von Liebe einführt und die es als einzige Figur außer Faruk auf ihr Wohlergehen abgesehen hat.

Die interessanteste Figur erscheint mir aber Sarab, der eigentlich Auserwählte zu sein, dessen Rolle als Betrogener eine unerwartete Wendung einnimmt, wenn man feststellt, dass er eine ganz eigene Agenda verfolgt.

III. Kritik

Tatsächlich muss ich zugeben, dass das (zumindest bewusst) mein erster Ausflug in den Bereich des Kitschromans gewesen ist. Im Großen und Ganzen ist dabei auch meine Erwartung erfüllt worden: Mondsilberne Nächte ist eine schwülstige Geschichte mit einem leichten Abenteuereinschlag, die dem gängigen Schema einer solchen Handlung folgt (unglückliches Mädchen trifft den richtigen Mann, der aber eigentlich nicht zu passen scheint und boxt diese Liebe gegen alle Widerstände durch, wobei im letzten Drittel noch einmal alles in Frage gestellt wird). Dem Überthema folgend bleiben auch die erotischen Begegnungen nicht aus, Manal kommt in der Handlung, die im Prinzip nur anderthalb Tage abdeckt, auf beachtliche drei Partner, mit denen sie Verkehr hat (eine Frau und zwei Männer). Mit der Rosen-Thematik wird auch ein zum Hintergrund passender Kitschfaktor eingebracht.

Realismus ist somit natürlich weniger gefragt, was auch durch die plötzliche Wandlung der schüchternen Manal unterstrichen wird, die auf einmal sogar in ein Gefängnis eindringt, um ihren Liebsten zu befreien. Die Verführung des schmierigen Wächters setzt dann noch ein oft bemühtes Klischee hinzu. Immerhin bricht sie damit aus einem von mir anfangs befürchteten Rollenschema als schwache Frau aus, indem sie ihr eigentlich vorgegebenes Schicksal unterwandert. Trotzdem hätte ich mir stellenweise eine etwas zupackendere Figurengestaltung gewünscht, die sich z.B. nicht der Erpressung unterwirft, sondern eine andere Lösung findet und die etwas weniger schmachtenden Gedanken an einen eigentlich Wildfremden anhängt.

Spannend hingegen ist die abschließende Hochzeit mit der Dämonenerscheinung, die tatsächlich eine überraschende Wende im Gesamtgeschehen darstellt. Allerdings fehlt mir eben weitgehend bei den Charakteren die Breite, wie oben schon angesprochen fokussiert sich die Handlung viel zu sehr auf die beiden Liebenden, die anderen Figuren sind im Prinzip nur Fassade und oft auf einen einzigen Charakterzug reduziert. Gerade aus der hartherzigen und profitorientierten Mutter hätte sich da sicherlich mehr machen lassen.

Was mich zudem etwas irritiert hat, ist dass keine klare Trennlinie zwischen dem „realen“ Aventurien und der Romanfiktion gezogen wurde. Immerhin soll es sich ja um einen Ingame-Roman handeln. Dann passt es aber nicht, dass Manal und ihre Mutter ausgerechnet im „Roten Kamel“ wohnen, der Standardabsteige für Zorgan-Abenteuer und auch der Wirt Taref mehrfach namentlich genannt wird. In einem fiktionalen Text würde man ja auch irdisch normalerweise auf die Nennung von tatsächlichen Personen verzichten.

Etwas schade finde ich zudem, dass hier für meinen Geschmack eine Gelegenheit verpasst wurde, Humor und augenzwinkernde Szenen und Figuren einzubauen, in denen die gängigen Klischees nicht bedient werden, sondern mit ihnen gespielt wird. Im Sinn habe ich dabei die Rapiro Floretti-Romane, die in einem der Abenteuer aus Wege der Vereinigungen eine Rolle spielen, in denen eine Überzeichnung des Genres stattfindet. So überwiegt ein bierernster Ton.

IV. Fazit

Mondsilberne Nächte wurde als aventurischer Kitsch- bzw. Schundroman angekündigt und tatsächlich wird das auch weitgehend so eingehalten, was Thema und Handlung angeht. Wer solche Geschichten gerne liest und sich an den eher flachen Charakteren nicht stört, der kann sich damit gut unterhalten fühlen. Ich hätte mir allerdings in der Handlung etwas mehr Raffinesse gewünscht, vor allem fehlt mir ein wenig Humor, um die Szenerie etwas aufzulockern. So bleibt für mich eine sehr vorhersehbare Geschichte, verfasst in einem eher schwülstigen Tonfall mit klischeehaften Figuren.

2 Kommentare

  1. Bezüglich des Wirts und der Karawanserei kann ich nur sagen, dass dies noch ein Nachspiel haben könnte. Wir haben das schon sehr bewusst eingebaut. 😉

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