Rezension: Die Kunst des Schwarzen Auges

Vorbemerkung: Ich muss zugeben, ein klein wenig Enttäuschung hatte sich bei mir eingeschlichen, als sich der groß angekündigte Geheimband der RatCon im Endeffekt als ein Artbook herausstellte und kein Abenteuer oder etwas in der Art, was z.B. den von mir unlängst angemahnten eher dürftigen Metaplot-Fortschritt voranbringt. Nichtsdestotrotz erschienen mir die ersten veröffentlichten Bilder durchaus vielversprechend. Immerhin sind die Illustrationen seit jeher ein wichtiges Fenster zu einer Rollenspielwelt, die durch ihre exemplarischen Eindrücke oft die gesamte Vorstellung prägen. Mir geht es sicher wie vielen anderen, dass meine Neugier auf DSA erst durch die Cover bei der Betrachtung im Spieleladen geweckt wurden.

In Zahlen:

– 240 Seiten

– erschienen am 26.9. 2018

– Preis: 39,95 Euro

I. Inhalt und Aufbau

Natürlich handelt es sich hier ausnahmsweise um ein Buch, in dem die Bebilderung im Vergleich zum Text eindeutig dominant ist, enthält der Band doch gut 500 Illustrationen, während längst nicht jede Seite mit Text versehen ist.

Trotzdem gibt es natürlich eine inhaltliche Konzeption und Komposition. So werden zu Beginn exemplarisch Gestaltungsbeispiele für die Optik der einzelnen Regionen und deren Bewohner gezeigt, wobei oft auch auf die irdischen Vorbilder bzw. Inspirationsquellen eingegangen wird. Dabei werden nicht nur fertige Illustrationen verwendet, sondern stellenweise auch Konzeptzeichnungen, um Entwicklungsprozesse zu veranschaulichen. Besonderer Raum wird auch den ikonischen Helden gewährt, die für DSA5 gestaltet wurden. Auf jeweils einer Doppelseite finden sich eine Biographie und mehrere Illustrationen, zusätzlich werden weitere Figuren vorgestellt, auch die neuen Helden aus der kommenden Einsteigerbox. Das folgende Kapitel widmet sich dem Gepäck der Helden, stellt also vor allem gegenständliche Zeichnungen in den Vordergrund, z.B. unzählige Waffen und Rüstungen.

Ein wesentlicher Bestandteil sind natürlich auch die Kreaturen. Hier wird vor allem der Realismus-Aspekt betont, der z.B. auch bei fantastischen Wesen eine sinnvolle und nachvollziehbare Anatomie vorsieht. Gerade hier wird auch auf Designänderungen im Vergleich zu den Vorgängereditionen eingegangen, z.B. bei den Echsenmenschen.

Aber auch spezielle Formen von Illustrationen wurden aufgenommen. Im Kapitel Die Vermessung der bekannten Welt stehen vor allem Karten und deren besondere Beschaffenheit im Mittelpunkt. Dabei wird von groß nach klein vorgegangen, also ausgehend von einer Aventurienkarte über Regionalkarten und Stadtkarten bis zu Gebäudeplänen. Auch hier finden sich Designgedanken, z.B. warum teilweise bestimmte Darstellungsstile miteinander vermischt werden.

Abschließend stehen die Künstler selber im Vordergrund. Auf je einer Doppelseite werden Nadine Schäkel, Steffen Brand, Luisa Preißler/Klaus Scherwinski, Katharina Niko, Verena Biskup, Tia Rambaran, Nathaniel Park, Matthias Rothenaicher, Regina Kallasch, Julia Metzger Michael Witmann und Elif Siebenpfeiffer in zum größten Teil selbstverfassten Texten vorgestellt. Hierbei geht es meist sowohl um den Werdegang auch um die jeweilige Herangehensweise an eine Illustration.

Bis auf ganz wenige Ausnahmen liegt der komplette Fokus des Bandes auf DSA5. Bei den meisten der abgebildeten Illustrationen handelt es sich um bereits aus anderen Abenteuern, Spielhilfen, Spielkarten etc. bekannte Werke, allerdings sind auch einige Illustrationen aus noch nicht erschienenen Publikationen beinhaltet, sowie einige, die aus konzeptionellen Gründen wieder verworfen wurden.

II. Kritik

Ich bin nun alles andere als ein Kunstkenner, allerdings ist umgekehrt gerade die DSA-Optik für mich etwas ungemein vertrautes und das seit mehr als zwei Jahrzehnten. Insofern habe ich mich anfangs mit der Vollfarbigkeit von DSA5 etwas schwergetan. Allerdings sind die Vorteile natürlich nicht von der Hand zu weisen. Es liegt in der Natur der Sache, dass bei mehr als 80 beteiligten Künstlern (so die im Band genannte Zahl) der persönliche Geschmack mal mehr, mal weniger zufrieden gestellt wird.

Interessanterweise ist mir durch den vorliegenden Band erst bewusst geworden, wie beiläufig man die Illustrationen oft wahrnimmt: Sie sind präsent, aber man nimmt sie häufig als selbstverständlich. Hier fällt mir an vielen Stellen erst der Detailgrad vieler Bilder auf. Genauso sind gerade die Passagen im Band interessant, in denen einzelne Gestaltungsaspekte oder die Bildkompositionen erläutert werden, die man als Laie häufig gar nicht registriert. So sind beispielsweise die Designänderungen beim Tatzelwurm (nun mit Flügelrudimenten ausgestattet) oder bei den Echsenmenschen (die nun auf den Zehen laufen) gut und anschaulich erläutert.

Umgekehrt kommt mir dies oft auch etwas zu kurz: Beispielsweise hätte ich mir gerade zu den archetypischen Helden Designgedanken gewünscht, stattdessen ist jeweils eine längere Biographie der Figuren enthalten, die hier aber eigentlich nur am Rande relevant erscheint. Demgegenüber hebt sich das gute Kapitel zur Kartengestaltung ab, in dem sehr intensiv erläutert wird, wie solche Karten in unterschiedlichen Formaten entstehen.

An einer Stelle bin ich allerdings auch ausgesprochen verärgert: Ich lese und rezensiere seit vielen Jahren DSA-Publikationen, aber ich habe noch nie ein derart schlechtes Lektorat vorgefunden wie im vorliegenden Beispiel. Im Prinzip wirken große Teile der Texte wie Rohfassungen: An vielen Stellen hängen die Wörter ohne Leerzeichen aneinander, Silbentrennung wird grob fehlerhaft missachtet, viele Tippfehler in Form von überzähligen Buchstaben sind enthalten, auch die weiteren Grundlagen wie Kommasetzung, Rechtschreibung und Satzbau sind immens fehlerhaft, auch die Kapitelnummerierung ist teilweise in falscher Reihenfolge vorhanden. Bei einem Vollpreisprodukt für fast 40 Euro sollte man auf gewisse Mindestanforderungen achten, hier wirkt es erkennbar so, als wäre eine Endbearbeitung mit heißer Nadel gestrickt worden.

Natürlich liegt der Kern des Bandes auf einer anderen Ebene, im Vordergrund steht ausnahmsweise einmal nicht der Text, sondern die Illustrationen. Schade finde ich hier nur, dass ausgerechnet der Band über die Kunst von DSA kein eigenes Cover erhalten hat, sondern auf das von Aventurische Namen zurückgreift. Das passt zwar thematisch, aber gerade hier hätte ich mir ein eigens angefertigtes Cover gewünscht.

Ausgesprochen positiv ist natürlich das Anliegen des Bandes zu bewerten, geht es doch letztlich auch um eine Würdigung der Arbeit der Illustratorinnen und Illustratoren. Tatsächlich wird ja bei den Diskussionen um einzelne Bände im Regelfall nur die Autorenschaft erwähnt, so gut wie nie aber auf diejenigen eingegangen, die für die Gestaltungselemente verantwortlich sind. Diesen auch in Form von Einzelporträts mehr Gewichtung zu verschaffen, ist sicherlich ein wichtiger Aspekt.

III. Fazit

Die Stärke des Bandes liegt natürlich eindeutig in den Schauwerten, werden die Illustrationen doch einmal nicht als schmückendes Beiwerk verwendet, sondern selber in den Mittelpunkt gestellt. Die Würdigung der Kreativen ist somit ein gutes und richtiges Anliegen, was auch noch durch die Erläuterung der Designgedanken noch unterstrichen wird. Gerade dieser Aspekt kommt mir dabei im Band noch zu kurz, hier hätte man durchaus öfter auf Kreativkonzepte und deren Umsetzung eingehen können. Ausgesprochen schade ist das sehr schwache Lektorat, das derart auffällig ist, dass es den Gesamteindruck stört.

Bewertung: 4 von 6 Punkten

2 Kommentare

  1. Danke für diesen nachvollziehbaren Überblick. Mir ist aufgefallen, dass du sehr viel Meta-Informationen beschreibst, aber auf den inhaltlichen Kern wenig eingehst. Nämlich die Bilder und deren Wirkung bzw Inhalt selbst. Ich muss allerdings zugeben, dass das vermutlich ziemlich schwer ist. Ich wüsste jedenfalls spontan nicht wie so etwas aussähe.
    Eine kleine Frage kam mir beim Lesen jedoch noch. Was genau ist ein Vollpreisprodukt? Oder auch, was wäre denn kein Vollpreisprodukt?

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    1. Ja, das ist tatsächlich schwierig, ganz konkret auf Einzelheiten einzugehen bei der Masse an Bildern, zumal es dann auch schwierig ist, das nur mit Text nachvollziehbar zu gestalten, ohne dass ein Leser der Rezension die einzelnen Illustrationen vor Augen hat.
      Was das Vollpreisprodukt angeht, so beziehe ich mich schlicht darauf, dass es ein offizielles Verlagsprodukt ist, bei einer Memoria Myrana z.B. wäre das in der Wahrnehmung sicher anders, auch bei einem Heldenwerk würde ich das nicht so dramatisch sehen. Naja und im Prinzip muss ich natürlich auch zugeben, dass „Vollpreis“ als Begriff sicher auch irgendwie ein stilistisches Mittel meinerseits darstellt, um die Kritik hier hervorzuheben.

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