Rezension: Hoffnung in der Finsternis

Vorbemerkung: Lange hat es gedauert, aber nun ist die Auflösung des Schicksals von Leonardo dem Mechanicus und seines Agrimoth-Splitters endlich spielbar in Form des episch angelegten Hardcover-Bandes Eiserne Flammen. Bevor allerdings die Reise direkt nach Yol-Ghurmak geht, lädt das kleine Abenteuer im Heldenwerk-Format Hoffnung in der Finsternis von Anni Dürr, Julian Härtl und David Lukaßen zu einem Zwischenhalt ein, wird hier doch eine Art von Vorgeschichte thematisiert. Eigentlich handelt es sich um ein Con-exklusives Abenteuer, dank eines sehr freundlichen Menschen gelangte nun auch ein Exemplar zu mir, es wird aber als Bestandteil des Heldenwerk-Archivs III in Bälde auch normal erhältlich sein.

In Zahlen:

– 15 Seiten

– Con-Sonderheft Nr.3

– Erschienen am 22.2. 2019

I. Aufbau und Inhalt

Das Abenteuer ist grob in drei Teile gegliedert: Nach der Schilderung der Vorgeschichte erfolgt ein Anwerbungsteil, in dem die Helden in Warunk von der Ingerimmgeweihten Orelia Alphahanez den Auftrag erhalten, einen in Yol-Ghurmak eingeschleusten Agenten zu treffen und diesen zurück nach Warunk zu eskortieren, damit seine Informationen über Leonardo, den Splitter und die allgemeine Situation in der götterverlassenen Stadt ausgewertet werden können. Mittels einer Karte kann der Weg bis zum Treffpunkt nachvollzogen werden und es finden sich zusätzlich einige Anregungen, um das langsame Vordringen in das teils dämonisch pervertierte Feindesland angemessen ausgestalten zu können.

Den Hauptteil des Abenteuers nimmt die konkrete Ortsbeschreibung des Aufenthaltsortes des Agenten ein. Hier ist das Abenteuer völlig offen angelegt, indem eine Beschreibung der Örtlichkeit (einschließlich einer Karte) und der Bewohner existiert, sowie mögliche Vorgehensweisen antizipiert werden, einschließlich möglicher Reaktionen der Antagonisten. Somit ist das Vorgehen der Spielercharaktere frei von Vorgaben, der Spielleiter muss hier auf Basis der ihm zur Verfügung stehenden Informationen arbeiten. Die Bandbreite reicht vom heimlichen Eindringen über improvisierte Maskeraden bis hin zur offenen Konfrontation.

Zuletzt mündet das Abenteuer in ein eindeutig kampflastiges Finale, wobei auch hier der Ausgang offen bleibt und es alternative Möglichkeiten eines Ausklangs gibt, je nach Erfolg der gesamten Unternehmung.

II. Figuren

Vor allem zwei Figuren sind wichtige Interaktionspartner für die Spielercharaktere: Zum einen ihre Auftraggeberin Orelia, die unter anderem auch den hervorgehobenen Status der Helden verdeutlicht, wählt sie diese doch nach ihrem Leumund aus, entsprechend der irdischen Abenteuervorgabe, dass es sich um brillante bis legendäre Helden handeln sollte angesichts der bevorstehenden Herausforderungen mitten im Feindesland.

Die zweite Figur ist Ramon Armadillo, ein Schwarzmagier aus Al´Anfa, der die schwierige Aufgabe auf sich genommen hat, über einen längeren Zeitraum in Yol-Ghurmak für Orelia Nachforschungen anzustellen und der somit das eigentliche Ziel des Abenteuers darstellt. Allerdings stehen bei einer solchen Queste natürlich einige Schergen der titelgebenden Finsternis zwischen ihm und den Helden, mit denen sie sich auf die eine oder andere Weise auseinandersetzen müssen.

III. Kritik

Grundsätzlich bin ich ja der Meinung, dass das Heldenwerk das ideale Format für kleine Abenteuer ist, bei denen man sich auf überschaubare Plots und Hintergründe fokussieren kann und halte es für sehr schwierig, größere und epischere Ideen angemessen umsetzen zu können. Sprich: Ein netter Dungeon-Crawl kann hier gut gelingen, ein Intrigenabenteuer bei Hofe mit Umwälzungsereignissen geht tendenziell schief.

Gerade das funktioniert aber im Falle von Hoffnung in der Finsternis in sehr vielen Bereichen wirklich gut: Es geht um keine geringe Sache, sondern immerhin um die Rettung eines hochrangigen Agenten aus den Händen eines sehr mächtigen Feindes, trotzdem gelingt es durch einige geschickte Kniffe, dies auf ein im Rahmen von 15 Seiten darstellbares Maß zu reduzieren, ohne dass umgekehrt das Gefühl aufkommt, mal wieder mit einer sehr bodenständigen Story konfrontiert zu werden.

Natürlich muss hier an einigen Stellen reduziert werden, so fällt der Einstieg in Warunk sehr schnörkellos aus, bei renommierten Helden ist es aber absolut nicht unrealistisch, dass sie ohne großes Prozedere direkt wegen ihres hervorragenden Rufs angesprochen werden. Die Reise wird ebenfalls nur kurz behandelt, allerdings sind die kleinen Szenenvorschläge passend, um die richtige Stimmung aufkommen zu lassen, zumal das Abenteuer ja so angelegt ist, dass die Heldengruppe mutmaßlich versucht, unterwegs allzu viele Begegnungen zu vermeiden.

Der stärkste Abenteuerteil ist sicherlich der Mittelteil mit der Befreiung Ramons aus der Festung. Hier gefällt mir die offene Anlage gut. Der Spielleiter hat alles, was er benötigt: eine (gute) Karte der Anlage mit Beschreibungen der einzelnen Räume, einen typischen Tagesablauf und eine Reihe von Antagonisten. In diesem Rahmen ist das Vorgehen offen, auch wenn einige mögliche Handlungsoptionen berücksichtigt werden. Somit lenkt an dieser Stelle nicht der Plot, sondern die Spielercharaktere können frei den Weg wählen, der am besten zu ihnen passt, sei es mit brachialer Gewalt oder nächtlicher Heimlichkeit oder gar als phexisches Meisterstück.

Das Finale hingegen fällt aus meiner Sicht dagegen etwas ab, weil hier der Kontrast zum sehr offenen Mittelteil zu stark ist: So ist hier plötzlich die sehr feste Setzung eines Kampfes gegen einen Irrhalken vorhanden, wobei ausdrücklich gesagt wird, dass dies unabhängig von den Resultaten der vorherigen Ereignisse geschieht. Ein effektreicher Finalkampf ist natürlich durchaus wünschenswert, allerdings hätte ich auch in diesem Bereich eine offenere Gestaltung als Vorschlag bevorzugt, da sich sicherlich auch interessante Wendungen konstruieren lassen, indem z.B. die Besatzung der Feste und der Irrhalk gegeneinander ausgespielt werden könnten. Einschränkend muss gesagt werden, dass allein dieser Kritikpunkt nichts daran ändert, dass Hoffnung in der Finsternis im Ganzen sehr überzeugend gestaltet ist.

Gerade auch die Anbindung zu Eiserne Flammen (Rezension folgt) ist gelungen, indem schon einige wichtige NSCs vorgestellt werden bzw. die Helden bereits die passenden Kontakte knüpfen können. Dieser Vorstoß nach Schwarztobrien führt zusätzlich ein erstes Mal in die dort vorherrschende bedrückende Atmosphäre ein, die vorhandene Schlagkraft der Gegner unterstreicht zudem die hohen Anforderungen an eine Heldengruppe, indem sie schon hier eine sehr anspruchsvolle Aufgabe bewältigen sollen, die ahnen lässt, dass das folgende Vordringen nach Yol-Ghurmak selbst eine ungleich schwerere Herausforderung darstellen wird.

IV. Fazit

Hoffnung in der Finsternis ist eines der stärksten Heldenwerke bisher, weil es eine auch in größeren Dimensionen relevante Handlung sehr gut ausgestaltet und abseits des Finales über eine offene Anlage verfügt, die den Spielercharakteren auf Basis einer guten Ausgestaltung aller Rahmenbedingungen ein sehr freies Vorgehen erlaubt. In Vorbereitung von Eiserne Flammen findet zudem ein atmosphärischer Ausflug nach Schwarztobrien statt.

Bewertung: 5 von 6 Punkten

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