Rezension: Der Ruf der Bahalyr

Vorbemerkung: Relativ zu Anfang des DSA5-Editionswechsels wurde angekündigt, künftig regelmäßig den Metaplot mit sechsteiligen Kampagnen befüttern zu wollen, wobei das Ziel eine relativ zügige und zusammenhängende Veröffentlichung sein sollte. Nachdem dies mit der Theaterritter-Kampagne zu Beginn tatsächlich weitgehend funktioniert hat (wenn auch nicht in der ursprünglich angekündigten Zeitspanne), ist seitdem eine lange Pause angebrochen, die zwischenzeitlich präsentierte Al´Anfa-Kampagne lässt noch auf sich warten. Umso schöner, dass jetzt endlich eine neue Kampagne startet, die anscheinend auch einen vergleichsweise epischen Anspruch haben dürfte, geht es in Sternenträger doch um nichts Geringeres als das Erbe der Hochelfen, natürlich auch in Anknüpfung an die Phileasson-Kampagne, die ja durch ihre laufende Romanumsetzung wieder eine hohe Aktualität erlangt hat. Der Ruf der Bahalyr von Dominic Hladek hat als Auftaktband nun die wichtige Aufgabe, einen motivierenden Grundstein zu legen.

In Zahlen:

– 68 Seiten

– Preis: 14,95 Euro

– Erschienen am 26.8. 2019

I. Aufbau und Inhalt

Als einführender Band beinhaltet Der Ruf der Bahalyr zunächst ein Kapitel, in dem die grundsätzlichen Hintergründe der Kampagne vorgestellt werden, wobei hier zwischen zwei Strängen differenziert wird: Zum einen soll die Perspektive auf das Karmakorthäon gerichtet werden, was ja auch die Elfen als alte Spezies stark betrifft, vor allem mit dem Blick auf die Lichtelfe Orima. Deutlich konkreter wird zum anderen das Erbe der Hochelfe Amalaia thematisiert, auf deren Spuren die Helden in den 6 Bänden wandeln werden. Allerdings werden längst nicht alle Details aufgeführt, sondern ein paar Grundlagen genannt, eine Komplettübersicht über den Verlauf der Gesamtkampagne erhält man noch nicht, auch wenn einige Ereignisse schon angedeutet werden.

Konkret beginnt das Abenteuer in Gerasim, wobei davon ausgegangen wird, dass einer der Helden als eine Art Gastdozent an der Schule des Direkten Weges fungieren soll. Dazu gibt es eine kurze Vorstellung der Stadt und der Akademie, nebst einem Vorschlag über den Ablauf einer Debatte in der Akademie. Zusätzlich erhalten sie Gelegenheit, das sogenannte Vermächtnis der Völker zu besuchen, einen magischen Begegnungsort für Menschen und Elfen, der eine Traumwelt erzeugt. Dort ereilt sie in einer Vision ein Hilferuf, wobei noch unklar ist, wem es denn in welcher Angelegenheit zu helfen gilt. Allerdings erhalten die Helden eine Art von Rätsel, das ihnen Wegmarken aufzeigt, denen sie folgen können. Gleichzeitig ist aber auch spürbar, dass eine feindliche Macht ebenfalls dem Ruf folgen wird.

Folgend können die Spielercharaktere die Ressourcen der Akademie nutzen, um mehr über die Hintergründe des Hilferufs zu erfahren. Von der Dringlichkeit der Angelegenheit überzeugt, beschließt die Akademieleitung, eine Expedition ins Leben zu rufen, die neben den Helden aus drei Magiern besteht, wobei die Leitung der Spektabilität Anastasius Silberhaar liegt, der allerdings aufgrund seines hohen Alters auf Hilfe angewiesen sein wird.

Den Großteil des Abenteuers nimmt im Anschluss die Reise der Expedition durch die Salamandersteine ein, wobei sie eine Reihe von elfischen Siedlungen aufsuchen, auch um dort weitere Recherchen anzustellen und mit den Elfen und Menschen vor Ort sprechen können. An diversen Stellen warten weitere Herausforderungen auf sie, seien es Dispute oder auch handfeste Kämpfe. Dabei erweist sich die in der Vision erahnte Gefahr als ausgesprochen real, müssen sie sich doch mit teils sehr kampfstarken Gegnern auseinandersetzen.

Das Finale führt die Gruppe schließlich an einen höchst elfischen, naturbezogenen Ort, an dem es gilt, an das Geheimnis der titelgebenden Bahalyr zu gelangen, die in den Folgeabenteuern eine wichtige Rolle spielen wird. Allerdings müssen sich die Helden zunächst in einem großen Finale ihrem eigentlichen Antagonisten stellen.

Der Anhang enthält noch einige zusätzliche Regelangaben, unter anderem zu Traumwelten, aber auch zu den speziellen Fähigkeiten einiger Gegenspieler.

II. Figuren

Im Hintergrund bleibt natürlich vor allem Amalaia die zentrale Figur, auch wenn man sie hier nur in einer Repräsentation treffen kann. Sie demonstriert als geniale Konstrukteurin, wozu man mithilfe von elfischer Magie fähig ist, steht aber gleichzeitig für eine fast schon untergegangene Kultur.

Sehr viel konkreter gestaltet sich die Interaktion mit den drei Begleitern, wobei natürlich Anastasius Silberhaar herausragt, der allerdings aufgrund seines Greisenalters den Helden kaum die Show stiehlt, sondern ihnen die Leitung überlasst. Die weiteren Begleiter, Adepta Tasja und der Magister Hilberto Castellani-Thaliyin, können vor allem als potente Magiebegabte Unterstützung leisten, sei es bei Untersuchungen als auch im Kampf.

Aber auch der sonstige Reiseweg führt zu einer ganzen Reihe von Begegnungen, wobei auch hier die elfischen Figuren dominieren, unter anderem Seri, die sich der Gruppe zu einem späteren Zeitpunkt anschließt. Die Antagonisten hingegen repräsentieren vor allem die dunklen Seiten elfischen Daseins.

III. Kritik

Der Auftakt einer Kampagne hat eine durchaus nicht leicht zu erfüllende Funktion: Zum einen muss die Handlung motivierend genug sein, um die Helden dazu zu bewegen, sich auf eine lange Reise zu begeben (und gleichermaßen die Spieler dazu bringen, sich auf eine lange Spielzeit einzulassen), zum anderen wäre es dramaturgisch problematisch, wenn hier schon der absolute Höhepunkt stattfinden würde. Somit liegt die Aufgabe auch darin, eine Art Versprechen zu geben, also Großes zu verheißen und schon jetzt die Tragweite offenzulegen. Dies gelingt eingeschränkt, was allerdings weniger an dem konkreten Band liegt, sondern an einer Eigenart der Konzeption von DSA-Kampagnen. Es werden zwar durchaus einige Vorausdeutungen gegeben und es wird auch recht deutlich gesagt, worum es letztlich gehen wird. Allerdings fehlt nach wie vor ein aus meiner Sicht eigentlich notwendiger Überblick über die Gesamthandlung: Als Spielleiter bin ich eher weniger daran interessiert, dass der Handlungsfortschritt für mich Spannung erzeugt, sondern ich möchte eine möglichst klare Struktur. Trotzdem muss ich sagen, dass das, was schon offenbart wird, absolut Lust auf mehr macht, da ganz offensichtlich der von mir zuletzt als eher fehlend beklagte Epikfaktor bedient werden wird.

Was die Handlung angeht, so handelt es sich um ein typisches Reiseabenteuer, in dem man auf mehrere unterschiedliche Orte und deren Bewohner stößt. Die Angaben dazu sind im Regelfall für den Spielleiter völlig ausreichend, auch wenn man deutlich sagen muss, dass ein Meister, der in der Geschichte der Elfen und Hochelfen firm ist, klare Vorteile hat. Es sind zwar alle Angaben zum groben Verständnis vorhanden, allerdings waren mir manche Zusammenhänge und gerade auch elfische Begrifflichkeiten nicht mehr präsent, wobei sich dann Wiki Aventurica als bewährter Freund und Helfer erwiesen hat. Für die Gesamtkampagne könnte es aber nicht schaden, in einem der kommenden Bände ein kleines elfisches Glossar zur Verfügung zu stellen.

Die Ereignisfolge selbst halte ich für absolut motivierend, gerade auch weil man viel mit den Elfen und ihrer Kultur interagieren kann, was tatsächlich auch in der DSA-Gesamtschau nicht gerade alltäglich ist, vor allem in den letzten Jahren. Was ich hierbei als besonders positiv wahrnehme, ist dass diesmal nicht (wie z.B. im Fall der Donnerwacht-Kampagne von mir kritisiert) der Metaplot sträflich ignoriert wurde, sondern dass gerade auch erfahrene Spieler sehr viele Anspielungen auf ältere Publikationen finden. So finden sich sogar sehr konkrete Bezüge zu Elfenblut (1988), Das Vermächtnis der Völker (2005) und natürlich auf die Phileasson-Saga, aber man trifft auch auf viele Figuren mit einer langen DSA-Geschichte. Solche Bindeglieder würde ich mir, auch wenn sie sicherlich mit einem hohen Rechercheaufwand verbunden sind, wieder verstärkt wünschen, die lange gepflegte Geschichte halte ich für eine große Stärke der Spielwelt, die zu selten genutzt wird.

Was ebenfalls gewisse Reminiszenzen an solche Kampagnen wie die Fahrt der beiden großen Thorwaler-Kapitäne hervorruft, ist das Reisen in einer größeren Gruppe mit einigen interessanten und fähigen NSCs. Gerade Figuren wie Anastasius Silberhaar klingen hierbei sehr reizvoll, ein Magister auf seiner mutmaßlich letzten Unternehmung. Allerdings ist hier aus meiner Sicht zu wenig darauf geachtet worden, sie in diesen ersten Band angemessen einzuarbeiten: Zwar ist es natürlich nicht sinnvoll, dass sie Heldenaufgaben an sich reißen, umgekehrt ist es doch wünschenswert, ihnen gewisse Aufgaben im Laufe der Handlung (und nicht nur in ihrer Charakterbeschreibung) zuzuweisen, auch um ihren Wert für die Gruppe darzustellen, bis auf sehr kleine Verweise werden sie so gut wie gar nicht aufgegriffen, Hilberto wird sogar überhaupt nicht mehr erwähnt. Sicherlich kann ein erfahrener Spielleiter dies auch selbstständig leisten, die eine oder andere Anregung wäre aber sicher nicht verkehrt gewesen. Ohnehin fällt eine gewisse Diskrepanz zwischen den Anforderungen an einen Spielleiter und an die Spieler auf. Während die Aufgaben für die Spieler gut machbar sind und die Gefahr eines Scheiterns eher gering ist (so die Helden sich nicht völlig unsensibel gegenüber den Elfen verhalten), muss der Spielleiter eine Vielzahl von Figuren und Orten aufbereiten.

Als große Stärke des Abenteuers habe ich das lange Finale wahrgenommen, wobei es einerseits gelingt, den Helden die Rolle von Amalaia als gleichermaßen kreativen wie tragischen Charakter zu verdeutlichen und andererseits ein Endkampf gegen einen starken Gegner stattfindet, der aus meiner Sicht über ein passendes Charisma verfügt, auch wenn hier noch nicht allzu viel über seine Figur ergründet werden dürfte. Zuletzt ist die Bahalyr als Zwischenziel sehr gut gewählt, geht von ihr als zukünftiges Transportmittel zu außergewöhnlichen Orten eindeutig eine große Faszination aus, so dass allein die Motivation, das Schiff im nächsten Band erforschen zu können, enorm viel Reiz ausübt.

IV. Fazit

Der Ruf der Bahalyr stellt einen in vielerlei Hinsicht durchaus verheißungsvollen Auftakt in die Sternenträger-Kampagne dar. Vor allem gefällt das erste Eintauchen in die alten Geheimnisse der Hochelfen, wobei sich mit der Bahalyr und deren Erschaffung gleich ein erstes Etappenziel offenbart. Besonders positiv fällt die Einbindung des Metaplots und insbesondere einiger alter Abenteuer auf. Generell würde ich mir für eine Kampagne allerdings – gerade für einen ersten Band – noch mehr Überblick über die Gesamthandlung wünschen, zudem ist die Einbindung der eigentlich sehr interessanten NSCs noch deutlich ausbaufähig.

Bewertung: 4 von 6 Punkten

4 Kommentare

  1. Sehr nachvollziehbare Punkte aus meiner Sicht. Wie so oft hätte ich mir weitere Ausführungen gewünscht, aber wer Engors Pensum zu bewältigen hat, der muss Zugeständnisse beim Umfang eines Einzeltextes machen.
    Was den fehlenden Kampagnenüberblick angeht, hätte ich zwei Theorien. Eine Möglichkeit wäre meines Erachtens schlichter Platzmangel in diesem 60 Seiter. Die andere Variante wäre das Fehlen der nötigen Details für die folgenden Teile. Womöglich sind die weiteren Ereignisse noch gar nicht detailliert genug festgelegt für einen Überblick.

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